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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §67 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel, LL.M., über die Beschwerde der D GmbH in W, vertreten durch Exinger GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1013 Wien, Renngasse 1/Freyung, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 24. September 2004, Zl. ABK - 486/04, betreffend Kommunalsteuer für den Zeitraum 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Abgabenbescheid vom 8. September 2003 schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin Kommunalsteuer für den Zeitraum 2000 mit dem Hinweis vor, dass die "Kommunalsteuer für die Pensionsabfindung bei aufrechtem Dienstverhältnis im Zeitraum 2000 in Höhe von EUR 14.927,17 von der Abgabepflichtigen nicht anerkannt" wurde. Gleichzeitig wurde wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Kommunalsteuer ein Säumniszuschlag von 298,54 EUR auferlegt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 10. Oktober 2003 machte die Beschwerdeführerin geltend, ihr ehemaliger Geschäftsführer Dr. Peter K. (geboren am 14. Februar 1940) habe "zum 31.12.2000 arbeitsrechtlich sein Dienstverhältnis aufgrund seines erreichten Lebensalters (Vollendung des 60. Lebensjahres) zwecks Übertritt in den Ruhestand beendet". Auf Grund der Pensionszusage habe er damit auch einen Anspruch auf Auszahlung der Pensionsabfindung gehabt. Entsprechend diesem Rechtsanspruch sei im Rahmen der Gehaltsabrechnung für Dezember 2000 auch die zustehende Pensionsabfindung in Höhe von 497.572,36 EUR zur Auszahlung gelangt. Vom 1. Jänner 2001 bis 30. Juni 2002 sei "arbeitsrechtlich ein weiteres vorübergehendes Dienstverhältnis aufrecht erhalten" worden. Die hinter der gegenständlichen Auszahlung stehende Absicht sei darin gelegen gewesen, dem Dienstnehmer im Zeitpunkt des Erreichens des Antrittsalters für die vorzeitige Alterspension "bei langer Versicherungsdauer gemäß § 253b Abs. 1 ASVG a.F." den Ruhe- bzw. Versorgungsbezug in Form einer Einmalabfindung zukommen zu lassen, damit dieser zeitgleich mit dem nach damaliger Rechtslage zu diesem Zeitpunkt möglichen Pensionsantritt zur Auszahlung gelange. Auf diese Weise habe dem der gegenständlichen Zahlung innewohnenden Zweck eines Ruhe- bzw. Vorsorgungsbezuges bestmöglich entsprochen werden können. Da die Pensionsabfindung in Abgeltung eines - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches geleistet worden sei, liege eindeutig die Abfindung eines Pensionsanspruches vor. Der Anspruch auf Pension sei spätestens mit Erreichen des 60. Lebensjahres (14. Februar 2000) entstanden. Der Umstand, dass an das zum 31. Dezember 2000 beendete arbeitsrechtliche Dienstverhältnis noch ein kurzfristiges Arbeitsverhältnis angefügt worden sei, welches lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlich als fortgesetztes Dienstverhältnis anzusehen gewesen sei, habe auf die Entstehung des Anspruches auf Auszahlung der Firmenpension in Form einer Abfindung keinen Einfluss gehabt. Wie dem Kommunalsteuerprüfer auch mitgeteilt worden sei, sei Dr. Peter K. von seinem Arbeitgeber (der Beschwerdeführerin) gebeten worden, noch kurzfristig für die Übergabe der Agenden und die Fertigstellung von Projekten zur Verfügung zu stehen, sodass ein nachfolgendes Dienstverhältnis bis 30. Juni 2002 "noch kurzfristig vereinbart wurde". Wesentlich sei gemäß § 5 KommStG, dass es sich bei der Pensionsabfindung ganz eindeutig um Ruhebezüge gehandelt habe (Abfindung für die auf die Dauer des Ruhestandes gewährten monatlichen Firmenpensionsbeiträge), für die im Zeitpunkt der Auszahlung bereits ein Rechtsanspruch bestanden habe.
