Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3.September 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Riedel als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert Alexander Ö*** wegen des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 30.April 1986, GZ 30 Vr 3.176/85-29, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Bassler, und des Verteidigers Dr. Legat, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.Dezember 1960 geborene Robert Alexander Ö*** des Verbrechens des (minder schweren) Raubes nach dem § 142 Abs. (1 und) 2 StGB (Punkt 1 a), des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB (Punkt 1 b), des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs. 1 StGB (Punkt 2) und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB in drei Fällen (Punkt 3) schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Die auf den § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ö*** richtet sich gegen die beiden im Urteilsspruch unter Punkt 1 a und b bezeichneten Fälle des Raubes. Die weiteren Schuldsprüche des Angeklagten (wegen der Vergehen nach den §§ 135 Abs. 1 und 83 Abs. 1 StGB - Punkte 2 und 3) blieben unangefochten.
Nach dem Inhalt der von der Anfechtung betroffenen Schuldsprüche liegt dem Angeklagten Ö*** zur Last, in Linz
1. am 14.Dezember 1985 jeweils mit Gewalt gegen eine Person sowie durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben den nachgenannten Personen Bargeld mit dem Vorsatz abgenötigt zu haben, sich durch die Zueignung der Sachen unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
a) dem Wolfgang H*** 75 S zur Bezahlung von Getränken, indem er ihn im Bereich des Halses an der Kleidung erfaßte und wiederholt äußerte: "Wenn Du nicht zahlst, dann hau ich Dir eine in die Papp'n", wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich zog;
b) dem Christian R*** 200 S durch Würgen und durch die wiederholte Drohung mit dem Zusammenschlagen.
Die dauernde Sachentziehung nach dem § 135 Abs. 1 StGB bezieht sich auf das Wegnehmen und Wegwerfen eines Armketterls im Wert von rund 600 S, die Körperverletzung auf das Versetzen von (Faust-) Schlägen und Fußtritten gegenüber zwei Personen.
In seiner gegen den unter Punkt 1 a bezeichneten Schuldspruch wegen Verbrechens des (minder schweren) Raubes nach dem § 142 (Abs. 1 und) Abs. 2 StGB gerichteten Rechtsrüge verneint der Beschwerdeführer in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO einen tatsächlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen seinem ihm laut Urteil angelasteten Verhalten und der vom Tatopfer erbrachten Leistung (nämlich der Bezahlung von Getränken im Betrag von 75 S); außerdem vermißt er eine urteilsmäßige Feststellung eines bei ihm im Tatzeitpunkt vorgelegenen und zur Verwirklichung des Tatbestandes des Raubes erforderlichen Vorsatzes auf unrechtmäßige Bereicherung. Damit bringt die Beschwerde den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil sie die ausdrücklichen Urteilsfeststellungen übergeht, Wolfgang H*** sei auf Grund des Vorgehens des Beschwerdeführers (Erfassen am Hals) und der wiederholten Androhung, ihm für den Fall, daß er nicht zahle, einen Schlag auf den Mund zu versetzen, zur Bezahlung von Getränken im Betrag von 75 S veranlaßt worden. Ferner setzt sich die Beschwerde über die (Urteils-) Feststellung hinweg, der Beschwerdeführer, der auf diese Weise von Wolfgang H*** die Bezahlung von Getränken erreichen wollte, sei sich darüber im klaren gewesen, daß er darauf keinen Anspruch hatte (S 139). Damit bejahte aber das Erstgericht die Ursächlichkeit zwischen der vom Beschwerdeführer gegen Wolfgang H*** gebrauchten Gewalt sowie der von ihm wiederholt geäußerten Drohung (mit einer Verletzung am Körper) und der vom Beschwerdeführer angestrebten und von Wolfgang H*** unter dem Eindruck der gegen ihn angewendeten Gewalt und der gegen ihn gerichteten Drohungen erbrachten Leistung und nahm auch einen auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz als erwiesen an. Die Beschwerde vernachlässigt daher in Ausführung der gegen dieses Urteilsfaktum gerichteten Rechtsrüge die hiezu im Urteil getroffenen Tatsachenfeststellungen und legt demnach dem Begehren auf Freispruch in diesem Faktum einen urteilsfremden Sachverhalt zugrunde, womit die den Schuldspruch zu Punkt 1 a betreffende Rechtsrüge - wie schon erwähnt - einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung entbehrt.
