TE OGH 2000/11/23 6Ob249/00m

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2000
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kammer für Arbeiter und Angestellte für ***** vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Österreichischer Gewerkschaftsbund, Hohenstauffengasse 10-12, 1011 Wien, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl Partnerschaft, Rechtsanwälte in Wien, wegen Widerrufs und Unterlassung ehrverletzender und rufschädigender Äußerungen sowie Veröffentlichung, über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. Mai 2000, GZ 1 R 75/00g-29, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 9. Februar 2000, GZ 38 Cg 10/99b-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Prozessgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Kammern für Arbeiter und Angestellte haben unter anderem auch die Aufgabe, bei Unternehmen eingerichtete Betriebsratsfonds zu revidieren. Über die Durchführung einer Revision eines Betriebsratsfonds bei einem Tiroler Verkehrsbetrieb entstand im Jahr 1998 eine Kontroverse zwischen der Klägerin und einem Betriebsratsvorsitzenden. Ein (angestellter) Landessekretär der Gewerkschaft, der auch (ehrenamtlich) Vorsitzender der Landesexekutive Tirol des beklagten Österreichischen Gewerkschaftsbundes war, lud am 6. 4. 1998 zu einer Pressekonferenz am 9. 4. 1998 in das ÖGB-Haus zum Thema "Das Verhältnis zwischen betrieblicher, gesetzlicher und freiwilliger Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen am Beispiel Betriebsrat ***** Verkehrsbetriebe". Die Einladung war gefertigt mit "Gerhard S***** ÖGB-Vorsitzender". Anlässlich dieser Pressekonferenz fielen die von der Klägerin bekämpften (noch anzuführenden) Äußerungen, die auch in einem Artikel einer Zeitung am 16. 4. 1998 wiedergegeben wurden. Zur Einberufung der Pressekonferenz hatte es keinen Beschluss oder einen Auftrag von Organen des Beklagten gegeben. Die Landesexekutiven sind nach den Statuten des Beklagten und seiner Geschäftsordnung Organe des Gewerkschaftsbundes.

Die Klägerin bekämpft die Äußerungen des Funktionärs der Landesexekutive des Beklagten auf der Pressekonferenz. Sie begehrt 1. den Widerruf und die Unterlassung der Verbreitung der Äußerungen

"a) Erstmals in der Geschichte der zweiten Republik schleift eine gesetzliche Interessenvertretung eine betriebliche Interessenvertretung vor Gericht,

b) Es wurde dem IVB-Betriebsratvorsitzenden Helmut B***** verweigert, einen Rechtsbeistand beizuziehen,

c) die Verschwiegenheitspflicht duch das Übermitteln des Revisionsberichts verletzt zu haben",

sowie 2. die Unterlassung der Verbreitung der Äußerungen

"a) Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier der Gedanke der Verfolgung eines Betriebsrates im Vordergrund steht,

b) Der zeitliche Zusammenhang mit den bevorstehenden Betriebsratswahlen ist für S***** 'mehr als nur zufällig',

c) S***** werde von der Aufsichtsbehörde der AK im Sozialministerium prüfen lassen, 'ob hier nicht auch strafrechtliche Tatbestände vorliegen',

d) Hier wird ein Mensch öffentlich in ein schlechtes Licht gerückt nach dem Motto: irgendwas wird schon hängenbleiben".

Die Klägerin begehrt weiters die Veröffentlichung des klagestattgebenden Urteils in einer Zeitschrift. Die gegen die Klägerin erhobenen Vorwürfe seien unwahr, ehrenbeleidigend und rufschädigend.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren und wandte im Wesentlichen ein, dass der Beklagte als juristische Person und Dienstgeber nicht für die Äußerungen seines Angestellten hafte. Die Äußerungen seien zum Großteil zulässige Werturteile, überdies wahr und weder ehrenbeleidigend noch rufschädigend.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Es stellte über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch fest, dass der Funktionär des Beklagten Gerhard S. in seiner Funktion nie disziplinär aufgefallen sei und nicht wegen irgendwelcher Äußerungen gemaßregelt habe werden müssen. Die Pressekonferenz sei aus Eigeninitiative des Funktionärs einberufen worden, der hierüber die Organe des Beklagten informiert habe.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass nach § 1330 Abs 2 ABGB derjenige passiv legitimiert sei, der Tatsachen verbreite. Hier habe nicht der Beklagte, sondern sein Angestellter die bekämpften Äußerungen gemacht. Der Beklagte sei weder unmittelbarer Täter noch Mittäter, Anstifter oder Gehilfe. Die oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Repräsentantenhaftung von Medieninhabern sei nicht anwendbar. Ein Dienstgeber könne nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gehilfe in Erfüllung einer Vertragspflicht des Dienstgebers den Schaden zugefügt habe (§ 1313a ABGB) oder der Dienstgeber sich eines habituell untüchtigen oder wissentlich eines gefährlichen Gehilfen bedient habe (§ 1315 ABGB). Derartiges lasse sich nach den Beweisergebnissen jedoch nicht ableiten.In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass nach Paragraph 1330, Absatz 2, ABGB derjenige passiv legitimiert sei, der Tatsachen verbreite. Hier habe nicht der Beklagte, sondern sein Angestellter die bekämpften Äußerungen gemacht. Der Beklagte sei weder unmittelbarer Täter noch Mittäter, Anstifter oder Gehilfe. Die oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Repräsentantenhaftung von Medieninhabern sei nicht anwendbar. Ein Dienstgeber könne nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gehilfe in Erfüllung einer Vertragspflicht des Dienstgebers den Schaden zugefügt habe (Paragraph 1313 a, ABGB) oder der Dienstgeber sich eines habituell untüchtigen oder wissentlich eines gefährlichen Gehilfen bedient habe (Paragraph 1315, ABGB). Derartiges lasse sich nach den Beweisergebnissen jedoch nicht ableiten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es ergänzte den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt noch durch die Wiedergabe eines Zeitschriftenartikels vom 16. 4. 1998 und folgende Feststellungen aus den Statuten und der Geschäftsordnung des Beklagten:

"Nach den Statuten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (Beil ./1) ist der ÖGB eine auf demokratischer, überparteilicher Grundlage aufgebaute und auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung der Arbeitnehmer (§ 1). Dem ÖGB kommt Rechtspersönlichkeit zu (§ 2). Die Vertretung des ÖGB nach außen steht dem Präsidenten, im Verhinderungsfall einem von ihm beauftragten Vizepräsidenten zu (§ 21). Zu den Organen des ÖGB gehören unter anderem die Landesexekutiven (§ 6 Abs 1 lit g). Die Errichtung von Landesexekutiven, ihre Aufgaben und ihr Wirkungsbereich sowie die Wahl und die Beschlussfassungserfordernisse ihrer Ausschüsse werden durch eine vom Bundesvorstand zu beschließende Geschäftsordnung (§ 10b Z 9) geregelt (§ 13). Nach der Geschäftsordnung des ÖGB (Beil ./1) besteht die Landesexekutive aus dem Präsidium sowie weiteren höchstens 25 Mitgliedern (§ 26a). Zu den Aufgaben der Landesexekutive gehört unter anderem die Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Interessenvertretungen im Bundesland (§ 26b)"."Nach den Statuten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (Beil ./1) ist der ÖGB eine auf demokratischer, überparteilicher Grundlage aufgebaute und auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung der Arbeitnehmer (Paragraph eins,). Dem ÖGB kommt Rechtspersönlichkeit zu (Paragraph 2,). Die Vertretung des ÖGB nach außen steht dem Präsidenten, im Verhinderungsfall einem von ihm beauftragten Vizepräsidenten zu (Paragraph 21,). Zu den Organen des ÖGB gehören unter anderem die Landesexekutiven (Paragraph 6, Absatz eins, Litera g,). Die Errichtung von Landesexekutiven, ihre Aufgaben und ihr Wirkungsbereich sowie die Wahl und die Beschlussfassungserfordernisse ihrer Ausschüsse werden durch eine vom Bundesvorstand zu beschließende Geschäftsordnung (Paragraph 10 b, Ziffer 9,) geregelt (Paragraph 13,). Nach der Geschäftsordnung des ÖGB (Beil ./1) besteht die Landesexekutive aus dem Präsidium sowie weiteren höchstens 25 Mitgliedern (Paragraph 26 a,). Zu den Aufgaben der Landesexekutive gehört unter anderem die Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Interessenvertretungen im Bundesland (Paragraph 26 b,)".

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus:

Der Beklagte sei als Verein nach ständiger Rechtsprechung nicht selbst deliktsfähig. Ihm seien aber die Delikte seiner Repräsentanten zuzurechnen. Nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung komme es nicht auf die verfassungsmäßige Berufung zur Vertretung der juristischen Person an. Organ sei jeder Repräsentant, der eine leitende Stellung mit selbständigem Wirkungsbereich habe. Im Bereich des § 1330 ABGB sei die Repräsentantenhaftung für in Medien verbreitete, kreditschädigende Äußerungen bejaht worden, etwa die Haftung des Medieninhabers für Äußerungen des Chefredakteurs. Der Grundsatz gelte auch für politische Parteien mit Rechtspersönlichkeit. Hier sei aber eine Organhaftung des Beklagten zu verneinen. Die Landesexekutiven des Beklagten hätten unter anderem die Aufgabe der Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Interessenvertretungen im Bundesland. Der Beklagte werde aber nach außen vom Präsidenten bzw im Verhinderungsfall vom Vizepräsidenten vertreten. Die Landesexekutiven seien Kollegialorgane mit lokal begrenzten Aufgaben. Es fehle an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass der Funktionär als Organ des Beklagten gehandelt hätte. Die Klägerin habe sich darauf berufen, dass der Funktionär die Pressekonferenz in seiner Funktion als ÖGB-Vorsitzender von Tirol und somit als Vorsitzender der ÖGB-Landesexekutive für Tirol abgehalten habe. Dieses Vorbringen reiche für die Annahme einer Organhaftung des Beklagten jedoch nicht aus. Es sei aber auch eine Repräsentantenhaftung zu verneinen. Auf die Entscheidungen 2 Ob 107/98v, 2 Ob 2416/96z und 2 Ob 2398/96b könne sich die Klägerin nur hinsichtlich des grundsätzlichen Rechtssatzes berufen. Der Grundgedanke, dass jede Vermögensmasse, die den Vorteil des Handelns des "Machthabers" genieße, auch die daraus entstehenden Nachteile zu tragen habe, komme hier deshalb nicht zum Tragen, weil der Machthaber von sich aus und nicht für den Beklagten gehandelt habe. In der Entscheidung 6 Ob 153/97m = SZ 70/150 sei die Repräsentantenhaftung einer politischen Partei für Äußerungen ihres Klubobmanns sowie eines Gemeinderates zu beurteilen gewesen. Der einfache Abgeordnete gehöre nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände zu den leitenden Funktionären. Anders als im vorliegenden Fall sei dort von der politischen Partei zu einem Pressegespräch eingeladen worden, während hier die Pressekonferenz aus Eigeninitiative und ohne Beschluss oder Auftrag des Beklagten einberufen worden sei. Eine juristische Person hafte nur dann für deliktisches Verhalten des Repräsentanten, wenn dies in Ausübung der übertragenen Tätigkeiten geschehe, also ein sachlicher Zusammenhang zwischen der übertragenen Aufgabe und dem Delikt bestehe. Die Stellung des Funktionärs und Angestellten des Beklagten sei keineswegs mit dem Klubobmann einer politischen Partei, sondern eher mit der Stellung eines einfachen Abgeordneten zu vergleichen. Eine leitende oder überwachende Funktion habe die Klägerin nicht behauptet. Sie sei auch nicht aus den Statuten und der Geschäftsführung (gemeint: Geschäftsordnung) des Beklagten zu entnehmen. Das Erstgericht habe zutreffend auch eine Haftung des Beklagten als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in Bezug auf die Äußerungen seines Angestellten und Vorsitzenden der Landesexekutive verneint. Es liege kein Sachverhalt vor, dass der Beklagte die Äußerungen bewusst gefördert und ermöglicht habe. Eine Gehilfenhaftung nach den §§ 1313a und 1315 ABGB sei nicht gegeben.Der Beklagte sei als Verein nach ständiger Rechtsprechung nicht selbst deliktsfähig. Ihm seien aber die Delikte seiner Repräsentanten zuzurechnen. Nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung komme es nicht auf die verfassungsmäßige Berufung zur Vertretung der juristischen Person an. Organ sei jeder Repräsentant, der eine leitende Stellung mit selbständigem Wirkungsbereich habe. Im Bereich des Paragraph 1330, ABGB sei die Repräsentantenhaftung für in Medien verbreitete, kreditschädigende Äußerungen bejaht worden, etwa die Haftung des Medieninhabers für Äußerungen des Chefredakteurs. Der Grundsatz gelte auch für politische Parteien mit Rechtspersönlichkeit. Hier sei aber eine Organhaftung des Beklagten zu verneinen. Die Landesexekutiven des Beklagten hätten unter anderem die Aufgabe der Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Interessenvertretungen im Bundesland. Der Beklagte werde aber nach außen vom Präsidenten bzw im Verhinderungsfall vom Vizepräsidenten vertreten. Die Landesexekutiven seien Kollegialorgane mit lokal begrenzten Aufgaben. Es fehle an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass der Funktionär als Organ des Beklagten gehandelt hätte. Die Klägerin habe sich darauf berufen, dass der Funktionär die Pressekonferenz in seiner Funktion als ÖGB-Vorsitzender von Tirol und somit als Vorsitzender der ÖGB-Landesexekutive für Tirol abgehalten habe. Dieses Vorbringen reiche für die Annahme einer Organhaftung des Beklagten jedoch nicht aus. Es sei aber auch eine Repräsentantenhaftung zu verneinen. Auf die Entscheidungen 2 Ob 107/98v, 2 Ob 2416/96z und 2 Ob 2398/96b könne sich die Klägerin nur hinsichtlich des grundsätzlichen Rechtssatzes berufen. Der Grundgedanke, dass jede Vermögensmasse, die den Vorteil des Handelns des "Machthabers" genieße, auch die daraus entstehenden Nachteile zu tragen habe, komme hier deshalb nicht zum Tragen, weil der Machthaber von sich aus und nicht für den Beklagten gehandelt habe. In der Entscheidung 6 Ob 153/97m = SZ 70/150 sei die Repräsentantenhaftung einer politischen Partei für Äußerungen ihres Klubobmanns sowie eines Gemeinderates zu beurteilen gewesen. Der einfache Abgeordnete gehöre nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände zu den leitenden Funktionären. Anders als im vorliegenden Fall sei dort von der politischen Partei zu einem Pressegespräch eingeladen worden, während hier die Pressekonferenz aus Eigeninitiative und ohne Beschluss oder Auftrag des Beklagten einberufen worden sei. Eine juristische Person hafte nur dann für deliktisches Verhalten des Repräsentanten, wenn dies in Ausübung der übertragenen Tätigkeiten geschehe, also ein sachlicher Zusammenhang zwischen der übertragenen Aufgabe und dem Delikt bestehe. Die Stellung des Funktionärs und Angestellten des Beklagten sei keineswegs mit dem Klubobmann einer politischen Partei, sondern eher mit der Stellung eines einfachen Abgeordneten zu vergleichen. Eine leitende oder überwachende Funktion habe die Klägerin nicht behauptet. Sie sei auch nicht aus den Statuten und der Geschäftsführung (gemeint: Geschäftsordnung) des Beklagten zu entnehmen. Das Erstgericht habe zutreffend auch eine Haftung des Beklagten als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in Bezug auf die Äußerungen seines Angestellten und Vorsitzenden der Landesexekutive verneint. Es liege kein Sachverhalt vor, dass der Beklagte die Äußerungen bewusst gefördert und ermöglicht habe. Eine Gehilfenhaftung nach den Paragraphen 1313 a und 1315 ABGB sei nicht gegeben.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Haftung eines Vereins für ehrenbeleidigende Äußerungen eines nicht vertretungsbefugten Vereinsorgans fehle.

