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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
ASVG §42 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der P KEG in P, vertreten durch Mag. Thomas Burkowski, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Gerstnerstraße 20, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Juli 2003, Zl. SV(SanR)-411020/4-2003- Bb/Ws, betreffend Beitragsnachverrechnung und Beitragszuschlag nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4010 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 2. August 2002 wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, für die Zeit vom 1. Jänner 1997 bis 31. Dezember 2001 allgemeine Beiträge in Höhe von EUR 8.182,75 zu entrichten und es wurde ihr ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 ASVG in Höhe von EUR 1.117,-- vorgeschrieben. Begründend führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass die Beschwerdeführerin im Prüfzeitraum ein Taxiunternehmen mit zwei Fahrzeugen betrieben habe. Die Dienstnehmer seien laut Meldedaten 10 Wochenstunden bzw. 15 Wochenstunden tätig gewesen. Im Zuge einer Beitragsprüfung sei festgestellt worden, dass für beide Dienstnehmer die Tätigkeit bei der Beschwerdeführerin den Hauptberuf darstelle und "die Umsatzsteigerungen in keinem Zusammenhang mit den gemeldeten Beitragsgrundlagen der Dienstnehmer standen". Da die Anzahl der Wochenstunden der gemeldeten Dienstnehmer im Hinblick auf die Auslastung der Taxis und das gebührende Entgelt unglaubwürdig erschienen sei, sei vom Prüfer eine Niederschrift mit einem Dienstnehmer aufgenommen worden. Dieser habe angegeben, dass die Tätigkeit als Taxilenker bei der Beschwerdeführerin die einzige Beschäftigung und Einnahmequelle darstelle. Den Lebensunterhalt bestreite er einerseits aus diesen Einkünften, andererseits aus Lottogewinnen. Vom Dienstgeber sei die Auskunft erteilt worden, dass weder Dienstpläne noch Arbeitsaufzeichnungen noch Fahrtenbücher geführt und auch sonst keine Unterlagen über die tatsächliche Arbeitszeit vorgelegt werden könnten.
Aus einem Vergleich zwischen der Gewinn- und Verlustrechnung und den kasseninternen Meldedaten sei ersichtlich, dass die jährlichen Umsatzsteigerungen der Beschwerdeführerin in den gemeldeten Beitragsgrundlagen keinen Niederschlag gefunden hätten. Da die angegebenen Arbeitszeiten und gemeldeten Entgelte unglaubwürdig gewesen seien und sonstige Unterlagen nicht vorgelegt worden wären, hätte die abzurechnende Beitragsgrundlage im Schätzungsweg ermittelt werden müssen. Es sei daher von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse die Umsatzsteigerung laut Buchhaltung ab dem Jahr 1998 im Vergleich zum Vorjahr errechnet und die sich ergebende schillingmäßige Umsatzerhöhung im Ausmaß von 40 % zu gleichen Teilen auf die beschäftigten Taxilenker und - fiktiv - auf die Komplementärin aufgeteilt worden. Da es sich bei den erzielten Umsätzen um Nettobeträge handle, seien diese Grundlagen auf Bruttobeträge umzurechnen und die gemeldeten Beitragsgrundlagen des Vorjahres um diesen Betrag zu erhöhen gewesen. Da die Beschwerdeführerin das Entgelt der beschäftigten Taxilenker nicht in der richtigen Höhe gemeldet und daher die abzuführenden Beiträge nur teilweise abgerechnet habe, sei die Meldepflicht verletzt worden. Die Voraussetzungen für die Vorschreibung des Beitragszuschlages seien somit gegeben gewesen.
