TE OGH 1985/4/2 4Ob38/84

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Veröffentlicht am 02.04.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl und Dr.Resch sowie die Beisitzer Dr.Walter Haindl und Johann Friesenbichler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Gernot A, Angestellter in Trofaiach, Montanstraße 65, vertreten durch Dr.Robert Obermann, Rechtsanwalt in Kapfenberg, wider die beklagte Partei Einrichtungshaus A R - R A - B O Grentner und Köstenberger Gesellschaft mbH in Leoben, Hauptplatz 22, vertreten durch Dr.Kurt Hanusch, Rechtsanwalt in Leoben, wegen S 442.441,79 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 24. Jänner 1984, GZ 1 Cg 9/83-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Arbeitsgerichtes Leoben vom 23. August 1983, GZ Cr 87/82-18, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Entscheidung als Teil- und Teil-Zwischenurteil zu lauten hat:

'1.) Das Begehren des Klägers auf Zahlung von S 428.710,52 samt 4 % Zinsen seit dem Klagetag wird abgewiesen.

2.) Im übrigen, also mit einem Teilbetrag von S 13.731,27 sA, besteht das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht.' Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1.5.1969 bis 10.9.1982 bei der beklagten GmbH als Angestellter beschäftigt; seit dem 21.11.1974 war er Prokurist dieser Gesellschaft. Am 10.9.1982 erklärte er unter Berufung auf § 26 Z 2 AngG seinen vorzeitigen Austritt.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger von der beklagten Partei zuletzt (ON 17 S 136) die Zahlung von S 428.710,52 s.A. Er habe im Juli 1980

mit der beklagten Partei vereinbart, daß er neben seinem Monatsgehalt und einem überstundenpauschale auch eine Provision für die von ihm abgeschlossenen Geschäfte erhalte. Die beklagte Partei habe diese Provisionsvereinbarung mit Wirkung vom Juli 1982 einseitig aufgekündigt und dadurch das dem Kläger gebührende Entgelt ungebührlich geschmälert; der Kläger sei daher nach fruchtlosem Verstreichen einer von ihm gesetzten 14-tägigen Nachfrist zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses genötigt gewesen. Seine daraus resultierenden Ansprüche gegen die beklagte Partei - restliches Gehalt für die Zeit vom 1.9. bis 10.9.1982, Kündigungsentschädigung und anteilige Sonderzahlungen bis 31.3.1983, Urlaubsentschädigung für vier Wochen sowie Abfertigung im Ausmaß von vier Monatsbezügen - beliefen sich auf insgesamt S 428.710,52 s.A. Die beklagte Partei hat das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Obgleich der Kläger der beklagten Partei zur überweisung der rückständigen Provisionsbeträge zuletzt eine Frist bis 10.9.1982 gesetzt habe, sei er schon vor dem Ende dieser Nachfrist, nämlich am Vormittag des 10.9.1982, ausgetreten. Die beklagte Partei hätte die noch offenen Provisionsbeträge dem Kläger noch am Nachmittag dieses Tages überwiesen oder bar ausgezahlt; tatsächlich habe er die strittigen Beträge bei der Abrechnung seines Arbeitsverhältnisses am 30.9.1982 anstandslos erhalten. Da die beklagte Partei demnach den vorzeitigen Austritt des Klägers nicht verschuldet habe, bestünden die eingeklagten Ansprüche schon aus diesem Grund nicht zu Recht.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruches ein und erkannte mit Zwischenurteil, daß das Zahlungsbegehren des Klägers dem Grunde nach zu Recht bestehe. Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens habe der Kläger schon am Vormittag des 10.9.1982 mit Grund annehmen können, daß die beklagte Partei nicht gewillt sei, seine Provisionsansprüche noch an diesem Tag zu erfüllen. Er sei daher schon in diesem Zeitpunkt zur vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses berechtigt gewesen.

