TE OGH 1997/4/29 1Ob9/97y

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Veröffentlicht am 29.04.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Peter B*****, vertreten durch Dr.Axel Zaglits, Rechtsanwalt in Linz als Verfahrenshelfer, wegen 456.000 S sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21.November 1996, GZ 2 R 214/96w-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 10.Juli 1996, GZ 4 Cg 135/95f-27, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 19.845 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 3.307,50 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte beauftragte die klagende Partei mit der Herstellung einer Geschäftseinrichtung (etwa 11 lfm Holzregale für Obstkisten mit grüner Auflage, ein Verkaufspult, etwa 3 m lang aus hellem Holz mit Türen und Laden, etwa 90 cm tief, vier Stehpulte mit heller Holzplatte samt Chromgestell und etwa 8 lfm Regale und Stellagenverbau aus hellem Holz mit zwei Glaselementen, etwa 2 m hoch) für sein Feinkostgeschäft mit Vinothek - in einem Mietlokal - laut den von ihm selbst beigestellten Planungsunterlagen zu einem Pauschalwerklohn von 456.000 S. Die Geschäftseinrichtung wurde von der klagenden Partei bestellungsgemäß ausgeführt und vor Eröffnung des Geschäfts am 20.Februar 1995 - mit Ausnahme zweier vereinbarungsgemäß erst zwei Wochen später gelieferter Glaselemente - geliefert. Die vom Beklagten erstmals mit Telefax vom 26.April 1995 gerügten Mängel liegen nicht vor. Die klagende Partei veranlaßte Anfang Dezember 1995 angesichts der Auflösung des Mietverhältnisses zwischen der Vermieterin und dem Beklagten den Abbau und die Zwischenlagerung der Geschäftseinrichtung bei sich.

Das Erstgericht verhielt den Beklagten zur Zahlung des aushaftenden Werklohns von 456.000 S sA an die klagende Partei.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es den Beklagten (nur) Zug um Zug gegen Herausgabe der laut Planunterlagen angefertigten, oben näher bezeichneten Geschäftseinrichtung zur begehrten Werklohnzahlung verurteilte. Die Revision erachtete es als nicht zulässig und vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, auf die vom Beklagten behaupteten Mängel könne sich dieser schon wegen Unterlassung einer rechtzeitigen Mängelrüge iSd § 377 und des § 381 Abs 2 HGB nicht berufen; insoweit habe er auch allfällige Schadenersatzansprüche verloren. Die Einrichtungsgegenstände befänden sich zwar bei der klagenden Partei, aus deren Verhalten sei aber zweifelsfrei die Absicht zu erkennen, am Werkvertrag festhalten zu wollen; es sei jedoch der Spruch entsprechend dem Zug-um-Zug-Prinzip des § 1170 ABGB abzuändern, weil sich die Geschäftseinrichtung bei der klagenden Partei befinde.Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es den Beklagten (nur) Zug um Zug gegen Herausgabe der laut Planunterlagen angefertigten, oben näher bezeichneten Geschäftseinrichtung zur begehrten Werklohnzahlung verurteilte. Die Revision erachtete es als nicht zulässig und vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, auf die vom Beklagten behaupteten Mängel könne sich dieser schon wegen Unterlassung einer rechtzeitigen Mängelrüge iSd Paragraph 377 und des Paragraph 381, Absatz 2, HGB nicht berufen; insoweit habe er auch allfällige Schadenersatzansprüche verloren. Die Einrichtungsgegenstände befänden sich zwar bei der klagenden Partei, aus deren Verhalten sei aber zweifelsfrei die Absicht zu erkennen, am Werkvertrag festhalten zu wollen; es sei jedoch der Spruch entsprechend dem Zug-um-Zug-Prinzip des Paragraph 1170, ABGB abzuändern, weil sich die Geschäftseinrichtung bei der klagenden Partei befinde.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ist nur mehr die Gegenleistung strittig, die Zug um Zug gegen Erfüllung des Hauptanspruchs zu erbringen ist, so bestimmt sich der Wert des Streitgegenstands im Rechtsmittelverfahren nach der Gegenleistung (6 Ob 556, 557/84; RIS-Justiz RS0042952). Im Berufungsverfahren war hier indes auch noch der Hauptanspruch strittig, sodaß es eines Bewertungsausspruchs der zweiten Instanz über die jetzt im Revisionsverfahren allein noch strittige Gegenleistung nicht bedurfte.

Die Parteien schlossen einen Werklieferungsvertrag über eine Geschäftseinrichtung ab. Gemäß § 1170 erster Satz ABGB ist das Entgelt in der Regel, also wenn, wie hier, nichts anderes vereinbart ist, nach vollendetem Werk zu entrichten. Beim Werkvertrag kann der Werkunternehmer als Vorleistungspflichtiger (Aicher in Rummel2, § 1052 ABGB Rz 1) den Werklohn nicht Zug um Zug gegen Erbringung seiner Gegenleistung fordern (SZ 39/27; 1 Ob 602/77; 2 Ob 657/86; RIS-Justiz RS0020933). Wenn das Werk allerdings wie hier in der Anfertigung einer Sache besteht, braucht es der Werkunternehmer nach herrschender Auffassung in analoger Anwendung des § 1052 ABGB nur Zug um Zug gegen Zahlung des Werklohns an den Werkbesteller herauszugeben (EvBl 1971/119 mwN; SZ 40/44 = EvBl 1968/40; SZ 24/164 ua; RIS-Justiz RS0021022; Krejci in Rummel2§ 1170 ABGB Rz 5 mwN; Aicher aaO; Grillberger in Schwimann, § 1170 ABGB Rz 5; Mayrhofer in Ehrenzweig, Schuldrecht AT3 359 f mwN in FN 1). Macht der Werkunternehmer in einem solchen Fall wegen Nichtzahlung des Werklohns von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch, so gerät der Werkbesteller in Annahmeverzug (SZ 44/164; RIS-Justiz RS0011498). Auch die Zug-um-Zug-Einrede des im Annahmeverzug befindlichen Werkbestellers ist prinzipiell zu beachten (SZ 45/11 = JBl 1973, 309; HS I/23; RIS-Justiz RS 0021027; Reischauer in Rummel2 § 1419 ABGB Rz 4; Honsell in Schwimann§ 1419 ABGB Rz 8, je mwN; aM F.Bydlinski in JBl 1973, 281 ff).Die Parteien schlossen einen Werklieferungsvertrag über eine Geschäftseinrichtung ab. Gemäß Paragraph 1170, erster Satz ABGB ist das Entgelt in der Regel, also wenn, wie hier, nichts anderes vereinbart ist, nach vollendetem Werk zu entrichten. Beim Werkvertrag kann der Werkunternehmer als Vorleistungspflichtiger (Aicher in Rummel2, Paragraph 1052, ABGB Rz 1) den Werklohn nicht Zug um Zug gegen Erbringung seiner Gegenleistung fordern (SZ 39/27; 1 Ob 602/77; 2 Ob 657/86; RIS-Justiz RS0020933). Wenn das Werk allerdings wie hier in der Anfertigung einer Sache besteht, braucht es der Werkunternehmer nach herrschender Auffassung in analoger Anwendung des Paragraph 1052, ABGB nur Zug um Zug gegen Zahlung des Werklohns an den Werkbesteller herauszugeben (EvBl 1971/119 mwN; SZ 40/44 = EvBl 1968/40; SZ 24/164 ua; RIS-Justiz RS0021022; Krejci in Rummel2, Paragraph 1170, ABGB Rz 5 mwN; Aicher aaO; Grillberger in Schwimann, Paragraph 1170, ABGB Rz 5; Mayrhofer in Ehrenzweig, Schuldrecht AT3 359 f mwN in FN 1). Macht der Werkunternehmer in einem solchen Fall wegen Nichtzahlung des Werklohns von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch, so gerät der Werkbesteller in Annahmeverzug (SZ 44/164; RIS-Justiz RS0011498). Auch die Zug-um-Zug-Einrede des im Annahmeverzug befindlichen Werkbestellers ist prinzipiell zu beachten (SZ 45/11 = JBl 1973, 309; HS I/23; RIS-Justiz RS 0021027; Reischauer in Rummel2 Paragraph 1419, ABGB Rz 4; Honsell in Schwimann, Paragraph 1419, ABGB Rz 8, je mwN; aM F.Bydlinski in JBl 1973, 281 ff).

