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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31985L0337 UVP-RL;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde
1.
der Stadtgemeinde V, 2. der Gemeinde G,
3.
der Marktgemeinde Sch, 4. der Marktgemeinde S, 5. der MK in T,
6.
des Dr. WJ in V, 7. des WL in S, 8. des Mag. JL in Sch, 9. der GF in T, 10. der Mag. UC in R, 11. des WH in Sch, 12. des JI in V,
13. des HS in G, 14. der HL in V, 15. des LS in A, 16. des JR in Sch, 17. des FH in L, 18. der MH in L, 19. des AG in Alt-L,
20. des JR in Sch, 21. des AU in Sch, 22. des HS in Sch, 23. des MN in S, 24. des MF in V, 25. des MG in G, 26. der mj. M, T, C und HL, vertreten durch den Vater Mag. JL in Sch, 27. des J und der BL in Sch, 28. der GH sowie der mj. M und MH in Sch, 29. der Pfarrcaritas Sch, 30. des H und der LT in Sch, 31. des H und der BK in Sch, 32. des FH in Sch, 33. des L, der E und der HA in Sch,
34. des JK und der AM in Sch, 35. des J und der MS sowie der mj. S, B und CS in Sch, 36. des FS in Sch, 37. des KH in A,
38. der UR in A, 39. des Dr. W und der GS in A, 40. der mj. M und AC, vertreten durch die Mutter Mag. UC in R, 41. der IE sowie des mj. R und der AE in L, 42. des H und der IW in S, 43. der GL in S,
44. des Ing. H und der CH in S, 45. der Mag. AB in S, 46. des MN in S, 47. der FW in S, 48. des C und der IO sowie der mj. E und GO in A, 49. der R und der SH in A, 50. des MH sowie der mj. L und AH in St. G, 51. der FO in St. G, 52. des Mag. SK in T, 53. des Ing. JK in T, 54. der RA in T, 55. des Mag. JL in P, 56. des Mag. H und der WW in V, 57. des Dkfm. Mag. E und der KS in V,
58. des GB und der CD in V, 59. der U und des KW sowie der mj. J und HW in V, 60. des OHG in V, 61. des W und der RL in V, 62. der GW in Sch, 63. des Mag. MF in V, 64. des Dipl. Tierarzt MG in G,
65.
der ES in S, 66. des EK und der GL in G, 67. der CT in G,
68.
der RS in G, 69. der RB in G, 70. der AS in G, 71. des KS in G, 72. des MB in G, 73. des J und der AS in G, 74. des F und der IR in G, 75. des KH in G, 76. des F und der CS in G, 77. des F und der CS in G, 78. der H B in G, 79. des Fund der HV in V, 80. des AM in V, 81. der HG in L, 82. der HH in Sch, 83. des LH in Sch,
84.
des HH in Sch, 85. des Mag. HB in V, 86. der Mag. IE in V,
87.
des Dr. M und der Mag. CG in V, 88. des Mag. RL in V, 89. des Mag. KN in V, 90. der Mag. EP in V, 91. des Mag. AP in V, 92. der Mag. BS in V, 93. des Mag. HT in V, 94. der Mag. GT in V, 95. der TA in Sch, 96. des Mag. J und der TF in Sch, 97. des Mag. RK in Sch, 98. des Dr. HK in Sch, 99. des HK in Sch, 100. der SB in Sch,
101.
des K und der BL in Sch, 102. des L und der IR in Sch,
103.
des JS in Sch, 104. der BS und der mj. ES in Sch, 105. des MT in Sch, 106. des HV in Sch, 107. des HB jun. in G,
108. des HB sen. und der AB in G, 109. des KB in G, 110. des Dr. CH in G, 111. des FK in G, 112. des JK in G, 113. des R und der IK in G, 114. des EA in S, 115. des RB in S, 116. des FH in S,
116. der BP in S, 118. der MR in S, 119. der EC in L, 120. des GH in L, 121. der JW in A, 122. des Dr. WP in V, 123. des Dr. RL in Vöcklabruck und 124. der mj. SO, vertreten durch Mag. AO in V, alle vertreten durch Dr. Gerhard Othmar Mory, Rechtsanwalt in Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 27. Dezember 2002, Zl. 61 3546/167-VI/1/02, betreffend eine abfallwirtschaftsrechtliche Betriebsanlagengenehmigung (mitbeteiligte Partei: RVL-L GesmbH in L, vertreten durch Dr. Christian Onz, Rechtsanwalt in Wien, Schwarzenbergplatz 16), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 794,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.230,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei beantragte mit Eingabe vom 18. März 1994 beim Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) die Erteilung der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Wirbelschichtkessels samt Nebenanlagen zur thermischen Abfallverwertung im Betriebsgelände der L-AG.
Dieser Antrag wurde von der mitbeteiligten Partei mit Eingabe vom 21. Juni 1994 dahin ergänzt, dass um die Genehmigung eines Versuchsbetriebes angesucht wurde.
Die von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Projektsunterlagen wurden unter Beiziehung von Sachverständigen aus den Fachbereichen Abfallwirtschaft/Abfallchemie, thermische Verfahrenstechnik, maschinelle Verfahrenstechnik-Sicherheitstechnik, Meteorologie, Klima, Ausbreitung von Luftschadstoffen, Humanmedizin, Humantoxikologie, Ökotoxikologie, Lärmtechnik, Bau- und Gewerbetechnik, Forstwirtschaft sowie Abwassertechnik (Gewässerbiologie) einer fachlichen Vorprüfung unterzogen.
