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L22004 Landesbedienstete Oberösterreich;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des K in B, vertreten durch Dr. Johannes Grund und Dr. Wolf D. Polte, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Spittelwiese 15, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Dezember 2005, Zl. PersR-509256/74-2005-Sb, betreffend Feststellung des Nichtvorliegens von Erwerbsunfähigkeit (§ 5 Abs. 6 und § 9 des Oö. Landesbeamten-Pensionsgesetzes - Oö. L-PG), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheidteil wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jänner 1952 geborene Beschwerdeführer steht seit 1. Jänner 2006 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Oberösterreich. Die Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit erfolgte über Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Juni 2004 mit dem - nicht in Beschwerde gezogenen - Punkt I. des obgenannten Bescheides der belangten Behörde vom 12. Dezember 2005.
Der angefochtene Punkt II. des Bescheides vom 12. Dezember 2005 lautet:
"Erwerbsunfähigkeit sowohl im Sinne des § 5 Abs. 6 als auch im Sinne des § 9 Abs. 1 Oö. Landesbeamten-Pensionsgesetz liegt nicht vor."
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde hiezu - nach auszugsweiser Darstellung der eingeholten medizinischen, psychologischen und berufskundlichen Sachverständigengutachten sowie der Rechtslage - aus, der Beschwerdeführer sei auf Grund vor allem psychischer Beeinträchtigungen nicht mehr imstande, seine bisherige Tätigkeit "in der Aufgabengruppe Staatsbürgerschafts-, Personenstandswesen und Wähler in der Abteilung Gemeinden auszuüben". Es wäre ihm jedoch möglich, vergleichbare Büroarbeiten, insbesondere mit selbsttätigem Haltungswechsel, geringer Schreibbelastung und ohne häufigen, intensiven und psychisch belastenden Kundenverkehr durchzuführen. Weiters könnten medikamentöse Behandlungen und Psychotherapie aus medizinischer Sicht zu einer Besserung seiner psychischen Erkrankung führen.
Gegen Punkt II. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Rechtslage:
Die im Beschwerdefall nach dem Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung für die Frage der Erwerbsunfähigkeit maßgebliche Bestimmung des § 9 Abs. 1 Oö. L-PG in der Fassung des gemäß § 1 Abs. 1 lit. a der 8. Ergänzung zum Landesbeamten-Pensionsgesetz, LGBl. Nr. 33/1986, sinngemäß als landesgesetzliche Vorschrift in Geltung stehenden Art. I Z. 4 der 8. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985, lautete:
"Begünstigungen bei Erwerbsunfähigkeit
§ 9. (1) Ist der Beamte ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden, so hat ihm seine oberste Dienstbehörde aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand den Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch zehn Jahre, zu seiner ruhegenussfähigen Landesdienstzeit zuzurechnen."
Weiters sah § 5 Abs. 4 Z. 3 des Oö. L-PG in der Fassung des Art. II Z. 2 des Oö. Landesbeamten-Pensionsreformgesetzes 1999, LGBl. Nr. 94, vor, dass eine - näher bezeichnete - Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage nicht stattfinde, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig sei.
Als dauernd erwerbsunfähig im Sinn des Abs. 4 Z. 3 galt ein Beamter gemäß § 5 Abs. 6 leg. cit. nur dann, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.
II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:
Der Beschwerdeführer bekämpft die Feststellung, dass er zwar dienstunfähig, nicht jedoch auch erwerbsunfähig im Sinn der §§ 5 Abs. 6 und 9 Abs. 1 Oö. L-PG sei, als rechtlich unrichtig sowie als Ergebnis einer unrichtigen Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung und das Parteiengehör.
Diese Ausführungen erweisen sich im Ergebnis als berechtigt:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit auch Feststellungsbescheide zu erlassen, sofern hiefür entweder eine diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung vorliegt oder ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben oder aber die Feststellung im rechtlichen Interesse einer Partei erforderlich ist und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Ein Feststellungsbescheid ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden ist, wobei insbesondere auch die Möglichkeit der Erlassung eines Leistungsbescheides der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides entgegensteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 99/12/0152, mwN).
Bei der Zurechnungsentscheidung nach § 9 Abs. 1 Oö. L-PG (in der Fassung vor Inkrafttreten des Oö. Pensionsharmonisierungsgesetzes, LGBl. Nr. 143/2005, am 1. Februar 2006) handelte es sich um einen konstitutiven (rechtsbegründenden) Bescheid. Dieser Akt hat - unabhängig von seiner Auswirkung im Fall der Zuerkennung auf die als Feststellungsbescheid ergehende Ruhegenussbemessung - einen eigenen bescheidförmigen Abspruch zum Gegenstand. Dem Umstand, dass im Landesbereich - anders als nach dem bis zum 1. Oktober 2000 geltenden Bundesrecht - sowohl die Ruhengenussbemessung als auch die Zurechnungsentscheidung in die Zuständigkeit einer einzigen Dienstbehörde fällt, kommt in diesem Zusammenhang keine rechtserhebliche Bedeutung zu (vgl. das zur ähnlichen Tiroler Landesrechtslage ergangene hg. Erkenntnis vom 31. März 2006, Zl. 2005/12/0084).
Soweit die belangte Behörde in diesem Zusammenhang die Erwerbsunfähigkeit im Sinn des § 9 Abs. 1 Oö. L-PG verneint hat, liegt ein unzulässiger Feststellungsbescheid vor, weil es sich hiebei um ein Begründungselement im Rahmen des mit einem konstitutiven Bescheid abzuschließenden Verfahrens nach § 9 Abs. 1 leg. cit. handelt.
Zur Unzulässigkeit der gesonderten Feststellung des Nichtvorliegens der Erwerbsunfähigkeit im Sinn des § 5 Abs. 6 Oö. L-PG (die sich auf die Höhe des Ruhegenusses auswirkt und daher im Ruhegenussbemessungsverfahren zu klären ist) wird gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/12/0122, verwiesen.
Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 20. Dezember 2006
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006120014.X00Im RIS seit
07.02.2007Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008