TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/30 2005/21/0103

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Veröffentlicht am 30.01.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Hauptplatz 17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. März 2005, Zl. UVS- 01/27/267/2005/13, betreffend Zurückweisung einer Schubhaftbeschwerde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. Jänner 2005 ordnete die Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 61 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG iVm § 57 Abs. 1 AVG gegen A., einen am 24. März 1977 geborenen, mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheirateten Staatsangehörigen von Serbien, die Schubhaft "zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§§ 33, 34 FrG), des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (§ 36 FrG), der Zurückschiebung (§ 57 FrG), der Abschiebung (§ 56 FrG)" an. Der Bescheid wurde noch am selben Tag vollzogen, A. wurde bis zum 18. Jänner 2005 in Schubhaft angehalten.

Am 12. Jänner 2005 erteilte die Lebensgefährtin des A. dem Beschwerdeführer im eigenen Namen und "als Notvertreterin von A. ... (dzt. in Haft)" umfassend Vollmacht u.a. zur Vertretung vor Gerichten und Verwaltungsbehörden.

Der Beschwerdeführer erhob daraufhin am 13. Jänner 2005 namens der genannten Lebensgefährtin Beschwerde (erkennbar gemäß § 72 FrG wegen der über A. verhängten Schubhaft) an die belangte Behörde.

Am 13. Jänner 2005 brachte A. bei einer Niederschrift vor der Bundespolizeidirektion Wien (Fremdenpolizeiliches Büro) zum Gegenstand "Einvernahme - beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung, Abschiebung" u.a. vor, er wolle bekannt geben, dass er das weitere fremdenpolizeiliche Verfahren mit seinem Bevollmächtigten (als solchen hatte er den Beschwerdeführer bezeichnet) durchführen möchte. In der Folge teilte ihm die Behörde, wie sie in derselben Niederschrift festhielt, mit, es sei beabsichtigt, seinem Bevollmächtigten eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zuzustellen. Dies nahm A. zur Kenntnis und führte "bezüglich der Schubhaftbeschwerde" aus, dass er nicht gewusst habe, dass ein Bevollmächtigter dies für ihn gemacht hätte; er habe jedoch gewusst, dass seine Lebensgefährtin jemanden für ihn bevollmächtigt habe.

In einer weiteren vom Beschwerdeführer verfassten "Abschiebeu. allg. Haftbeschwerde" vom selben Tag (13. Jänner 2005) ersuchte der Beschwerdeführer, dem A. "diese Beschwerde zwecks Genehmigung der Rechtsmittel mit seiner Unterschrift vorzulegen" und führte erklärend aus, dass er "lediglich Vollmacht für die junge Mutter dzt. nur besitze", weshalb A. auch der gesetzmäßige "VH-Anwalt" zur Verfügung gestellt werden möge.

In einer mit 14. Jänner 2005 datierten, auch vom Beschwerdeführer verfassten und von ihm "als Bevollmächtigter" unterfertigten Stellungnahme zur Niederschrift vom 13. Jänner 2005 wurden u.a. Mängel des Schubhaftverfahrens geltend gemacht.

Bei einer neuerlichen Einvernahme am 18. Jänner 2005 zum Gegenstand "Klärung des Vollmachtsverhältnisses, Verwaltungsstrafverfahren" machte die Bundespolizeidirektion Wien dem A. gegenüber den Vorhalt, dass seine "vorgelegte Vollmacht" vom Beschwerdeführer "nur für die Vertretung für Ihre Lebensgefährtin gilt". Wenn er vom Beschwerdeführer "noch" vertreten werden wollte, müsste er "diesbezüglich eine Vollmacht an ihn abgeben". Darauf antwortete A.: "Ich werde eine Vollmacht diesbezüglich abgeben".

Am 24. Jänner 2005 fragte die belangte Behörde bei A. an, ob der Beschwerdeführer von ihm zur Einbringung der Beschwerde gemäß § 72 FrG bevollmächtigt worden sei. Hierauf erfolgte keine Antwort.