Die Auswahl der Sachverständigen erfolgte durch die Behörde unter Beratung des Umweltanwaltes von Oberösterreich.
Von allen Sachverständigen wurden in der Folge die eingereichten Projektsunterlagen als ausreichend beurteilt; lediglich in Detailbereichen wurden Konkretisierungen und geänderte Formulierungen der Unterlagen angeregt.
Zu den Einreichunterlagen gehörte auch ein meteorologisches Gutachten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Dieses Gutachten wurde vom Sachverständigen für Meteorologie, Klima, Ausbreitung von Luftschadstoffen überprüft und als taugliche Grundlage für das Bewilligungsverfahren bezeichnet.
Der Antrag der mitbeteiligten Partei wurde öffentlich bekannt gemacht und den Nachbarn die Möglichkeit eingeräumt, in die Projektsunterlagen Einsicht zu nehmen sowie binnen sechs Wochen begründete schriftliche Einwendungen gegen das Vorhaben zu erheben.
Während der Ediktalfrist langte beim LH eine Vielzahl von Einwendungen ein.
In der Zeit vom 18. Juli bis 21. Juli 1994 führte der LH eine mündliche Verhandlung durch.
Vor und während der Verhandlung wurden von den beschwerdeführenden Parteien Einwendungen vorgebracht.
Nach der Verhandlung wurden die Sachverständigengutachten überarbeitet und diese überarbeiteten Gutachten anschließend den Parteien zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen, wovon sie auch Gebrauch machten.
Die Sachverständigen beurteilten den geplanten Betrieb positiv.
Mit Bescheid vom 19. April 1995 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 29 des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 iVm § 354 GewO 1994 die Genehmigung zur Durchführung des Versuchsbetriebes des Projektes "Thermische Reststoffverwertung L - März 1994" erteilt.
Diese Versuchsbetriebsgenehmigung wurde in der Folge teilweise abgeändert, teilweise wurde ihre Geltungsdauer verlängert.
Ende März 2001 legte die mitbeteiligte Partei dem LH den Bericht über den Versuchsbetrieb vor.
In der Folge nahm die mitbeteiligte Partei Projektsmodifikationen vor.
Der LH befasste die dem Verfahren beigezogenen Sachverständigen mit den Ergebnissen des Versuchsbetriebes und beauftragte sie mit einer Überarbeitung ihrer bereits zum Einreichprojekt abgegebenen Gutachten unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Versuchsbetriebes.
Die Sachverständigen erstellten ergänzende Gutachten, in welchen die Ergebnisse des Versuchsbetriebes einer fachlichen Beurteilung unterzogen wurden.
Diese Gutachten wurden den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen, wovon sie auch Gebrauch machten.
Mit Bescheid vom 21. November 2001 erteilte der LH der mitbeteiligten Partei gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG 1990 die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Wirbelschichtkessels samt Nebenanlagen zur thermischen Abfallverwertung mit einer Jahreskapazität von mehr als 10.000 t im Betriebsgelände der L-AG auf näher bezeichneten Grundstücken nach Maßgabe des vorgelegten, als solches gekennzeichneten und im Bescheid aufgelisteten Projektes unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen.
In der Begründung berief sich der LH darauf, dass das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die eingeholten Sachverständigengutachten und der Versuchsbetrieb ergeben hätten, dass bei Einhaltung der vorgeschriebenen Nebenbestimmungen die Voraussetzungen für die Genehmigung gegeben seien.
Die beschwerdeführenden Parteien beriefen.
Die belangte Behörde führte ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch, in welchem weitere Sachverständigengutachten eingeholt wurden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 27. Dezember 2002 gab die belangte Behörde den Berufungen teilweise Folge und änderte die Beschreibung der Anlage und einen Teil der Auflagen; teilweise wies sie die Berufungen ab.
In der Begründung gelangte die belangte Behörde auf Grund der erstinstanzlichen und ihrer eigenen Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass Rechte der beschwerdeführenden Parteien durch die erteilte Genehmigung nicht gefährdet werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im "ersten Anfechtungspunkt" bringen die beschwerdeführenden Parteien vor, der Sachverhalt sei nicht ausreichend ermittelt worden, um beurteilen zu können, ob es durch die von der Anlage der mitbeteiligten Partei ausgehenden Emissionen, Immissionen und nachteiligen Umwelteinwirkungen zu einer Gefährdung der Gesundheit der beschwerdeführenden Parteien und der dem Schutz der beschwerdeführenden Gemeinden anvertrauten, sich in Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern vorübergehend aufhaltenden Personen kommen könne. Auch lasse sich auf Grundlage der in den Bescheiden beider Instanzen enthaltenen Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen, ob durch die von der Anlage ausgehenden nachteiligen Umwelteinwirkungen jene beschwerdeführenden Parteien, welche im näheren Umgebungsbereich der Anlage ihre Wohnungen hätten, durch Gerüche und Lärm in unzumutbarer Weise belästigt würden.
Die Region L sei auch ohne die Anlage der mitbeteiligten Partei bereits erheblich von Luftverschmutzungen betroffen. Es gebe eine starke Vorbelastung durch H2S, SO2, O3, CS2, Staub, Stickoxide, Schwermetalle, Dioxine und Furane, PAK und PCB sowie Fluor. Diese Vorbelastungen seien nicht ausreichend erhoben und berücksichtigt worden.
Im Bereich der exponiertesten Wohnliegenschaften in einem Radius von 300 bis 500 m um die RVL-Kamine seien keine Messungen durchgeführt worden. Daher sei nicht bekannt, wie sich die Vorbelastung der Böden mit Schwermetall-Immissionen in jenem Bereich darstelle, in welchem mit den größten Konzentrationen der RVL-Luftschadstoffemissionen zu rechnen sei.
Weder die Sachverständigen noch die Behörde seien auf Geruchsbelästigungen auf Grund von Klärschlämmen eingegangen.
Unberücksichtigt geblieben seien auch die Luftverunreinigungen, welche durch den von den Betriebsanlagen der L-AG und der mitbeteiligten Partei hervorgerufenen LKW-Schwerverkehr verursacht würden.
2.1. Das Verfahren zur Genehmigung der Anlage der mitbeteiligten Partei wurde im zeitlichen Geltungsbereich des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (AWG 1990) eingeleitet und im zeitlichen Geltungsbereich des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) durch den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid abgeschlossen.
§ 77 Abs. 2 und 3 AWG 2002 lauten auszugsweise:
"(2) Behandlungsanlagen, die gemäß § 37 genehmigungspflichtig sind, bedürfen keiner Genehmigung nach diesem Bundesgesetz, wenn ein nach der vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage erforderliches Genehmigungs-, Bewilligungs- oder Anzeigeverfahren anhängig oder rechtskräftig abgeschlossen ist. Weitere nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage erforderliche Genehmigungs-, Bewilligungs- oder Anzeigeverfahren, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes anhängig waren oder nach diesem Zeitpunkt anhängig gemacht wurden, sind nach den jeweiligen Vorschriften abzuführen. Bei Vorliegen aller nach den bis zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes erforderlichen Genehmigungen, Bewilligungen oder Nicht-Untersagungen gelten diese als Genehmigung gemäß § 37. Dies gilt sinngemäß auch für nach den Bestimmungen des AWG 1990 übergeleitete Behandlungsanlagen.
(3) Folgende zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren sind nach den vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes geltenden Vorschriften abzuschließen:
.............
3. Verfahren betreffend Behandlungsanlagen, die gemäß § 37
genehmigungspflichtig sind; Abs. 2 zweiter und dritter Satz sind
anzuwenden; der Antragsteller kann eine Genehmigung gemäß § 37
beantragen;
......."
Bei der Anlage der mitbeteiligten Partei handelt es sich um eine Behandlungsanlage. Da das Verfahren zur Genehmigung dieser Anlage vor dem Inkrafttreten des AWG 2002 bereits anhängig war, war dieses Verfahren nach den Bestimmungen des AWG 1990 abzuschließen.
2.2. § 29 AWG 1990 lautet auszugsweise:
"Genehmigung für besondere Abfall- und Altölbehandlungsanlagen
§ 29. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von
...
3. Anlagen zur thermischen Verwertung oder sonstigen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen oder Altölen, ausgenommen zur stofflichen Verwertung, mit einer Jahreskapazität von mindestens 10.000 Tonnen,
...
bedarf der Genehmigung des Landeshauptmanns.
...
(2) Der Landeshauptmann hat bei der Erteilung einer Genehmigung gemäß Abs. 1 nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes alle materiell-rechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Mineralrohstoff-, Luftfahrts-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- und Eisenbahnrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Vorhabens anzuwenden sind. Die Genehmigung ersetzt die nach den genannten bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen.
...
(3a) Eine Genehmigung für eine Abfallbehandlungsanlage gemäß Abs. 1 Z 1, 2 oder 3 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Abfallbehandlungsanlage neben den Erfordernissen der gemäß Abs. 2 anzuwendenden Bestimmungen folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. Das Leben und die Gesundheit des Menschen werden nicht gefährdet;
2. die Emissionen von Schadstoffen werden jedenfalls nach dem Stand der Technik begrenzt;
3. die für die zu genehmigende Abfallbehandlungsanlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 Immissionsschutzgesetz - Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, werden eingehalten;
4. Nachbarn werden nicht durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt;
5. das Eigentum und sonstige dingliche Rechte der Nachbarn werden nicht gefährdet; unter einer Gefährdung des Eigentums ist die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes nicht zu verstehen;
6. die beim Betrieb der Abfallbehandlungsanlage zu erwartenden anfallenden Abfälle werden nach dem Stand der Technik vermieden, verwertet oder - soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist - ordnungsgemäß entsorgt (§ 9 Abs. 2).
Weiters ist bei der Erteilung der Genehmigung auf die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) Bedacht zu nehmen. Erforderlichenfalls hat der Landeshauptmann zur Wahrung der genannten Voraussetzungen und entsprechend den Erfordernissen nach den anzuwendenden Bestimmungen geeignete Auflagen, Befristungen oder Bedingungen vorzuschreiben. Sofern die Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder durch die Vorschreibung von Auflagen, Befristungen oder Bedingungen nicht erfüllt werden können, ist der Genehmigungsantrag abzuweisen.
(3b) Die Einhaltung der in den Anlagen 1 und 2 zum IG-L oder in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 2 IG-L festgelegten Immissionsgrenzwerte ist anzustreben.
..."
Zu den gemäß § 29 Abs. 2 AWG 1990 vom Landeshauptmann im abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsverfahren anzuwendenden Vorschriften gehört auch die Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).
Die für die Genehmigung von Betriebsanlagen maßgeblichen § 74 und 77 GewO 1994 lauten auszugsweise:
"§ 74. (1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
(3) Die Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.
...
§ 77. (1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.
(2) Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
(3) Die Behörde hat Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik zu begrenzen. Die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 Immissionsschutzgesetz - Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115, sind anzuwenden. Die Einhaltung der in den Anlagen 1 und 2 zum IG-L oder in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 3 IG-L festgelegten Immissionsgrenzwerte ist anzustreben.
(4) Die Betriebsanlage ist erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen zu genehmigen, wenn die Abfälle (§ 2 Abfallwirtschaftsgesetz) nach dem Stand der Technik (§ 71a) vermieden oder verwertet oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß entsorgt werden. Ausgenommen davon sind Betriebsanlagen, soweit deren Abfälle nach Art und Menge mit denen der privaten Haushalte vergleichbar sind.
..."
2.3. Die beschwerdeführenden Parteien behaupten, der Sachverhalt sei nicht ausreichend geklärt, um beurteilen zu können, ob durch die Anlage der mitbeteiligten Partei ihre Gesundheit gefährdet oder sie durch Geruch und Lärm unzumutbar belästigt würden.
Mit der Frage einer Gesundheitsgefährdung und einer unzumutbaren Belästigung der als Nachbarn in Betracht kommenden Personen haben sich die Behörden beider Rechtsstufen beschäftigt. Sie haben zur Prüfung dieser Frage eine Reihe von Sachverständigengutachten eingeholt.
Folgende Gutachten sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung:
a) Humanmedizinisches Gutachten vom 8. Juni 2001 (Univ. Prof. Dr. V).
Der Gutachter führt zusammenfassend aus:
"Die medizinische Beurteilung der an den Messstationen B, O und Alt-L gemessenen Luftschadstoffimmissionen (ausgewählte Schadstoffe), der Geruchssituation und der gemessenen Lärmimmissionen stimmt mit der medizinischen Beurteilung, basierend auf den Einreichunterlagen (Medizinisches Gutachten 1994), überein.
Die Ergebnisse des Versuchsbetriebs zeigen, dass:
-
Alle Immissionsgrenzwerte deutlich unterschritten werden.
-
Bei keinem Luftschadstoff Immissionskonzentrationen auftreten, die eine Gefährdung der Gesundheit und/oder Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Wohnbevölkerung (auch empfindlich reagierender Personen) bewirken können.
-
Keine zusätzliche Belästigungen durch Lärm auftreten.
-
Keine unzumutbaren Belästigungen durch Geruch auftreten, wenn die empfohlenen Maßnahmen umgesetzt werden.
Aus medizinischer Sicht wird das Projekt Thermische Reststoffverwertung L (RVL) als umweltverträglich eingestuft."
b) Toxikologisches Gutachten vom 13. Juni 2001 (A.o. Univ. Prof. Dr. P).
Der Gutachter schreibt in der Zusammenfassung:
"Im vorliegenden Gutachten werden im Auftrag der Oberösterreichischen Landesregierung mögliche gesundheitliche Auswirkungen der Emissionen an Staub, gasförmigen Stoffen, Schwermetallen, an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, an polychlorierten Dioxinen und Furanen sowie an anderen Substanzen bewertet, die beim Probebetrieb der Reststoffverwertung L (RVL) aufgetreten sind. Zusätzlich werden die während des Probebetriebes an den Immissionsstellen erhobenen Konzentrationen einiger Gefahrstoffe mit jenen Immissionskonzentrationen verglichen, die vor Inbetriebnahme der Anlage ermittelt worden waren.
Die als 'Vorbelastung' im Raum L anzutreffenden Gefahrstoffe bedingen in Summe den gegenwärtigen Gesundheitszustand der hier lebenden Bevölkerung (siehe Gutachten Prof. V).
Die gemessenen Emissionen der Gefahrstoffe Staub, SO2, NOx, HCl, HF, CO, CO2 und Quecksilber (Hg), Blei, Zink, Chrom, Arsen, Kobalt, Nickel, Antimon, Kupfer, Mangan, Vanadium, Zinn, halogenierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane (PCDD/F) liegen alle im Mittel deutlich unter den Genehmigungswerten. Die Emissionskonzentrationen von organischen Stoffen (C, org) polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), Benzol, Toluol, Xylol, chlorierten Benzolen und polychlorierten Biphenylen liegen in den erwarteten Größenordnungen oder deutlich darunter.
Die Immissionskonzentrationen zeigen, soweit hierzu Messwerte vorliegen, also für Staub, Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff, Stickstoffoxide und Ozon nach der Inbetriebnahme der RVL keine Veränderung gegenüber dem vorher bestehenden Zustand.
Die vorliegenden Daten bestätigen die in der toxikologischen Beurteilung der RVL vom Juni 1994 gezogenen Schlussfolgerungen. Deshalb können die Fragen des Beweisthemenkataloges wie folgt beantwortet werden:
Toxikologische Beurteilung der Auswirkungen:
Ist durch den Betrieb der RVL-Anlage mit einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit zu rechnen?
Die obigen Ausführungen und Schlussfolgerungen lassen keine Gefährdung für die Gesundheit von Mensch und Tier erkennen.
Kann aus den bisherigen Ergebnissen des Versuchsbetriebes eine unzumutbare Belästigung von Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise abgeleitet werden?
Das Ausmaß der aus der RVL emittierten Stäube und Rauche ist nicht geeignet, eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn zu bewirken.
