TE OGH 1985/7/11 6Ob619/85

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Veröffentlicht am 11.07.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Riedler, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Katja A, geb. am 21.Mai 1979, infolge Revisionsrekurses der Mutter Marie Louise B, Angestellte, Wohnpark Alt-Erlaa A 6/14/2, 1230 Wien, vertreten durch Dr. Olaf Borodajkewycz, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30.April 1985, GZ 43 R 326/85-35, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11.März 1985, GZ 3 P 453/82-29, teils bestätigt, teils der Rekurs gegen diesen Beschluß zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern der mj. Katja A wurde gemäß § 55 a EheG geschieden. Im Scheidungsfolgenvergleich wurde dem Vater Mag. Peter A ein umfangreiches Besuchsrecht eingeräumt. über Antrag der Mutter schränkte das Erstgericht das Besuchsrecht des Vaters unter anderem ab 17.März 1985 auf jeden zweiten Sonntag von 8,30 bis 19,00 Uhr (Punkt 1.) sowie auf jeden Mittwoch während der Schulzeit vom Ende des Unterrichts (derzeit 12,30 Uhr) bis 19,00 Uhr ein (Punkt 2.). Hiezu meinte das Erstgericht, das Kind befinde sich in einer wichtigen Entwicklungsphase, in welcher der Kontakt zum Vater bedeutsam sei. Durch das Besuchsrecht am Mittwoch werde das Verhältnis zwischen Mutter und Kind nicht beeinträchtigt, dagegen die Beziehung des Kindes zum Vater gefestigt.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes in diesem Umfang. Es führte insoweit aus, nach der Lebenserfahrung bedürfe jedes Kind zu seiner gedeihlichen Entwicklung eines möglichst intensiven Kontaktes zu beiden Elternteilen. Es lasse sich unschwer aus der Aktenlage erkennen, daß die Mutter infolge ihrer ablehnenden Haltung dem Vater gegenüber nicht bereit sei, das Kind auf Begegnungen mit dem Vater vorzubereiten, sondern die Minderjährige in den zwischen den Eltern bestehenden Spannungen gleichsam als Druckmittel einsetze. Nicht anders könne das Verhalten der Mutter verstanden werden, die durch einen Anruf in der Schule den Mittwochkontakt des Kindes zu seinem Vater mit der unrichtigen Behauptung zu unterbinden getrachtet habe, es gebe nun eine andere Besuchsrechtsregelung. Die Herstellung und Aufrechterhaltung von Kontakten zwischen Vater und Kind entspreche nicht bloß den Interessen des Vaters, sondern auch dem richtig verstandenen Wohl des Kindes. Der von der Mutter ins Treffen geführte Umstand, das Kind weine stets nach Besuchen bei seinem Vater und nässe ein, es sei somit derzeit ein neurotischer Zustand zu beobachten, reiche nicht aus, um das Besuchsrecht des Vaters im gewünschten Umfang einzuschränken. Das von der Mutter mit dem Rekurs vorgelegte Gutachten des gerichtsärztlichen Sachverständigen

UnivProf.Dr. Walter C vermöge das vom Erstgericht eingeholte fachpsychologische Gutachten nicht zu entkräften oder auch nur in Frage zu stellen. Das vorlegte Gutachten beruhe nach seinem Inhalt auf einer kurzen Befundaufnahme und auf Informationen der Mutter.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Mutter ist unzulässig.

Er richtet sich seinem Antrag nach lediglich gegen die den erstgerichtlichen Beschluß in seinem Punkt 2. bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes. Gegen solche Entscheidungen kann gemäß § 16 Abs 1 AußStrG nur für den Fall offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder einer Nichtigkeit Revisionsrekurs erhoben werden.

Als Nichtigkeit macht die Mutter geltend, das Rekursgericht hätte sich nicht über die Widersprüche des vom Erstgericht eingeholten Gutachtens mit dem von ihr vorgelegten hinwegsetzen dürfen, sondern hätte für eine weitere Begutachtung Sorge tragen müssen.

Es braucht nicht erst auf den Beweiswert vom Rechtsmittelwerber selbst aufgetragener Gutachten eingegangen werden; die übergehung eines solchen Privatgutachtens, das erst nach Entscheidung erster Instanz vorgelegt wurde und vom Rekursgericht gemäß § 10 AußStrG zu berücksichtigen war, könnte möglicherweise einen Verfahrensmangel, nicht aber eine Nichtigkeit begründen (EFSlg. 21.368). Das gilt umso mehr, als auch das übrige Vorbringen in dem nach § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilenden Revisionsrekurs keinen zulässigen Rechtsmittelgrund aufzeigt. Da bei einer am Einzelfall orientierten Entscheidung wie der Besuchsrechtsregelung nach § 148 ABGB der Vorwurf, daß nicht alle Umstände des Einzelfalles gebührend berücksichtigt wurden, die im § 16 Abs 1 AußStrG angeführte Rechtsmittelvoraussetzung der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht herstellen kann (EFSlg. 42.334 uva), kann aus der Behauptung, das Kind wünsche selbst die häufigen Besuche des Vaters nicht und gerate in einen 'überforderungsstress', wenn es 'tatsächlich noch zweimal in der Woche und 14tägig den Besuch beim Vater absolvieren müsse', keine offenbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung abgeleitet werden, zumal die Vorinstanzen dem Vater - entgegen dem vorgelegten Gutachten und den Ausführungen im Rechtsmittel - während der Woche ohnehin ein Besuchsrecht nur einmal zugebilligt haben.

Da keiner der im § 16 Abs 1 AußStrG genannten

Anfechtungsgründe dargelegt wurde, war das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E06266

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00619.85.0711.000

Dokumentnummer

JJT_19850711_OGH0002_0060OB00619_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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