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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §531;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des D in G, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch, Dr. Klaus Kollmann, Dr. Günter Folk, Dr. Werner Stegmüller und Mag. Franz Doppelhofer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Reitschulgasse 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 29. März 2005, Zl. RV/0249-G/03, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erbschaftssteuerbescheid vom 7. Jänner 2003 schrieb das Finanzamt Graz-Umgebung dem Beschwerdeführer Erbschaftssteuer in der Höhe von EUR 36.827,76 vor. In der Bemessungsgrundlage der Steuervorschreibung war u.a. der steuerlich maßgebliche Wert der Grundstücke mit EUR 618.518,51 enthalten.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, bei der Vorschreibung der Erbschaftssteuer seien die Kredit- und Darlehensverbindlichkeiten nicht berücksichtigt worden, die auf den beiden Liegenschaften lasteten. Das Finanzamt Graz-Umgebung habe es verabsäumt, jene Kredit- und Darlehensverbindlichkeiten, für welche keine Personalschuldner mehr zur Verfügung stünden, sondern lediglich die beiden Liegenschaften als Besicherungsobjekt dienten, bei der Ausmittlung der vorzuschreibenden Erbschaftssteuer zu berücksichtigen, zumal diese Sachhaftungen auf den erwähnten Liegenschaften schlagend würden. Die Liegenschaften dienten als Besicherungsobjekte für Forderungen der im Berufungsschriftsatz näher bezeichneten Banken für Schulden des Ehegatten und von in der Zwischenzeit nach Abwicklung der Konkursverfahren aufgelösten und aus dem Firmenbuch gelöschten Gesellschaften. Eine Bereicherung durch Übergang der beiden Liegenschaften sei nicht eingetreten, zumal diese völlig überbelastet seien. Für die Kredite bzw. Darlehen stünden keine Personalschuldner bzw. Bürgen zur Verfügung, sodass die Sachhaftung der Liegenschaften schlagend würden. Diese offenen Verbindlichkeiten seien daher bei der Vorschreibung der Erbschaftssteuer zu berücksichtigen, weil es sich um tatsächlich bestehende und wirksam werdende Lasten handle. Eine Bereicherung des Beschwerdeführers liege durch den Erbanfall nicht vor, vielmehr sei die gesamte Erbschaft überschuldet. Der Beschwerdeführer habe als Gesamtrechtsnachfolger der Erblasserin nicht nur die Rechte, sondern auch die Liegenschaften mit den damit verbundenen Pflichten, nämlich die durch die Sachhaftung der Liegenschaften schlagend werdenden Kreditverbindlichkeiten, zu übernehmen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, für die Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten sei zunächst erforderlich, dass eine rechtliche Verpflichtung zu einer Leistung aus dem Nachlass bestehe. Dabei sei nicht nur der rechtliche Bestand der Schulden entscheidend, sondern es müsse auch eine tatsächliche und wirtschaftliche Belastung des Leistungsverpflichteten vorliegen, weshalb auch eine bürgerlich - rechtliche Schuld nur dann eine steuerlich zu berücksichtigende Vermögensminderung darstelle, wenn am Stichtag mit der Geltendmachung der gegenüberstehenden Forderung ernsthaft gerechnet werden müsse. Vom Begriff der Schuld sei auch jener des -
diese Schuld sichernden -Pfandrechtes zu unterscheiden. Die Erblasserin sei nicht Schuldnerin der in Frage stehenden und im Übrigen im Abhandlungsverfahren nicht geltend gemachten Verbindlichkeiten gewesen. Diese Kredite seien vielmehr vom Beschwerdeführer selbst bzw. von Gesellschaften aufgenommen worden. Außer bei einer dieser Gesellschaften habe der Beschwerdeführer bei allen anderen Gesellschaften die Funktion des Geschäftsführers ausgeübt. Die Erblasserin sei an diesen Firmen nicht beteiligt gewesen. Zur Sicherstellung dieser Forderungen habe sie jedoch ihre beiden Liegenschaften zum Pfand bestellt. Personalschuldner und Pfandbesteller seien daher im Beschwerdefall verschiedene Personen. Über sämtliche "Firmen" seien im Zeitraum Dezember 1997 bis Juni 1998 Konkursverfahren eröffnet und am 19. Dezember 2002 sei die letzte der "Firmen" amtswegig gelöscht worden. Die Erblasserin habe mit ihren Liegenschaften damit eine Sachhaftung übernommen. Zu einer Pfandversteigerung sei es im Beschwerdefall bis zu dem für die Entstehung der Erbschaftssteuerschuld maßgeblichen Zeitpunkt nicht gekommen. Die verpfändeten Liegenschaften hafteten zum Todeszeitpunkt für die hypothekarisch sichergestellten Forderungen, ohne dass die Erblasserin für diese Verbindlichkeiten persönlich in Anspruch genommen worden sei. Die Erbschaftssteuer stelle als Stichtagssteuer auf den Erwerb von Vermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt ab. Umfang und Zusammensetzung des erworbenen Vermögens seien im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zu beurteilen. Die Erbschaftssteuer sei somit vom Erbanfall zu bemessen. Bei der Besteuerung der Erbschaft sei dabei von den Verhältnissen am Todestag der Erblasserin auszugehen. Der Einwand des Beschwerdeführers, mangels Personalschuldner würden die Sachhaftungen auf den Liegenschaften schlagend werden, berühre diesen Grundsatz nicht. Bis zum Todestag der Erblasserin seien die Pfandrechte nicht verwertet worden, weshalb die zu Grunde liegenden, rechtlich bestehenden Schulden keine steuerlich zu berücksichtigende Vermögensminderung der Erblasserin darstellten. Diese Verbindlichkeiten seien von Unternehmen eingegangen worden, weshalb diese Hypothekarschulden für Zwecke begründet worden seien, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Grundstücken stünden. Schulden, die den Erblasser wirtschaftlich nicht träfen, führten nicht zu einer Minderung der steuerlichen Bereicherung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, dass die Finanzbehörde bei Vorschreibung der Erbschaftssteuer es unterlassen habe, die tatsächlichen auf die übertragenen Liegenschaften wirksam werdenden zusätzlichen Kreditverbindlichkeiten zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG gilt als Erwerb, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber. Bei der Zweckzuwendung tritt an die Stelle des Anfalles die Verpflichtung des Beschwerten.
Schulden und Lasten, die in wirtschaftlicher Beziehung zu nicht steuerbaren Teilen des Erwerbes stehen, sind gemäß § 20 Abs. 5 erster Satz ErbStG nicht abzuziehen.
In den Erläuternden Bemerkungen (539 Blg.NR XI. GP) heißt es, im § 20 Abs. 5 ErbStG ist der Grundsatz festgehalten, dass nur jene Schulden und Lasten, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerbaren Teilen eines Erwerbes stehen, abzugsfähig sind.
§ 20 ErbStG enthält eine demonstrative Aufzählung jener Schulden und Lasten, die vom Vermögenswert abzuziehen sind, und gebietet den Abzug von Erbgangsschulden (§ 20 Abs. 4 ErbStG), der Erblasserschulden (§ 20 Abs. 5 ErbStG) sowie der Erbfallsschulden (§ 20 Abs. 6 ErbStG) vom Nachlass (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 17 zu § 20 mit dem angeführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 1997, B 184/96, B 324/96).
Unter Erblasserschulden sind die vererblichen Verbindlichkeiten des Erblassers zu verstehen, die bis zu seinem Tod entstanden waren, auch wenn sie erst später fällig werden. Verbindlichkeiten, die "in bloß persönlichen Verhältnissen begründet sind" (§ 531 ABGB), gehören nicht dazu (Fellner, aaO).
Für die Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten ist es zunächst erforderlich, dass eine rechtliche Verpflichtung zu einer Leistung aus dem Nachlass besteht (Fellner, aaO, Rz 18 zu § 20 ErbStG).
Nach § 20 Abs. 5 ErbStG begründet nur die rechtliche Verpflichtung zur Leistung einer Schuld oder Last, die nach Maßgabe ihres rechtlichen Gehalts auf die Erben übergeht und diese verpflichtet, die Schuld aus dem ererbten Vermögen abzudecken, eine Abzugspost. Voraussetzung für die Absetzbarkeit von Schulden und Lasten ist, dass sie mit grundsätzlich der Steuer unterliegenden Teilen des Erwerbes in wirtschaftlicher Beziehung stehen. Vermögen und Schulden stehen zueinander in wirtschaftlicher Beziehung, wenn die Entstehung der Schulden ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die den Vermögensgegenstand selbst betreffen. Die wirtschaftliche Beziehung muss am Stichtag bestanden haben, also schon in der Person des Erblassers verwirklicht gewesen sein. Sie darf also nicht erst durch den Erbfall oder die Schenkung entstanden sein. Für die Abzugsfähigkeit einer Erblasserschuld genügt es somit nicht, dass überhaupt Schulden und Lasten vorhanden sind; der rechtliche Bestand einer Schuld oder Last allein reicht für ihre Abzugsfähigkeit nicht aus (vgl. Fellner aaO, Rz 34 bis 35 zu § 20 ErbStG und Dorazil/Taucher, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, 10.1 und 10.2 zu § 20 ErbStG samt angeführter deutscher Rechtsprechung).
Im Beschwerdefall waren die vererbten Liegenschaften der Ehegattin des Beschwerdeführers mit Hypotheken belastet, die zur Sicherung von Schulden von Gesellschaften und des Beschwerdeführers dienten. Es waren nicht Schulden der Erblasserin und auch nicht solche, die diese Liegenschaften selbst betrafen. Diese waren mit Pfandrechten für Schulden Dritter belastet. Durch den behaupteten Ausfall der ursprünglichen Schuldner wegen der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaften entstand aus der hypothekarischen Belastung der Liegenschaften entgegen den Ausführungen in der Beschwerde weder eine "sachbezogene Schuld" oder "eine persönliche, jedoch auf die Liegenschaft beschränkte Schuld" der Erblasserin noch hat die Entstehung der Schulden den Vermögensgegenstand, nämlich die Liegenschaften selbst, betroffen. Es bestand kein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Vermögen und Schuld; die Entstehung der Schuld beruhte nämlich weder ursächlich noch unmittelbar auf einem Vorgang, der die Liegenschaften betraf. Aus diesem Grund kam es auch nicht darauf an, ob mit der Geltendmachung der Forderung am Stichtag ernsthaft gerechnet werden musste.
Damit waren schon deswegen die Voraussetzungen für einen Abzug der auf den Liegenschaften lastenden Kreditverbindlichkeiten von der Bemessungsgrundlage der Erbschaftssteuer nicht gegeben.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Dezember 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005160127.X00Im RIS seit
24.01.2006