TE OGH 2001/5/9 9ObA39/01b

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Veröffentlicht am 09.05.2001
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Wolfgang Stelzmüller und KAD Mag. Dr. Jörg Krainhöfner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Markus K*****, Pilot, *****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei T*****AG, *****, vertreten durch Dr. Gottfried Zandl und Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 422.000,- sA (Revisionsinteresse S 278.727,- sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. November 2000, GZ 15 Ra 110/00i-14, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. Juli 2000, GZ 16 Cga 23/00p-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger wurde im Juni 1992 auf die von der Beklagten gebotene Möglichkeit der Pilotenausbildung aufmerksam. Nachdem er die von der Beklagten durchgeführte Selektion erfolgreich absolviert hatte, schloss er mit der Beklagten einen als "Ausbildungsvertrag" bezeichneten Vertrag ab. Dieser Vertrag, in dem die Beklagte, die eine Fluglinie betreibt, als "VO" bezeichnet wird, hat ua. folgenden Wortlaut:

"1) Die Ausbildung beginnt am 6. 1. 1993 und endet automatisch nach Abschluss der Ausbildung.

2) VO veranstaltet in Zusammenarbeit mit Flight Safety und anderen beginnend mit 6. 1. 1993 einen Ausbildungskurs zum Erwerb des allgemeinen Funkerzeugnisses, des Privatpilotenscheins sowie des Berufspilotenscheins mit Instrumentenflugberechtigung und theoretischer Linienpilotenlizenz.

3) Der Pilotenschüler stellt sich VO für die Ausbildung zum

Linienpiloten zur Verfügung ...........

4) Der Kostenbeitrag des Pilotenschülers zu den Ausbildungskosten

beträgt für die in Pkt. 1 genannte Ausbildung öS 560.000,-. Zur

Bezahlung dieses Betrages wird der Pilotenschüler vor Beginn der

Ausbildung öS 180.000,- auf das Konto der VO ...... einzahlen und

einen Gehaltsvorschuss in Höhe von öS 380.000,- aufnehmen.

Im gesamten Betrag sind folgende Leistungen enthalten:

a) die Ausbildung zum Linienpiloten

b) die Kosten der Reise sowie Verpflegung und Unterkunft in den USA

c) USD 800,- als Beitrag für ein Auto in den USA

d) Krankenversicherung für den Zeitraum des USA-Aufenthalts

e) Gehalt für die Dauer der Ausbildung mit monatlich öS 5.000,-

brutto.

Diese Beträge beinhalten keine MWSt.

Der von VO gewährte Gehaltsvorschuss an den Pilotenschüler zur Berufspilotenausbildung ist vom Pilotenschüler wie folgt zurückzuzahlen:

a) Bei Nichterreichen des Ausbildungszieles erfolgt die Rückzahlung des den Eigenanteil (öS 180.000,-) übersteigenden Betrages mit der kommerziellen Nutzung der Ausbildung.

b) Erreicht der Pilotenschüler das Ausbildungsziel und VO bietet ihm keine Anstellung an, so werden die den Eigenanteil übersteigenden Kosten erst bei kommerzieller Nutzung der Ausbildung fällig.

c) Nimmt der Pilotenschüler ein von VO angebotenes Dienstverhältnis nicht an oder wird er von VO gemäß § 27 AngG entlassen, so wird die Rückzahlung des Gehaltsvorschusses sofort fällig.c) Nimmt der Pilotenschüler ein von VO angebotenes Dienstverhältnis nicht an oder wird er von VO gemäß Paragraph 27, AngG entlassen, so wird die Rückzahlung des Gehaltsvorschusses sofort fällig.

d) Wird der Pilotenschüler durch VO gekündigt, so erfolgt die Rückzahlung des restlichen Gehaltsvorschusses bei kommerzieller Nutzung der Ausbildung.

e) Bricht der Pilotenschüler die Ausbildung ab oder wird er aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat (z.B. aus disziplinären Gründen oder Verstoß gegen die Sicherheit im Flugbetrieb etc.) von der weiteren Ausbildung ausgeschlossen, so ist der den Eigenanteil übersteigende Betrag sofort fällig.

5) Der Pilotenschüler verpflichtet sich, den oben bezifferten Gehaltsvorschuss beginnend mit der Anstellung als Copilot in monatlichen Raten von öS 3.000,- in den ersten zwei Jahren und hernach mit öS 6.000,- monatlich zurückzuzahlen.

6) Aus der Teilnahme an dem Kurs und aus dem Erlangen der Berechtigung gemäß Pkt 1) erwächst dem Pilotenschüler kein Recht auf Übernahme in ein Dienstverhältnis zur VO oder auf Beschäftigung als Flugzeugführer. VO behalten sich vor, nur den geeignet erscheinenden Kursteilnehmern einen Dienstvertrag nach dem KV anzubieten.

......"

Der Kläger absolvierte die Ausbildung im vereinbarten Umfang vom 6. 1. 1993 bis Ende Dezember 1993, und zwar in den ersten 6 Monaten in den USA. Während des Ausbildungsjahres erhielt er von der Beklagten S 5000,- monatlich an Taschengeld. Er hatte während der Ausbildung keinerlei Pflichten gegenüber der Beklagten; Kontakte bestanden nur in Form von durch die Flugschule regelmäßig der Beklagten übermittelten Berichten über den Fortbildungsstand. Nach dem Erwerb der amerikanischen Fluglizenz absolvierte der Kläger in Österreich weitere Kurse, um die in Österreich geforderten Voraussetzungen zu erfüllen. Mit dieser allgemeinen Ausbildung erlangte der Kläger den Privatpilotenschein, den Berufspilotenschein und den Linienflugschein (von dieser allgemeinen Ausbildung ist die Typeneinschulung [Typerating] zu unterscheiden, die der Kläger später absolvierte und die auch die "fertigen Piloten", die von der Beklagten angestellt werden, absolvieren müssen).

Die Ausbildungskosten für den Kläger betrugen insgesamt S 560.000, wobei etwa 2/3 dieser Kosten für die Flugschule in den USA zu veranschlagen sind. Die Aufbringung dieser Kosten erfolgte wie im Ausbildungsvertrag vereinbart.

Nach der Beendigung der Ausbildung Ende 1993 wurde dem Kläger von der Beklagten mitgeteilt, dass momentan mangels Bedarfes keine Piloten eingestellt werden könnten. Vom 1. 1. 1994 bis 22. 5. 1994 war der Kläger daher nicht bei der Beklagten beschäftigt. Vom 23. 5. bis 31. 7. 1994 war er als Dispatch-Gehilfe tätig. Ab 1. 8. 1994 bis zum Beginn des Abeitsverhältnisses als Pilot am 21. 9. 1994 absolvierte der Kläger die sog. Typerating-Ausbildung auf der Dash 8. Das Arbeitsverhältnis dauerte bis 29. 6. 1999 und endete durch Austritt des Klägers. Nach seinem Austritt begann er als Pilot bei der Lufthansa zu arbeiten.

Der Kläger hat insgesamt S 450.000,- an Ausbildungskosten gezahlt, und zwar den Eigenanteil von S 180.000,- und weitere S 270.000,- in monatlichen Raten nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses.