Das Urteil der ersten Instanz wurde von der beklagten Partei mit Berufung angefochten. Im Berufungsverfahren brachte der Kläger ergänzend vor, daß ihm aus der Vermittlung mehrerer Aufträge, die von den jeweiligen Kunden erst nach dem 10.9.1982 bezahlt worden seien, noch eine offene Provisionsforderung von S 13.731,27 zustehe; er dehnte deshalb sein Zahlungsbegehren um diesen Betrag auf nunmehr S 442.441,79 s.A. aus. In der Tagsatzung zur mündlichen Berufungsverhandlung am 13.12.1983 stellten die Parteien außer Streit, daß die neu geltend gemachten Provisionsansprüche des Klägers der Höhe nach mit zumindest 1,- S zu Recht bestehen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und sprach aus, daß das Klagebegehren nur in Ansehung der rückständigen Provisionen ab 11.9.1982 zu Recht, mit den übrigen Teilansprüchen aber nicht zu Recht bestehe. Es führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem durch und nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Im ersten Halbjahr 1981 war es zwischen den Parteien zu einer Vereinbarung gekommen, wonach der Kläger zusätzlich zu seinen Bezügen noch eine Provision von 2 % jenes Umsatzes erhalten sollte, der von ihm in das Unternehmen der beklagten Partei gebracht werde. Diese Provision war monatlich im nachhinein zu zahlen; sie wurde so errechnet, daß der Kläger gemeinsam mit dem damaligen Buchhalter der beklagten Partei, Gerd B, jeweils in der Mitte des Folgemonats die angefallenen Ausgangsrechnungen kontrollierte und so jene Aufträge feststellte, die von ihm gebracht und bereits abgerechnet worden waren. Neben dem Kläger bezogen nur noch die beiden Geschäftsführer, Günther C und Johann D, eine Umsatzprovision.

Zu einem ersten Versuch der beklagten Partei, dem Kläger die Provisionszahlungen zu streichen, kam es bei einer Besprechung zwischen den Geschäftsführern der beklagten Partei und dem Kläger, bei welcher Günther C dem Kläger ankündigte, daß seine Provision im Zuge der bevorstehenden kollektivvertraglichen Gehaltserhöhungen wieder gestrichen werde. Der Kläger erklärte schon damals, er sei nur dann mit einer solchen Provisionskürzung einverstanden, wenn für ihn ein neues Gehaltsschema erstellt werde. In der Folge wurden aber dem Kläger die von ihm verdienten Provisionsbeträge bis zum 30.6.1982 anstandslos ausgezahlt.

Die beklagte Partei bilanziert für ein jeweils vom 1.4. bis 31.3. dauerndes Wirtschaftsjahr. Als ihr Steuerberater, Hans E, im Juli 1982 die Rohbilanz für das Wirtschaftsjahr 1981/82 fertiggestellt hatteme ` und dabei feststellen mußte, daß die Gewinnentwicklung rückläufig war, machte er der Geschäftsleitung der beklagten Partei am 9.7.1982 den Vorschlag, aus Einsparungsgründen zunächst die Provisionszahlungen einzustellen, und zwar für die beiden Geschäftsführer rückwirkend für das Geschäftsjahr 1981/82, für den Kläger aber, dessen Provisionen ja monatlich abgerechnet wurden, erst für die Zukunft. An dieser Besprechung hatten auch der Kläger und der Buchhalter Gerd B teilgenommen. Während die Geschäftsführer Günther C und Johann D dieser Einsparungsmaßnahme sofort zustimmten und dem Kläger auch vorschlugen, in ihr Unternehmen als Gesellschafter einzutreten und die verdienten Provisionen einzubringen, gab der Kläger zu beiden Vorschlägen zunächst keine Stellungnahme ab.

Zwischen denselben Personen fand am 6.8.1982 eine weitere Besprechung statt, deren Gegenstand wiederum Sparmaßnahmen waren. Dabei wurden eine Umsatzsteuer-Nachzahlung sowie die Auftrags-, Kosten- und Ertragssituation erörtert, erste Maßnahmen erläutert und als nächster Besprechungstermin der 10.9.1982 festgelegt. Der Kläger gab dabei seine grundsätzliche Bereitschaft kund, in die beklagte Gesellschaft einzutreten, erklärte aber, daß er mit einer Einstellung seiner Provisionszahlungen nicht einverstanden sein könne.