Auf eine Zug-um-Zug-Verpflichtung ist nach herrschender Auffassung von Amts wegen nicht Bedacht zu nehmen (WoBl 1992, 121; SZ 60/15 = MietSlg 39/9; JBl 1975, 262 uva, zuletzt 7 Ob 541, 542/95, insoweit nicht veröffentlicht in RdW 1996, 108 = ecolex 1996, 251; RIS-Justiz RS0020997; Reischauer aaO; Bydlinski in Klang2 IV/1 517; Honsell aaO mwN; vgl auch Fasching, Lehrbuch2 Rz 1127). Der Kläger kann in seinem Klagebegehren die Leistung des Beklagten mit seiner Gegenleistungspflicht verknüpfen. Tut er dies nicht und wendet der Beklagte die Zug-um-Zug-Leistungspflicht ein, dann hat das Gericht darüber zu verhandeln und kann den Beklagten auch ohne einen ausdrücklichen Urteilsantrag zur Leistung Zug um Zug mit der vom Kläger zu erbringenden Gegenleistung verurteilen (Fasching aaO). Voraussetzung für die Aufnahme einer Zug-um-Zug-Verpflichtung in den Urteilsspruch durch das Gericht ist entweder ein entsprechendes Klagebegehren oder zumindest eine entsprechende, im Klagsvorbringen zum Ausdruck kommende Bereitschaft des Klägers zur Erbringung der Gegenleistung (SZ 35/126 ua) oder aber ein entsprechendes Einwendungsvorbringen des Beklagten. Im vorliegenden Fall hat zwar weder die klagende Partei ein entsprechendes Urteilsbegehren gestellt noch hat sich der Beklagte auf eine Zug-um-Zug-Verpflichtung der klagenden Partei berufen, weshalb sein Hinweis auf die Entscheidung SZ 45/11 fehlgeht. Indes liegt ein noch ausreichend deutliches Vorbringen der klagenden Partei im Sinn eines Anbietens der Gegenleistung vor, das die Aufnahme der Zug-um-Zug-Verpflichtung durch das Gericht in den Urteilsspruch rechtfertigt. Hat doch die klagende Partei vorgetragen (ON 19 S 1 f), wegen der Auflösung des Mietverhältnisses die Geschäftseinrichtung abgebaut und bei sich zwischengelagert zu haben, weil die Hausverwaltung dem Beklagten mitgeteilt habe, bei Nichtentfernung der Geschäftseinrichtung werde diese von ihr entfernt werden. Die klagende Partei habe nicht riskieren wollen, daß die nach wie vor unter ihrem Eigentumsvorbehalt stehenden Gegenstände unsachgemäß abgebaut würden. Sie stünden dem Beklagten nach wie vor zur Verfügung.Auf eine Zug-um-Zug-Verpflichtung ist nach herrschender Auffassung von Amts wegen nicht Bedacht zu nehmen (WoBl 1992, 121; SZ 60/15 = MietSlg 39/9; JBl 1975, 262 uva, zuletzt 7 Ob 541, 542/95, insoweit nicht veröffentlicht in RdW 1996, 108 = ecolex 1996, 251; RIS-Justiz RS0020997; Reischauer aaO; Bydlinski in Klang2 IV/1 517; Honsell aaO mwN; vergleiche auch Fasching, Lehrbuch2 Rz 1127). Der Kläger kann in seinem Klagebegehren die Leistung des Beklagten mit seiner Gegenleistungspflicht verknüpfen. Tut er dies nicht und wendet der Beklagte die Zug-um-Zug-Leistungspflicht ein, dann hat das Gericht darüber zu verhandeln und kann den Beklagten auch ohne einen ausdrücklichen Urteilsantrag zur Leistung Zug um Zug mit der vom Kläger zu erbringenden Gegenleistung verurteilen (Fasching aaO). Voraussetzung für die Aufnahme einer Zug-um-Zug-Verpflichtung in den Urteilsspruch durch das Gericht ist entweder ein entsprechendes Klagebegehren oder zumindest eine entsprechende, im Klagsvorbringen zum Ausdruck kommende Bereitschaft des Klägers zur Erbringung der Gegenleistung (SZ 35/126 ua) oder aber ein entsprechendes Einwendungsvorbringen des Beklagten. Im vorliegenden Fall hat zwar weder die klagende Partei ein entsprechendes Urteilsbegehren gestellt noch hat sich der Beklagte auf eine Zug-um-Zug-Verpflichtung der klagenden Partei berufen, weshalb sein Hinweis auf die Entscheidung SZ 45/11 fehlgeht. Indes liegt ein noch ausreichend deutliches Vorbringen der klagenden Partei im Sinn eines Anbietens der Gegenleistung vor, das die Aufnahme der Zug-um-Zug-Verpflichtung durch das Gericht in den Urteilsspruch rechtfertigt. Hat doch die klagende Partei vorgetragen (ON 19 S 1 f), wegen der Auflösung des Mietverhältnisses die Geschäftseinrichtung abgebaut und bei sich zwischengelagert zu haben, weil die Hausverwaltung dem Beklagten mitgeteilt habe, bei Nichtentfernung der Geschäftseinrichtung werde diese von ihr entfernt werden. Die klagende Partei habe nicht riskieren wollen, daß die nach wie vor unter ihrem Eigentumsvorbehalt stehenden Gegenstände unsachgemäß abgebaut würden. Sie stünden dem Beklagten nach wie vor zur Verfügung.

Demnach kann der Revision nicht Folge gegeben werden.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO. Im Revisionsverfahren ist nur mehr strittig, ob der Beklagte den Hauptanspruch der klagenden Partei unbedingt oder Zug-um-Zug gegen die Herausgabe der von ihm bestellten Geschäftseinrichtung durch die Prozeßgegnerin erfüllen muß. Es bestimmt sich, wie bereits dargestellt, der Wert des Streitgegenstands im Revisionsverfahren nach der Gegenleistung (Wert der Geschäftseinrichtung). Bemessungsgrundlage ist hier die Höhe der Klagsforderung, weil jeder Hinweis fehlt, daß der vereinbarte Pauschalwerklohn nicht dem Wert der bestellten Geschäftseinrichtung entspräche.Die Kostenentscheidung fußt auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO. Im Revisionsverfahren ist nur mehr strittig, ob der Beklagte den Hauptanspruch der klagenden Partei unbedingt oder Zug-um-Zug gegen die Herausgabe der von ihm bestellten Geschäftseinrichtung durch die Prozeßgegnerin erfüllen muß. Es bestimmt sich, wie bereits dargestellt, der Wert des Streitgegenstands im Revisionsverfahren nach der Gegenleistung (Wert der Geschäftseinrichtung). Bemessungsgrundlage ist hier die Höhe der Klagsforderung, weil jeder Hinweis fehlt, daß der vereinbarte Pauschalwerklohn nicht dem Wert der bestellten Geschäftseinrichtung entspräche.

Textnummer

E45986

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0010OB00009.97Y.0429.000

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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