Der angefochtene Bescheid lautet:

"Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat ... über die Beschwerde gemäß § 72 FrG (des Beschwerdeführers), vom 13.1.2005, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 14.1.2005, entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß § 72 Fremdengesetz in Verbindung mit § 10 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

(Der Beschwerdeführer) hat dem Bund (Bundesminister für Inneres) gemäß § 73 Abs. 2 FRG 1997 i.V.m. § 79a AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung Aufwendungen in der Höhe von 244 Euro (41 Euro Vorlageaufwand, 203 Euro Schriftsatzaufwand) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe die Schubhaftbeschwerde vom 13. Jänner 2005 im Namen des A. eingebracht und in weiterer Folge in einem ergänzenden Schriftsatz selbst angegeben, dass er von diesem nicht bevollmächtigt worden sei. Eine diesbezügliche Aufforderung an A., klarzustellen, ob die Beschwerde in seinem Namen eingebracht worden sei, sei unbeantwortet geblieben. Mangels erteilter Vollmacht sei daher die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen gewesen. Die Kostenentscheidung gründe sich auf § 79a Abs. 1 AVG, wonach die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei habe. Nach Abs. 3 leg. cit. sei die belangte Behörde u.a. auch dann obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei, wenn die Beschwerde zurückgewiesen werde. Dem Einschreiter seien daher die von der belangten Behörde geltend gemachten Kosten aufzuerlegen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass die Deutung der dargestellten Eingaben des Beschwerdeführers als eine für A. eingebrachte Schubhaftbeschwerde, wovon auch in der Beschwerde ausgegangen wird, vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstanden ist. Für die Zurechnung der (nicht fristgebundenen) Schubhaftbeschwerde kommt es damit lediglich darauf an, ob der Vertreter (Beschwerdeführer) zu ihrer Erhebung (von A.) bevollmächtigt war (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0336, und vom 26. Juni 2002, Zlen. 2001/04/0209 und 0210).

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.

In diesem Sinn bilden die dargestellten Erklärungen des A. im Rahmen der Niederschriften vom 13. und 18. Jänner 2005 ausreichende Indizien dafür, dass er dem Beschwerdeführer auch zur Vertretung im Schubhaftverfahren Vollmacht erteilen wollte. Dagegen besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass A. mit der Einbringung der Schubhaftbeschwerde durch den Beschwerdeführer in seinem Namen nicht einverstanden gewesen wäre. Auch die belangte Behörde hat dies - zunächst - selbst nicht anders beurteilt, hat sie doch den Beschwerdeführer als Vertreter des Einschreiters A. angesehen (vgl. etwa ihre Anfragen an den Beschwerdeführer vom 18. Jänner 2005 und an A. vom 24. Jänner 2005).

An dieser gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 AVG wirksamen Vollmachtserteilung kann auch die weitere Eingabe des Beschwerdeführers vom 13. Jänner 2005 nichts ändern: Hierin ersucht er, die Beschwerde dem A. "zwecks Genehmigung der Rechtsmittel mit seiner Unterschrift vorzulegen" und führt erklärend aus, dass er "lediglich Vollmacht für die junge Mutter dzt. nur besitze", weshalb A. auch der gesetzmäßige "VH-Anwalt" zur Verfügung gestellt werden möge. Damals konnte der Beschwerdeführer nämlich von der niederschriftlich gegenüber der Behörde erfolgten Vollmachtserteilung durch A. noch keine Kenntnis haben. Deren fortdauernden Wirksamkeit tut es keinen Abbruch, wenn nicht zusätzlich eine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1998, Zl. 98/20/0008, mwN).

Da die belangte Behörde das Vorliegen einer aufrechten von A. erteilten Vollmacht des Beschwerdeführers verkannt und die Beschwerde (richtig) des A. (zudem ohne seinen Vertreter, den Beschwerdeführer, zur Vorlage einer - nach ihrer Rechtsansicht erforderlichen - schriftlichen Vollmacht aufzufordern) daher keiner inhaltlichen Erledigung zugeführt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 30. Jänner 2007

Schlagworte

Allgemein Beginn Vertretungsbefugnis Vollmachtserteilung Prozeßvollmacht Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Vertretungsbefugter Zurechnung Vertretungsbefugter physische Person Eigenberechtigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005210103.X00

Im RIS seit

26.02.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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