Der gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch der Beschwerdeführerin wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangte Behörde abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Nach einer Darlegung des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides sowie des Einspruchsverfahrens begründete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wie folgt:
Gemäß § 26 Abs. 1 AZG habe der Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen. Der Beginn und die Dauer eines Durchrechnungszeitraumes seien festzuhalten. Es sei unbestritten, dass die Beschwerdeführerin keine Dienstpläne, Arbeitsaufzeichnungen, Fahrtenbücher oder andere Unterlagen über die teilzeitbeschäftigten Personen wie auch die Komplementärin geführt habe und daher diesbezüglich nichts habe vorlegen können. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, im Taxigewerbe erst ab einem Stand von drei Mitarbeitern eine Aufzeichnungspflicht zu haben, habe sich als irrig herausgestellt und sei von der Beschwerdeführerin auch revidiert worden. Es stehe fest, dass außer der Komplementärin noch zwei teilzeitbeschäftigte Personen als Taxilenker beschäftigt gewesen seien, wobei der Dienstnehmer P. (Ehemann der Komplementärin) mit 10 Wochenstunden an zwei Tagen und der Dienstnehmer S. (Sohn des Ehemannes der Komplementärin) mit 15 Wochenstunden an drei Tagen zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sei. Durch die Hinzuziehung eines zweiten Fahrzeuges und der Anmeldung des Dienstnehmers S. mit 15 Wochenstunden sei prinzipiell eine Steigerung des Umsatzes durchaus zu erklären und auch zu erwarten. Eine Steigerung bis zu 85 % (1999 auf 2000) lasse sich jedoch nicht nur durch erhöhten Arbeitseinsatz der Komplementärin und die Hinzunahme des Dienstnehmers S. begründen. Mangels der dafür erforderlichen, aber nicht vorhandenen Arbeitsaufzeichnungen sei seitens der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse § 42 Abs. 3 ASVG herangezogen worden. Reichten gemäß § 42 Abs. 3 ASVG die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht aus, so sei der Versicherungsträger berechtigt, diese Umstände auf Grund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei dem selben Dienstgeber sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe daher "auf Grund der fehlenden Unterlagen die buchhaltärische Umsatzsteigerung ab dem Jahr 1998 im Vergleich zum Vorjahr errechnet und die sich ergebende Umsatzerhöhung in Schilling im Ausmaß von 40 % zu gleichen Teilen auf die beschäftigten Taxilenker und - fiktiv - auf die Komplementärin aufgeteilt". Im Folgenden heißt es im angefochtenen Bescheid wörtlich:
"Seitens der Einspruchswerberin wurde sicherlich der Fehler begangen, zu glauben, dass auf Grund der Betriebsgröße notwendige Aufzeichnungen nicht erforderlich gewesen sind. Trotz des gesetzlichen Erfordernisses gemäß § 26 Abs. 1 AZG wäre das gegenständliche Verfahren wesentlich leichter - auch in der Beweiswürdigung - abzuführen gewesen, wenn sich die Umsatzerhöhungen in einem anderen finanziellen Rahmen bewegt hätten.
Der Einspruchsgegnerin ist daher in verschiedenen Argumenten - auch dies in freier Beweiswürdigung - aber auch der Logik folgend zuzustimmen:
-
Herr W. war gewerberechtlicher Geschäftsführer bis 1999; Frau P. hatte aber ab diesem Zeitpunkt seines Ausscheidens auch noch weitere Tätigkeiten zu verrichten, die mit dem Taxilenken nur in mittelbarem Zusammenhang gestanden sind.
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Herr S. war in seiner Aussage nicht nur frag-, sondern vielmehr unglaubwürdig.
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Die Umsatzerhöhungen konnten im gegebenen Ausmaß keinesfalls nur auf den verstärkten Arbeitseinsatz von Frau P. zurückgeführt werden.
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Bei Herrn P. hat sich die Arbeitszeit und somit auch die Beitragsgrundlage nicht geändert."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin übte im streitgegenständlichen Zeitraum das Taxigewerbe aus, wobei in den Jahren 1997 und 1998 nur ein Dienstnehmer, 1999 bis 2001 jeweils zwei Dienstnehmer als Taxilenker zur Sozialversicherung gemeldet waren, nämlich der Ehemann der Komplementärin und dessen Sohn. Neben diesen Dienstnehmern war auch die Komplementärin der Beschwerdeführerin als Taxilenkerin tätig.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass weder Dienstpläne noch Arbeitsaufzeichnungen oder Fahrtenbücher geführt wurden und auch sonst keine Unterlagen über die tatsächliche Arbeitszeit vorgelegt werden konnten. Bei dieser Sachlage konnte - insbesondere vor dem Hintergrund der signifikanten Umsatzsteigerungen im streitgegenständlichen Zeitraum - die Behörde von ihrem Recht zur Schätzung im Sinne des § 42 Abs. 3 ASVG Gebrauch machen, was in der Beschwerde auch nicht mehr in Zweifel gezogen wird.