Ist durch den bestimmungsgemäßen Betrieb der RVL-Anlage eine unzumutbare Beeinträchtigung von Personen über die Nahrungskette zu erwarten?
Bezüglich der sich stark in der Nahrungskette anreichernden Dioxine (PCDD/F) und polychlorierten Biphenyle bleibt meine frühere Aussage aufrecht, wonach davon ausgegangen werden kann, dass die Zusatzbelastung realistischerweise weit weniger als 1/100 der gegenwärtigen Grundbelastung ausmachen wird. Eine nennenswerte Zunahme der Grundbelastung des Menschen mit PCDD/F durch die Immissionen und Depositionen der geplanten RVL ist nicht zu erwarten."
c) Gutachten zum Fachgebiet Ökotoxikologie vom 5. Juni 2001 (Prof. Dr. H)
Der Gutachter führt zusammenfassend aus:
"Gemäß Unterlage 1.2.5 (Beweisthemenkatalog) waren im Rahmen dieses Gutachtens drei Fragestellungen zu beantworten:
Sind die Ergebnisse des Biomonitorings ausreichend und plausibel?
...
Die vorgelegten Ergebnisse des Biomonitorings sind nach umfassender Prüfung als ausreichend und plausibel zu bezeichnen. Sie sind geeignet, die Immissionssituation im Großraum L mit hinreichender Sicherheit zu charakterisieren.
Wie groß ist auf Grund der durchgeführten Immissionsmessungen (Biomonitoring) der Einfluss der RVL-Anlage insbesondere auf die Schutzgüter Forst- bzw. Boden/Landwirtschaft im Großraum L?
Wie hat sich unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse die Belastung dieser Schutzgüter während des Versuchsbetriebes im Großraum L verändert?
...
Die dargelegten Befunde machen deutlich, dass ein Einfluss der RVL-Anlage auf das Schutzgut Pflanze nicht nachweisbar ist. Beeinträchtigungen des Pflanzenwachstums durch gasförmige Luftschadstoffe werden nicht eintreten und es wird auch zu keinen Schadstoffanreicherungen in Kulturpflanzen kommen, die über dem für ländliche Gebiete charakteristischen Hintergrundbereich liegen. Die Depositionswerte für Schwermetalle sind auf Grund der Ergebnisse des Biomonitorings allgemein sehr niedrig, sodass es im Boden auch bei langer Betriebsdauer der RVL-Anlage nicht zu einer Anreicherung dieser Elemente kommen wird.
Die Aussagen des ursprünglichen Gutachtens, die den Betrieb der Anlage als umweltverträglich bewertet haben, können somit bestätigt werden."
Alle erwähnten Gutachten basieren auf einer Reihe von Unterlagen, darunter dem Schlussbericht zum Versuchsbetrieb vom März 2001.
Diese Unterlagen wurden in einem Gutachten von Univ. Prof. Dr. S vom 31. Mai 2001 (Fachgebiet Meteorologie, Klima, Ausbreitung von Luftschadstoffen) überprüft. Der Gutachter beurteilte die vorgelegten Ergebnisse der Luftqualitätsuntersuchungen als ausreichend und plausibel und erklärte, der Einfluss der RVL-Anlage auf die Luftqualität im Großraum L liege auf Grund der durchgeführten Immissionsmessungen (Luftmessstationen) und der durchgeführten Ausbreitungsrechnungen im Grenzbereich einer möglichen Nachweisbarkeit. Die Luftqualität während des Zeitraumes weise bei einigen Schadstoffkomponenten einen leichten Trend in Richtung einer Verschlechterung auf; es zeige sich aber, dass dafür die RVL-Anlage als direkter Verursacher nicht in Frage komme.
Wie sich aus den Gutachten ergibt, beruhen diese auf den Ergebnissen des Versuchsbetriebes und den Messungen durch Messstationen. Da Messungen auch bereits vor Inbetriebnahme der Anlage der mitbeteiligten Partei durchgeführt wurden und da weiters die nach der Inbetriebnahme der Anlage vorgenommenen Messungen nicht zwischen Vorbelastung und Zusatzbelastung unterscheiden, sondern die Gesamtbelastung messen, ist die Behauptung der beschwerdeführenden Parteien, die Vorbelastungen seien nicht ausreichend erhoben worden, unzutreffend.
Zu Schwefelwasserstoff (H2S) heißt es in dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Gutachten (Dr. W):
"Im Zeitraum des Versuchsbetriebes wurden mehrfach Immissionswerte über 0,03 mg/m3 (bis zu 0,18 mg/m3) gemessen, sodass Geruchsbelästigungen durch Schwefelwasserstoff wahrscheinlich sind. Allerdings spielt dieser Umstand hier insofern keine Rolle, als es lt. den vorliegenden Gutachten durch die verfahrensgegenständliche Anlage nicht zu einer Erhöhung, sondern vielmehr zu einer Verringerung der ortsüblichen Immission kommt, da bisher am Standort emittierte H2S-behaftete Abgase der Faserproduktion der L-AG über den Verbrennungsofen geschleust werden und deshalb die Gesamtbelastung an H2S in der Region sogar deutlich sinken sollte."
Zu Schwefeldioxid (SO2) führt der medizinische Amtssachverständige aus:
"Aus der Zeitreihe lässt sich ein Einfluss der verfahrensgegenständlichen Anlage nicht erkennen, sodass deren SO2- Ausstoß (wohl auch auf Grund des geringen Immissionsanteils) als Ursache für medizinisch relevante Auswirkungen nicht in Frage kommt."
