TE OGH 1999/10/27 7Ob265/99t

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Veröffentlicht am 27.10.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Gerd B*****, vertreten durch Dr. Herbert Gschöpf, Rechtsanwalt in Velden, wider die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 437.584,-- und Feststellung (Streitwert S 30.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 2. Juni 1999, GZ 1 R 107/99g-32, als Berufungsgericht womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 21. September 1998, GZ 9 Cg 253/96y-24, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.610,-- (darin enthalten S 3.435,-- an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger - ein ausgezeichneter Schiläufer und Schilehrer - war am 10. 1. 1995 im Besitz eines Schipasses der beklagten Bergbahnen AG. Nachdem bis dahin nur wenig Schnee vorhanden war, führten an diesem Tag einsetzende Schneefälle zu einer Schneeauflage von ca. 20 cm. Im Laufe des Nachmittages kam er im Zuge einer Abfahrt zu einer als Schiweg zu bezeichnenden Piste, auf der er stürzte und sich erheblich verletzte. Diese Piste verläuft ausgehend von einer 120 m oberhalb der Unfallstelle liegenden Kante ohne Sichtbehinderung vorweg mit einem Gefälle von ca. 45 Grad, dann ab etwa 20 Meter vor der Unfallstelle mit 35 Grad. Auf der Höhe der Unfallstelle verläuft horizontal zur Piste ein Graben, der bei stärkerer Schneelage kaum erkennbar ist. Er ist nicht verrohrt und wird im Pistenbereich durch Hereinbringung von Altschnee oder festen Schnee regelmäßig so präpariert, dass von Pistengeräten der beklagten Partei mit der Schaufel Schnee beigebracht und anschließend verfestigt wird. Der Kläger fuhr von der Kante weg mit ca. drei bis vier Kurzschwüngen mit mäßiger Geschwindigkeit und ließ dann im unteren, flacheren Bereich der präparierten Piste die Schi geradeaus laufen. Im Bereich des aufgefüllten Grabens befanden sich Eisschollen, die durch die Neuschneeauflage verdeckt waren. Durch diese Eisschollen wurden dem Kläger beide Bindungen aufgeschlagen sodass er stürzte. Dabei zog er sich einen offenen Trümmerbruch des rechten Oberarmes mit Gelenksbeteiligung im Ellbogengelenk sowie mehrfache Prellungen und Abschürfungen im Gesicht zu. Auch seine Wirbelsäulenbeschwerden wurden durch den Unfall verstärkt. Dadurch sowie durch die erforderlichen Operationen hatte der Kläger zehn Tage starke Schmerzen, sechs bis acht Wochen mittelstarke Schmerzen und ca. vier bis fünf Monate leichte Schmerzen und kann verschiedene von ihm bisher ausgeübte Sportarten nicht mehr oder nur in vermindertem Umfang ausüben. Er ist deutlich in seinen Bewegungen eingeschränkt.

Der Kläger begehrt Schmerzengeld in Höhe von S 350.000,--, den Ersatz der Reisekosten für die Nachbehandlung in Höhe von S 87.584,-- und die Feststellung, daß die beklagte Partei ihm auch für künftige Folgen aus dem Schiunfall vom 10. 1. 1995 zur Gänze haftet. Er stützt dies darauf, dass die beklagte Partei für die nicht fachgerechte Pistenpräparierung einzustehen habe.

Die beklagte Partei bestritt und wendete im Wesentlichen ein, der Schiunfall resultiere daraus, dass der Kläger infolge eines Fahrfehlers seine Schispitzen überkreuzte und zu Sturz kam. Auch handle es sich bei einem nicht sichtbaren "Altschnee" auf einer viel befahrenen Piste um keine atypische Gefahr. An die Verkehrssicherungspflicht des Pistenhalters dürften keine überspitzten Anforderungen gestellt werden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von S 357.584,-- samt Zinsen sowie dem Feststellungsbegehren statt und wies ein Mehrbegehren von S 80.000,-- samt Zinsen ab. Die beklagte Partei habe als Pistenhalter ihre Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt, dass sie das Bachbett mit Altschnee derart befestigte, dass Eisschollen entstanden seien, die infolge der Neuschneeauflage weder abgesichert noch erkenntlich gemacht worden seien. Das Erstgericht erachtete aber nur ein Schmerzengeld von S 270.000,-- als angemessen.

Der gegen den klagestattgebenden Teil dieses Urteils erhobenen Berufung der beklagten Partei wurde mit dem angefochtenen Urteil des Berufungsgerichtes nicht Folge gegeben, hingegen wurde der Berufung des Klägers Folge gegeben und das Urteil zur Gänze im klagsstattgebenden Sinne abgeändert. Das Berufungsgericht ging dabei davon aus, dass im Hinblick auf die Dauer und Intensität der Schmerzperioden, die verschiedenen Wundheilungsstörungen und Nachoperationen sowie die Einschränkungen des Klägers bei seiner sportlichen Betätigung ein Schmerzengeld von S 350.000,-- angemessen ist. Der Pistenhalter habe den Schifahrer nicht vor jeder möglichen Gefahr zu schützen, jedoch die Verkehrssicherung im Rahmen des Zumutbaren vorzunehmen. Der Schifahrer müsse vor atypischen Gefahren, also Gefahren, die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste für einen verantwortungsbewußten Schifahrer unerwartet oder schwer abwendbar seien, geschützt werden. Dies gelte jedenfalls für Hindernisse, die der Schifahrer nicht ohne weiteres erkennen könne. Der Schifahrer habe zwar keinen Anspruch auf Pistenpräparierung, jedoch darauf, dass dann, wenn im Zuge der mechanischen Präparierung besondere Gefahrenquellen geschaffen werden, diese auch unverzüglich beseitigt werden. Das zur Auffüllung der Bachmulde verwendete Schüttmaterial habe eine Beschaffenheit gehabt, die den Kläger unvermittelt abbremste und seinen Sturz verursachte. Die beklagte Partei habe als Pistenhalter nicht nachweisen können, dass sie ihrer Verpflichtung zur Pistensicherung im vollen Umfange nachgekommen sei.

Die ordentliche Revision wurde zugelassen, weil eine Rechtsprechung zur Frage, ob es sich bei im Zuge der Pistenpräparierung geschaffenen Gefahrenquelle um atypische Hindernisse handle, welche im Rahmen der Pistensicherungspflicht unverzüglich zu beseitigen sind, nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision ist unzulässig und war daher zurückzuweisen. Es fehlt an einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO. Der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes bindet den Obersten Gerichtshof nicht (vgl § 508a Abs 1 ZPO).Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision ist unzulässig und war daher zurückzuweisen. Es fehlt an einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO. Der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes bindet den Obersten Gerichtshof nicht vergleiche Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO).

Soweit die Revision davon ausgeht, dass der Kläger nicht durch Eisschollen stürzte, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Auch wurde nicht festgestellt, dass sich die Eisschollen durch den im Graben abgetragenen Altschnee erst durch die Abkühlung in der Nacht gebildet hätten, - wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Unfall in den Nachmittagsstunden stattfand. Die Rechtsrüge ist in diesem Umfang nicht gesetzmäßig ausgeführt (EFSlg 64.142).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in ständiger Rechtsprechung klargestellt, dass der Pistenhalter und seine Gehilfen grundsätzlich verpflichtet sind, atypische Gefahren im unmittelbaren Nahebereich der Piste zu sichern, wobei für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht das Gesamtverhältnis zwischen der Größe und der Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihrer Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewußten Benutzers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend ist (vgl ZVR 1989/132; 1989/140; 1993/161 u. v. a.). Auch dass als atypische Gefahren solche Hindernisse eingestuft werden, die der Schifahrer nicht ohne weiteres erkennen kann oder die er trotz Erkennbarkeit schwer vermeiden kann, wurde bereits mehrfach festgehalten (vgl ZVR 1993/97, OGH 11. 11. 1997, 7 Ob 314/97w; vgl insgesamt dazu auch Pichler-Holzer, Handbuch des österreichischen Schirechtes, 34 ff).Der Oberste Gerichtshof hat bereits in ständiger Rechtsprechung klargestellt, dass der Pistenhalter und seine Gehilfen grundsätzlich verpflichtet sind, atypische Gefahren im unmittelbaren Nahebereich der Piste zu sichern, wobei für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht das Gesamtverhältnis zwischen der Größe und der Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihrer Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewußten Benutzers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend ist vergleiche ZVR 1989/132; 1989/140; 1993/161 u. v. a.). Auch dass als atypische Gefahren solche Hindernisse eingestuft werden, die der Schifahrer nicht ohne weiteres erkennen kann oder die er trotz Erkennbarkeit schwer vermeiden kann, wurde bereits mehrfach festgehalten vergleiche ZVR 1993/97, OGH 11. 11. 1997, 7 Ob 314/97w; vergleiche insgesamt dazu auch Pichler-Holzer, Handbuch des österreichischen Schirechtes, 34 ff).

Ob es sich aber bei dem konkreten Hindernis um eines handelt, mit dem der Schifahrer ausgehend vom konkreten Charakter der Piste nicht rechnen mußte und es auch nicht erkennen konnte, ist eine Frage des Einzelfalles, wobei die atypische Gefahr auch in nicht zu erwartenden Besonderheiten der Piste liegen kann (vgl OGH 23. 1. 1986, 8 Ob 1/86, REDOK 13.624 - zu 10 bis 15 cm tiefen Rillen auf einem Übungshang mit einem Gefälle von 15 bis 20 Grad; OGH 3. 11. 1982 1 Ob 680/82 allgemein zu Schneelöchern und Geländeabbrüchen, Dittrich/Reindl/Stabentheiner, Haftungsrechtliche Einzelfragen der Pistenbetreuung ZVR 1995, 290). Daraus ergibt sich auch schon, dass nicht entscheidend ist, wie diese Gefahrenquelle geschaffen wurde, sondern bei der Beurteilung der Pistensicherung nur das Gesamtverhältnis zwischen der Größe und Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihrer Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewußten Benützers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend ist (vgl OGH 13. 6. 1995, 4 Ob 1585/95). Die Verursachung durch die Pistenpräparierung selbst stellt also keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar; ebensowenig muss davon ausgegangen werden, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Rechtsfrage von den dargestellten Grundsätzen abgewichen wäre, wobei zu berücksichtigen ist, dass die offensichtlich massiven Eisschollen nicht erkennbar waren und sich auch keinerlei Anhaltspunkte ergaben, dass der Kläger auf dem bereits flacher werdenden präparierten Skiweg mit diesen rechnen mußte, diese aber bei der Präparierung leicht hätten beseitigt werden können.Ob es sich aber bei dem konkreten Hindernis um eines handelt, mit dem der Schifahrer ausgehend vom konkreten Charakter der Piste nicht rechnen mußte und es auch nicht erkennen konnte, ist eine Frage des Einzelfalles, wobei die atypische Gefahr auch in nicht zu erwartenden Besonderheiten der Piste liegen kann vergleiche OGH 23. 1. 1986, 8 Ob 1/86, REDOK 13.624 - zu 10 bis 15 cm tiefen Rillen auf einem Übungshang mit einem Gefälle von 15 bis 20 Grad; OGH 3. 11. 1982 1 Ob 680/82 allgemein zu Schneelöchern und Geländeabbrüchen, Dittrich/Reindl/Stabentheiner, Haftungsrechtliche Einzelfragen der Pistenbetreuung ZVR 1995, 290). Daraus ergibt sich auch schon, dass nicht entscheidend ist, wie diese Gefahrenquelle geschaffen wurde, sondern bei der Beurteilung der Pistensicherung nur das Gesamtverhältnis zwischen der Größe und Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihrer Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewußten Benützers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend ist vergleiche OGH 13. 6. 1995, 4 Ob 1585/95). Die Verursachung durch die Pistenpräparierung selbst stellt also keine Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO dar; ebensowenig muss davon ausgegangen werden, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Rechtsfrage von den dargestellten Grundsätzen abgewichen wäre, wobei zu berücksichtigen ist, dass die offensichtlich massiven Eisschollen nicht erkennbar waren und sich auch keinerlei Anhaltspunkte ergaben, dass der Kläger auf dem bereits flacher werdenden präparierten Skiweg mit diesen rechnen mußte, diese aber bei der Präparierung leicht hätten beseitigt werden können.

Der zu beurteilenden Rechtsfrage kommt daher keine zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zu (§ 502 Abs 1 ZPO), sodass die Revision der beklagten Partei zurückzuweisen war.Der zu beurteilenden Rechtsfrage kommt daher keine zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zu (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO), sodass die Revision der beklagten Partei zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Der klagenden Partei, die auf die Unzulässigkeit der Revision der beklagten Partei hingewiesen hat, waren die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen.Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die Paragraphen 41 und 50 ZPO. Der klagenden Partei, die auf die Unzulässigkeit der Revision der beklagten Partei hingewiesen hat, waren die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen.

Anmerkung

E55897 07A02659

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0070OB00265.99T.1027.000

Dokumentnummer

JJT_19991027_OGH0002_0070OB00265_99T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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