2. Die Beschwerde macht geltend, dass der Dienstnehmer P. nicht bloß Dienstnehmer und Kommanditist der Beschwerdeführerin, sondern auch Ehemann der Komplementärin der Beschwerdeführerin sei, sodass ihn auch die ehelichen Beistandspflichten träfen. Helfe der Beschwerdeführer der Ehefrau im Erwerb, so unterliege diese Tätigkeit in keinem Fall der Melde- und Abgabenpflicht im Sinne des ASVG, auch dann nicht, wenn diese Mitwirkung im Erwerb nur zusätzlich zu den ursprünglich dienstvertraglich übernommenen Verpflichtungen hinzutrete. Eine "Zuschätzung und Abgabenvorschreibung" in Bezug auf den Dienstnehmer P. hätte daher in keinem Fall erfolgen dürfen.
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass Dienstgeberin des Dienstnehmers P. die Beschwerdeführerin - eine Kommanditerwerbsgesellschaft - ist (vgl. zur KEG als Dienstgeber die hg. Erkenntnisse vom 17. November 2004, Zl. 2002/08/0261, und vom 23. April 1996, Zl. 94/08/0073). Eine "eheliche Beistandspflicht" gegenüber der Kommanditerwerbsgesellschaft als Dienstgeber kommt nicht in Betracht. Soweit die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen jedoch auf eine nicht bestehende persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Dienstnehmers P. hinweisen möchte, ist ihr entgegenzuhalten, dass es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung handelt, auf die nicht weiter einzugehen ist.
3. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass sich eine Schätzung an den möglichen sachlichen Kriterien sowie an wirtschaftlichen Gegebenheiten "und den Gesetzen der Denklogik" zu orientieren habe. Die belangte Behörde habe (u.a.) außer Acht gelassen, dass mit Beginn 1998 eine erhebliche Tarifsteigerung in Kraft getreten sei, welche je nach Tarifart eine Anhebung um zehn oder mehr Prozent bewirkt habe. Die lineare Schätzung und Aufteilung sei daher im Umfang der Tarifanhebung von vornherein verfehlt und grob unrichtig. Es zeige sich im bekämpften Bescheid, dass dieser öffentlich bekannte Umstand in keiner Form berücksichtigt worden sei. Zudem habe die belangte Behörde im Zusammenhang mit der von ihr vorgenommenen Schätzung auch die sich aus dem Tarif, aber auch der Eigenart des gegenständlichen Gewerbes ergebenden Besonderheiten außer Acht gelassen. "Die reine stundenmäßige Arbeitszeit eines Taxilenkers im Sinne Verbringung der Zeit im Fahrzeug selbst" habe nichts mit dem Umsatz oder wirtschaftlichen Erfolg zu tun und es sei daher die Art der vorgenommenen Schätzungsmethode "schlichtweg von vornherein denkunmöglich und untauglich." Bei einer Normalauslastung würden tatsächliche auftragsbedingte Fahrzeiten von 15 bis 25 Minuten pro Stunde zu Stande kommen. Gehe man von einer gewöhnlichen durchschnittlichen Fahrbelastung aus - wobei im gegenständlichen Fall von einem für den Neubeginn der Tätigkeit typischen sehr schwachen Ergebnis auszugehen sei - so bedeute eine Verdoppelung der Fahrzeiten im Rahmen der Arbeitszeit eine Erhöhung der tatsächlichen Arbeitsbelastung von einem Viertel auf die Hälfte oder von 40 % auf maximal 80 % der Arbeitszeit. Die von der Behörde angeführten Umsatzsteigerungen bis zu 85 % würden problemlos in der gewöhnlichen Arbeitszeit Deckung finden und je nach Ausgangsbasis dann immer noch Stehzeiten von 20 bis 50 % der Arbeitszeit bedeuten. Weiters werde angemerkt, dass es sich beim gegenständlichen Betrachtungszeitraum um konjunkturell gute und kaufkräftige Jahre gehandelt habe, dass gleichzeitig auch eine verstärkte Verlagerung von Krankentransporten in das Taxigewerbe erfolgt sei und letztlich vor allem im Jahr 2001 ein signifikanter Rückgang der verwendeten Fahrzeuge, sohin des Angebots, erfolgt sei, was jeweils für eine erhöhte Auslastung bei gleich bleibender Arbeitszeit sprechen würde.