Der Kläger begehrt von der Beklagten S 422.000,- sA. Wenn auch die Ausbildungskosten der Höhe nach angemessen seien, sei es unzulässig und sittenwidrig, dass die Beklagte zweifach Nutzen ziehe, indem sie den Kläger über 6 Jahre an das Unternehmen binde und die Vorteile aus der Ausbildung ziehe, sich andererseits aber die gesamten Ausbildungskosten refundieren lasse. Dadurch komme es zu einer groben Benachteiligung und wirtschaftlichen Überbelastung des finanziell schlechtergestellten Arbeitnehmers. Es sei daher eine Amortisationsrechnung anzustellen, der in Analogie zu § 13 des anzuwendenden Kollektivvertrags eine fünfjährige Amortisationszeit zugrunde zu legen sei. Daraus errechne sich letztlich (siehe im Detail die Ausführungen in der Klage) ein Rückforderungsanspruch des Klägers in der Höhe des Klagebetrages.Der Kläger begehrt von der Beklagten S 422.000,- sA. Wenn auch die Ausbildungskosten der Höhe nach angemessen seien, sei es unzulässig und sittenwidrig, dass die Beklagte zweifach Nutzen ziehe, indem sie den Kläger über 6 Jahre an das Unternehmen binde und die Vorteile aus der Ausbildung ziehe, sich andererseits aber die gesamten Ausbildungskosten refundieren lasse. Dadurch komme es zu einer groben Benachteiligung und wirtschaftlichen Überbelastung des finanziell schlechtergestellten Arbeitnehmers. Es sei daher eine Amortisationsrechnung anzustellen, der in Analogie zu Paragraph 13, des anzuwendenden Kollektivvertrags eine fünfjährige Amortisationszeit zugrunde zu legen sei. Daraus errechne sich letztlich (siehe im Detail die Ausführungen in der Klage) ein Rückforderungsanspruch des Klägers in der Höhe des Klagebetrages.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Auf Grund diverser rechtlicher Bestimmungen stelle sie nur "fertige" Linienpiloten ein, die aber auch sofort das für einen Berufs-Copiloten festgesetzte Entgelt erhielten. Weil sich nur wenige junge Leute die kostspielige Ausbildung leisten könnten, habe sie das Modell der teilweisen Vorfinanzierung angeboten. Der Ausbildungsvertrag entspreche in Wahrheit einem zinsenlosen Darlehen mit Fälligkeitsregeln zur Rückzahlung, die von der Art der Beendigung der Ausbildung bzw. eines allenfalls anschließenden Dienstverhältnisses weitgehend unabhängig geregelt seien. Der Vertrag normiere keine einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis entsprechende Pflichten, keine Mindestverpflichtungsdauer und auch keine Verpflichtung, ein Dienstverhältnis mit der Beklagten einzugehen. Die Grundsätze über die Rückzahlung von Ausbildungskosten seien daher nicht anwendbar.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von S 278.727,- sA statt und wies das Mehrbegehren ab.

Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Ausbildungsvertrag nach seinem Inhalt im Hinblick auf den später abzuschließenden Pilotenanstellungsvertrag abgeschlossen worden sei. Betriebswirtschaftliche Nachteile der Beklagten seien nicht behauptet worden. Der Abschluss des Ausbildungsvertrages sei für den Kläger die einzige Möglichkeit gewesen, später einen Dienstvertrag mit der Beklagten abzuschließen. Wertungsmäßig bestehe kein Unterschied zur Situation der Ausbildung eines Arbeitnehmers während eines aufrechten Arbeitsverhältnisses und den dort zulässigen Rückzahlungsverpflichtungen von Ausbildungskosten. Nach den von der Judikatur dazu entwickelten Grundsätzen verstoße die im Ausbildungsvertrag enthaltene Rückzahlungsverpflichtung gegen die guten Sitten und sei iS des § 879 ABGB teilnichtig. Die Rückzahlungsverpflichtung sei auf den nicht sittenwidrigen Umfang einzugrenzen. Mit Ausnahme des Taschengeldes - hier fehle es an einer synallagmatischen Beziehung zwischen Arbeit und Entgelt - seien alle anderen Kosten rückersatzfähige Ausbildungskosten. Der Amortisationszeitraum sei in Anlehnung an 8 ObA 211/94 mit 9 Jahren anzunehmen, sodass sich letztlich (siehe im Detail S 13 u. 14 des Ersturteils) der zugesprochene Betrag errechne.Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Ausbildungsvertrag nach seinem Inhalt im Hinblick auf den später abzuschließenden Pilotenanstellungsvertrag abgeschlossen worden sei. Betriebswirtschaftliche Nachteile der Beklagten seien nicht behauptet worden. Der Abschluss des Ausbildungsvertrages sei für den Kläger die einzige Möglichkeit gewesen, später einen Dienstvertrag mit der Beklagten abzuschließen. Wertungsmäßig bestehe kein Unterschied zur Situation der Ausbildung eines Arbeitnehmers während eines aufrechten Arbeitsverhältnisses und den dort zulässigen Rückzahlungsverpflichtungen von Ausbildungskosten. Nach den von der Judikatur dazu entwickelten Grundsätzen verstoße die im Ausbildungsvertrag enthaltene Rückzahlungsverpflichtung gegen die guten Sitten und sei iS des Paragraph 879, ABGB teilnichtig. Die Rückzahlungsverpflichtung sei auf den nicht sittenwidrigen Umfang einzugrenzen. Mit Ausnahme des Taschengeldes - hier fehle es an einer synallagmatischen Beziehung zwischen Arbeit und Entgelt - seien alle anderen Kosten rückersatzfähige Ausbildungskosten. Der Amortisationszeitraum sei in Anlehnung an 8 ObA 211/94 mit 9 Jahren anzunehmen, sodass sich letztlich (siehe im Detail S 13 u. 14 des Ersturteils) der zugesprochene Betrag errechne.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Es vertrat folgende Rechtsauffassung:

