TE OGH 1989/12/13 1Ob700/89

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Veröffentlicht am 13.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Vormundschaftssache des mj. Thomas V***, geb. 25. Oktober 1971, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des unehelichen Vaters Karl G***, Hufschmied, Tenneck, Bundesstraße 28, vertreten durch Dr. Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 10. Oktober 1989, GZ. 1 b R 166/89-130, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 11. September 1989, GZ. P 160/81-127, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der mj. Thomas V*** ist ein uneheliches Kind des Revisionsrekurswerbers. Zuletzt wurde der von ihm zu leistende Unterhalt mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Februar 1989, 1 b R 21/89-120, ab 25. September 1987 mit monatlich S 3.310 festgesetzt. Schon damals wurde die Frage der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit des unterhaltspflichtigen Vaters nach der sogenannten Anspannungstheorie beurteilt: Der Vater hatte eine Beschäftigung als Elektriker, zu der er gesundheitlich in der Lage sei, bei seinem früheren Arbeitgeber freiwillig aufgegeben. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei als mutwillige Unterlassung der Erzielung eines zumutbaren Einkommens zu beurteilen. Obwohl der Vater das Arbeitsverhältnis aufgegeben habe, sei er trotzdem in der Lage, dem kostspieligen Hobby des Rennsports (Trabfahren) nachzugehen.

Am 9. August 1989 beantragte der Vater, den von ihm zu leistenden Unterhalt auf monatlich S 2.000 herabzusetzen. Er habe in der Zwischenzeit eine Ausbildung als Hufschmied absolviert und die Meisterprüfung abgelegt. Er sei nunmehr als selbständiger Hufschmied in Tenneck tätig. Selbstverständlich sei eine solche Betriebsgründung mit erheblichen Aufwendungen verbunden und beeinträchtige in ihrer Gründungsphase erheblich die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen. Gegenwärtig sei er auf Grund der wirtschaftlichen Situation vollkommen außerstande, den ihm auferlegten monatlichen Unterhalt von S 3.310 zu leisten. Auf Grund der erforderlichen Investitionen und des vorerst noch relativ geringen Umsatzes könne er monatlich höchstens S 2.000 bezahlen. Das Erstgericht wies den Herabsetzungsantrag ab. Es bleibe zwar jedem Menschen grundsätzlich unbenommen, seinen Beruf frei zu wählen; sei er jedoch in dem von ihm gewählten Beruf nicht in der Lage, ein Einkommen zu erzielen, das zur Deckung des Durchschnittsbedarfes des unterhaltsberechtigten Kindes ausreiche, so sei er verpflichtet, einen in seiner Berufssparte besser bezahlten Posten anzunehmen. Der Vater bewege sich seit Jahren in Pferderennkreisen. Er halte selbst Pferde, er verbinde somit das Angenehme mit dem Nützlichen, um dadurch die Höhe seiner Unterhaltsverpflichtung zu drücken. Nach Ansicht des Gerichtes sei das Unternehmen des Vaters als Liebhaberei- bzw. Voluptuarbetrieb anzusehen. Zur Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage sei daher nach wie vor die Anspannungstheorie heranzuziehen, zumal der Unterhaltspflichtige als pflichtbewußter bzw. maßstabgerechter Familienvater sicherlich seine gelernte und jahrelang ausgeübte Tätigkeit nicht aufgegeben hätte, um sich zum Hufschmied umschulen zu lassen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge. Der Unterhaltsberechtigte habe zwar dann eine vorübergehende Herabsetzung der Unterhaltsleistung in Kauf zu nehmen, wenn sich der Unterhaltspflichtige selbständig gemacht habe oder den Beruf gewechselt habe und wenn anzunehmen sei, daß mit dem Ergreifen einer selbständigen Tätigkeit oder dem Berufswechsel in Zukunft eine Einkommenssteigerung zu erwarten sei. Dies habe der Vater in seinem Unterhaltsherabsetzungsantrag weder behauptet noch nachgewiesen. Er habe keine Behauptungen zu seinen künftigen Berufsaussichten aufgestellt. Er habe die von ihm behaupteten Investitionen weder konkret behauptet noch nachgewiesen; er habe auch nicht dargelegt, welches Einkommen er künftig erzielen könne. In der Tat sei es nicht sehr wahrscheinlich, daß der Vater in der Zukunft ein höheres Einkommen werde erzielen können als ein Elektriker, auf dessen Einkommen der Vater bei der letzten Unterhaltsbemessung "angespannt" worden sei. Berücksichtige man, daß der Vater für das Kind ohnedies weniger Unterhalt zahle, als dem Regelbedarf entspreche, so sei eine Unterhaltsherabsetzung für den Unterhaltsberechtigten nicht zumutbar. Der Vater sei vielmehr nach wie vor in der Lage und verpflichtet, als unselbständiger Elektriker tätig zu sein und ein Einkommen zu erzielen, das ihn in die Lage versetzen würde, den Unterhaltsbeitrag in der bisherigen Höhe zu bezahlen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist unzulässig.

Unter Geltendmachung der Revisionsrekursgründe der Nullität und der offenbaren Gesetzwidrigkeit (dem Inhalte nach nur des letzteren) führt er aus, dem Unterhaltspflichtigen sei eine Flexibilität der Lebensgestaltung jedenfalls insofern zuzuerkennen, als er einen Berufswechsel vornehmen könne, der ihn in sozial anerkannte Tätigkeiten einreihe. Die Untergerichte seien in ihren Entscheidungen willkürlich vorgegangen, weil sie ohne jede Grundlage die Behauptung in den Raum gestellt hätten, daß das Unternehmen des Vaters als Liebhabereibetrieb anzusehen sei bzw. daß es nicht sehr wahrscheinlich sei, daß er in Zukunft ein höheres Einkommen erzielen werde können als ein Elektriker. Da er nunmehr ein eigenes Unternehmen führe, in dem er versuche, mit Fleiß jenen Unternehmenserfolg zu erzielen, an dem in weiterer Folge auch der Unterhaltspflichtige werde teilnehmen können, erscheine eine weitere und willkürliche Anspannung auf das fiktive Einkommen eines Elektrikers offenbar gesetzwidrig.

Gemäß § 14 Abs 2 AußStrG sind Rekurse gegen die Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig. Die Rechtsmittelbeschränkung des § 14 Abs 2 AußStrG hat Vorrang vor der des § 16 AußStrG (EFSlg 55.637, 52.755, 49.928 uva.). Bemessungsfrage ist u.a. die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (JB 60 neu = SZ 27/177 uva.). Beide Vorinstanzen gingen davon aus, daß nicht die derzeitige Einkommenslage des Vaters für die Unterhaltsbemessung heranzuziehen wäre, sondern jenes Einkommen, das er bei Anspannung seiner Kräfte als unselbständiger Elektriker erzielen könnte. Ob aber dieses fiktive Einkommen, das der Vater bei Anspannung seiner Kräfte erzielen könnte, zur Unterhaltsbemessung heranzuziehen ist, gehört zur Frage der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und fällt damit in den Bemessungskomplex (EFSlg 55.561, 52.699, 52.700, 49.872 uva, zuletzt 8 Ob 644/89). Dem Obersten Gerichtshof ist daher ein Eingehen auf die Frage, ob die Vorinstanzen zu Recht von einem vom Revisionsrekurswerber zu erzielenden Einkommen eines Elektrikers und nicht von dem eines selbständigen Hufschmiedes ausgegangen sind, verwehrt. Der unzulässige Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

Anmerkung

E19445

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00700.89.1213.000

Dokumentnummer

JJT_19891213_OGH0002_0010OB00700_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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