Mit Berufungsvorentscheidung gab die Abgabenbehörde erster Instanz der Berufung keine Folge. Voraussetzung für die Subsumierbarkeit von Bezügen unter die Befreiungsbestimmung des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 sei die Beendigung des zu Grunde liegenden Dienstverhältnisses. Bei der amtlichen Überprüfung sei festgestellt worden, dass die Pensionsabfindung während des aufrechten Dienstverhältnisses im Dezember 2000 gewährt worden sei. Es habe im "relevanten Zeitraum" weder eine Unterbrechung des Dienstverhältnisses noch eine Änderungskündigung stattgefunden. Eine Umwandlung dieses Dienstverhältnisses sei erst "mit 7/2002" erfolgt. Die Kommunalsteuerpflicht für die Pensionsabfindung sei daher gegeben.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz betonte die Beschwerdeführerin, dass im Beschwerdefall bereits entstandene Ansprüche auf Renten lautender Versorgungsbezüge durch Auszahlung eines einmaligen Abfindungsbetrages abgegolten worden seien. Die ausbezahlte Pensionsabfindung habe dem ehemaligen Dienstnehmer Dr. Peter K. auch nachweislich zur Versorgung in seinem Lebensabend dienen sollen. Auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, nach der die Pensionsabfindung im Rahmen eines aktiven Dienstverhältnisses eine "Ablöse einer Anwartschaft" darstelle und damit einer Begünstigung nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht zugänglich sei, bestätige im Beschwerdefall die begünstigte Behandlung, weil bereits ein klagbarer Pensionsanspruch im Zeitpunkt der Abfindung gegeben gewesen sei. Die Begünstigung könne auch nicht davon abhängig gemacht werden, dass "eine vorgesehene Beendigung des Dienstverhältnisses (samt Abfindung des bereits erworbenen Pensionsanspruches) noch um ein paar Monate, aus Gründen die beim Arbeitgeber lagen, fortgesetzt wurde". Maßgeblich sei, dass der Anspruch bereits entstanden gewesen, ein potenzieller Versorgungsfall eingetreten und die Abfindung tatsächlich auch für die Versorgung verwendet worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin seien die in Rede stehenden Bezüge dem ehemaligen Geschäftsführer im Rahmen der Gehaltsabrechnung im Dezember 2000 gewährt worden, da dessen Dienstverhältnis mit 31. Dezember 2000 zunächst beendet und am 1. Jänner 2001 ein weiteres Dienstverhältnis bis zum 30. Juni 2002 eingegangen worden sei. Die Beschwerdeführerin stelle nicht in Abrede, dass es sich dabei um ein fortgesetztes Dienstverhältnis gehandelt habe. Damit könne "vor dem Hintergrund der klaren Wertung, die der Verwaltungsgerichtshof zu § 5 Abs. 2 KommStG 1993" vorgenommen habe, nämlich das Erfordernis der Beendigung des Dienstverhältnisses, für die Beschwerdeführerin aus ihrer Argumentation nichts gewonnen werden. Da dem Dienstnehmer auf Grund "der unveränderten Fortsetzung des Dienstverhältnisses nach dem 31. Dezember 2000 über einen Zeitraum von immerhin 18 Monaten Aktivbezüge gewährt wurden", habe der Dienstnehmer jedenfalls vor dem 30. Juni 2002 kein "Versorgungsfall" sein können. Die Einbeziehung der strittigen Pensionsabfindungen in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer sei daher mangels Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmungen des § 5 Abs. 2 KommStG zu Recht erfolgt.
In der Beschwerde sieht sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Kommunalsteuer verletzt. Insbesondere sei die Beschwerdeführerin deshalb in ihren Rechten verletzt, "weil die belangte Behörde die geltend gemachte Befreiung des § 5 Abs 2 lit a KommStG nicht anerkannt hat".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer ist nach § 5 Abs. 1 KommStG 1993 die Summe der Arbeitslöhne, die an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen.
Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen gehören zur Bemessungsgrundlage u.a. nicht:
a)
Ruhe- und Versorgungsbezüge;
b)
die im § 67 Abs. 3 und 6 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Bezüge.