Für die Rückforderung der vom Kläger selbst getragenen S 180.000,-

komme als Rechtsgrund nur Bereicherungsrecht, und zwar § 1435 ABGB, in Frage. Danach bestehe aber kein Anspruch des Klägers, weil der von ihm mit der Leistung angestrebte Zweck erreicht worden sei.komme als Rechtsgrund nur Bereicherungsrecht, und zwar Paragraph 1435, ABGB, in Frage. Danach bestehe aber kein Anspruch des Klägers, weil der von ihm mit der Leistung angestrebte Zweck erreicht worden sei.

Im Übrigen könne entgegen der Auffassung des Erstgerichtes nicht von einer wertungsmäßigen Einheit des Ausbildungsvertrages und des erst Monate später abgeschlossenen Dienstvertrages ausgegangen werden. Es habe auch keinerlei Anspruch auf Abschluss eines Dienstvertrages bestanden. Das durch den Ausbildungsvertrag begründete Rechtsverhältnis sei als Ausbildungsvertrag zu qualifizieren. Dass ein solcher Vertrag unentgeltlich sein müsse, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr sei zu prüfen, ob der Vertrag wegen einer groben Verletzung rechtlich geschützter Interessen des Auszubildenden sittenwidrig sei. Umstände, die für eine Sittenwidrigkeit des Vertrages sprechen könnten, seien aber hier nicht gegeben. Letztlich gehe es um den Abschluss eines entgeltlichen Ausbildungsvertrages einerseits und um die Festlegung bestimmter Fälligkeiten des von einem Vertragspartner für den anderen aufgewendeten Betrags. Dies sei aber auch Gegenstand jedes beliebigen Kredit- oder Darlehensvertrages und könne auch in der Verknüpfung mit einem Ausbildungsvertrag keine einseitige Benachteiligung des Klägers bedeuten. Auch das "Taschengeld" könne der Kläger nicht zurückfordern, zumal es sich dabei um Lohnkosten handle, die - wenn die Ausbildung zu keiner Verwendung für den Arbeitgeber führe - von Letzterem zurückgefordert werden könnten.

Die Revision sei zulässig, weil es an gesicherter Rechtsprechung zur hier zu beurteilenden Konstellation fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, hat sich die Rechtsprechung zum Fragenkomplex "Ausbildungskosten" vor allem mit der Frage auseinandergesetzt, ob Vereinbarungen zulässig und wirksam sind, nach denen der Arbeitnehmer die Kosten einer ihm zunächst grundsätzlich unentgeltlich zugesicherten Ausbildung nachträglich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (in aller Regel bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf einer bestimmten Zeit) zurückzahlen muss. Solche Vereinbarungen werden unter der Voraussetzung als wirksam anerkannt, dass dadurch das dem Arbeitnehmer zustehende Kündigungsrecht nicht unzumutbar beschränkt wird und kein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt. Ein Verstoß gegen die guten Sitten wird dann angenommen, wenn die Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt, so etwa wenn dem Ausgebildeten das alleinige und beachtliche finanzielle Risiko der Ausbildung aufgebürdet wird oder wenn die Erfüllung der Verpflichtung eine unverhältnismäßig große Belastung bedeutet (SZ 45/122; SZ 58/189; RdW 1988, 429; RdW 1998, 97; zuletzt 8 ObA 144/00k).

Der hier zu beurteilende Fall unterscheidet sich jedoch von den

dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Sachverhalten in mehrfacher

Hinsicht. Zum einen bestand zwischen den Streitteilen zum Zeitpunkt

des Abschlusses der Vereinbarung kein Arbeitsverhältnis; vor allem

aber - und das macht eine der Besonderheiten der hier zu

beurteilenden Vereinbarung aus - wurde in der Ausbildungsvereinbarung

für keine der Parteien eine Verpflichtung begründet, mit dem

Kontrahenten nach Abschluss der Ausbildung einen Arbeitsvertrag abzuschließen. Dazu tritt die weitere Besonderheit, dass zwischen den Parteien von vornherein die Entgeltlichkeit der Ausbildung vereinbart wurde und auf den weiteren Ablauf des Geschehens nur durch die Vereinbarung unterschiedliche Fälligkeitstermine für die Rückzahlung der vorfinanzierten Kosten Bedacht genommen wurde.

