TE OGH 2000/7/25 1Ob35/00d

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Veröffentlicht am 25.07.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Otto M*****, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Leopoldine M*****, vertreten durch Mag. Dr. Helga Wagner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 179.317,80 sA infolge von Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 11. Juni 1999, GZ 16 R 215/98z-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 21. Juli 1998, GZ 4 Cg 269/97b-21, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der klagenden Partei wird dagegen Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 12.687 (darin S 2.114,50 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 19.603,04 (darin S 2.163,84 USt und S 6.620 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Parteien haben am 10. 10. 1964 die Ehe geschlossen. Der Kläger brachte am 5. 11. 1986 die auf Eheverfehlungen im Sinn des § 49 EheG gestützte Scheidungsklage ein und begehrte die Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden der Beklagten. Die Beklagte, die primär die Abweisung des Klagebegehrens beantragte, begehrte im Lauf des Verfahrens für den Fall der Ehescheidung, festzustellen, dass das überwiegende Verschulden den Kläger treffe. Mit Urteil vom 27. 7. 1989 (ON 24 im Scheidungsakt) wurde die Ehe der Streitteile geschieden und ausgesprochen, dass das überwiegende Verschulden den Kläger treffe. Dieses Urteil bekämpfte der Kläger nur im Verschuldensausspruch mit dem Antrag, das überwiegende Verschulden der Beklagten auszusprechen. Mit Beschluss vom 23. 11. 1989 (ON 29 im Scheidungsakt) hob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung auf. Die Feststellungen des Erstgerichts stellten überwiegend eine allgemeine Beschreibung der emotionalen Beziehung der Streitteile dar, es mangle jedoch an einer in faktischer und zeitlicher Hinsicht konkreten Darstellung bestimmter fassbarer äußerlicher Lebenssachverhalte. Obwohl das Urteil nur in seinem Verschuldensausspruch angefochten worden sei, müsse es zur Gänze aufgehoben werden, weil die Verneinung jeglichen Verschuldens der Beklagten zur Abweisung des Scheidungsbegehrens führen könne. Im zweiten Rechtsgang wurde die Ehe der Streitteile mit Urteil vom 10. 12. 1991 (ON 48 im Scheidungsakt) neuerlich geschieden und ausgesprochen, dass das Verschulden die Ehegatten zu gleichen Teilen treffe. Die dagegen erhobenen Berufungen beider Parteien bekämpften dieses Urteil nur im Verschuldensausspruch. Mit Beschluss vom 29. 1. 1993 (ON 54 im Scheidungsakt) gab das Berufungsgericht beiden Berufungen Folge, hob das Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die umfangreichen Feststellungen des Erstgerichts über das Verhalten der Streitteile reichten zur Beurteilung der Ursächlichkeit der Eheverfehlungen für die Zerrüttung der Ehe und zur Abwägung des Verschuldens nicht aus. Im dritten Rechtsgang wurde mit Urteil vom 26. 5. 1994 (ON 74 des Scheidungsaktes) die Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden Verschulden der Beklagten geschieden. Diese erhob dagegen am 14. 9. 1994 Berufung (ON 75 im Scheidungsakt), in der sie eingangs erklärte, das Urteil seinem gesamten Inhalt nach anzufechten, aber den Antrag stellte, das Urteil dahin abzuändern, dass die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers geschieden werde, allenfalls es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Mit Urteil vom 31. 7. 1995 (ON 77 im Scheidungsakt) änderte das Gericht zweiter Instanz dieses Urteil, "das im Ausspruch über die Scheidung der Ehe als nicht angefochten unberührt" bleibe, im Verschuldensausspruch dahin ab, dass es das Verschulden beider Parteien an der Ehescheidung aussprach. Das Berufungsurteil wurde der Beklagten am 11. 8. 1995 zugestellt. Die dagegen von ihr erhobene außerordentliche Revision wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 24. 10. 1995, der Beklagtenvertreterin zugestellt am 1. 12. 1995, zurück.

Während aufrechter Ehe schlossen die Parteien einen Vergleich, mit dem sich der Kläger zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 5.000 an die Beklagte verpflichtete. Mit Urteil vom 30. 1. 1992 wurde diese Unterhaltspflicht auf S 4.000 monatlich herabgesetzt. In der Folge begehrte die Beklagte für den Zeitraum Dezember 1994 bis November 1995 klageweise eine Unterhaltserhöhung auf monatlich S 7.200. Das klagsabweisende erstinstanzliche Urteil wurde vom Berufungsgericht aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Mit der am 9. 3. 1998 eingebrachter Klage begehrt die Beklagte in einem weiteren Verfahren, gestützt auf § 68 EheG, einen monatlichen Unterhalt in der Höhe von S 6.000.

In der Zeit von September 1994 bis Dezember 1995 hat der Kläger an überwiegend im exekutiven Weg hereingebrachtem Unterhalt insgesamt S 70.237,80 geleistet. Im Jahr 1996 wurden im Exekutionsweg 12mal S 4.000, insgesamt somit S 48.000, von der Pension des Klägers einbehalten und an die Beklagte überwiesen. Im Jahr 1997 wurden diese Beträge 13mal einbehalten und im Jahr 1998 in den Monaten Jänner und Februar. Insgesamt leistete der Kläger in der Zeit von September 1994 bis Februar 1998 S 179.317,80, wobei in diesem Betrag Spesen in der Höhe von S 1.774,30 enthalten sind.

Der Kläger ist seit 1. 12. 1994 im Ruhestand. Seine Pension betrug zunächst brutto S 24.036,90, ab 1. 1. 1996 S 24.589,70. Die Beklagte verfügt außer den Unterhaltsleistungen des Klägers über kein Einkommen. Beide Ehegatten sind Hälfteeigentümer eines Einfamilienhauses sowie einer weiteren Liegenschaft. Der Kläger hat diesbezüglich die Teilungsklage eingebracht.

Der Ehe der Streitteile entstammen zwei 1965 und 1966 geborene Kinder. Aus erster Ehe hat die Beklagte eine 1960 geborene Tochter. Alle drei Kinder sind berufstätig, ihr Einkommen steht nicht fest.

Die Beklagte hat von den Unterhaltszahlungen des Klägers nichts angespart; die Beträge sind verbraucht.

Am 29. 2. 1996 richtete die Beklagte ein Schreiben an den Präsidenten der Österreichischen Richtervereinigung, in dem sie ersuchte, ihr mitzuteilen, welche Wege sie einschlagen müsse, um eine Zurückweisung der Scheidungsklage, die sie in erster Instanz beantragt habe, zu erreichen. In einem weiteren Schreiben vom 25. 3. 1996 erkundigte sich die Beklagte nach dem ihr zustehenden Unterhalt und stellte die Fragen, wann sie "nun wirklich geschieden worden" sei und ob ein Unterhaltsanspruch "auch, egal wie das Verschulden ausgeht, bis zur Rechtskraft der Scheidung bzw wie lange danach" gelte. Der Präsident der Vereinigung der österreichischen Richter beantwortete diese Fragen mit Schreiben vom 4. 4. 1996 unter anderem dahin, dass die Wirksamkeit der Scheidung und damit auch der Beginn der unterhaltsrechtlichen Folgen des Verschuldensausspruchs mit Rechtskraft des Scheidungsurteils einträten. Der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft sei mit dem Tag der Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, mit dem die außerordentliche Revision zurückgewiesen wurde, anzusetzen.

Mit seiner am 18. 9. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger zuletzt, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 179.317,80 als Rückzahlung zu Unrecht bezogenen Unterhalts schuldig zu erkennen. Der Scheidungsausspruch sei mit 14. 9. 1994 in Rechtskraft erwachsen. Trotz des dadurch bewirkten Erlöschens ihres Unterhaltsanspruchs habe die Beklagte gegen ihn unberechtigt Exekution geführt. Sie sei ihrer Verpflichtung, das Exekutionsverfahren nach Rechtskraft der Ehescheidung einzustellen, nicht nachgekommen. Die Beklagte habe den Unterhalt nicht gutgläubig verbraucht, weil sie im Scheidungsverfahren ständig rechtsanwaltlich vertreten gewesen sei. Der Kläger sei über die Unterhaltszahlungen hinaus mit Kosten des Drittschuldners belastet worden, die er aus dem Titel des Schadenersatzes begehre. Da der Beklagten kein Billigkeitsunterhalt zustehe, seien die Zahlungen auch nicht als Naturalobligation anzusehen.

Die Beklagte wendete dagegen ein, dass sie den geleisteten Unterhalt gutgläubig verbraucht habe. Sie sei von ihren früheren Rechtsvertretern dahin informiert worden, dass die Ehescheidung nicht mit 14. 9. 1994 rechtskräftig geworden sei, sondern dass bis zur Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof die Rechtskraft nicht eintreten könne. In diesem Sinne sei auch ihre Anfrage vom Präsidenten der Vereinigung der österreichischen Richter beantwortet worden. Über die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sei, seien bereits mehrere Gerichtsverfahren anhängig, sodass ein derartiges Fachwissen von der Beklagten nicht verlangt werden könne.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass mit Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs am 14. 9. 1994 das von der Beklagten geführte Exekutionsverfahren hätte eingestellt werden müssen. Nach Rechtskraft der Scheidung habe kein Unterhaltstitel der Beklagten gegen den Kläger mehr bestanden. Die Beklagte habe die erhaltenen Unterhaltsbeträge nicht gutgläubig verbraucht, weil es bei Betrachtung des Verfahrensgangs für keinen Juristen ein ernsthaftes Problem darstellen könne, den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung festzustellen. Insbesondere sei hervorzuheben, dass jeweils nur der Verschuldensausspruch bekämpft worden sei, weshalb das Vorbringen, die Vertreterin der Beklagten habe im dritten Rechtsgang nur infolge eines Versehens den Scheidungsausspruch unbekämpft gelassen, nicht gefolgt werden könne. Der Einwand, bei dem geleisteten Unterhalt habe es sich um eine "Naturalobligation" gehandelt, entbehre schon deshalb der Berechtigung, weil die Kinder der Beklagten berufstätig seien und über Einkommen verfügten. Eine Beitragspflicht des Ehegatten gemäß § 68 EheG sei daher nicht gegeben.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, dem Kläger S 109.080 sA zu zahlen; das Mehrbegehren von S 70.237,80 sA wies es ab. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision als zulässig. Ausgehend von den erstinstanzlichen Feststellungen führte es zur Rechtsrüge aus, nach der Rechtsprechung könne bei gutgläubigem Verbrauch von Unterhaltsleistungen von einer echten Bereicherung nicht gesprochen werden. Die Beweislast für die Unredlichkeit treffe den Kläger. Als unredlich sei derjenige anzusehen, der wisse oder nach den Umständen hätte wissen müssen, dass ihm die Leistung nicht gebührt. Spätestens seit der Zustellung des Beschlusses über die Zurückweisung der außerordentlichen Revision der Beklagten im Dezember 1995 könne sich die Beklagte nicht mehr auf ihren guten Glauben berufen. Für den davor liegenden Zeitraum sei dem Kläger allerdings der Beweis der Unredlichkeit nicht gelungen. Die Beklagte habe angesichts der in den ersten beiden Rechtsgängen ergangenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts und des darin enthaltenen Hinweises auf die Einheitlichkeit des Scheidungsverfahrens nicht damit rechnen müssen, dass das Instanzgericht im dritten Rechtsgang von dieser Ansicht abgehen werde. Auch sei unstrittig, dass der Antrag auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens von der Beklagten verspätet eingebracht worden sei. Dieser Umstand indiziere ebenfalls die Annahme der Beklagten, der Scheidungsausspruch sei erst mit der Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs rechtskräftig geworden. Ein weiteres Argument für den guten Glauben der Beklagten sei der Umstand, dass der Kläger keinen Antrag auf Einstellung der Exekution gestellt habe, sondern im Zeitraum Oktober 1994 bis Februar 1995 sogar freiwillig Unterhaltszahlungen geleistet habe. Auch sei die in dem von der Beklagten anhängig gemachten Verfahren wegen Erhöhung des Unterhalts ergangene abweisende Entscheidung vom Berufungsgericht aufgehoben worden. Der Rückforderungsanspruch stehe somit für die Zeit bis Dezember 1995 nicht zu.