Mit der Frage einer Kommunalsteuerpflicht gewährter Pensionsabfindungen hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt befasst. Dabei wurde die Frage nach der Kommunalsteuerpflicht von Pensionsabfindungen dahin beantwortet, dass nur Dienstgeberleistungen aus einem unbeendeten Dienstverhältnis weder der Steuerbefreiung des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG noch jener des § 5 Abs. 2 lit. b leg. cit. unterliegen, weil sich aus den Befreiungsbestimmungen des § 5 Abs. 2 KommStG 1993 ergibt, dass nur die Bezüge der aktiven Dienstnehmer aus einem aufrechten Dienstverhältnis der Kommunalsteuer unterworfen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2005, 2004/13/0161, mwN).
Von Ruhe- und Versorgungsbezügen im Sinne des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 kann nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes immer dann gesprochen werden, wenn für Dienstleistungen Bezugsteile erst dann gewährt werden, wenn das "diesbezügliche" Dienstverhältnis nicht mehr besteht, also Bezüge aus einem früheren Dienstverhältnis vorliegen (vgl. beispielsweise das von beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens angesprochene hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, 2000/13/0058).
Dass der Dienstnehmer nach der Beendigung des Dienstverhältnisses auch seine persönliche Berufslaufbahn abschließt und kein neues Dienstverhältnis mehr eingeht, ist ebenso wenig Tatbestandselement einer nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 begünstigten Pensionsabfindung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2001, 2000/13/0053) wie der Befreiungsbestimmung des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 und findet sich deshalb in den vom Verwaltungsgerichtshof zu dieser Norm ergangenen Erkenntnissen vom 9. September 2004, 2004/15/0099, und vom 12. September 2001, 2000/13/0058, nicht, in welchen der Verwaltungsgerichtshof den Begriff der "Ruhe- und Versorgungsbezüge" im Sinne des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 stets vor dem Hintergrund des "zu Grunde liegenden" ("diesbezüglichen") Dienstverhältnisses verstanden und gebraucht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2005, 2002/13/0017).
Nach § 90 Abs. 1 WAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Verwaltung der Abgaben wesentlich sind.
Im vorliegenden Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren zur Weiterbeschäftigung des Dr. Peter K. über den 31. Dezember 2000 (Pensionierungszeitpunkt) hinaus zwar auch von einem lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlich "fortgesetzten Dienstverhältnis" gesprochen (in der Beschwerde wird dazu auch angeführt, die Weiterführung der Zusammenarbeit sei "wohl steuerlich als auch sozialversicherungsrechtlich als Dienstverhältnis zu qualifizieren"), zugleich aber auch - vor allem in der Berufungsschrift - geltend gemacht, dass der Pensionsanspruch bereits mit dem zum 31. Dezember 2000 (arbeitsrechtlich) "beendeten" Dienstverhältnis entstanden war. Wegen dieser doch auch widersprüchlichen Angaben wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, im Rahmen der ihr nach § 90 Abs. 1 WAO obliegenden amtswegigen Ermittlungspflicht den Sachverhalt in Bezug auf die Frage der Beendigung des der gegenständlichen Pensionsabfindung zu Grunde liegenden Dienstverhältnisses in einer für eine abschließende rechtliche Beurteilung tauglichen Weise klarzustellen. Festzuhalten ist, dass sich in den vorgelegten Verwaltungsakten keinerlei schriftliche Vereinbarungen (Dienst- oder auch Pensionsverträge) beispielsweise betreffend das - behauptetermaßen - mit Ende Dezember 2000 beendete Dienstverhältnis des Dr. Peter K. oder die Ausgestaltung der streitgegenständlichen Pensionszusage (mit den näheren Grundlagen zur Anspruchsentstehung auch in Bezug auf die laufenden Pensionszahlungen) finden. Klarzustellen wäre im Übrigen auch der von der Beschwerdeführerin angesprochene Zusammenhang der "gegenständlichen Auszahlung" mit sozialversicherungsrechtlichen Überlegungen in Hinblick auf das Erreichen des Antrittsalters für die vorzeitige Alterspension "bei langer Versicherungsdauer gemäß § 253b Abs. 1 ASVG a.F.".
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z 3 VwGG Abstand genommen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. Mai 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004130150.X00Im RIS seit
28.06.2006