Dusak (ZAS 1987, 126; Besprechung zu 4 Ob 124/85) vertritt die Auffassung, dass Vereinbarungen, mit denen sich der Ausbildungswerber vor Abschluss eines Arbeitsvertrages verpflichtet, nach Ende der Ausbildung mit dem Ausbilder ein Arbeitsverhältnis einzugehen und einige Zeit aufrechtzuerhalten, widrigenfalls er die Kosten der Ausbildung rückerstatten muss, nur unter dem Blickwinkel einer allfälligen Sittenwidrigkeit überprüft werden könnten. Die Vereinbarung einer unentgeltlichen Ausbildung für den Fall, dass der Ausgebildete nach Abschluss der Ausbildung zB drei Jahre bei dem betreffenden Arbeitgeber arbeite, widrigenfalls er die Kosten der Ausbildung zu ersetzen habe, rechtfertige für sich allein noch nicht die Annahme einer Sittenwidrigkeit. Verzichte nämlich der Auszubildende nur zeitweilig auf die freie Wahl seines Dienstplatzes und erlange er dadurch den Vorteil einer kostenlosen Ausbildung, könne nicht von einer groben Verletzung rechtlich geschützter Interessen gesprochen werden. Dazu verweist Dusak auf die Entscheidung Arb 8622.

Dem tritt Resch (Klauseln über Ausbildungskostenrückersatz, DRdA 1993, 8ff [16]) insofern entgegen, als er meint, dass spätestens ab dem nachfolgenden Arbeitsvertragsabschluss auch die vorher vereinbarte Klausel an § 1158 ABGB und § 20 AngG zu messen sei, sofern die Klausel auf das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers in diesem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt Bezug nehme. Durch die Wahl des Zeitpunktes des Abschlusses der Rückersatzvereinbarung könnten diese arbeitsrechtlichen Schutznormen nicht umgangen werden.Dem tritt Resch (Klauseln über Ausbildungskostenrückersatz, DRdA 1993, 8ff [16]) insofern entgegen, als er meint, dass spätestens ab dem nachfolgenden Arbeitsvertragsabschluss auch die vorher vereinbarte Klausel an Paragraph 1158, ABGB und Paragraph 20, AngG zu messen sei, sofern die Klausel auf das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers in diesem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt Bezug nehme. Durch die Wahl des Zeitpunktes des Abschlusses der Rückersatzvereinbarung könnten diese arbeitsrechtlichen Schutznormen nicht umgangen werden.

Löschnigg/Kern (Rückerstattung von EDV-Ausbildungskosten; EDVuR 1986 H 2 S 18ff), setzen sich an Hand der Entscheidung SozM I E 107 (= Arb 9163) ausführlich mit Vereinbarungen über die Rückzahlungen von Ausbildungskosten im Vorfeld eines Arbeitsverhältnisses auseinander und halten solche Vereinbarungen jedenfalls dann für unbedenklich, wenn der Ausbildungswerber zwar für eine gewisse Dauer gebunden wird, dieser Einschränkung aber eine Vergrößerung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt gegenübersteht. Gleichgültig, ob sie in einer selbständigen schuldrechtlichen Vereinbarung oder in einem Ausbildungsvertrag integriert seien, seien sie nach den Kriterien des § 879 ABGB zu beurteilen. Nichtigkeit sei daher nur dann anzunehmen, wenn eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen vorliege, d. h. wenn die Interessen und Rechte des Ausbildners in einem groben Missverhältnis zu den Interessen des Auszubildenden stünden. Absolut unzulässig sei eine Rückzahlungsklausel jedoch dann, wenn entsprechende gesetzliche Bestimmungen eine Ausbildungspflicht festlegten.Löschnigg/Kern (Rückerstattung von EDV-Ausbildungskosten; EDVuR 1986 H 2 S 18ff), setzen sich an Hand der Entscheidung SozM römisch eins E 107 (= Arb 9163) ausführlich mit Vereinbarungen über die Rückzahlungen von Ausbildungskosten im Vorfeld eines Arbeitsverhältnisses auseinander und halten solche Vereinbarungen jedenfalls dann für unbedenklich, wenn der Ausbildungswerber zwar für eine gewisse Dauer gebunden wird, dieser Einschränkung aber eine Vergrößerung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt gegenübersteht. Gleichgültig, ob sie in einer selbständigen schuldrechtlichen Vereinbarung oder in einem Ausbildungsvertrag integriert seien, seien sie nach den Kriterien des Paragraph 879, ABGB zu beurteilen. Nichtigkeit sei daher nur dann anzunehmen, wenn eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen vorliege, d. h. wenn die Interessen und Rechte des Ausbildners in einem groben Missverhältnis zu den Interessen des Auszubildenden stünden. Absolut unzulässig sei eine Rückzahlungsklausel jedoch dann, wenn entsprechende gesetzliche Bestimmungen eine Ausbildungspflicht festlegten.

