TE OGH 1985/10/22 10Os107/85

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Veröffentlicht am 22.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Oktober 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stupka als Schriftführerin in der Strafsache gegen Leopold A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Leopold A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.März 1985, GZ 8 d Vr 2060/84-28, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten A und des Verteidigers Dr. Gahleitner zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Leopold A (I.) des Vergehens des versuchten unbefugten Eingriffs in Verarbeitungen nach § 15 StGB, § 49 B und (II.) des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien (zu I.) als ehemaliger Organisationsleiter der C D für den 20. und 21. Wiener Gemeindebezirk im Jahr 1980 (widerrechtlich versucht, gemeint:) versucht, widerrechtlich dieser Bausparkasse dadurch absichtlich (gemeint: in ihrem Recht auf Datenbenützung im Sinn des § 3 Z 7 B) einen Schaden zuzufügen, daß er sich automationsunterstützt verarbeitete Daten verschaffte, indem er zwei Karteikästen mit D-Adressenmaterial und zehn Blatt Mikrofilmfiches mit je etwa 9.000 gespeicherten Adressen samt Abschlußdaten über Bausparverträge, Bemessungsgrundlagen und Guthabensstand aus deren Büroräumlichkeiten an sich nahm und (zu II.) als Geschäftsführer der E Vermögensberatungs GesmbH mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Elfriede F durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese um einen 100.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar dadurch, daß er sie im Oktober 1981 als verantwortlicher Vertreter der bezeichneten Gesellschaft durch Täuschung über seine Rückzahlungswilligkeit und -fähigkeit sowie über seine Bereitschaft zur übertragung von 24 % der Gesellschaftsanteile an sie zur übergabe von 270.000 S bewog. Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten - diese Gründe entgegen § 285 Abs 1 StPO nicht gesondert zur Darstellung bringenden - Nichtigkeitsbeschwerde.

Zum Faktum I.

Verfehlt ist die Rechtsansicht des Beschwerdeführers (Z 9 lit a), seine vom Erstgericht festgestellte Absicht auf 'Verwertung' des von ihm mitgenommenen Adressenmaterials 'umfasse keineswegs die Absicht, dadurch widerrechtlich einen anderen in seinen Rechten zu schädigen'.

Denn die nach den Urteilsfeststellungen beabsichtigte 'Verwertung' sämtlicher tatgegenständlichen Daten durch den Angeklagten sollte - wie sich aus der Exemplifizierung der Art ihrer Verwertbarkeit und aus den Konstatierungen über das darauf bezogene Angebot an die Zeugin DE G in Verbindung mit der ausdrücklichen Annahme ihrer 'wirtschaftlichen' Wertlosigkeit unzweifelhaft ergibt - in deren Benützung zum Zweck der Kontaktaufnahme mit Kunden der Bausparkasse durch ihn oder ihm genehme Personen bestehen, um diesem Institut beim Abschluß von Bauspar-Anschlußverträgen, von Verträgen über die Verwertung ausbezahlten Geldes oder von Zusatzversicherungen zuvorzukommen (US 7, 13); das durch § 49 B gleichfalls geschützte (vgl Leukauf-Steininger, Nebengesetze 2 , Anm B zu § 49 B) Benützungsrecht in Ansehung der automationsunterstützt verarbeiteten Daten (§ 3 Z 7 B) stand aber ausschließlich der Bausparkasse zu, der demnach durch deren Entziehung sehr wohl widerrechtlich ein Schaden an einem konkreten Recht zugefügt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Sofern der Beschwerdeführer demgegenüber auf die Annahme abstellt, das Schöffengericht habe als 'Verwertung' die Realisierung eines wirtschaftlichen Wertes der Daten verstanden, bringt er somit die Rechtsrüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil er nicht vom Urteilssachverhalt ausgeht.

Mit dem weiteren Einwand aber (Z 9 lit a), durch die spätere Vernichtung 'der Mikrofiches' (gemeint: von neun der zehn Mikrofiches; das zehnte Stück gelangte ja über die Zeugin DE G an den Verfügungsberechtigten zurück) sei deren künftige Verwertung ausgeschlossen worden, sodaß mangels eines 'tatsächlichen wirtschaftlichen Wertes' des Adressenmaterials eine Schädigung der Bausparkasse unmöglich gewesen sei, übersieht er, daß deren soeben aufgezeigter Schaden im Sinn des § 49 B durch die Verletzung ihres Rechtes auf ausschließliche Benützung zulässigerweise ermittelter und verarbeiteter Daten im Sinn des § 3 Z 7 B (vgl US 17) schon durch die Entziehung der Karteikarten und der Mikrofilmfiches aus ihrer Verfügungsmacht eingetreten war; mit der diese Vernichtung betreffenden Verantwortung des Angeklagten mußte sich das Erstgericht demnach nicht auseinandersetzen. Daß es ihm demnach - mangels Nachweises des Abschlusses von Folgeverträgen durch ihn - zu seinen Gunsten rechtsirrig nur den Versuch des Vergehens (des unbefugten Eingriffs in Verarbeitungen) anstatt dessen Vollendung anlastete, sei im gegebenen Zusammenhang bloß der Vollständigkeit halber vermerkt.