Aus dem Bescheid erster oder zweiter Instanz lasse sich nicht nachvollziehen, "wie oder warum die belangte Behörde von einer Veranschlagung von 40 % der Umsatzsteigerungen als Entgelt ausgegangen" sei. Soweit die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nicht im Bescheid, sondern in der Stellungnahme zum Einspruch auf Daten gleichartiger Betriebe Bezug nehme, sei dies kein nachvollziehbarer Bescheidinhalt. Während grundsätzlich "eine individuell willkürliche Schätzung, im Rahmen der Berechnung von Stunden und Hochrechnungen von Umsätzen" erfolge, stütze sich die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nur in Bezug auf einen veranschlagten Prozentsatz auf einen tatsächlichen Fremdvergleich, während in allen übrigen Belangen jede Form eines umfassenden möglichen Fremdvergleiches außer Acht gelassen worden sei. Im Rahmen eines solchen Fremdvergleiches unter Berücksichtigung der allgemein für das Taxigewerbe geltenden Eigenheiten hätte im Falle einer seriösen Betrachtungsweise der Fremdvergleich nicht im Hinblick auf eine Umsatz-Gehaltsrelation erfolgen können, sondern es hätte eine "Relation von gleichartigen ohne nennenswerte Gewinne tätigen Betrieben" durchgeführt werden müssen, da davon auszugehen sei, dass die Gesamtarbeitszeit im Hinblick auf den Umsatz erst bei Erreichen einer gewissen zeitspezifischen Auslastung und sohin eines vorhandenen nennenswerten Gewinns auch zu einer Steigerung der für Dienstnehmer notwendigen Arbeitszeit führe.
Die Art der Schätzung bzw. die Vorgehensweise im Rahmen der Schätzung stelle eine Ermessensausübung dar, deren gesetzmäßige Handhabung überprüft werden könne. Bei gesetzmäßiger Ermessensübung und Berücksichtigung der wirtschaftlichen und rechtlichen bzw. tariflichen Gegebenheiten bzw. allfälliger Durchführung eines echten Fremdvergleiches hätte sich ergeben, dass keine zusätzliche Beitragsverpflichtung bestehe und sohin auch ein Beitragszuschlag nicht vorzuschreiben sei.
Auch die Höhe der Beitragszuschlagsvorschreibung stelle gemäß § 113 Abs. 1 ASVG eine Ermessenentscheidung dar. Im Rahmen einer Ermessensentscheidung sei zum Zwecke deren Überprüfbarkeit zumindest die Grundlage bzw. die grundsätzliche Überlegung zur Anwendung des Ermessens von der belangten Behörde darzulegen, was in keiner Form geschehen sei, sodass sich der angefochtene Bescheid schon von vornherein jeder Überprüfbarkeit im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeit des ausgeübten Ermessens entziehe.
Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt die Beschwerdeführerin aus, dass keinerlei Entgeltansprüche in Bezug auf die betroffenen Dienstnehmer festgestellt worden seien, keine Aufgliederung nach Jahren vorgenommen worden sei und dass letztlich im Rahmen des abgeführten Verfahrens der Beschwerdeführerin keine Berechnungsbögen oder sonst nachvollziehbaren Unterlagen zur Berechnung übermittelt bzw. die Einsichtnahme ermöglicht worden sei. Da Beiträge nur für Entgeltansprüche bestimmter Dienstnehmer vorgeschrieben werden könnten, würden im bekämpften Bescheid ausreichende Sachverhaltsfeststellungen fehlen. Der Bescheid sei daher auch mit Rechtswidrigkeit auf Grund des Fehlens wesentlicher Sachverhaltsfeststellungen und wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs belastet.
4. Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde geltend gemachten Umstände, welche die Fehlerhaftigkeit der Ermessensübung darlegen sollen, im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht wurden. Zutreffend ist jedoch, dass dem angefochtenen Bescheid (wie auch bereits dem erstinstanzlichen Bescheid) eine nachvollziehbare Darlegung, auf welcher Grundlage die Schätzung - bezogen auf einzelne Dienstnehmer und Zeiträume der Beitragszahlung - erfolgte, nicht zu entnehmen ist. Ebenso wenig wurde die vorgenommene Vorschreibung eines Beitragszuschlags im Hinblick auf die dabei angewendeten Kriterien näher begründet. Die belangte Behörde begründet zwar, weshalb eine Schätzung im Sinne des § 42 Abs. 3 ASVG erfolgen konnte, unterlässt es jedoch, in nachvollziehbarer Weise die Berechnungsgrundlagen offen zu legen, sodass auch nicht erkennbar ist, welche konkreten Umstände berücksichtigt wurden, insbesondere auch im Hinblick auf das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen der Beschwerdeführerin (etwa betreffend die Anschaffung des zweiten Fahrzeugs im Jahr 1999).
Im Prüfungsakt der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse findet sich zwar eine detaillierte Aufstellung über die Grundlagen der vorgenommenen Schätzung, diese wurde jedoch nach der Aktenlage der Beschwerdeführerin nicht zugestellt. Die Behauptung der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift, wonach ihrem Bescheid vom 2. August 2002 Beitragsnachweisungen und die ausgewiesene Schätzungsgrundlage für die Beitragsnachverrechnung mit einer "centgenauen" Aufstellung der Nachverrechnungsbeträge zu entnehmen sei, findet im Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes keine Deckung. Dem erstinstanzlichen Bescheid der mitbeteiligten Partei ist nicht zu entnehmen, dass die in der Gegenschrift genannten Beilagen angeschlossen gewesen wären; auch im Verfahren vor der belangten Behörde sind diese Unterlagen, soweit sich dies aus dem vorgelegten Verwaltungsakt nachvollziehen lässt, der Beschwerdeführerin nicht zur Stellungnahme übermittelt worden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 184 BAO müssen bei einer nach dieser Bestimmung vorgenommenen Schätzung die herangezogenen Grundlagen in einem einwandfreien Verfahren ermittelt werden, wobei die Behörde Parteiengehör zu gewähren und insbesondere auf vom Abgabepflichtigen substanziiert vorgetragene, relevante Behauptungen einzugehen hat. Auch die Schätzungsergebnisse unterliegen der Pflicht zur Begründung. Die Begründung hat u.a. die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1998, Zl. 96/15/0260 mit weiteren Nachweisen). Diese Grundsätze lassen sich auch auf die Feststellung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nach § 42 Abs. 3 ASVG anwenden, sodass die Behörde die Verpflichtung trifft, die Grundlagen, auf denen die Schätzung nach dieser Bestimmung erfolgen soll, dem Beitragspflichtigen im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG zugänglich zu machen.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei Wahrung des Parteiengehörs zu den Grundlagen der vorgenommenen Schätzung an die Beschwerdeführerin diese die Berechtigung der Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung des Beitragszuschlages im Einzelnen hätte bestreiten können, was auch zu einer anderen Entscheidung der belangten Behörde hätte führen können, kommt dieser Unterlassung der Gewährung von Parteiengehör im vorliegenden Fall auch Relevanz zu.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 7. September 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003080185.X00Im RIS seit
20.10.2005Zuletzt aktualisiert am
08.12.2010