Auch Resch (aaO, 10) hält generell Rückzahlungsklauseln für unzulässig, soweit gesetzliche Bestimmungen eine Ausbildungspflicht festlegen.

Dieser zuletzt genannte Gedanke findet sich auch in der Entscheidung 8 ObA 144/00k, in der der Oberste Gerichtshof eine vor Abschluss eines Dienstvertrages getroffene Vereinbarung zwischen einem Bundesland und einem an einer Krankenpflegschule Auszubildenden zu beurteilen hatte, wobei sich der Auszubildende verpflichtet hatte, die vom Land gezahlten Ausbildungskosten zurückzuzahlen, wenn er im Anschluss an den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung den erlernten Beruf nicht während eines Zeitraums von mindestens drei Jahren im Land ausübe. Eine Verpflichtung, mit dem Auszubildenden ein Arbeitsverhältnis zu begründen, hatte das Land jedoch nicht übernommen. Der Oberste Gerichtshof erachtete die Rückzahlungsverpflichtung als unzulässig. Er wies darauf hin, dass nach den Intentionen des Bundesgesetzgebers der Besuch einer Krankenpflegeschule für österreichische Staatsbürger kostenlos sein sollte; dies könne nicht durch eine Vereinbarung umgangen werden, mit der der Auszubildende zu einer an das Bundesland gebundenen Berufsausübung verhalten werde, ohne dass er wisse, ob, wo und in welchem Bereich im Bundesland er überhaupt eine freie Stelle finden werde. Das Risiko der Ausbildung sei daher nach der Vereinbarung vom Auszubildenden allein zu tragen, sodass sie als sittenwidrig anzusehen sei.

Wie bereits ausgeführt, ist - anders als in den bisher erörterten Konstellationen - hier nicht eine Vereinbarung zu beurteilen, nach der die Kosten einer zunächst als unentgeltlich zugesicherten Ausbildung unter bestimmten Voraussetzungen zurückzuzahlen sind. Vielmehr wurde von vornherein die Entgeltlichkeit der Ausbildung vereinbart und nur die Fälligkeit des vorfinanzierten Rückzahlungsbetrages von bestimmten Entwicklungen abhängig gemacht. Daher ist primär festzuhalten, dass eine gesetzliche Verpflichtung der Beklagten, den Kläger auszubilden, nicht einmal behauptet und vom Berufungsgericht unbekämpft verneint wurde. Auf den Versuch der Beklagten, eine sie treffende Ausbildungsverpflichtung zu umgehen, kann daher das Klagebegehren nicht gestützt werden.

Wenn überhaupt, könnte daher als möglicher Rechtsgrund für das Klagebegehren nur die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung in Betracht kommen, die sich im Hinblick auf den zwar nicht bindend vereinbarten aber doch offenbar von den Parteien intendierten Zusammenhang mit dem nach der Ausbildung abzuschließenden Arbeitsvertrag aus der konkreten Ausgestaltung der Vereinbarung ergeben könnte. Eine für eine solche Wertung erforderliche grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen des Klägers durch einseitige Betonung der Rechte der Interessen der Beklagten ist aber hier nicht zu erkennen.

Dazu ist primär abermals zu betonen, dass es sich bei der in Rede stehenden Ausbildung nicht um die (unabhängig davon erfolgte) Einschulung am Fluggerät der Beklagten sondern um die "Grundausbildung" handelt, die zum Erwerb der Qualifikation eines Berufspiloten erforderlich ist und durch die der Kläger - unabhängig von einer Anstellung bei der Beklagten - in die Lage versetzt wurde, als Pilot ein überdurchschnittlich hohes Einkommen zu erzielen.