Auf jene Darstellung des Beschwerdeführers schließlich, wonach er die Absicht gehabt habe, die Karteikästen zurückzugeben, und wonach er das Adressenmaterial lediglich aus Schlamperei nicht zurückgegeben habe, ist das Schöffengericht der Sache nach ohnehin eingegangen (Z 5), indem es sie als 'Bagatellisierungsversuch' ablehnte (US 11/12) und ihm mit denkfolgerichtiger Begründung ausdrücklich eine seinem Tatverhalten zugrunde gelegene - eine Rückgabeabsicht ausschließende - Verwertungsabsicht anlastete (US 13/14); insoweit versucht der Angeklagte der Sache nach lediglich unzulässigerweise, gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung anzukämpfen.

Zum Faktum II.

Die ersichtlich als Mängelrüge (Z 5) gedachten Ausführungen des Beschwerdeführers richten sich gegen das Unterbleiben der Befassung mit seiner Verantwortung dahin, daß er niemals die Absicht gehabt habe, Elfriede F 'reinzulegen', sowie mit Teilen der Aussage dieser Zeugin.

Mit der einen Schädigungsvorsatz leugnenden Darstellung des Angeklagten hat sich jedoch das Schöffengericht ohnehin beschäftigt, wobei es sie (insgesamt) als durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens widerlegt ablehnte (US 12) und seine Konstatierungen zur subjektiven Tatseite auf die als glaubwürdig befundene Aussage der Zeugin F (US 14) in Verbindung mit seinem der Tat nachfolgenden Verhalten stützte, mit dem er die nächste Gelegenheit zur zugesagten übertragung von Gesellschaftsanteilen an sie nicht nützte, ihr niemals Darlehenszinsen zahlte und auch keinerlei Darlehensrückzahlungen an sie leistete (US 15/16).

Daraus aber konnte es logisch und empirisch durchaus unbedenklich auf den tatbestandsmäßigen Vorsatz des Beschwerdeführers schließen; eines Eingehens auf alle Einzelheiten seiner (der Aussage der Zeugin F entgegenstehenden) Verantwortung, insbesondere auf seine Behauptung, später sei ein Gehaltsbezug der Zeugin trotz des Nichterbringens von Leistungen durch sie als Abgeltung für das Darlehen bestimmt gewesen (S 261 f., 263 f.), bedurfte es dabei nicht.

Nicht erforderlich, weil keine entscheidungswesentlichen Umstände betreffend, war auch eine detaillierte Erörterung der übrigen von F berichteten, nach der Tat unternommenen (nur einem Hinhalten dienende) Versuche des Angeklagten, sie in vermögensrechtlicher Beziehung (scheinbar) klaglos zu stellen, so vor allem der Notariatsakte vom 19.Mai und vom 25.August 1982 und des Versuchs der Zeugin, nach Kenntniserlangung davon, daß er seine Zusage nicht eingehalten hatte, ihr die Anteile des ausscheidenden Gesellschafters Josef H zu übereignen, im Rahmen eines Dienstvertrages und/oder durch die Vereinbarung eines höheren Provisionssatzes für von ihr abgeschlossene Geschäfte (teilweise) Schadloshaltung zu erlangen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Zur Strafbemessung.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 147 Abs 3 StGB zu 18 Monaten Freiheitsstrafe, die es ihm gemäß § 43 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachsah.

Bei der Strafzumessung wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, den bisher untadeligen Wandel des Angeklagten, ein Teilgeständnis und den Umstand, daß es im Faktum I. beim Versuch blieb, hingegen als mildernd.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Nicht stichhältig ist allerdings der Einwand, der Angeklagte selbst habe keinen persönlichen Vorteil aus den Straftaten gezogen; denn zum einen war die E ... GesmbH, der das betrügerisch herausgelockte Geld zufloß, die Grundlage seiner wirtschaftlichen Existenz und zum anderen ist die Erlangung eines Vorteils kein Kriterium für die Strafwürdigkeit des Vergehens nach § 49 B. Aber auch der Umstand, daß die Zuneigung der Zeugin F zu ihm den Betrug leichter gelingen ließ, ist kein Milderungsgrund; steht ihm doch die höhere Verwerflichkeit der Ausnützung dieser Zuneigung zumindest mit gleichem Gewicht gegenüber. Der Hinweis im Gerichtstag schließlich auf eine in der Hauptverhandlung am 13.März 1985 geleistete teilweise Schadensgutmachung im Betrag von 1.161 S (vgl S 257) geht deswegen fehl, weil diese Zahlung ein Faktum betraf, in Ansehung dessen der Berufungswerber freigesprochen wurde. Wohl aber ist letzterem zusätzlich als mildernd zugute zu halten, daß er die Taten schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat.

Bei sachgerechter Würdigung der korrigierten Strafzumessungsgründe erweist sich nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) eine mäßige Herabsetzung der vom Erstgericht festgesetzten Freiheitsstrafe als gerechtfertigt.

Anmerkung

E06773

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00107.85.1022.000

Dokumentnummer

JJT_19851022_OGH0002_0100OS00107_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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