In Ansehung dieser Provisionen machte der Kläger drei Vorschläge:

Sein erster Vorschlag ging dahin, die Provisionen unter Berücksichtigung einer Verzinsung auf eine bestimmte Zeit zurückzustellen; in zweiter Linie wollte er die Rückführung der Provisionen in die beklagte Gesellschaft als Einlage erreichen, und sein dritter Vorschlag lautete dahin, die angefallenen Provisionen auf ein eigenes Konto einzuzahlen und sie der beklagten Partei später gegen angemessene Verzinsung und gegen ein Rückforderungsrecht innerhalb einer angemessenen Frist zur Verfügung zu stellen. Auf diese mündlich vorgetragenen Vorschläge erhielt der Kläger von den beiden Geschäftsführern keine Antwort. Für den 3.9.1982, 15 Uhr, war ein weiterer Besprechungstermin zwischen dem Kläger und den beiden Geschäftsführern vorgesehen. Dieser Termin wurde aber von den Geschäftsführern nicht eingehalten, und es kam auch bis 17 Uhr dieses Tages keine Besprechung zustande. Daraufhin verfaßte der Kläger noch am selben Tag nachstehendes Schreiben an die beklagte Partei (Beilage II):

'Zurückgreifend auf die am 6.8.82 stattgefundene Besprechung wiederhole ich meinen damals mündlich vorgebrachten und erklärend dargelegten Einspruch gegen die verfügte Kürzung meines Entgeltes um die Höhe der vereinbarten Provision.

Weil mein Einspruch ohne Reaktion blieb, ersuche ich den fehlenden Betrag bis zum 10.September 82 auf mein Konto zu überweisen'. Als Termin für die Zahlung der fälligen Provisionen hatte der Kläger bewußt den 10.9.1982 gewählt, weil bereits am 6.8.1982 für diesen Tag ein neuer Besprechungstermin vereinbart worden war. Er gab den Brief eingeschrieben zur Post.

Zwischen dem 3.9. und dem 10.9.1982 zog der Kläger Erkundigungen darüber ein, welche Schritte er unternehmen könne, falls ihm die Provisionen für die Zeit ab 1.7.1982 nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist nachgezahlt würden; er war sich darüber klar, daß er in einem solchen Fall zum begründeten vorzeitigen Austritt aus den Diensten der beklagten Partei berechtigt wäre. Am 10.9.1982, noch vor dem Beginn der Besprechung, erkundigte sich der Kläger beim Buchhalter Gerd B, ob dieser schon den Auftrag erhalten habe, die rückständigen Provisionen auf sein Konto zu überweisen. Als Gerd B diese Frage verneinte, wandte sich der Kläger auch noch an seine Bank und fragte, ob seitens der beklagten Partei ein entsprechender überweisungsauftrag vorliege. Als auch dies verneint wurde, war dem Kläger klar, daß die beklagte Partei wegen einer Nachzahlung seiner Provisionen bisher nichts verfügt hatte. Mit diesem Wissen begab er sich in die Besprechung vom 10.9.1982.

An dieser Sitzung, welche um 9,30 Uhr in den Geschäftsräumen der beklagten Partei begann, nahmen Hans E und Gerd B, ferner der Kläger und die beiden Geschäftsführer Günther C und Johann D teil. Gegenstand der Besprechung waren wieder Spar- und Rationalisierungsmaßnahmen. Es wurde eine überprüfung des Mietvertrages im Sinne der Möglichkeit einer Herabsetzung des Mietzinses und des Betriebskostenschlüssels erörtert, ferner die Aufnahme eines Kredites bei der Sparkasse Leoben für eine in Graz zu eröffnende Filiale sowie die Termine der nächsten Generalversammlung und der sogenannten 'Schiffsklausur'. Als 'Schiffsklausur' wurden jene Besprechungen bezeichnet, welche die beiden Geschäftsführer der beklagten Partei mit ihren leitenden Mitarbeitern jährlich auf ihrem in einem Hafen der Insel Krk in Jugoslawien stationierten Schiff abhielten. Die nächste Schiffsklausur wurde für die Zeit vom 22.10. bis 26.10.