Was die Ozonbildung betrifft, wird im toxikologischen Gutachten Folgendes ausgeführt:
"Wie zu erwarten, sind jeweils während der Sommermonate die höchsten Ozonkonzentrationen zu beobachten. Der Kurvenverlauf an den Messstellen B und Alt-L korreliert in keiner Weise mit jener der Stickstoffoxide an der Messstelle L. Auch kann keinerlei Zusammenhang mit der Zeit nach Inbetriebnahme der RVL abgelesen werden. Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass die RVL jedenfalls nicht zu einer Verschlechterung der Ozonimmissionen führt."
Zum selben Ergebnis, dass in den Sommermonaten aufgetretene Grenzwertüberschreitungen von Ozon nicht in Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlage der mitbeteiligten Partei stehen, kommt auch das Gutachten des Umweltmediziners Univ. Prof. Dr. V:
"Wie zu erwarten, treten Grenzwertüberschreitungen in den Sommermonaten auf (großräumig auftretendes Phänomen = "Sommersmog"). Sie wurden im selben Ausmaß auch in den Jahren vor Aufnahme des Versuchsbetriebs gemessen und stehen nicht in zeitlichem Zusammenhang mit dem Versuchsbetrieb der RVL. Der zeitliche Verlauf der Ozonimmissionen korreliert daher auch nicht mit den Stickstoffdioxidimmissionen (Vorläufersubstanzen) der RVL. Kein einziger HMW hat den 3hHM von 0,200 (g/m3 der Ozon-Vorwarnstufe erreicht."
Im ökotoxikologischen Gutachten aus dem Jahr 1994 zum beabsichtigten Versuchsbetrieb heißt es, ökotoxikologische Auswirkungen durch CS2 würden im Raum L nicht auftreten. Dass in den Schlussgutachten keine Ausführungen über CS2 enthalten sind, erklärt sich daraus, dass die Anlage der mitbeteiligten Partei kein CS2 erzeugt. CS2-Emissionen stammen von der L-AG, wie auch die beschwerdeführenden Parteien selbst ausführen.
Zum Kapitel Staub führt der medizinische Amtssachverständige Dr. W in seinem Gutachten aus:
"Nach den Ergebnissen des Versuchsbetriebs wiederum lassen sich keine der RVL zuordenbare Erhöhungen der bestehenden Staubimmissionssituation erkennen. Vielmehr ist in den Jahren 1998 bis 2000 an der Messstelle B die Staubimmission fortwährend gesunken, wie nachfolgende Datenextraktion zeigt:
...
Folglich kann davon ausgegangen werden, dass die verfahrensgegenständliche Anlage in Bezug auf die Staubemission ohne gesundheitliche Auswirkungen auf die Nachbarschaft ist."
Zum Problem der Stickoxide führt der medizinische Amtssachverständige Dr. W im Anschluss an die Wiedergabe der Ergebnisse von Messungen Folgendes aus:
"Diese Zahlen zeigen einen kontinuierlichen Anstieg, der aber laut dem immissionsklimatologischen Gutachten (S, 2001) nicht eindeutig der RVL zuzuordnen ist. Eine solche Zuordnung wäre auch auf Grund der Prognosewerte nicht plausibel. Bekannt ist allerdings eine NOx-Zunahme durch den ansteigenden Individualverkehr. Aus medizinischer Sicht sind die festgestellten Konzentrationen jedenfalls deutlich unter den gesundheitsrelevanten Grenzwerten, sodass mit oder ohne Beteiligung der verfahrensgegenständlichen Anlage an der Gesamtsituation eine Beeinträchtigung oder Gefährdung durch NO2 nicht zu befürchten ist."
Im Zusammenhang mit ihren Ausführungen betreffend Schwermetalle, Dioxine und Furane sowie PAK und PCB bemängeln die beschwerdeführenden Parteien, die während des Versuchsbetriebes durchgeführten Bioindikatormessungen seien nicht ausreichend.
Dazu ist auf das Gutachten aus dem Fachbereich Ökotoxikologie zu verweisen, wonach die vorgelegten Ergebnisse des Biomonitorings als ausreichend und plausibel zu bezeichnen und geeignet sind, die Immissionssituation mit hinreichender Sicherheit zu charakterisieren.
Weiters bemängeln die beschwerdeführenden Parteien, es sei unzulässig, dass die Probenahmen und Betreuungsarbeiten an den Messstandorten durch Mitarbeiter der L-AG durchgeführt worden seien.
Die Durchführung der erwähnten Untersuchungen wurde der mitbeteiligten Partei im Versuchsbetriebsbescheid vom 19. April 1995 vorgeschrieben. Außerdem wurden die vorgelegten Proben und durchgeführten Untersuchungen von der Bundesanstalt für Agrarökologie kontrolliert, die, wie sich aus ihren Berichten ergibt, auch die Kontrollstellen einer Untersuchung unterzog und sie für in Ordnung befand. Der Einwand der beschwerdeführenden Parteien geht daher ins Leere.
Mit der Frage der Belastung durch Schwermetalle haben sich die beigezogenen Sachverständigen auseinander gesetzt und sind zu dem Ergebnis gekommen, eine Gesundheitsgefährdung liege nicht vor. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen Dr. W (S. 232 bis 241 des angefochtenen Bescheides), der hinsichtlich der Schwermetalle zu dem Ergebnis kommt, dass mit keinen gesundheitlichen Gefährdungen zu rechnen ist.
Gleiches gilt für die Dioxine und Furane (siehe das auf den S. 241 bis 244 des angefochtenen Bescheides wiedergegebene medizinische Gutachten).
Zu Fluor ist darauf hinzuweisen, dass trotz des im Jahr 2000 beobachteten Anstieges von 0,22 mg auf 0,36 % i.Tr. der Amtssachverständige aus dem Bereich Forstwirtschaft festgestellt hat, dass keine wesentlichen Veränderungen des Schutzgutes Forst festzustellen sind und der Einfluss auf das Schutzgut Forst gering ist.
Richtig ist, dass nach den Ausführungen im Gutachten von Univ. Prof. Dr. S vom 31. Mai 2001 der Versuchsbetrieb an einigen Sommertagen zu Geruchsbelästigungen von Anrainern durch Klärschlamm geführt hat.
Unzutreffend ist es hingegen, wenn die beschwerdeführenden Parteien behaupten, auf diese Frage werde von Seiten der Sachverständigen und der Behörde nicht eingegangen.
Im Gutachten von Univ. Prof. Dr. H (thermische Verfahrenstechnik) vom 13. Juni 2001 wurde eine Auflage des Inhalts vorgeschlagen, dass der für die Verbrennung vorgesehene Klärschlamm vor seiner Anlieferung soweit stabilisiert zu werden hat, dass bei der Zwischenlagerung auf dem Gelände der RVL keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen der Anrainer auftreten können. Bei der Übernahme des Klärschlammes durch die RVL ist diese Qualität des Schlammes zu überprüfen und sicherzustellen.
Diesem Auflagenvorschlag hat sich der umweltmedizinische Gutachter angeschlossen.
Die Erstbehörde hat dem durch folgende Auflagen Rechnung getragen:
"1.3. Die Anlieferung von stabilisiertem Klärschlamm in Bezug auf Zeit und Menge hat so zu erfolgen, dass ab Samstag Mittag 12.00 Uhr bis Montag 06.00 Uhr Früh kein Klärschlamm auf Flächen im Freien am Gelände der RVL GmbH zwischengelagert wird. Wenn ein Montag als gesetzlicher Feiertag festgelegt ist, so erstreckt sich diese Frist bis zum nächsten Werktag.
1.4. Übel riechende Abfälle, wie Rechengut usw. dürfen nicht im Freien gelagert werden, sondern sind unverzüglich nach der Qualitätskontrolle in das dafür vorgesehene abgedeckte Zwischenlager zu verbringen."
Wenn die beschwerdeführenden Parteien meinen, die Behörden hätten jene Umweltbelastungen außer Acht gelassen, die durch den von den Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei hervorgerufenen Lkw-Schwerverkehr in der Region L verursacht würden, so ist ihnen entgegenzuhalten, dass Immissionen als Folge des Fahrens (selbst mit Betriebsfahrzeugen) auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr die keinen Teil der Betriebsanlage bildet, nicht der Betriebsanlage zugerechnet werden können (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 2004, 2000/07/0271).
Entgegen den Ausführungen der beschwerdeführenden Parteien liegt das Emissionsmaximum nicht im Bereich jener Liegenschaften, die sich im Nahebereich der Anlage der mitbeteiligten Partei befinden, sondern, wie sich aus dem Gutachten der ZAMG (Ausbreitungsrechnung, S 42) ergibt, in rund zwei Kilometer Entfernung von der Anlage. Die Behauptung, an den am stärksten belasteten Punkten hätten keine Messungen stattgefunden, weshalb die Datengrundlagen ungenügend seien, erweist sich somit als unrichtig.
3. Im "zentralen Anfechtungspunkt" tragen die beschwerdeführenden Parteien eine Reihe von Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid vor.
3.1. Die beschwerdeführenden Parteien bringen vor, es bleibe völlig offen, welche Abfälle in der Anlage thermisch verwertet werden dürften und welche Qualität diese Stoffe haben dürften. Dies stelle einen wesentlichen Mangel dar, weil sich die zulässige Emission bestimmter Luftschadstoffe und die Konzentration von Luftschadstoffen nur vom Abfallinput her kontrollieren lasse. Die mitbeteiligte Partei könne die Kombination der eingesetzten Stoffe beliebig wählen. Die Kontrolle könne nicht erst bei den Emissionen ansetzen. Es sei nämlich nicht möglich, sämtliche durch die Verbrennung von Abfällen der im Abfallkatalog angeführten Abfälle entstehenden Schadstoffe im Abgasstrom lufttechnisch zu erfassen. Weiters könnten die besonders umweltgefährlichen Schadstoffelemente Schwermetalle, Dioxine, Furane, PAK und PCB nicht kontinuierlich gemessen werden. Der angefochtene Bescheid begnüge sich mit der Vorschreibung von zwei Messungen pro Jahr bezüglich der Schwermetalle und Ammoniakemissionen sowie der Dioxine und Furane sowie von einmaligen jährlichen Messungen bezüglich der PAK-Emissionen.
Unzulässig sei es auch, dass der mitbeteiligten Partei gestattet werde, die festgelegten Emissionsgrenzwerte auszuschöpfen.
Aus den Emissionsmessungen während des Versuchsbetriebes könne nicht auf das Emissionsverhalten der Anlage in Hinkunft geschlossen werden, weil verabsäumt worden sei, zu ermitteln, welcher Zusammenhang zwischen dem Schadstoffgehalt des Verbrennungsinputs und dem Schadstoffgehalt der Verbrennungsabgase bestehe.
Es sei ungeklärt, welche organischen Schadstoffe emittiert würden.
Die Frage, mit welchen toxikologisch relevanten organischen Luftschadstoffemissionen bei der Anlage zu rechnen sei, um welche Stoffe und Verbindungen es sich dabei im Einzelnen handle und welche dieser Verbindungen toxikologisch bedeutsam seien, sei im Verfahren unbeantwortet geblieben. Daher gebe es auch kein abfallchemisches, verbrennungschemisches oder sonstiges Ermittlungsergebnis, auf welchem der Sachverständige für Toxikologie seine Beurteilung der in der Anlage anfallenden Emissionen von organischen Stoffen habe aufbauen können.
Das Gutachten des Toxikologen sei unschlüssig.
3.2. Spruchabschnitt I/1/1.1. (Abfallkatalog) des erstinstanzlichen Bescheides enthält einen Abfallkatalog, der die Abfälle entsprechend der ÖNORM S 2100 aufzählt, welche in der Anlage behandelt werden dürfen. Es trifft daher nicht zu, dass unklar sei, welche Abfälle thermisch verwertet werden dürfen.
Mit der Behauptung, es bleibe der mitbeteiligten Partei überlassen, welchen Mix der zulässigen Abfälle sie einsetze, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Keine Bestimmung des AWG 1990 oder der mit anzuwenden Gesetze und Verordnungen sieht eine Vorschreibung des Inhalts vor, dass nur bestimmte Kombinationen von Abfällen zum Einsatz gelangen dürfen.
Die beschwerdeführenden Parteien meinen aber, es sei nicht möglich, die bei der Verbrennung entstehenden Luftschadstoffe erst bei der Emission zu kontrollieren; eine solche Kontrolle müsse daher bereits beim Abfallmix angesetzt werden.
Bei diesem Vorbringen handelt es sich um eine Behauptung, die die eingeholten Gutachten widerlegen soll, sich aber nicht auf gleicher fachlicher Ebene bewegt.
Hinzuweisen ist insbesondere auf das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten der technischen Amtssachverständigen Dipl.-Ing. Z, die sich mit diesem Thema beschäftigt hat. In ihrem Gutachten heißt es:
"Zusammenfassend wird festgestellt, dass mit der Erstellung von Stoffbilanzen und den daraus ermittelten maximalen Schadstoffgehalten im Abfallbrennstoff erstmalig ein Konzept entwickelt wurde, wodurch maximal zulässige Schadstoffkonzentrationen im Abfallbrennstoff für die gegenständliche Anlage definiert werden konnten. Mit diesem System wird bereits inputseitig sichergestellt, dass nur jene Abfälle eingesetzt werden, deren Schadstofffrachten durch das vorhandene Anlagenkonzept sicher beherrscht werden können."
Auch durch Auflagen (insbesondere die Auflagen 1.7. und 1.9. des Genehmigungsbescheides) wird sichergestellt, dass Abfälle kontrolliert werden und dass Obergrenzen für Schadstoffgehalte im Abfallbrennstoff vorgesehen sind.
Auch in diesem Zusammenhang ist wieder auf das Gutachten der technischen Amtssachverständigen zu verweisen. Dort heißt es:
"Für gegenständliche Anlage wurde ein umfangreiches System zur Eingangskontrolle festgelegt und konkrete Anforderungen an die Qualität der Abfälle gestellt. Durch Auflage 1.6. und 1.7. (Dauerbetriebsbescheid) werden inputseitige Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung der Emissionsgrenzwerte getroffen. Abfälle, die auf Grund der angelieferten Menge und der Schadstoffbelastung festgelegte Schadstoffkonzentrationen überschreiten, dürfen in gegenständlicher Anlage nicht eingesetzt werden und sind nachweislich an ein befugtes Unternehmen zur ordnungsgemäßen Entsorgung bzw. Verwertung zu übergeben.
Mit Auflage 1.9. wird gewährleistet, dass nur jene Abfälle verbrannt werden, die den im Abfallkatalog genannten Abfallarten entsprechen. Die Auflage stellt sicher, dass die Abfälle vor der Anlieferung zur gegenständlichen Anlage nicht mit unzulässigen, gefährlichen Bestandteilen vermischt wurden (z.B. Batterien, sonstige gefährliche Abfälle).
Die bereits im Bescheid angeführten Auflagen in Verbindung mit den gemäß der Beantwortung zur Frage 2. a) vorgeschlagenen Ergänzungen gewährleisten, dass nur Abfälle mit bestimmter Qualität eingesetzt und damit die Emissionsgrenzwerte gesichert eingehalten werden.
Die im Dauerbetriebsbescheid vorgesehenen Bestimmungen zur Eingangskontrolle sehen ein weit umfassenderes System als die Vorgaben der AbfallverbrennungsRL und der AVV vor. Durch die vorliegenden Stoffbilanzen wurden Zusammenhänge zwischen eingesetzten Abfällen und den verbundenen Emissionen und Rückständen transparent dargelegt. Mit diesem System wird inputseitig eine vorbeugende Maßnahme getroffen, mit der ergänzend zur Emissionsüberwachung gewährleistet wird, dass nur genehmigte Abfälle mit einer bestimmten Qualität eingesetzt werden. Mit den festgelegten maximalen Schadstoffkonzentrationen in den Abfällen wird sichergestellt, dass