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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des T M in W, vertreten durch Dr. Thomas Furherr, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 57-59/12a, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. Oktober 2004, Zl. 242.168/3-XII/37/04, betreffend Zurückweisung der Berufung in einer Angelegenheit des Asylgesetzes 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. September 2003 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 2. Mai 2003 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer am 28. September 2003 mit Telefax eine Berufung erhoben, die beim Bundesasylamt am 29. September 2003 eingelangt ist.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. Oktober 2004 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. September 2003 gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurück.
In der Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides "erfolgte gemäß § 21 iVm § 17 ZustG durch Hinterlegung beim Postamt 1070 Wien, wobei die Sendung laut Rückschein am 08.09.2003 erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde; der Berufungswerber holte den erstinstanzlichen Bescheid mit dem Benachrichtigungsschein am 22.9.2003 (innerhalb der Berufungsfrist) bei der Post ab." Diese Feststellungen seien aufgrund des Rückscheines des Postamtes 1070 Wien und der Berufungsschrift getroffen worden. Der erstinstanzliche Bescheid gelte nach dem am Zustellschein beurkundeten Zeitpunkt über die erstmalige Bereithaltung zur Abholung beim Postamt und zufolge § 17 Abs. 3 zweiter und dritter Satz ZustG mit 8. September 2003 als zugestellt. Da die Berufungsfrist am 22. September 2003 geendet habe, sei die am 29. September 2003 eingebrachte Berufung verspätet. Ein Zustellmangel liege nicht vor.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, es liege ein Zustellmangel vor. Es sei aktenkundig, dass er an der Anschrift 1070 Wien, Zollergasse 15, nur von 13. August bis 27. August 2003 und von 17. Oktober bis 26. Oktober 2003 (als obdachlos) gemeldet gewesen sei; er habe dort keine Abgabestelle gehabt. Im fraglichen "Zeitraum der Hinterlegung", von 27. August bis 16. September 2003, sei er nicht in der Zollergasse 15, sondern in 1080 Wien, Wickenburggasse 18-22, hauptgemeldet gewesen; diese Anschrift wäre als Abgabestelle in Betracht zu ziehen gewesen. Eine Heilung des Zustellmangels sei erst am 22. September 2003 durch das Beheben des Bescheides beim Postamt 1070 Wien erfolgt.
Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an den Beschwerdeführer wurde - nach erfolglosen Zustellversuchen am 4. und 5. September 2003 und nachfolgender Hinterlegung der Sendung beim Postamt 1070 Wien ab 8. September 2003 - an der Anschrift 1070 Wien, Zollergasse 15 (am Rückschein unrichtig als "Zollgasse" bezeichnet), vorgenommen. Zustellungen sind ortsgebundene Vorgänge, die - von hier nicht maßgeblichen Ausnahmen abgesehen - nur an einer Abgabestelle vorgenommen werden dürfen. Die belangte Behörde hat sich allerdings damit, ob die Anschrift 1070 Wien, Zollergasse 15, im Zeitpunkt der Zustellung eine Abgabestelle des Beschwerdeführers war und damit für Zustellungen an ihn zur Verfügung stand, nicht auseinandergesetzt.
Im Beschwerdefall scheint nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten nichts darauf hinzudeuten, dass der Beschwerdeführer an der Anschrift 1070 Wien, Zollergasse 15, im Zeitraum 27. August bis 16. September 2003 eine Abgabestelle hatte, ist der von der Behörde erster Instanz am 2. September 2003 eingeholten Anfrage aus dem Zentralen Melderegister (vgl. AS 79 des der belangten Behörde am 5. Oktober 2004 mit der Berufung vorgelegten Aktes) doch zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer während dieses Zeitraumes ausschließlich unter der Anschrift 1080 Wien, Wickenburggasse 18-22, gemeldet war; an der Anschrift 1070 Wien Zollergasse 15, war er am 27. August 2003 abgemeldet worden. Die Begründung im angefochtenen Bescheid, es liege kein Zustellmangel vor, ist daher nicht nachvollziehbar.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Ersatz des Schriftsatzaufwandes beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Da nur ein Betrag von EUR 908,-- verzeichnet worden ist, konnte auch nur dieser Betrag zugesprochen werden.
Wien, am 28. Juni 2005
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004010616.X00Im RIS seit
29.07.2005