Dazu kommt, dass der Kläger während der Dauer der von der Beklagten zum Teil vorfinanzierten Ausbildung keinerlei Tätigkeit für die Beklagte entfaltet hat.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass dem Kläger im Ausbildungsvertrag keine Anstellung zugesichert wurde, dass aber dessen ungeachtet von einer unzulässigen Überwälzung des Ausbildungsrisikos auf ihn nicht die Rede sein kann, zumal nur für den Fall der Nichtannahme des Anbots eines Dienstverhältnisses durch die Beklagte oder für den Fall der (berechtigten) Entlassung die sofortige Rückzahlung des Zuschusses vereinbart wurde, sonst aber - also bei Nichterreichung des Ausbildungszieles, bei Unterbleiben eines Anbots der Beklagten oder bei Kündigung durch die Beklagte - die Fälligkeit der den Eigenanteil übersteigenden Kosten erst mit der kommerziellen Nutzung der Ausbildung vereinbart wurde.

Dazu kommt, dass der Kläger in der Wahl seines Dienstgebers nicht beschränkt und insbesondere nicht verpflichtet wurde, mit der Beklagten einen Arbeitsvertrag abzuschließen. Dass (nur) für den Fall der Ablehnung eines Stellenangebotes der Beklagten und für den Fall der (berechtigten) Entlassung die sofortige Fälligkeit des vorfinanzierten Kostenanteils vereinbart wurde, bedeutet keine unzulässige Überbetonung der Interessen der Beklagten, die ja den erheblichen Teil der Ausbildungskosten vorfinanziert und damit selbst im Falle der Anstellung des auf diese Weise Ausgebildeten durch die Finanzierungskosten höhere Kosten zu tragen hat, als dies bei der - nach ihren zuletzt nicht mehr bestrittenen Behauptungen den Regelfall bildenden - Einstellung eines bereits ausgebildeten Piloten der Fall ist.

Zusammenfassend kann daher davon ausgegangen werden, dass die Beklagte mit dem Abschluss des Ausbildungsvertrages unzweifelhaft auch eigene Interessen verfolgt hat, weil Zweck dieses Vertrages - ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden Bindung - die Rekrutierung von Piloten für das eigene Unternehmen war. Ebenso trifft es zu, dass die Beklagte, die zur Finanzierung der Pilotenausbildung nicht verpflichtet ist, von der Ausbildung für die Dauer der Beschäftigung des Klägers profitiert hat. Demgegenüber stehen aber ganz massive Interessen des Klägers, der - wie seinem Vorbringen zu entnehmen ist - sonst nicht hätte Pilot werden können und auf diese Weise in die Lage versetzt wurde, auf eine für ihn kostengünstige Art - die vereinbarten Rückzahlungsraten sind im Vergleich zum Einkommen eines (Co-)Piloten nicht als außerordentlich belastend anzusehen - die notwendige Qualifikation zu erwerben, die ihm nunmehr auf Dauer und unabhängig von einer Tätigkeit für die Beklagte zur Verfügung steht.

Unter den hier gegebenen Umständen fehlt es daher an jeglichem Anhaltspunkt für eine grob einseitige und damit sittenwidrige Vertragsgestaltung, sodass es dem Klagebegehren sowohl hinsichtlich des vorfinanzierten Teiles der Ausbildungskosten, als auch (umso mehr) hinsichtlich des Eigenanteils, an einer rechtfertigenden Grundlage mangelt.

Für das dem Kläger vorfinanzierte Taschengeld gilt nichts anderes. Dabei handelt es sich nicht - wie das Berufungsgericht ausführt - um Lohnkosten, zumal zwischen den Parteien kein Arbeitsvertrag bestand und keinerlei Zusammenhang mit einer Tätigkeit des Klägers für die Beklagte gegeben war. Die für dieses "Taschengeld" aufgelaufenen Kosten sind vielmehr den sonstigen Kosten der Ausbildung gleichzuhalten und teilen deren Schicksal.

Die Entscheidung über die Revisionskosten des Klägers gründet sich auf die §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung keine Kosten verzeichnet.Die Entscheidung über die Revisionskosten des Klägers gründet sich auf die Paragraphen 40,, 50 Absatz eins, ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung keine Kosten verzeichnet.

Anmerkung

E62000 09B00391

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:009OBA00039.01B.0509.000

Dokumentnummer

JJT_20010509_OGH0002_009OBA00039_01B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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