Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Franz S***, Architekt, Krefeld, Espenweg 39, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch DDr. Manfred Walter, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Robert M***, Rechtsanwalt, Salzburg,
Rupertgasse 26, vertreten durch Dr. Reinhard Steger, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, wegen 11.864,80 S samt Anhang, infolge Revisionsrekurses und Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekurs- und Berufungsgerichtes vom 14.Juli 1988, GZ 21 R 185/88, 22 R 229/88-14, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Radstadt vom 17.März 1988, GZ C 29/88-8, abgeändert und das Urteil vom selben Tage, GZ C 29/88-8, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs und der Rekurs werden zurückgewiesen. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.414,72 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 219,52 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Begründung:
Mit der Behauptung, daß der Beklagte von einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern, zu denen auch der Kläger gehöre, mit der Vertretung ihrer Gewährleistungsansprüche gegenüber der Bauunternehmung G*** F*** KG beauftragt gewesen sei und den Wohnungseigentümern infolge einer schuldhaften Verletzung seiner Sorgfaltspflichten einen Schaden von 1,343.996 S zugefügt habe, hatte der Kläger ursprünglich vom Beklagten den auf ihn entfallenden aliquoten Anteil von 0,8828 %, sohin 11.864,80 S sA, begehrt. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14.März 1988 änderte er sein Begehren dahin, daß der Beklagte schuldig erkannt werden möge, den genannten Betrag zugunsten der "Eigentümergemeinschaft Ferienanlage Sonnenhang Mühlbach am Hochkönig" gerichtlich zu erlegen; für den Fall der Abweisung dieses Begehrens werde Zahlung an den Kläger verlangt. Die genannte, vom Hausverwalter Ferdinand R*** vertretene Eigentümergemeinschaft habe ihre "ausdrückliche Zustimmung und Vollmacht" zur gesonderten Klageführung und Geltendmachung des jeweils aliquoten Schadenersatzbetrages durch die einzelnen Wohnungseigentümer - also auch durch den Kläger - erteilt. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und sprach sich gegen die Zulassung der Klageänderung aus. Der Erstrichter ließ - mit Beschluß - die Klageänderung nicht zu und wies - mit Urteil - das geänderte Klagebegehren und das Eventualbegehren ab. Darin, daß der Kläger nicht mehr Leistung an ihn, sondern Gerichtserlag zugunsten einer Eigentümergemeinschaft verlange, liege eine Klageänderung. Ohne deren Zulassung sei das Verfahren im Hinblick auf die rechtskräftige urteilsmäßige Erledigung des vollkommen gleichgelagerten Verfahrens C 39/87 spruchreif; bei Zulassung der Änderung der Klage müßte hingegen ein Beweisverfahren abgeführt werden, was mit einer erheblichen Erschwerung und Verzögerung des Verfahrens verbunden wäre. Werde die Klageänderung aber nicht zugelassen, so müsse das Klagebegehren - ebenso wie das von einer anderen Miteigentümerin zu C 39/87 erhobene, bereits rechtskräftig abgewiesene Begehren - abgewiesen werden.
Das Gericht zweiter Instanz bewilligte die Klageänderung und hob das angefochtene Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Der Rekurs sei trotz des Klagebetrages von weniger als 15.000 S zulässig: Nach § 55 Abs. 3 JN sei für den Streitwert auch dann der Gesamtbetrag der noch unberichtigten Kapitalsforderung maßgebend, wenn nur ein Teil davon begehrt werde. Der Kläger habe nur seinen Anteil an einer Forderung eingeklagt, die von der Eigentümergemeinschaft, der auch er angehöre, im Betrag von mehr als 1,3 Millionen S geltend gemacht werde. Der Rekurs sei auch berechtigt: Klageänderungen seien tunlichst zuzulassen. Das Verfahren befinde sich erst am Anfang. Ohne Klageänderung wäre dem Rechtsschutzinteresse beider Parteien noch nicht entsprochen. Das Interesse des Beklagten daran, daß der Kläger in der für ihn durch die Klage geschaffenen, prozessual ungünstigen und unergiebigen Situation verbleibe, wäre nur dann berechtigt, wenn es der materiellen Rechtslage und dem Rechtsfrieden entspräche. Da dies hier nicht zutreffe, sei die Klageänderung zuzulassen.
Diese prozessuale Lage müsse auch zum Erfolg der Berufung führen. Gerade der Mangel des Begehrens, der im Verfahren C 39/87 zur Abweisung der Klage geführt habe, sei hier durch die Klageänderung behoben worden. Das geänderte Begehren erfordere eine Verfahrensergänzung, weil darüber noch gar nicht verhandelt worden sei; es unterscheide sich außerdem auch in seinem Vorbringen von dem vorangegangenen Verfahren.
Sowohl gegen den abändernden Beschluß als auch gegen den Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz wendet sich der "Rekurs" (richtig: Revisionsrekurs und Rekurs) des Beklagten mit dem Antrag,
(1.) den angefochtenen Beschluß über die Klageänderung aufzuheben und den Rekurs des Klägers gegen den Beschluß des Erstrichters zurückzuweisen sowie (2.) den Aufhebungsbeschluß aufzuheben und in der Sache selbst durch Wiederherstellung des Ersturteiles zu entscheiden.
Der Kläger beantragt, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel des Klägers ist unzulässig.
Nach § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO sind Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz - also nicht nur eines Rekurs-, sondern auch eines Berufungsgerichtes (Fasching, LB Rz 1980; Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 169 ff (203); 4 Ob 396/83, 8 Ob 607/86, 8 Ob 13/87 u.v.a.) - über einen 15.000 S an Geld oder Geldeswert nicht übersteigenden Beschwerdegegenstand oder Teil des Beschwerdegegenstandes unzulässig. Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof ist daher auch bei einer Teileinklagung nur der Streitwert, über den das Gericht zweiter Instanz tatsächlich entschieden hat, und nicht der volle Forderungsbetrag maßgebend (SZ 24/61; SZ 28/10; JBl. 1975, 493 u. v.a.). Daran hat sich auch durch die Neufassung des § 55 Abs. 3 und 4 JN durch die ZVN 1983 nichts geändert (3 Ob 1506/84, 6 Ob 690/86 u.a.; Petrasch, Die Zivilverfahrens-Novelle 1983 in der Rechtsprechung des OGH, ÖJZ 1985, 257 ff, 291 ff !295 ). Auf die Frage, ob eine Schadenersatzforderung, die verschiedenen Personen zu entsprechenden Anteilen zusteht, eine einheitliche Kapitalsforderung im Sinne des § 55 Abs. 3 JN ist, braucht daher hier nicht eingegangen zu werden.
Ist ein Rechtsmittel gegen einen Aufhebungsbeschluß im Hinblick auf den Streitwert von nicht mehr als 15.000 S unzulässig, dann kommt dem vom Berufungsgericht beigesetzten Rechtskraftvorbehalt keine Bedeutung zu.
Sowohl der Revisionsrekurs gegen die Zulassung der Klageänderung als auch der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz mußten daher zurückgewiesen werden.
Da der Kläger auf diesen Zurückweisungsgrund hingewiesen hat, waren ihm die Kosten seiner Rekursbeantwortung zuzuerkennen (§§ 41, 50 ZPO).
Anmerkung
E15720European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00612.88.1115.000Dokumentnummer
JJT_19881115_OGH0002_0040OB00612_8800000_000