geplant, während als Termin der nächsten Generalversammlung der 15.10.1982

festgesetzt wurde. Als Gegenstand dieser Generalversammlung (Jahreshauptversammlung) am 15.10.1982 wurden abermals Wirtschaftsmaßnahmen und das 'Streichen der Provisionen' festgelegt. An der Erörterung dieser Problemkreise nahm auch der Kläger aktiv teil. Er erklärte sich bereit, auf Vorschlag des Geschäftsführers Johann D gemeinsan mit Gerd B zu einem Kreditgespräch in die Sparkasse Leoben zu gehen. Der Zeuge Hans E hatte schon vor dem Beginn der Besprechung Einsicht in das Schreiben des Klägers vom 3.9.1982 genommen und sollte nach dem Willen der beiden Geschäftsführer die offene Provisionsfrage zur Sprache bringen. Als nach eineinhalbstündiger Besprechungsdauer gegen 11 Uhr einer der beiden Geschäftsführer die Frage stellte, ob es sonst noch etwas gebe, reagierte der Kläger mit der Erklärung, daß er 'die Firma vorzeitig heute am 10.9.1982 ab sofort - verlasse'. Nach dieser Erklärung des Klägers herrschte große Aufregung. Hans E hielt dem Kläger vor, daß er in diesem Fall alle Ansprüche verliere; die beiden Geschäftsführer versuchten, den Kläger umzustimmen, und hielten ihm vor, daß er als Prokurist die Firma nicht so einfach verlassen könne. Der Kläger blieb aber bei seinem Entschluß und bekräftigte diesen mit einem Schreiben vom selben Tag, wonach er 'der Ordnung halber festhalten wolle, daß er bei der Besprechung vom 10.9.1982

den anwesenden Herren die Lösung seines Dienstverhältnisses zur beklagten Partei durch den erklärten begründeten vorzeitige Austritt bekanntgegeben' habe.

Ob der Kläger vor seiner Austrittserklärung die beiden Geschäftsführer oder einen von ihnen konkret gefragt hatte, ob seine Provisionen (für die Zeit ab 1.7.1982) bereits überwiesen worden seien oder noch am selben Tag bezahlt oder überwiesen würden, konnte nicht festgestellt werden, ebensowenig, daß die beiden Geschäftsführer vor dem Austritt des Klägers erklärt hätten, dem Kläger die seit Juli 1982 fälligen Provisionen auszuzahlen oder nicht auszahlen zu wollen.

Die ab Juli 1982 fälligen, von der beklagten Partei einseitig zurückbehaltenen Provisionen für die Zeit vom 1.7. bis 10.9.1982 in der Höhe von S 14.666,58 wurden dem Kläger Ende September 1982 nachgezahlt. Die beklagte Partei wäre sowohl technisch (organisatorisch) als auch finanziell in der Lage gewesen, diese Provisionen noch am 10.9.1982 dem Kläger bar auszuzahlen oder zu überweisen. Der Buchhalter Gerd B hätte für die Ermittlung der Provisionshöhe einen Zeitaufwand von maximal einer halben Stunde benötigt. In der Geschäftskasse war immer so viel Bargeld vorhanden, daß ein Betrag von rund S 15.000 jederzeit dem Kläger hätte ausgezahlt werden können.

Während des aufrechten Bestehens seines Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger Aufträge von insgesamt neun Kunden vermittelt, welche teilweise noch bis 10.9.1982, teilweise aber erst nach diesem Tag durchgeführt wurden. Aus diesen Aufträgen steht dem Kläger ein Provisionsanspruch von zumindest 1,- S zu.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, daß der Kläger seinen vorzeitigen Austritt am Vormittag des 10.9.1982 gegen 11 Uhr und damit zu einem Zeitpunkt erklärt habe, als die der beklagten Partei für die Nachzahlung der Provisionen eingeräumte Zahlungsfrist noch nicht abgelaufen war und es der beklagten Partei technisch und finanziell noch ohne weiteres möglich gewesen wäre, die fraglichen Beträge dem Kläger bar aus der Geschäftskasse zu zahlen oder zur überweisung zu bringen. Der Kläger könne sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, daß ihm ein weiteres Zuwarten bis zum Geschäftsschluß um 18 Uhr oder überhaupt bis 24 Uhr dieses Tages nicht mehr zumutbar gewesen sei, weil für ihn schon am Vormittag festgestanden sei, daß die beklagte Partei auch beim Ablauf dieser Frist nicht zahlen könne; daß aber die beklagte Partei bis zu diesem Zeitpunkt nicht hätte zahlen wollen oder tatsächlich nicht gezahlt hätte, habe der Kläger nicht beweisen können. Er habe damit seinen Austritt noch vor dem Ablauf der von ihm selbst für die Nachzahlung der vereinbarten Umsatzprovision eingeräumten Nachfrist und damit verfrüht und ohne wichtigen Grund im Sinne des § 26 AngG erklärt. Die Ansprüche des Klägers auf Kündigungsentschädigung, anteilige Sonderzahlungen für die Zeit vom 11.9.1982 bis 31.3.1983, Urlaubsentschädigung und Abfertigung bestünden demgemäß schon dem Grunde nach nicht zu Recht. Das gleiche gelte für die Forderung nach rückständigem Gehalt für die Zeit vom 1.9. bis 10.9.1982 sowie anteilige Sonderzahlungen für die Zeit vom 1.1. bis 10.9.1982, weil diese Ansprüche zwar von der Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses unabhängig, nach dem eigenen Vorbringen des Klägers aber bereits beglichen worden seien.