Der dagegen erhobenen Revision der Beklagten kommt keine Berechtigung zu; die Revision des Klägers ist dagegen berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung wird ein während der Ehe gefälltes, nur den ehelichen Unterhalt festsetzendes gerichtliches Urteil oder ein in diesem Zeitraum geschlossener Vergleich durch die Scheidung unwirksam, es sei denn, es läge der - hier nicht gegebene - Fall einer Scheidung nach § 55 EheG mit Verschuldensausspruch gemäß § 61 Abs 3 EheG vor (SSV-NF 3/83; EvBl 1987/18; SZ 55/74; 8 Ob 503/95; 3 Ob 2307/96b; Pichler in Rummel ABGB2 Rz 11 zu § 94). Dem Erlöschen des Titels könnte die Beklagte auch nicht wirksam entgegensetzen, derselbe Betrag gebühre ihr auf Grund des Gesetzes (SZ 67/221). Richtet sich der Unterhaltsanspruch bei aufrechter Ehe grundsätzlich nach der verbindlichen autonomen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft, so erweist sich der gesetzliche Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach § 66 EheG nicht etwa als Modifikation des ehelichen Unterhalts, sondern als bloße Nachwirkung früherer ehelicher Beistandspflicht und steht nur unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen zu. Der während aufrechter Ehe geschaffene Unterhaltstitel tritt daher auch sogar gegenüber dem schuldlos oder minder schuldig geschiedenen Ehegatten mit Wirksamkeit der Scheidung außer Kraft (EvBl 1992/27; 3 Ob 2307/96b).

Wurde die Ehe mittels Teilurteils aufgelöst und die Verschuldensfrage dem Endurteil vorbehalten, so ist der Ausspruch über die Scheidung mit Rechtskraft des Teilurteils wirksam (SZ 55/26; SZ 55/34; SZ 63/47; 1 Ob 362/99p ua). Gleiches gilt, wenn das erstinstanzliche Urteil mangels Anfechtung des Ausspruchs über die Scheidung in diesem Umfang in Rechtskraft erwächst (SZ 63/47; 9 Ob 1727/91; 6 Ob 1660/95). Unter Rechtskraft ist nach ständiger Rechtsprechung die formelle Rechtskraft nach § 411 ZPO zu verstehen (SZ 60/116; 6 Ob 1660/95; 9 Ob 143/99s ua). Die mangelnde Anfechtung des Scheidungsausspruchs ist einem Rechtsmittelverzicht gleichzuhalten. Mit einem solchen tritt die formelle Rechtskraft ein (SZ 54/166; 6 Ob 1660/95; 1 Ob 281/97y).

Dass in diesem Sinne der Ausspruch über die Ehescheidung durch die am 14. 9. 1994 bei Gericht eingelangte Berufung der Beklagten gegen das im dritten Rechtsgang ergangene Scheidungsurteil rechtskräftig wurde, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig und wurde im Übrigen in dem vom Kläger geführten Oppositionsprozess bindend festgestellt. Von diesem Zeitpunkt an war daher der Unterhaltsanspruch der Beklagten auf Grund der während aufrechter Ehe erworbenen Titel erloschen. Es kommt daher darauf an, ob die Beklagte dem Rückforderungsanspruch des Klägers mit Erfolg den Einwand entgegensetzen kann, sie habe die titellos empfangenen Unterhaltszahlungen gutgläubig verbraucht. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass bei der Beurteilung der Redlichkeit nur der Gegenstand der positiven Kenntnis des sich auf den guten Glauben Berufenden eine unüberprüfbare Tatsachenfeststellung wäre; inwieweit jedoch aus den Feststellungen der Schluss zu ziehen ist, dass die Partei nach den Umständen des Falles an der Rechtmäßigkeit der ihr zugekommenen Zahlungen hätte zweifeln müssen, liegt eine Frage der vom Obersten Gerichtshof überprüfbaren rechtlichen Beurteilung vor (3 Ob 618/81; 2 Ob 521/82 ua).

Nach ständiger, im Schrifttum gebilligter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können ohne Rechtsgrundlage gezahlte Unterhaltsbeträge nur dann mangels echter Bereicherung nicht zurückgefordert werden, wenn sie gutgläubig verbraucht wurden (SZ 13/262; SZ 58/57; JBl 1996, 727; 1 Ob 1/98y; 4 Ob 217/99m ua). Soweit es auf die Unredlichkeit in Ansehung des Unterhaltsverbrauchs ankommt, hat der kondizierende Kläger die Unredlichkeit der Beklagten zu behaupten und unter Beweis zu stellen (SZ 60/136; 1 Ob 1/98y4 Ob 217/99m ua). Die Redlichkeit bezieht sich auf die Existenz des Kondiktionsanspruchs, wobei jedoch bereits Fahrlässigkeit schadet und daher Zweifel an der Rechtmäßigkeit die Redlichkeit ausschließen (SZ 57/44; JBl 1996, 727; 4 Ob 217/99m; Rummel in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 1437). Die Redlichkeit des Empfängers fehlt somit nicht erst bei auffallender Sorglosigkeit oder gar Vorsatz, sondern schon dann, wenn der Empfänger der Leistung zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, wohl aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit der ihm rechtsgrundlos ausgezahlten Beträge auch nur zweifeln hätte müssen (DRdA 1993, 214; JBl 1996, 727; 1 Ob 1/98y4 Ob 217/99m ua).

Ausgehend von diesen Rechtssätzen kann aber der Beklagten Gutgläubigkeit auch in dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten zeitlich eingeschränkten Umfang nicht zugebilligt werden. Im Gegensatz zu der vom Gericht zweiter Instanz vertretenen Ansicht durfte nämlich die Beklagte bei der hier gebotenen objektiven Betrachtungsweise, somit abstrahiert von einem möglicherweise gegebenen Wunschdenken, keinesfalls damit rechnen, dass das Scheidungsurteil auch im dritten Rechtsgang im gesamten Umfang aufgehoben werde, weil nach den bereits bis dahin erteilten zweitinstanzlichen Ergänzungsaufträgen und den daraufhin durchgeführten Beweisaufnahmen bereits eine derart verbreiterte Entscheidungsgrundlage gegeben war, dass eine neuerliche Aufhebung auch im Scheidungsausspruch als unwahrscheinlich erscheinen musste, und zwar auch unter Berücksichtigung der sich auf das gesamte Urteil erstreckenden Berufungserklärung unklaren Rechtsmittelschrift der Beklagten, wurde doch dort gegen den Scheidungsausspruch selbst nichts Substanzielles vorgetragen, sondern entsprechend dem Berufungsantrag die Scheidung der Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers angestrebt. Dass die Beklagte den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens verspätet gestellt hat, mag auf ihre subjektive Einstellung zurückzuführen sein, auf die es jedoch - wie bereits dargestellt - bei Beurteilung der Unredlichkeit ebensowenig ankommt wie auf die vom Berufungsgericht in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gestellte Kenntnis von der Rechtslage. Vielmehr ist ausschließlich darauf abzustellen, ob die Beklagte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von ihr bezogenen Unterhaltszahlungen haben musste. Das derartige Zweifel bei der Beklagten tatsächlich bestanden, ergibt sich nicht zuletzt aus ihrem Schreiben an den Präsidenten der Vereinigung österreichischer Richter. Bei der erforderlichen objektiven Betrachtungsweise vermag weder diese Korrespondenz noch der Umstand, dass die Beklagte im Jahr 1995 eine Klage auf Erhöhung des Unterhalts eingebracht hat, ihren guten Glauben zu belegen, mussten sich doch bei der zumutbaren Einholung juristischen Rats nach dem Inhalt der Berufung der Beklagten schon ab September 1994 zumindest erhebliche Zweifel am Fortbestand der Ehe ergeben.

In Stattgebung der Revision ist das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung, die auch die Erledigung des vom Kläger gegen den erstinstanzlichen Kostenausspruch erhobenen Rekurses zu umfassen hatte, gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Entgegen der vom Kläger in seinem Rekurs vertretenen Ansicht war sein Schriftsatz ON 15 nicht zu honorieren, weil abgesonderte Schriftsätze gemäß § 22 RATG nur dann zu entlohnen sind, wenn sie mit anderen Schriftsätzen nicht verbunden werden können, oder das Gericht ihre abgesonderte Anbringung als notwendig oder als zweckmäßig erkennt. Bereits das Erstgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass der Schriftsatz kein relevantes weiteres Vorbringen enthielt, weshalb es dem Klagevertreter ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, seine Stellungnahme zur Äußerung der Beklagten auf einen Schriftsatz des Klägers in der nächsten bereits ausgeschriebenen Tatsatzung vorzutragen. An dieser Ansicht vermag auch die vom Kläger zitierte Entscheidung JBl 1987, 392 nichts zu ändern, die ebenfalls ausdrücklich hervorhebt, dass eine Honorierung nur dann zu erfolgen hat, wenn der Schriftsatz zur Rechtsverfolgung notwendig war und vom Gericht tatsächlich benützt wurde.

Textnummer

E58668

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0010OB00035.00D.0725.000

Im RIS seit

24.08.2000

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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