Mit ihrer ordentlichen Revision beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde.

Der Beklagte beantragt mit seiner Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen zur Verfahrensergänzung auch berechtigt.

Seit der in SZ 51/80 = JBl 1980, 482 (mit zustimmender Anmerkung Ostheims) veröffentlichte Entscheidung vertritt der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Lehre die Auffassung, dass juristische Personen deliktisch nicht nur für das Verschulden ihrer Organe, sondern auch für das ihrer Repräsentanten haften. Die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht des Täters ist dabei nicht entscheidend. Repräsentant ist jeder, der eine leitende Stellung mit selbständigem Wirkungsbereich innehat (Koziol, Haftpflichtrecht II2 377; Posch in Schwimann ABGB2 Rz 34 zu § 26 mwN; SZ 57/77; SZ 60/49;Seit der in SZ 51/80 = JBl 1980, 482 (mit zustimmender Anmerkung Ostheims) veröffentlichte Entscheidung vertritt der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Lehre die Auffassung, dass juristische Personen deliktisch nicht nur für das Verschulden ihrer Organe, sondern auch für das ihrer Repräsentanten haften. Die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht des Täters ist dabei nicht entscheidend. Repräsentant ist jeder, der eine leitende Stellung mit selbständigem Wirkungsbereich innehat (Koziol, Haftpflichtrecht II2 377; Posch in Schwimann ABGB2 Rz 34 zu Paragraph 26, mwN; SZ 57/77; SZ 60/49;

