TE OGH 2000/8/29 1Ob115/00v

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Veröffentlicht am 29.08.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm B*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß und Dr. Hans Pucher, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, *****vertreten durch Dr. Karl Haas, Dr. Georg Lugert und Mag. Andreas Friedl, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 120.296 S sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2000, GZ 36 R 398/99v-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Herzogenburg vom 18. Oktober 1999, GZ 1 C 650/96z-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zurückverwiesen und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit seiner am 12. Juni 1996, somit innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der klagende Erdbauunternehmer von der beklagten Partei zuletzt restliche 120.296 S sA für mit Rechnung vom 31. August 1994 fakturierte, dort näher bezeichnete Leistungen, denen die beklagte Partei Gegenforderungen entgegenhielt.

Dieses Verfahren wurde durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der beklagten Partei am 10. Dezember 1998 - zeitlich somit nach Ablauf der Verjährungsfrist - unterbrochen. Der Masseverwalter bestritt die vom Kläger im Konkurs angemeldete Forderung, das Konkursgericht bestimmte die Frist zur Geltendmachung der bestrittenen Forderung nach § 110 Abs 4 KO mit sechs Wochen; die Verständigung von der Bestreitung wurde dem Kläger am 30. April 1999 zugestellt, die sechswöchige Frist endete daher am 11. Juni 1999. Der Schriftsatz mit dem gegen den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei gerichteten Fortsetzungsantrag des Klägers und der Änderung des Klagebegehrens in ein Feststellungsbegehren (§ 113 KO) langte am 29. Juli 1999, somit erst knapp sieben Wochen später, beim Erstgericht ein.

Die Vorinstanzen wiesen, einem entsprechenden Einwand der beklagten Partei folgend, das Klagebegehren wegen Verjährung zufolge nicht gehöriger Verfahrensfortsetzung iSd § 1497 ABGB ab.

Die von der zweiten Instanz zugelassene Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Mit rechtskräftigem Beschluss des Konkursgerichts vom 4. Februar 2000 wurde der Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei nach rechtskräftiger Bestätigung des am 25. Mai 1999 abgeschlossenen Zwangsausgleichs aufgehoben. Durch die Konkurseröffnung war der zwischen den Streitteilen anhängige Prozess gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen und das Verfahren danach gegen den Masseverwalter weitergeführt worden. Mit der rechtskräftigen Aufhebung des Konkurses erlangt der (frühere) Gemeinschuldner wieder die Befugnis, über sein Vermögen frei zu verfügen (§ 59 KO); seine Rechtshandlungen sind wieder uneingeschränkt rechtswirksam, er wird wieder unbeschränkt prozessfähig und er tritt in die während des Konkurses vom Masseverwalter geführten Rechtsstreitigkeiten an dessen Stelle ein, ohne dass durch die (rechtskräftige) Aufhebung des Konkurses unterbrochen würden und ohne dass es einer besonderen Prozesshandlung bedürfte (vgl. 8 Ob 156/99; SZ 69/255; SZ 61/172; JBl 1978, 434 [RIS-Justiz RS0064690]). Infolge der rechtskräftigen Aufhebung des Konkurses tritt eine Unterbrechung des bisher gegen den Masseverwalter geführten Verfahrens nur dann ein, wenn Anwaltspflicht besteht und der Gemeinschuldner - anders als hier - anwaltlich nicht vertreten ist (SZ 69/255).a) Mit rechtskräftigem Beschluss des Konkursgerichts vom 4. Februar 2000 wurde der Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei nach rechtskräftiger Bestätigung des am 25. Mai 1999 abgeschlossenen Zwangsausgleichs aufgehoben. Durch die Konkurseröffnung war der zwischen den Streitteilen anhängige Prozess gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen und das Verfahren danach gegen den Masseverwalter weitergeführt worden. Mit der rechtskräftigen Aufhebung des Konkurses erlangt der (frühere) Gemeinschuldner wieder die Befugnis, über sein Vermögen frei zu verfügen (§ 59 KO); seine Rechtshandlungen sind wieder uneingeschränkt rechtswirksam, er wird wieder unbeschränkt prozessfähig und er tritt in die während des Konkurses vom Masseverwalter geführten Rechtsstreitigkeiten an dessen Stelle ein, ohne dass durch die (rechtskräftige) Aufhebung des Konkurses unterbrochen würden und ohne dass es einer besonderen Prozesshandlung bedürfte vergleiche 8 Ob 156/99; SZ 69/255; SZ 61/172; JBl 1978, 434 [RIS-Justiz RS0064690]). Infolge der rechtskräftigen Aufhebung des Konkurses tritt eine Unterbrechung des bisher gegen den Masseverwalter geführten Verfahrens nur dann ein, wenn Anwaltspflicht besteht und der Gemeinschuldner - anders als hier - anwaltlich nicht vertreten ist (SZ 69/255).

b) Wird ein Anspruch - so wie hier - bei der Prüfungstagsatzung bestritten, so gilt die Verjährung vom Tag der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruchs bestimmten Frist als gehemmt (§ 9 Abs 2 KO). Dabei handelt es sich um eine Ablaufhemmung (9 ObA 178/97k = ZIK 1998, 63; 10 Ob 269/99b = ZIK 2000, 58; RIS-Justiz RS0108885). Eine Unterbrechung tritt insoweit nicht ein.

Gemäß § 1497 ABGB wird die Verjährung durch die Erhebung der Klage nur unter der weiteren Voraussetzung unterbrochen, dass die Klage "gehörig fortgesetzt wird". Eine nicht gehörige Fortsetzung der Klage hindert den Eintritt der Unterbrechungswirkung. Da die dreijährige Verjährungsfrist (§ 148b Z 1 ABGB) im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (10. Dezember 1998) bereits abgelaufen war, wäre die Klageforderung verjährt, wenn das Verhalten des Klägers ab diesem Zeitpunkt den Schluss auf "nicht gehörige Fortsetzung" des Verfahrens zuließe. Nicht gehörige Fortsetzung iSd § 1497 ABGB ist nach herrschender Auffassung dann anzunehmen, wenn die Untätigkeit des Klägers ungewöhnlich ist und er damit zum Ausdruck bringt, dass ihm an der Erreichung des Prozessziels nichts gelegen ist (stRspr: SZ 49/106, SZ 54/177; 4 Ob 290/97v = RdW 1998, 265 uva; RIS-Justiz RS0034765). Dabei ist nicht nur auf die Dauer der Untätigkeit, sondern vor allem auf die Gründe Bedacht zu nehmen (Mader in Schwimann2, § 1497 ABGB Rz 25 mwN). Die Gründe müssen im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein (SZ 64/156 ua; RIS-Justiz RS0034849; Mader aaO Rz 35). Werden keine beachtlichen Gründe für die Untätigkeit vorgetragen, so ist lediglich von der Aktenlage auszugehen (SZ 64/156). Nur eine ungewöhnliche Untätigkeit kann aber dazu führen, dass eine Klage als nicht gehörig fortgeführt gilt. Je länger die Untätigkeit ist, desto gewichtiger müssen die Gründe dafür sein; dagegen kommt bei nur kurzfristiger Untätigkeit des Klägers unter Umständen selbst dann, wenn dafür Gründe fehlen oder nicht ins Treffen geführt werden, für sich allein noch nicht zum Ausdruck, dass ihm an der Erreichung seines Prozessziels nichts gelegen sei. Welches Ereignis die Untätigkeit des Klägers auslöst, ist deshalb von Bedeutung, weil es darauf ankommt, ob der Kläger wissen muss, dass er das Verfahren zu betreiben hat, oder aber annehmen darf, das Gericht werde von sich aus tätig werden. In Fällen, in denen die Fortsetzung des Verfahrens dem Prozessgericht obliegt und daher dem Kläger nur vorgeworfen werden kann, die ausstehende Prozesshandlung beim säumigen Gericht nicht betrieben zu haben, wird stets ein großzügiger Maßstab angewendet, sonst ist ein strengerer Maßstab anzulegen. In jenen Fällen, in denen der Kläger die Klage innerhalb einer materiell-rechtlichen Präklusivfrist (etwa innerhalb der Einjahresfrist des § 1111 ABGB) einzubringen hat, wird ein sehr strenger Maßstab angelegt. So wurde bei Präklusivfristen schon das Zuwarten mit einem Fortsetzungsantrag durch mehr als zwei Monate als nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens beurteilt (SZ 58/180, SZ 63/71; 4 Ob 290/97v; RIS-Justiz RS0034670).Gemäß § 1497 ABGB wird die Verjährung durch die Erhebung der Klage nur unter der weiteren Voraussetzung unterbrochen, dass die Klage "gehörig fortgesetzt wird". Eine nicht gehörige Fortsetzung der Klage hindert den Eintritt der Unterbrechungswirkung. Da die dreijährige Verjährungsfrist (Paragraph 148 b, Z 1 ABGB) im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (10. Dezember 1998) bereits abgelaufen war, wäre die Klageforderung verjährt, wenn das Verhalten des Klägers ab diesem Zeitpunkt den Schluss auf "nicht gehörige Fortsetzung" des Verfahrens zuließe. Nicht gehörige Fortsetzung iSd § 1497 ABGB ist nach herrschender Auffassung dann anzunehmen, wenn die Untätigkeit des Klägers ungewöhnlich ist und er damit zum Ausdruck bringt, dass ihm an der Erreichung des Prozessziels nichts gelegen ist (stRspr: SZ 49/106, SZ 54/177; 4 Ob 290/97v = RdW 1998, 265 uva; RIS-Justiz RS0034765). Dabei ist nicht nur auf die Dauer der Untätigkeit, sondern vor allem auf die Gründe Bedacht zu nehmen (Mader in Schwimann2, § 1497 ABGB Rz 25 mwN). Die Gründe müssen im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein (SZ 64/156 ua; RIS-Justiz RS0034849; Mader aaO Rz 35). Werden keine beachtlichen Gründe für die Untätigkeit vorgetragen, so ist lediglich von der Aktenlage auszugehen (SZ 64/156). Nur eine ungewöhnliche Untätigkeit kann aber dazu führen, dass eine Klage als nicht gehörig fortgeführt gilt. Je länger die Untätigkeit ist, desto gewichtiger müssen die Gründe dafür sein; dagegen kommt bei nur kurzfristiger Untätigkeit des Klägers unter Umständen selbst dann, wenn dafür Gründe fehlen oder nicht ins Treffen geführt werden, für sich allein noch nicht zum Ausdruck, dass ihm an der Erreichung seines Prozessziels nichts gelegen sei. Welches Ereignis die Untätigkeit des Klägers auslöst, ist deshalb von Bedeutung, weil es darauf ankommt, ob der Kläger wissen muss, dass er das Verfahren zu betreiben hat, oder aber annehmen darf, das Gericht werde von sich aus tätig werden. In Fällen, in denen die Fortsetzung des Verfahrens dem Prozessgericht obliegt und daher dem Kläger nur vorgeworfen werden kann, die ausstehende Prozesshandlung beim säumigen Gericht nicht betrieben zu haben, wird stets ein großzügiger Maßstab angewendet, sonst ist ein strengerer Maßstab anzulegen. In jenen Fällen, in denen der Kläger die Klage innerhalb einer materiell-rechtlichen Präklusivfrist (etwa innerhalb der Einjahresfrist des § 1111 ABGB) einzubringen hat, wird ein sehr strenger Maßstab angelegt. So wurde bei Präklusivfristen schon das Zuwarten mit einem Fortsetzungsantrag durch mehr als zwei Monate als nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens beurteilt (SZ 58/180, SZ 63/71; 4 Ob 290/97v; RIS-Justiz RS0034670).

Die Frist des § 110 Abs 4 KO ist keine Präklusivfrist (5 Ob 302/82; Petschek/Reimer/Schiemer, Das österr. Insolvenzrecht 574; Konecny in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 110 KO Rz 28), sondern eine verfahrensrechtliche Frist (Konecny aaO § 110 KO Rz 28). Ihre Versäumung zieht zwar die in der KO angeführten Folgen nach sich (keine Berücksichtigung bei der Verteilung [§ 131 Abs 3], kein Gleichstellungsanspruch [§ 134 Abs 2], keine Notwendigkeit der Zustimmung bei Aufhebung des Konkurses [§ 167 Abs 2]), hat aber für sich noch nicht den Anspruchsverlust zur Folge. In einem dem hier zu beurteilenden Sachverhalt vergleichbaren Fall (8 Ob 33/89, nicht veröffentlicht) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, der Kläger, der erst viereinhalb Monate nach seiner Verständigung von der Bestreitung der im Konkurs angemeldeten Forderung die Fortsetzung des Verfahrens (gegen den Masseverwalter) beantragte, habe die Klage nicht iSd § 1497 ABGB gehörig fortgesetzt. Selbst wenn man - so wie in 8 Ob 33/89 - auch die Versäumung der Frist gemäß § 110 Abs 4 KO einem strengen Maßstab unterwerfen wollte, kann doch im vorliegenden Fall der Eintritt der Verjährung infolge der nicht einmal siebenwöchigen Säumnis nicht bejaht werden:

Die vom Kläger zur Stützung seines Standpunkts herangezogene Entscheidung 4 Ob 290/97v - in einem Fall, in dem das Verfahren gemäß § 191 ZPO unterbrochen worden war und der Kläger den Fortsetzungantrag erst acht Wochen nach Erlassung des Beschlusses über die Abweisung seines Subsidiarantrags im Strafverfahren gestellt hatte - ist entgegen der zweitinstanzlichen Auffassung durchaus vergleichbar, weil den Kläger in beiden Fällen die die Fortsetzung des Verfahrens überantwortet war, auch wenn ihm hier vom Konkursgericht eine Frist für diesen Schritt erteilt worden war. In dieser Vorentscheidung wurde aber unter Hinweis auf Vorentscheidungen (4 Ob 335/80; SZ 60/35) ausgesprochen, eine zweimonatige Untätigkeit des Klägers lasse noch nicht den Schluss zu, dass der Kläger seinen Anspruch nicht weiter verfolgen wolle. Bei einer noch kürzeren Untätigkeit kann demnach der Anspruch des Klägers entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanzen noch nicht als verjährt beurteilt werden.

Das Erstgericht wird sich daher mit dem übrigen beiderseitigen Prozessvorbringen auseinandersetzen müssen.

Die Kostenentscheidung fußt auf dem § 52 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E59088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0010OB00115.00V.0829.000

Im RIS seit

28.09.2000

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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