TE OGH 1990/1/9 4Ob165/89

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Veröffentlicht am 09.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***, Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A*** Export-Import Handelsgesellschaft mbH, Linz, Hofgasse 10, vertreten durch Dr. Hermann Aflenzer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 220.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25. September 1989, GZ 6 R 229/89-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 14. Juni 1989, GZ 1 Cg 315/86-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.649,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.440,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Da die Beklagte trotz ihrer Bemühungen nicht in das österreichische Skikartell aufgenommen wird, muß sie ihren Bedarf anderweitig decken; sie verkauft großteils nichtkartellierte Skier und kalkuliert ihre Preise selbst. Schon in der Saison 1985/1986 hatte sie den Ski "Atomic Bionic RS" zum Preis von S 3.200 verkauft. Sie konnte damals von ihren 80 Paar Skiern nur 30 verkaufen; einen Teil der Ware mußte sie an Wiederverkäufer veräußern oder in Kommission weitergeben.

In der "Neuen Kronen Zeitung" vom 20. November 1986 erschien ein Inserat der Beklagten unter der Überschrift "DER BESTPREISBEWEIS! 5 Wochen vor Weihnachten! SPORT-arfaian SKIVERGNÜGEN! Solange der Vorrat reicht". Darunter waren mehrere Sportartikel mit Angabe des Preises ("BEWEISPREIS") angeführt, unter anderem: "Atomic Bionic RS, die gelbe Rennmaschine, 1. Wahl 3.200". Unterhalb der angekündigten Artikel waren neben der Bezeichnung "SPORT arfaian" die Adressen "Linz, Hofgasse 10", "Linz, EKZ OED, Europastr. 12", "Urfahr, Leonfeldner-Straße 75", "Traun, Linzerstr. 26" und "Steyr, Tabor, Motion, Puchstraße 17" angeführt.

Am 21. November 1986 hatte die Beklagte in ihren Geschäftslokalen - ohne Berücksichtigung der Lagerräume - jedenfalls folgende Mengen der genannten Skitype in einer Länge von jeweils 2,03 oder 2,05 m vorrätig:

Linz, Hofgasse 10                      2 Paare

Linz, EKZ OED                          kein Paar

Linz-Urfahr, Leonfeldnerstr. 75        8 Paare

Traun, Linzerstraße 26                 2 Paare

Ob und bejahendenfalls in welcher Zahl die Beklagte auch andere Längen als solche von 203 und 205 cm auf Lager hatte, steht nicht fest; auf jeden Fall hätten auch andere Längen von österreichischen oder deutschen Händlern über Bahnexpreß binnen eines Tages oder zweier Tage nachbestellt werden können. Daß die Beklagte auch ein Geschäft in Steyr, Puchstraße 17, betreibt, ist nicht erwiesen; dieses Geschäft wurde lediglich in die Werbung miteinbezogen. Innerhalb der einzelnen Geschäfte der Beklagten ist eine Beschaffung der Skier jederzeit leicht möglich. Im Geschäftslokal in Oed war am 21. November 1986 deshalb kein Paar vorrätig, weil der Geschäftsraum dort sehr beengt ist und keine Montagen vorgenommen werden; im Bedarfsfall wird dieses Geschäft von anderen Filialen versorgt.

Der "Atomic Bionic RS" ist ein ausgesprochener Renn-Ski, bei dem die Länge von 2 m am gängigsten ist, aber auch die Längen von 2,03 m und 2,05 m gängig sind.

Nach der Einschaltung der Werbung verkaufte die Beklagte bis Weihnachten 1986 nur zwei Paare dieses Modells, und zwar je eines am

12. und am 22. Dezember 1986; fünf Paare gab sie an Wiederverkäufer ab.

Aufgrund des schlechten Verkaufserfolges im vorangegangenen Jahr erwartete die Beklagte eine Nachfrage, die sie auf jeden Fall durch die vorhandene Menge decken könne; diese Erwartungen stellten sich als richtig heraus. Die geringe Nachfrage war nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß die Beklagte ein Vorjahrsmodell angeboten hatte, von dem das Publikum annimmt, daß es noch in der laufenden Saison begünstigt abverkauft wird.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte die von ihr zu einem außerordentlich günstigen Preis angebotenen Skier nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung gehabt habe, begehrt der klagende Schutzverband, die Beklagte schuldig zu erkennen, "im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Sportartikeln es zu unterlassen, Sportartikel zu besonders günstigen Preisen, insbesondere Skier Atomic Bionic RS, die gelbe Rennmaschine, erste Wahl, zum Preis von S 3.200 und damit deutlich unter dem kartellierten Preis für diese Ware, anzukündigen, wenn die so beworbenen Billigwaren in den Lokalen der Beklagten nicht im Umfang des voraussehbaren Bedarfes von wenigstens 3 Tagen vorhanden sind"; ferner stellt der Kläger ein Veröffentlichungsbegehren.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der von ihr angekündigte Preis von S 3.200 sei kein sensationeller Niedrigpreis, sondern ein angemessener Verkaufspreis gewesen, der auf kein besonderes Publikumsinteresse gestoßen sei. Sie habe keineswegs ausgefallene, sondern die geradezu gängigsten Längen angeboten. Das von ihr angepriesene Skimodell sei ein ausgesprochener Ladenhüter. Der von der Oberösterreichischen Handelskammer beauftragte Lockspitzel Franz S*** sei bis zum 12. Dezember 1986 offensichtlich der einzige Interessent gewesen. Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte habe von dem in der Werbung angekündigten Atomic Bionic RS-Ski einen Vorrat gehabt, der dem zu erwartenden Kaufinteresse entsprochen habe. Da schon im Winter 1985/1986 nur 30 Paar dieser Skier hätten verkauft werden können, habe für die folgende Saison, in welcher der angepriesene Ski sicher bereits unattraktiv gewesen sei, mit einem geringeren Verkauf gerechnet werden müssen. Die vorhandenen Längen könnten nicht als atypisch bezeichnet werden. Der Beklagten könne auch nicht zum Nachteil gereichen, daß sie in ihrer Filiale in Oed kein Paar solcher Skier vorrätig gehabt habe, weil einer jederzeitigen und raschen Beschaffung aus einer anderen Filiale nichts im Wege gestanden sei. Im übrigen sei offen geblieben, ob die Beklagte nicht in ihrem Lager noch über einen größeren Vorrat von Skiern verfügt habe; die Beweislast für die Unrichtigkeit einer Werbeankündigung treffe den Kläger.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert die Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Ziehe man in Betracht, daß die Beklagte auf Grund des schlechten Verkaufserfolges mit dem Atomic Bionic RS in der Vorsaison im Winter 1986/87 mit keiner großen Nachfrage habe rechnen müssen, dann habe sie mit den festgestellten 12 Paar Skiern in zwei durchaus gängigen Größen - wozu noch allenfalls weitere Skier derselben Marke im Lager der Beklagten gekommen wären - einen ausreichenden Vorrat gehabt. Das kauflustige Publikum habe nicht erwarten können, daß die angekündigten Skier in allen gängigen Längen in sämtlichen Verkaufslokalen der Beklagten bereitstünden, handle es sich doch hier nicht um eine Ware des täglichen Bedarfs, sondern um einen Spezialski, den zu kaufen es sich selbst nach der Werbung des Produzenten in erster Linie für rennsportlich ambitionierte Skiläufer lohne. Bedenke man noch, daß die Beklagte die Möglichkeit hatte, diesen Ski bei Bedarf in der jeweils gewünschten Länge jederzeit - innerhalb von höchstens 2 Tagen - zu beschaffen, so könne nicht von der wettbewerbswidrigen Ankündigung eines Lockartikelangebotes gesprochen werden. Tatsächlich hätten bis Weihnachten nur zwei Paar dieser Skier verkauft werden können; der Erfolg der Werbung sei also noch bedeutend geringer gewesen, als es die Beklagte erwartet hatte. Ein Verstoß gegen § 2 UWG sei demnach zu verneinen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Klage stattgegeben werde. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Werden im geschäftlichen Verkehr Waren zu besonders günstigen Bedingungen angeboten, dann müssen sie - von zufälligen Lieferschwierigkeiten oder anderen unvorhersehbaren Ereignissen im Einzelfall abgesehen - für eine gewisse Zeitdauer in ausreichender Menge vorhanden und zu haben sein, so daß die üblicherweise zu erwartende Nachfrage auch tatsächlicih gedeckt werden kann (ÖBl. 1979, 129; ÖBl. 1980, 43; ÖBl. 1983, 136 ua;

Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15 1222 Rz 281 zu § 3 dUWG). Wird nämlich im Einzelhandel der Verkauf bestimmter Waren werbemäßig angekündigt, dann erwartet der Kunde, daß sie für eine gewisse Zeitdauer in einer ausreichenden Menge vorhanden sind und die Nachfrage gedeckt ist; andernfalls wird er über die Menge der Vorräte irregeführt und damit verleitet, andere Waren zu kaufen, die vorrätig sind (ÖBl. 1979, 129; Baumbach-Hefermehl aaO 1221 f Rz 279 f zu § 3 dUWG). Mit welcher Nachfrage als Folge einer bestimmten Werbeaktion zu rechnen ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab (ÖBl. 1979, 129).

Nach den Feststellungen erwartete die Beklagte auf Grund ihrer

mit der gleichen Preisankündigung in der vorangegangenen Saison

gemachten Erfahrungen, daß sie mit der vorhandenen Menge von Skiern

der Type Atomic Bionic RS das Auslangen finden werde; tatsächlich

stellten sich diese Erwartungen sogar immer noch als zu optimistisch

heraus, konnte doch die Beklagte innerhalb eines Zeitraumes von

etwas mehr als einem Monat nach der Veröffentlichung ihrer

Werbeeinschaltung nur zwei Paar dieser Skier an Letztverbraucher

verkaufen. Daß sie nach der Veröffentlichung der beanstandeten

Werbung Kaufinteressenten abgewiesen hätte, weil sie das begehrte

Modell, insbesondere in der gewünschten Länge, weder sofort in der jeweiligen Zweigstelle zur Verfügung hatte noch in der Lage gewesen wäre, es binnen kurzer Zeit herbeizuschaffen (vgl. ÖBl. 1970, 25; ÖBl. 1973, 104), wurde weder behauptet noch festgestellt. Soweit der Kläger in seiner rechltichen Argumentation davon ausgeht, daß Verkäufer der Beklagten Kunden auf Anfrage mitgeteilt hätten, daß keine anderen Längen zum Verkauf stünden (S. 179), setzt er sich über den als erwiesen angenommenen Sachverhalt hinweg, hat doch das Gericht zweiter Instanz ausgeführt, daß es eine Feststellung in diesem Sinne nicht treffen könne (S. 160 f). War demnach aber schon der festgestellte Vorrat von (mindestens) 12 Paar Skiern mit den Längen von 2,03 und 2,05 m ausreichend, dann schadet es nicht, daß der tatsächlich vorhandene Gesamtvorrat der Beklagten nicht festgestellt werden konnte; die Frage der Beweislast dafür, warum ein Beklagter, obwohl die angebotenen Waren schon am Tag des Einsetzens der Werbung oder doch bald danach nicht mehr vorrätig waren, sein Angebot dennoch als für eine längere Zeit ausreichend habe ansehen können (vgl. hiezu SZ 53/3; ÖBl. 1983/136 ua), stellt sich demnach hier nicht. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Hinweis des Klägers darauf, daß die Beklagte ihr umfangreiches und daher sicher teures Inserat nicht wegen des Abverkaufs so weniger Paar Skier der Type Atomic Bionic RS eingeschaltet hätte, sie also offenbar nur Kunden habe anlocken wollen, um ihnen andere Waren anzubieten, überzeugt schon deshalb nicht, weil Gegenstand des Inserats der Beklagten nicht nur der Atomic Bionic RS-Ski, sondern eine größere Anzahl von Sportartikeln war. Die weitere Behauptung des Klägers, daß der Atomic Bionic RS-Ski gut verkäuflich gewesen sei, steht gleichfalls im Widerspruch zu den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen.

Worin eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gelegen sein soll, ist den Revisionsausführungen nicht zu entnehmen. Der Revision mußte somit ein Erfolg versagt bleiben. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19498

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00165.89.0109.000

Dokumentnummer

JJT_19900109_OGH0002_0040OB00165_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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