SZ 63/217; 2 Ob 2416/96z uva). Die juristische Person haftet nach diesen Grundsätzen auch für Eingriffe ihrer leitenden Funktionäre in das absolut geschützte Rechtsgut der Ehre (SZ 64/36; SZ 70/150 mwN;

Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz 56). Das Berufungsgericht zitiert richtig die Lehrmeinungen und die Vorjudikatur zum gestellten Thema. Danach kann eine leitende Stellung des Landessekretärs und Vorsitzenden der Landesexekutive nicht schon wegen fehlender Vertretungsmacht nach außen verneint werden. Dass gemäß § 21 Abs 1 der Statuten des Beklagten nur dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten die Vertretungsbefugnis zukommt, ist für die Frage der Qualifizierung als Organ von Bedeutung. Die Frage nach der leitenden Funktion ist damit noch nicht beantwortet. Im Ergebnis stellt das Berufungsgericht aber auch bei der Verneinung einer leitenden Stellung des Landessekretärs und Vorsitzenden der Landesexekutive wiederum auf die fehlende Stellung eines Machthabers ab und rückt in den Vordergrund, dass der Funktionär die Pressekonferenz "aus eigenem Antrieb" und ohne Beschluss oder Auftrag von Organen des Beklagten einberufen habe. Wenn es dabei einen sachlichen Zusammenhang zwischen den dem Funktionär übertragenen Aufgaben und dem Delikt verneint und von einer ausschließlich privaten Initiative ausgeht, "um für einen befreundeten Betriebsratsvorsitzenden Partei zu ergreifen", vernachlässigt das Berufungsgericht den von der Revisionswerberin relevierten, vom Erstgericht auch festgestellten äußeren Umstand, dass die Einladung zur Pressekonferenz vom Funktionär als "ÖGB-Vorsitzender" ausgesprochen worden war und dass das auf der Pressekonferenz behandelte, in der Einladung angeführte Thema durchaus ein solches war, das mit den in den Statuten und der Geschäftsordnung des Beklagten vorgesehenen Aufgaben des Organs des Beklagten, d.i. die Landesexekutive, in Zusammenhang stand. Sachgrundlage der Pressekonferenz war ein Konflikt zwischen der Kammer für Arbeiter und Angestellte und dem Beklagten auf der Ebene seiner Landesorganisation, nichts Anderes sind die nach territorialen Gesichtspunkten (nach Bundesländern) eingerichteten Landesexekutiven. Zu den Aufgaben der Landesexekutive gehören nach § 26b der Geschäftsordnung des Beklagten ua die Analyse von Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft, die Vertretung der Ziele des Gewerkschaftsbundes gegenüber dem Landtag und der Landesregierung (Z 1 und 2 der Geschäftsordnung) und die Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Interessenvertretungen, also auch mit der Kammer für Arbeiter und Angestellte. Die Geschäftsführung der Landesexekutive besorgt der Landessekretär des Gewerkschaftsbundes (§ 26c Abs 1 der Geschäftsordnung). Die Landesexekutive ist ein Kollegialorgan (§ 26a der Geschäftsordnung) des Beklagten. Der beim Beklagten angestellte Funktionär war Vorsitzender dieses Organs. Seine leitende Stellung ergibt sich zumindest prima facie schon aus dieser Funktion, die als Organstellung im Kollegialorgan bezeichnet werden kann, das nach außen nur durch einen Vertreter handeln kann. Ob und wie weit Handlungen des Vorsitzenden von einem Beschluss des Kollegialorgans gedeckt sind, ist eine materiellrechtliche Frage, die für die Qualifikation der Stellung als leitender oder nicht leitender Funktionär nicht entscheidend ist. Für die Bejahung einer leitenden, weitgehend selbständigen Funktion des Vorsitzenden im Bereich der Aufgaben der Landesexekutive spricht jedenfalls der vom Beklagten konkret gar nicht bezweifelte Umstand, dass der Vorsitzende einer Landesexekutive für diese Erklärungen abgeben kann. Gegenteiliges hätte der Beklagte hier jedenfalls zu behaupten gehabt, weil eine Vertretungsbefugnis schon aus dem Grund anzunehmen ist, dass der Beklagte über die Einberufung der Pressekonferenz informiert worden war und dagegen keine Einwände erhob und weder Auflagen noch Aufträge erteilte. Dem Funktionär wurde also ein selbständiger Wirkungsbereich eingeräumt, der sich auch mit den Aufgaben des Organs des Beklagten, der Landesexekutive, deckt. Der vom Berufungsgericht vermisste Sachzusammenhang zwischen dem Aufgabenbereich und dem behaupteten Delikt liegt vor. Der Kontroverse mit der Kammer für Arbeiter und Angestellte lag eine Revision eines Betriebsratsfonds eines Verkehrsbetriebes zugrunde. Ein solcher Streit trübt zwangsläufig die im Aufgabenbereich der Landesexekutive liegende Zusammenarbeit des Beklagten mit der gesetzlichen Interessenvertretung. Zu dem allgemein umschriebenen Aufgabenbereich der "Zusammenarbeit" gehört es aber auch noch, wenn eine Seite den Weg in die öffentliche Diskussion sucht und damit ein Druckmittel für die künftige Zusammenarbeit ausübt. Der Beklagte und ihm folgend das Berufungsgericht gehen ohne triftige Begründung von diesem Konnex ab, reduzieren die Pressekonferenz auf eine reine Privatsache und vernachlässigen die Funktion des Funktionärs als Vorsitzender eines Organs des Beklagten.Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz 56). Das Berufungsgericht zitiert richtig die Lehrmeinungen und die Vorjudikatur zum gestellten Thema. Danach kann eine leitende Stellung des Landessekretärs und Vorsitzenden der Landesexekutive nicht schon wegen fehlender Vertretungsmacht nach außen verneint werden. Dass gemäß Paragraph 21, Absatz eins, der Statuten des Beklagten nur dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten die Vertretungsbefugnis zukommt, ist für die Frage der Qualifizierung als Organ von Bedeutung. Die Frage nach der leitenden Funktion ist damit noch nicht beantwortet. Im Ergebnis stellt das Berufungsgericht aber auch bei der Verneinung einer leitenden Stellung des Landessekretärs und Vorsitzenden der Landesexekutive wiederum auf die fehlende Stellung eines Machthabers ab und rückt in den Vordergrund, dass der Funktionär die Pressekonferenz "aus eigenem Antrieb" und ohne Beschluss oder Auftrag von Organen des Beklagten einberufen habe. Wenn es dabei einen sachlichen Zusammenhang zwischen den dem Funktionär übertragenen Aufgaben und dem Delikt verneint und von einer ausschließlich privaten Initiative ausgeht, "um für einen befreundeten Betriebsratsvorsitzenden Partei zu ergreifen", vernachlässigt das Berufungsgericht den von der Revisionswerberin relevierten, vom Erstgericht auch festgestellten äußeren Umstand, dass die Einladung zur Pressekonferenz vom Funktionär als "ÖGB-Vorsitzender" ausgesprochen worden war und dass das auf der Pressekonferenz behandelte, in der Einladung angeführte Thema durchaus ein solches war, das mit den in den Statuten und der Geschäftsordnung des Beklagten vorgesehenen Aufgaben des Organs des Beklagten, d.i. die Landesexekutive, in Zusammenhang stand. Sachgrundlage der Pressekonferenz war ein Konflikt zwischen der Kammer für Arbeiter und Angestellte und dem Beklagten auf der Ebene seiner Landesorganisation, nichts Anderes sind die nach territorialen Gesichtspunkten (nach Bundesländern) eingerichteten Landesexekutiven. Zu den Aufgaben der Landesexekutive gehören nach Paragraph 26 b, der Geschäftsordnung des Beklagten ua die Analyse von Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft, die Vertretung der Ziele des Gewerkschaftsbundes gegenüber dem Landtag und der Landesregierung (Ziffer eins und 2 der Geschäftsordnung) und die Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Interessenvertretungen, also auch mit der Kammer für Arbeiter und Angestellte. Die Geschäftsführung der Landesexekutive besorgt der Landessekretär des Gewerkschaftsbundes (Paragraph 26 c, Absatz eins, der Geschäftsordnung). Die Landesexekutive ist ein Kollegialorgan (Paragraph 26 a, der Geschäftsordnung) des Beklagten. Der beim Beklagten angestellte Funktionär war Vorsitzender dieses Organs. Seine leitende Stellung ergibt sich zumindest prima facie schon aus dieser Funktion, die als Organstellung im Kollegialorgan bezeichnet werden kann, das nach außen nur durch einen Vertreter handeln kann. Ob und wie weit Handlungen des Vorsitzenden von einem Beschluss des Kollegialorgans gedeckt sind, ist eine materiellrechtliche Frage, die für die Qualifikation der Stellung als leitender oder nicht leitender Funktionär nicht entscheidend ist. Für die Bejahung einer leitenden, weitgehend selbständigen Funktion des Vorsitzenden im Bereich der Aufgaben der Landesexekutive spricht jedenfalls der vom Beklagten konkret gar nicht bezweifelte Umstand, dass der Vorsitzende einer Landesexekutive für diese Erklärungen abgeben kann. Gegenteiliges hätte der Beklagte hier jedenfalls zu behaupten gehabt, weil eine Vertretungsbefugnis schon aus dem Grund anzunehmen ist, dass der Beklagte über die Einberufung der Pressekonferenz informiert worden war und dagegen keine Einwände erhob und weder Auflagen noch Aufträge erteilte. Dem Funktionär wurde also ein selbständiger Wirkungsbereich eingeräumt, der sich auch mit den Aufgaben des Organs des Beklagten, der Landesexekutive, deckt. Der vom Berufungsgericht vermisste Sachzusammenhang zwischen dem Aufgabenbereich und dem behaupteten Delikt liegt vor. Der Kontroverse mit der Kammer für Arbeiter und Angestellte lag eine Revision eines Betriebsratsfonds eines Verkehrsbetriebes zugrunde. Ein solcher Streit trübt zwangsläufig die im Aufgabenbereich der Landesexekutive liegende Zusammenarbeit des Beklagten mit der gesetzlichen Interessenvertretung. Zu dem allgemein umschriebenen Aufgabenbereich der "Zusammenarbeit" gehört es aber auch noch, wenn eine Seite den Weg in die öffentliche Diskussion sucht und damit ein Druckmittel für die künftige Zusammenarbeit ausübt. Der Beklagte und ihm folgend das Berufungsgericht gehen ohne triftige Begründung von diesem Konnex ab, reduzieren die Pressekonferenz auf eine reine Privatsache und vernachlässigen die Funktion des Funktionärs als Vorsitzender eines Organs des Beklagten.

An der Bejahung der leitenden Stellung des Gewerkschaftsfunktionärs vermag auch der Hinweis auf die Entscheidung SZ 70/150 nichts zu ändern. Dort ging es um die Frage, ob eine politische Partei für Äußerungen eines Abgeordneten haftet. Dies wurde nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, die für einen selbständigen Wirkungsbereich sprechen (beispielsweise bei einem "Ressortsprecher") bejaht. Davon unterscheidet sich die Stellung des hier zu beurteilenden Gewerkschaftsfunktionärs schon deshalb, weil dieser - anders als der freie Abgeordnete - einen aus der Geschäftsordnung des Beklagten abzuleitenden Aufgabenbereich als Vorsitzender eines Organs hat und ihm die Befugnis zur Information der Öffentlichkeit über Gewerkschaftsthemen schon durch die Gliederung der Landesexekutiven nach Bundesländern generell und weiters auch konkret durch schlüssige Zustimmung zur Pressekonferenz in einem dem Beklagten gehörigen Haus eingeräumt wurde. Infolge Bejahung der leitenden Stellung des Gewerkschaftsfunktionärs muss auf die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichtes zur Gehilfenhaftung nicht mehr eingegangen werden.

Im zweiten Rechtsgang wird über das Klagebegehren unter Beachtung der grundsätzlichen Haftung des Beklagten für die Äußerungen seines Funktionärs zu entscheiden sein. Die bisher getroffenen Feststellungen reichen für eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht aus.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E60167 06A02490

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0060OB00249.00M.1123.000

Dokumentnummer

JJT_20001123_OGH0002_0060OB00249_00M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten