TE OGH 2000/1/12 9Ob319/99y

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.01.2000
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Sparkasse, ***** vertreten durch Dr. Gernot Hain ua Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei R*****kasse P***** regGenmbH, ***** vertreten durch Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt in Gloggnitz, wegen S 300.000 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14. Oktober 1999, GZ 15 R 42/99b-22, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht geht entgegen der Ansicht der Revisionswerberin von der Rechtsprechung aus, wonach der Begünstigte die Bankgarantie bei der in der Haftungserklärung genannten Bank frist- und formgerecht in Anspruch zu nehmen hat. Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die ihrem Standpunkt günstig scheinende Entscheidung 6 Ob 537/88 (= SZ 61/79 = ÖBA 1988/95 [Koziol]) beruft, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten: Koziol hat in seiner Glosse zu ÖBA 1988/95 bereits darauf hingewiesen, dass auch bei rechtsgeschäftlichem Formgebot auf den Zweck der Formabrede abzustellen ist (EvBl 1964/203), worauf die zitierte Entscheidung jedoch nicht weiter eingeht. Zu beachten ist ferner, dass es sowohl einem Fernschreiben (SZ 61/79) als auch einem Telefax (ÖBA 1996/553) an der eigenhändigen Unterschrift mangelt und sohin Zweifel an der Authentizität auftreten können.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Folge ( - nicht zuletzt im Hinblick auf die Kritik Koziols -) mehrmals ausgesprochen (ÖBA 1995/500; ÖBA 1996/553 [Koziol]; ÖBA 1997/603 [Rummel]), dass der Begünstigte wohl grundsätzlich seine Erklärung, dass der Garantiefall eingetreten sei, in der Weise und mit dem Inhalt abgeben muss, wie es die Garantieurkunde vorschreibt, es jedoch allgemein anerkannt ist, dass bei rechtsgeschäftlich vereinbarten Formerfordernissen der Zweck der Vereinbarung zu ermitteln, also die Formklausel nach § 914 ABGB auszulegen ist. Eine Inanspruchnahmeerklärung kann daher wirksam sein, obwohl die vereinbarte Form nicht eingehalten wurde, wenn dies mit dem Zweck der Formabrede vereinbar ist (so insbesondere ÖBA 1997/603 unter Zitat von Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II Rz 3/85). Das Recht auf "präzise, ja nachgerade pedantisch genaue Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen" gilt daher nur "im Zweifel", wobei man zugestehen kann, dass die Gründe für eine gegenteilige Interpretation aus den Umständen des Einzelfalles gut abgesichert sein müssen (Rummel in ÖBA 1989, 818). Auch Garantieverträge sind Rechtsgeschäfte, die gemäß den §§ 914, 915 ABGB auszulegen sind. Dem steht auch der Grundsatz der formellen Garantiestrenge nicht entgegen, weil dieser kein Selbstzweck ist, sondern nur soweit trägt, als dies dem Willen der Vertragsparteien entspricht. Keineswegs ist es so, dass sich der Begünstigte stets die für ihn ungünstigere Auslegung entgegenhalten lassen müsste oder gar jede Auslegung der Garantieerklärung ausgeschlossen wäre (ÖBA 1996/553). Soweit das Berufungsgericht in Anlehnung an Koziol (in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 3/86 mwN) die Rechtsauffassung vertritt, dass die Voraussetzung des "Einschreibens" nur den Zweck hatte, den Begünstigten bei Bestreitung auf den Urkundenbeweis einzuschränken, liegt darin eine - mangels Feststellung einer anderen Parteiabsicht - vertretbare und daher einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht zugängliche Auslegung. Folglich kann es der Wirksamkeit der Abrufung der Garantie auch nicht schaden, wenn die aus der Garantieerklärung verpflichtete Bank, was hier ausdrücklich zuerkannt wurde, das Aufforderungsschreiben tatsächlich fristgerecht erhalten hat.Der Oberste Gerichtshof hat in der Folge ( - nicht zuletzt im Hinblick auf die Kritik Koziols -) mehrmals ausgesprochen (ÖBA 1995/500; ÖBA 1996/553 [Koziol]; ÖBA 1997/603 [Rummel]), dass der Begünstigte wohl grundsätzlich seine Erklärung, dass der Garantiefall eingetreten sei, in der Weise und mit dem Inhalt abgeben muss, wie es die Garantieurkunde vorschreibt, es jedoch allgemein anerkannt ist, dass bei rechtsgeschäftlich vereinbarten Formerfordernissen der Zweck der Vereinbarung zu ermitteln, also die Formklausel nach Paragraph 914, ABGB auszulegen ist. Eine Inanspruchnahmeerklärung kann daher wirksam sein, obwohl die vereinbarte Form nicht eingehalten wurde, wenn dies mit dem Zweck der Formabrede vereinbar ist (so insbesondere ÖBA 1997/603 unter Zitat von Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht römisch II Rz 3/85). Das Recht auf "präzise, ja nachgerade pedantisch genaue Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen" gilt daher nur "im Zweifel", wobei man zugestehen kann, dass die Gründe für eine gegenteilige Interpretation aus den Umständen des Einzelfalles gut abgesichert sein müssen (Rummel in ÖBA 1989, 818). Auch Garantieverträge sind Rechtsgeschäfte, die gemäß den Paragraphen 914,, 915 ABGB auszulegen sind. Dem steht auch der Grundsatz der formellen Garantiestrenge nicht entgegen, weil dieser kein Selbstzweck ist, sondern nur soweit trägt, als dies dem Willen der Vertragsparteien entspricht. Keineswegs ist es so, dass sich der Begünstigte stets die für ihn ungünstigere Auslegung entgegenhalten lassen müsste oder gar jede Auslegung der Garantieerklärung ausgeschlossen wäre (ÖBA 1996/553). Soweit das Berufungsgericht in Anlehnung an Koziol (in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht römisch II Rz 3/86 mwN) die Rechtsauffassung vertritt, dass die Voraussetzung des "Einschreibens" nur den Zweck hatte, den Begünstigten bei Bestreitung auf den Urkundenbeweis einzuschränken, liegt darin eine - mangels Feststellung einer anderen Parteiabsicht - vertretbare und daher einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht zugängliche Auslegung. Folglich kann es der Wirksamkeit der Abrufung der Garantie auch nicht schaden, wenn die aus der Garantieerklärung verpflichtete Bank, was hier ausdrücklich zuerkannt wurde, das Aufforderungsschreiben tatsächlich fristgerecht erhalten hat.

Der Einwand einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Garantie vermag ebensowenig zu überzeugen: Der Ausschluss von Einwendungen aus dem Valuta- und Deckungsverhältnis ist für die Bankgarantie typisch (ÖBA 1998/695 ua). Das Gemeinsame aller abstrakten Ansprüche besteht eben darin, dass bei ihrer Inanspruchnahme die Frage der endgültigen materiellen Berechtigung erst in einem "Nachverfahren" geprüft werden soll. Dabei soll dann der Begünstigte die für ihn vorteilhaftere Beklagtenrolle haben. Die Schutzwürdigkeit des Begünstigten ist nur dann nicht mehr gegeben, wenn er eine Leistung in Anspruch nimmt, obwohl schon eindeutig feststeht, dass er keinen derartigen Anspruch gegen den Dritten hat und daher das Erhaltene jedenfalls sofort wieder herauszugeben hätte. In einem solchen Fall würde die Inanspruchnahme der Garantie einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung gleichkommen (RIS-Justiz RS0018006, insbesondere 7 Ob 145/97t = ÖBA 1998/695). Soweit sich die Revisionswerberin darauf beruft, dass der von der begünstigten Klägerin ihrem Kunden gewährte Kredit noch nicht fälliggestellt worden bzw dieser nur mit einem die Garantiesumme nicht erreichenden Teilbetrag im Verzug gewesen sei, könnte daraus allein (selbst im Falle des nicht festgstellten Verzuges) noch nicht auf den von der erklärenden Bank zu beweisenden Missbrauch geschlossen werden. Gerade der von ihr behauptete Verzug des Kunden der Klägerin legt nahe, dass diese zu einer Fälligstellung des restlich aushaftenden Kredits berechtigt war und dies in einem zeitlichen Naheverhältnis zur Abrufung der Garantiesumme stand. Darüber hinaus war für die Klägerin auch nicht eindeutig ersichtlich, dass der Pachtvertrag zwischen ihrem Kunden und der Kundin der Beklagten nicht wirksam zustande gekommen wäre, zumal diesbezüglich unterschiedliche Angaben der Kontrahenten des Pachtvertrages vorlagen.

Zusammenfassend vermag die Revisionswerberin daher keine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung aufzuzeigen.Zusammenfassend vermag die Revisionswerberin daher keine Rechtsfrage von der im Paragraph 502, Absatz eins, ZPO genannten Bedeutung aufzuzeigen.

Anmerkung

E56582 09A03199

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0090OB00319.99Y.0112.000

Dokumentnummer

JJT_20000112_OGH0002_0090OB00319_99Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten