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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §129 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Henrike Peschel in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Freyung 7, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 10. Dezember 2003, Zl. BOB-434/03, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Für das Grundstück Nr. 630, EZ 261, KG Pötzleinsdorf, besteht die Widmung "Grünland: Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen". Für das dort auf dem Los Nr. 18 (Schönbrunner Graben) errichtete Kleingartenwohnhaus wurde mit Bescheid vom 26. Jänner 1995 die Baubewilligung, bezogen auf eine verbaute Fläche von 50 m2, erteilt.
Auf Grund einer anonymen Anzeige führte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37-Baupolizei (MA 37), am 24. September 2003 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Kleingartenwohnhauses einen Ortsaugenschein durch. Dabei wurde festgestellt, dass an der nord-westlichen Seite des bewilligten Kleingartenwohnhauses ein Zubau in Holz-Glaskonstruktion im Ausmaß von "ca. 5,50 m x 2,50 m" und einer mittleren Höhe von "ca. 2,10 m" errichtet worden sei. Die Beschwerdeführerin gab beim Lokalaugenschein an, sie habe den Zubau auf Grund falscher Auskunft seitens des Zentralverbandes der Kleingärtner gebaut.
Mit Bescheid vom selben Tag erteilte die MA 37 der Beschwerdeführerin den Auftrag, den beim Ortsaugenschein festgestellten Zubau binnen 8 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Der Auftrag wurde auf § 129 Abs. 10 der BauO für Wien (vorschriftswidriger Bau ohne Baubewilligung) gestützt.
In der dagegen erstatteten Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, es sei nicht lange her, dass ihr ihr Nachbar die Errichtung eines Wintergartens vorgeschlagen habe. Sie hätte sich bei drei Baumeistern erkundigt und es sei ihr gesagt worden, dass der geplante und durchgeführte "Anbau" gemäß § 62a BauO für Wien nicht bewilligungspflichtig sei, wenn seine mittlere Höhe unter 2,1 m liege, er keinen Wohnzwecken diene und die Grundfläche weniger als 12 m2 betrage. Dieser Glas-Holz-Schuppen stehe den Mitgliedern des Vereins als Pflanzenüberwinterungsraum zur Verfügung.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab. Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des bautechnischen Amtssachverständigen sei ein Zubau in einer Holz-Glas-Konstruktion im Ausmaß von ca. 5,50 m x 2,50 m und einer mittleren Höhe von 2,10 m ohne baubehördliche Bewilligung errichtet worden. Zubauten seien gemäß § 8 Abs. 1 des Wiener Kleingartengesetzes 1996 im "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" bewilligungspflichtig, gleiches gelte für die frühere Rechtslage. Es hätte daher vor der Errichtung des gegenständlichen Zubaues einer rechtskräftigen Baubewilligung bedurft. Eine solche Bewilligung fehle, weshalb gemäß § 129 Abs. 10 BauO für Wien der vorschriftswidrige Bau zu beseitigen sei. § 62a Abs. 1 Z. 5 BauO für Wien könne auch deshalb keine Anwendung finden, weil der Zubau jedenfalls eine bebaute Fläche von mehr als 12 m2, nämlich 13,75 m2 aufweise. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages komme der Behörde kein Ermessen zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Wiener Kleingartengesetzes 1996, in der Fassung LGBl. Nr. 10/2003 (KleingartenG), ist dieses Gesetz auf Gebiete mit der Flächenwidmung "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" anzuwenden.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung gilt dann, wenn dieses Gesetz nicht anderes bestimmt, die Bauordnung für Wien. Insbesondere findet auch die Bestimmung über die Behandlung vorschriftswidriger Bauten (§ 129 Abs. 10 BO für Wien, hier in der Fassung LGBl. Nr. 10/2003; BO) für die gegenständliche Fläche Anwendung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2001, Zl. 2001/05/0168).
Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben und ist ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Anzeige nicht erwirkt worden ist, zu beseitigen. Schon im hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 2000/05/0011, wurde darauf hingewiesen, dass das KleingartenG eine Bauvorschrift im Sinne des § 129 Abs. 10 BO ist.
§ 8 Abs. 1 KleingartenG lautet:
"(1) Im "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" und "Grünland- Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganz-jähriges Wohnen" sowie auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Flächen ist für Neu-, Zu- und Umbauten von Kleingartenhäusern und Kleingartenwohnhäusern sowie für die Umwidmung eines Kleingartenhauses in ein Kleingartenwohnhaus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Baubewilligung erforderlich. Alle anderen Bauführungen in Kleingärten und auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Flächen bedürfen weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige; das Erfordernis der Zustimmung des Grundeigentümers nach Maßgabe zivilrechtlicher Bestimmungen bleibt unberührt. Für die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen gelten ausschließlich die Bestimmungen der Bauordnung für Wien."
Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob hier eine bewilligungspflichtige Ausführung ohne Bewilligung erfolgte, ist daher, ob ein Zubau eines Kleingartenwohnhauses oder eine andere Bauführung vorliegt. Ein "Zubau" ist eine Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Dachgauben (§ 60 Abs. 1 lit. a sechster Satz BO).
Ein solcher Zubau liegt nach den bei der Verhandlung an Ort und Stelle getroffenen und in weiterer Folge unbestritten gebliebenen Feststellungen hier vor; auf die Erteilung einer Baubewilligung für diesen Zubau beruft sich die Beschwerdeführerin nicht.
Die Beschwerdeführerin fordert die Anwendung des § 62a Abs. 1 Z. 5 BO. Die dortige Flächenbeschränkung auf 12 m2 werde eingehalten, was die Beschwerdeführerin auch vorgebracht habe. Die festgestellten Maße seien nicht präzise, weil sie auf "Zirka"- Angaben beruhten, es habe der Organwalter der Baupolizei beim Lokalaugenschein kein Messband oder eine sonstige Messeinrichtung verwendet, sondern er habe die Ausmaße durch Abschreiten der betroffenen Baulichkeit ermittelt. Diese Bestimmung lautet:
"§ 62a
(1) Bei Bauführungen, die folgende Anlagen betreffen, ist weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich: ...
5. Gartenhäuschen, Lauben, Saletteln, Geräte- und Werkzeughütten und dergleichen mit einer Grundfläche von höchstens 12 m2 und einer Gebäudehöhe beziehungsweise lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von höchstens 2,50 m im Bauland, auf Grundflächen für Badehütten und im Erholungsgebiet - Sport- und Spielplätze; "
Dabei verkennt die Beschwerdeführerin, dass diese Bestimmung bei der hier gegebenen Widmung keine Anwendung findet, zumal sich die Bewilligungsfreiheit der dort genannten Bauten ohnehin aus § 8 Abs. 1 KleingartenG ergibt (siehe Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften5, 445). Der Umstand, dass diese Fassung des § 62a Abs. 1 Z. 5 BO, die auch den Inhalt der bisherigen Z. 15 erfasste, erst durch die Novelle LGBl. Nr. 36/2001 geschaffen wurde und hier nicht ausdrücklich festgestellt wurde, wann der gegenständliche Zubau geschaffen wurde, ist deshalb ohne Belang, weil ein Zubau zu einem Kleingartenwohnhaus auch nach früherer Rechtslage bewilligungspflichtig war (siehe § 8 KleingartenG in der Stammfassung LGBl. Nr. 57/1996).
Damit spielt die Frage, ob der Zubau eine größere oder eine kleinere Fläche als 12 m2 einnimmt, keine Rolle. Er wurde bewilligungslos ausgeführt, obwohl dafür eine Bewilligung erforderlich ist, weshalb die Behörden gemäß § 129 Abs. 10 BO zu Recht mit einem Beseitigungsauftrag vorgegangen sind.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 17. März 2006
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004050024.X00Im RIS seit
19.04.2006