Nur die Forderung des Klägers auf noch ausständige Provisionen ab 11.9.1982

bestehe dem Grunde nach zu Recht. Da sie im Berufungsverfahren der Höhe nach mit zumindest 1,- S außer Streit gestellt wurde, lägen insoweit die Voraussetzungen für ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruches vor.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in seinem abändernden Teil vom Kläger mit Revision aus den Gründen des § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO bekämpft.

Der Kläger beantragt, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des Zwischenurteils der ersten Instanz abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben und das angefochtene Urteil mit der Maßgabe zu bestätigen, daß es nur in Ansehung einer Teilforderung von S 13.731,27 s.A. (rückständige Provision ab 11.9.1982) als Zwischenurteil unberührt bleibe, während das weitere Begehren des Klägers auf Zahlung von S 428.710,52 s.A. sogleich mit Teilurteil abgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Als wesentlichen Mangel des Berufungsverfahrens bezeichnet der Kläger das Fehlen von Feststellungen über die Modalitäten der Gehalts- und damit auch der Provisionszahlung im Unternehmen der beklagten Partei. Da es dort ausnahmslos üblich gewesen sei, alle derartigen Zahlungen auf das Gehaltskonto des jeweiligen Arbeitnehmers zu überweisen, die beklagte Partei jedoch bis zur Besprechung am Vormittag des 10.9.1982 noch keine überweisung der rückständigen Provisionsbeträge auf sein Konto veranlaßt habe, habe er schon in diesem Zeitpunkt mit Grund davon ausgehen dürfen, daß eine fristgerechte Zahlung der rückständigen Provisionsbeträge innerhalb des verbleibenden Zeitraumes nicht mehr möglich sei. Auf dieses Rechtsmittelvorbringen, mit welchem der Sache nach ein materiellrechtlicher, auf (vermeintlich) unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhender Feststellungsmangel des angefochtenen Urteils geltend gemacht wird, wird bei Behandlung der Rechtsrüge eingegangen werden.

Eine Aktenwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung - also einen Widerspruch zwischen dem Inhalt der Prozeßakten und einer darauf beruhenden wesentlichen Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichtes - vermag der Kläger nicht aufzuzeigen; mit seinen Ausführungen zum Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 3 ZPO bekämpft er in Wahrheit in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen.

Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhalts ist mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, daß der Kläger mit Schreiben vom 3.9.1982 der beklagten Partei für die Zahlung der seit 1.7.1982 angefallenen Provisionsbeträge eine Frist bis 10.9.1982 gesetzt und damit bis zu diesem Zeitpunkt auf die Geltendmachung des Auflösungsgrundes nach § 26 Z 2 AngG verzichtet hatte. Ein solches Zuwarten mit der Erklärung seines vorzeitigen Austrittes wäre zwar dem Kläger dann nicht mehr zumutbar gewesen, wenn schon vor dem Ende der von ihm selbst bestimmten Nachfrist festgestanden wäre, daß die beklagte Parteie die rückständigen Provisionen auch bei Fristablauf nicht zahlen könne oder nicht zahlen werde (SZ 26/55 = Arb.5640 = JBl.1953, 493;

MartinekSchwarz, AngG 6 , 571 § 26 Anm.21); eine solche Annahme findet aber in dem vom Berufungsgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt keine Grundlage:

Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils wäre die beklagte Partei sowohl technisch (organisatorisch) als auch finanziell in der Lage gewesen, die bis zum 10.9.1982 aufgelaufenen Provisionsrückstände dem Kläger noch an diesem Tag entweder bar auszuzahlen oder zu überweisen. Daß eine fristgerechte Gutschrift dieser Beträge auf seinem Gehaltskonto im Zeitpunkt der Austrittserklärung (10.9.1982, 11 Uhr) nicht mehr möglich gewesen wäre, hat der Kläger im Verfahren vor den Tatsacheninstanzen nicht behauptet; er hat vielmehr seinen vorzeitigen Austritt sowohl vor dem Erstgericht (ON 6 S 25 f) als auch im Berufungsverfahren (ON 20 S 185 f) ausschließlich damit begründet, daß die beiden Geschäftsführer der beklagten Partei im Zuge der Besprechung vom 10.9.1982 eine Auszahlung der rückständigen Beträge noch an diesem Tag unmißverständlich und endgültig abgelehnt hätten. Als Partei vernommen, hat der Kläger im Verfahren erster Instanz zur Rechtfertigung seiner Auflösungserklärung ausdrücklich darauf verwiesen, daß die Geschäftsführer C und D seine Frage, ob die mit dem Schreiben vom 3.9.1982

eingemahnte Provisionszahlung bereits erfolgt sei, verneint hätten und auch 'keine Absicht bestanden (habe), dies zu tun' (ON 14 S 91). Bei seiner Parteienvernehmung vor dem Berufungsgericht hat dann der Kläger diese Aussage nochmals ausdrücklich bestätigt und die Frage, ob eine Auszahlung seiner Provision noch am 10.9.1982 technisch möglich gewesen wäre, dahin beantwortet, daß dies 'durchaus möglich' gewesen wäre, weil es 'nicht um so große Beträge gegangen sei, daß darüber nicht sofort hätte disponiert werden können' (ON 23 S 251). Das gegenteilige Revisionsvorbringen des Klägers, wonach es im Zeitpunkt seiner Austrittserklärung schon rein technisch garn icht mehr möglich gewesen wäre, die fraglichen Provisionsrückstände noch so zeitgerecht auf sein Konto zu überweisen, daß er bei Fristablauf darüber hätte verfügen können, ist damit eine in dritter Instanz unzulässige und damit unbeachtliche Neuerung (§ 504 Abs 2 ZPO).

Dem Kläger kann aber auch insoweit nicht gefolgt werden, als er seinen vorzeitigen Austritt damit zu rechtfertigen versucht, daß für ihn schon am Vormittag des 10.9.1982 die endgülitge Ablehnung einer fristgerechten Nachzahlung seiner Provisionsrückstände und damit die mangelnde Zahlungsbereitschaft der beklagten Partei eindeutig festgestanden sei. Daß bis zum Beginn der Unterredung vom 10.9.1982 eine solche überweisung noch nicht veranlaßt worden war, ließ eine solche Schlußfolgerung ebensowenig zu wie der Umstand, daß als Gegenstand der nächsten, für den 15.10.1982 anberaumten Generalversammlung unter anderem auch das 'Streichen der Provisionen' vorgesehen wurde. Die ausdrückliche Festlegung eines solchen Tagesordnungspunktes war zwar ein Zeichen dafür, daß die beklagte Partei die Frage einer allfälligen Kürzung oder Streichung der Provisionsansprüche - nicht nur des Klägers, sondern auch der beiden Geschäftsführer - am 15.10.1982 nochmals zur Diskussion stellen wollte; sie ließ aber entgegen der Meinung des Klägers durchaus nicht eindeutig auf eine endgültige Ablehnung seiner Forderung schließen, zumindest die bis zum 10.9.1982 aufgelaufenen Provisionsrückstände noch an diesem Tag auf sein Konto zu überweisen. Um sich hier volle Gewißheit über die Absichten seiner Arbeitgeberin zu verschaffen, hätte demnach der Kläger noch vor seiner Austrittserklärung durch eine entsprechende Frage an die beiden Geschäftsführer der beklagten Partei klarstellen müssen, ob sie ungeachtet der beabsichtigten Fortsetzung der Diskussion über das 'Streichen der Provisionen' bei der nächsten Jahreshauptversammlung bereit waren, der am 3.9.1982 schriftlich erhobenen Forderung des Klägers nachzukommen und wenigstens die bisher aufgelaufenen Provisionsrückstände noch am 10.9.1982 zu überweisen.

Erst bei einer Verneinung dieser Frage wäre der Kläger im Sinne der obigen Rechtsausführungen schon am Vormittag des 10.9.1982 und damit noch vor dem Ende der von ihm selbst gesetzten Nachfrist zum sofortigen Austritt wegen ungebührlicher Schmälerung des vereinbarten Entgelts (§ 26 Z 2 AngG) berechtigt gewesen. Daß sich auch der Kläger selbst der Notwendigkeit einer solchen Klarstellung durchaus bewußt ist, zeigt der Umstand, daß er bei seiner Parteienvernehmung vor dem Berufungsgericht auf Befragen ausdrücklich erklärt hat, daß er ohne eine entsprechende Frage an den Geschäftsführer D seinen vorzeitigen Austritt nicht erklärt hätte (ON 23 S 251). Die mehrfach wiederholte Prozeßbehauptung des Klägers, daß eine solche Frage von ihm auch tatsächlich gestellt, eine sofortige Provisionsnachzahlung aber von den Geschäftsführern ausdrücklich abgelehnt worden sei, hat jedoch das Berufungsgericht - für den Obersten Gerichtshof bindend - als nicht erwiesen angenommen.

Da somit für den Kläger am Vormittag des 10.9.1982 weder die - finanzielle oder techische - Unmöglichkeit einer fristgerechten überweisung der Provisionsrückstände noch die fehlende Bereitschaft der beklagten Partei zu einer solchen Zahlung eindeutig feststand, hätte er mit der Erklärung der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der von ihm selbst bestimmten Nachfrist - also zumindest bis 18 Uhr (Geschäftsschluß) des 10.9.1982 - zuwarten müssen. Seine schon vor diesem Zeitpunkt abgegebene Austrittserklärung war verfrüht und muß daher als ungerechtfertigt angesehen werden. Unter diesen Umständen hat das Berufungsgericht die Ansprüche des Klägers auf Kündigungsentschädigung, anteilige Sonderzahlungen für die Zeit vom 11.9.1982 bis 31.3.1983, Urlaubsentschädigung und Abfertigung schon dem Grunde nach zutreffend verneint. Daß auch die - von der Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses unabhängige - Forderung nach rückständigem Gehalt (einschließlich der anteiligen Sonderzahlungen) für die Zeit vom 1.9. bis 10.9.1982 nicht (mehr) zu Recht besteht, weil sie durch die bisherigen Teilzahlungen der beklagten Partei bereits befriedigt wurde, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Anders verhält es sich nur mit der erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Forderung nach Zahlung der seit 11.9.1982 fälligen Provisionen: Dieser Anspruch besteht nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils dem Grunde nach zu Recht; da er in der mündlichen Berufungsverhandlung auch der Höhe nach mit zumindest 1,- S außer Streit gestellt worden ist, hat das Berufungsgericht insoweit zu Recht ein bejahendes Teil-Zwischenurteil im Sinne der § 391 Abs 1, § 393 Abs 1 ZPO gefällt.

Die Revision des Klägers gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes über das schon in erster Instanz gestellte Teilbegehren von S 428.710,52 sA mußte also erfolglos bleiben. Da jedoch bei Verneinung eines Anspruches schon dem Grunde nach nicht mit einem (negativen) Zwischenurteil, sondern mit einem abweisenden Endurteil vorzugehen ist, war die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt mit der Maßgabe zu bestätigen, daß das entsprechende Teilbegehren des Klägers endgültig abgewiesen wird. Der Vorbehalt der Verfahrenskosten beruht auf § 52 Abs 2 und § 393 Abs 4 ZPO.

Anmerkung

E05120

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00038.84.0402.000

Dokumentnummer

JJT_19850402_OGH0002_0040OB00038_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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