Rechtliche Beurteilung
Eine Beurteilung des Täterverhaltens als Verbrechen der Erpressung nach dem § 144 Abs. 1 StGB, die mit dem Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO geltend gemacht werden könnte, wird, wie der Vollständigkeit halber erwähnt sei, nicht angestrebt. Ein amtswegiges Vorgehen nach dem § 290 Abs. 1 StPO kann schon wegen der gleichen Strafdrohungen der §§ 142 Abs. 2 und 144 Abs. 1 StGB unterbleiben (vgl. EvBl. 1981/208 und 118).
Es versagt aber auch die gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB (Punkt 1 b des Urteilssatzes) gerichtete Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO), womit der Beschwerdeführer eine Tatbeurteilung (bloß) als Vergehen der Nötigung (§ 105 Abs. 1 StGB) oder als Verbrechen des (minder schweren) Raubes im Sinn des § 142 Abs. 2 StGB anstrebt. Dem Beschwerdeeinwand, es habe in diesem Fall ein auf unrechtmäßige Bereicherung abzielender Vorsatz gefehlt, weil bei Christian R*** bloß eine offene Schuld eingetrieben werden sollte, ist entgegenzuhalten, daß im Ersturteil gerade das Gegenteil als erwiesen angenommen ist, nämlich daß R*** dem Beschwerdeführer nichts schuldete und daß der Beschwerdeführer sich dessen bewußt war (S 140, 142 und 143). Somit geht die Beschwerde auch mit diesem Einwand von einem urteilsfremden Sachverhalt aus, weshalb die Rechtsrüge in diesem Belang einer gesetzmäßigen Ausführung entbehrt.
Die angestrebte Tatbeurteilung im Urteilsfaktum 1 b (bloß) als Verbrechen des (minder schweren) Raubes nach dem § 142 Abs. 2 StGB scheitert schon daran, daß angesichts der hiezu getroffenen Urteilsfeststellungen, denenzufolge der Angeklagte Ö*** sich dem Christian R*** auf den Oberschenkel setzte, den Attackierten mit einem Würgegriff am Hals erfaßte und diesen Griff im Zuge seiner Forderung nach Geld derart verstärkte, daß deutlich sichtbare (vgl. S 25) Würgespuren (am Hals) zurückblieben (S 140, 142), von einer Tatbegehung ohne Anwendung erheblicher Gewalt nicht mehr gesprochen werden kann. Weisen doch vor allem die vom Amtsarzt (bei der Untersuchung am 14.Dezember 1985) am Hals des Christian R*** festgestellten Verletzungsspuren (in Form von relativ großflächigen Hämatomen im Ausmaß von 7 x 3 cm und 4 x 2 cm; vgl. S 25) darauf hin, daß der Beschwerdeführer - so wie vom Zeugen R*** stets geschildert (vgl. S 21 bis 23, 62, 63, 64, 127 und 128) - beim Würgen eine beachtliche physische Kraft in vehementer Weise einsetzte (Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 35 zu § 142 StGB und die dort zitierte Judikatur; JBl. 1986, 468). Dem Erstgericht unterlief somit kein Rechtsirrtum, wenn es die unter Punkt 1 b angeführte Tat als Verbrechen des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB wertete.
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Robert Alexander Ö*** war sohin zur Gänze ein Erfolg zu versagen.
Das Landesgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 142 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit zwei Vergehen sowie die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden (vier) Vorstrafen als erschwerend, hingegen das zu den Körperverletzungstaten abgelegte Geständnis als mildernd.
Mit seiner Berufung strebt der Rechtsmittelwerber mit der Behauptung, die Raubtaten hätten nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen, die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.
Auch diesem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu. Der Meinung des Angeklagten zuwider sind die zu den beiden vom Schuldspruch erfaßten Raubtaten festgestellten Folgen keineswegs so geartet, daß sie einen Milderungsumstand begründen könnten. Beim Schuldspruchfaktum 1 a bilden nämlich die unbedeutenden Tatfolgen mit eine der (hier gegebenen) Voraussetzungen zur Annahme eines minder schweren Raubes. Zum Faktum 1 b wurde - wie bereits bei Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde angeführt - die Feststellung getroffen, daß der Angeklagte das Tatopfer beträchtlich gewürgt hatte.
Auf der Grundlage der mithin vom Schöffengericht zutreffend festgestellten und gewürdigten Strafzumessungsgründe erweist sich die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe nicht als reduktionsbedüftig. Hiebei ist insbesondere auf die Deliktskonkurrenz und die spezifisch einschlägige Vorstrafenbelastung, die fast ausschließlich aus tätlichen Auseinandersetzungen in Gastlokalen resultiert, zu verweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der im Urteilsspruch zitierten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E08828European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00106.86.0903.000Dokumentnummer
JJT_19860903_OGH0002_0110OS00106_8600000_000