TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/26 2005/01/0395

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.01.2006
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §29 Abs1;
AsylG 1997 §6 Z2;
AsylG 1997 §6 Z5;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des A S in W, geboren 1975, vertreten durch Dr. Andreas Weiler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franziskanerplatz 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. April 2005, Zl. 257.195/0-III/07/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 3. (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, stammt aus dem Sandzak und gehört der bosnischen Volksgruppe an. Er reiste nach eigenen Angaben im Frühjahr 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 9. April 2002 Asyl. Bei seiner - auf Grund zwischenzeitlicher Einstellung des Verfahrens gemäß § 30 Abs. 1 AsylG - erst am 25. Jänner 2005 durchgeführten Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab er im Wesentlichen an, aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gekommen zu sein und "rein deswegen" einen Asylantrag zu stellen. In seinem Herkunftsstaat sei er keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen und habe niemals Probleme mit der Polizei oder dem Gericht gehabt.

Mit Bescheid vom 25. Jänner 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien Montenegro, ausgenommen Kosovo, gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus. Unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers und nach allgemeinen Feststellungen insbesondere zur Lage der bosnischen Moslems in der Region Sandzak begründete das Bundesasylamt seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer aus "rein wirtschaftlichen Gründen" nach Österreich gekommen sei und einen Asylantrag gestellt habe. Dies könne jedoch nicht zu einer Asylgewährung führen, setze eine solche doch konkrete gegen den Asylwerber gerichtete Verfolgung oder begründete Furcht vor Verfolgung voraus. Seine Zugehörigkeit zur Minderheit der bosnischen Moslems aus dem Sandzak rechtfertige eine Asylgewährung und Refoulementschutz für sich allein nicht, und zwar insbesondere deshalb, weil auf Grund der getroffenen Feststellungen nicht davon gesprochen werden könne, dass in Serbien und Montenegro nach den wesentlichen politischen Veränderungen im Herbst 2000 eine nicht sanktionierte ständige Praxis grober, offenkundiger und massenhafter Menschenrechtsverletzungen herrsche. Im Übrigen sei - aus näher dargestellten Gründen - mit einer Ausweisung gemäß § 8 Abs. 2 AsylG vorzugehen gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen die erstinstanzliche Entscheidung erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt 1.), stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) zulässig sei (Spruchpunkt 2.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt 3.). Der Beschwerdeführer sei - so die belangte Behörde - ein "geradezu 'klassischer' Wirtschaftsmigrant". Das Bundesasylamt habe in der Begründung seines Bescheides hinsichtlich aller drei Spruchpunkte die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die belangte Behörde schließe sich den diesbezüglichen Ausführungen vollinhaltlich an und erhebe sie zum Inhalt ihres Bescheides. Der Beschwerdeführer zeige zwar die schwierigen Lebensumstände im Falle seiner Rückkehr zu seiner Familie im Herkunftsstaat auf, damit sei jedoch nicht dargetan, dass ihm ein Überleben dort grundsätzlich nicht möglich wäre.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers auf § 7 AsylG, nicht jedoch - wie die Beschwerde vermeint - auf § 6 Z 2 und 5 AsylG (idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 101/2003) gestützt, weshalb die von der Beschwerde geltend gemachte Verletzung der Belehrungspflicht nach § 29 Abs. 1 zweiter Satz AsylG schon deshalb nicht vorliegt. Soweit weitere Verfahrensmängel behauptet werden, wird - unabhängig von der Frage deren Vorliegens - die Möglichkeit eines anderen Verfahrensergebnisses nicht dargetan. Im Übrigen lässt auch das von der Beschwerde zitierte Berichtsmaterial keine dem Beschwerdeführer mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohende aktuelle Gefährdung im Falle seiner Rückkehr in der Herkunftsstaat erkennen.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Bescheides (Abweisung des Asylantrages gemäß § 7 AsylG und Ausspruch nach § 8 Abs. 1 AsylG) richtet, kann sie daher nicht erfolgreich sein.

Bei ihrem Ausspruch über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt 3.) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 26. Jänner 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005010395.X00

Im RIS seit

19.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten