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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1997 §57 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/21/0306Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. P. Trefil, über die Beschwerden der M in N, geboren 1972, vertreten durch Dr. Erich Heliczer, Rechtsanwalt in 2540 Bad Vöslau, Anton Bauer-Straße 2a, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich jeweils vom 9. Juni 2005,
I. Zl. Fr 63/05-2, betreffend Feststellung gemäß § 75 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG (hg. Zl. 2005/21/0305), und II. Zl. Fr 63/05, betreffend Ausweisung gemäß § 33 Abs. 1 FrG (hg. Zl. 2005/21/0306),
zu Recht erkannt:
Spruch
I. Der erstangefochtene Bescheid (Zl. Fr 63/05-2) wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. Die gegen den zweitangefochtenen Bescheid (Zl. Fr 63/05) erhobene Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag des Bundes auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Serbien, stammt aus dem Kosovo. Sie reiste im Juli 2004 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und wurde am 20. Juli 2004 im Haus ihres Bruders in Neunkirchen polizeilich gemeldet.
Am 19. Juli 2004 stellte sie, anwaltlich vertreten, einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 FrG. Sie sei im Kosovo verheiratet, aus der Ehe entstammten drei Kinder im Alter von fünf, sieben und neun Jahren. Ihr Ehemann habe sie wiederholt misshandelt. Die Situation sei Ende Juni d.J. eskaliert, als er sie zusätzlich "mit einer Schusswaffe attackierte und sie mit den Fäusten und der Waffe misshandelte und erheblich verletzte". Er habe sie mit dem Umbringen bedroht, sollte sie diesen Vorfall der Polizei melden. Aus Furcht vor weiteren Übergriffen und Misshandlungen habe sie ihn dennoch bei der Polizeibehörde angezeigt. Diese habe ihn zwar einvernommen, jedoch eine "vorläufige Haft" nicht verfügt. Sie habe ihre Kinder bei den Schwiegereltern untergebracht; diese seien "allerdings nicht bereit, die Antragstellerin bei sich aufzunehmen und gegen die Attacken ihres Sohnes zu beschützen. Sie (hätten) ihre Schwiegertochter verstoßen. Die Antragstellerin wäre im Kosovo auf sich allein gestellt und de facto rechtlos." Sie sei, wenn auch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Asylgewährung nicht vorlägen, nach Österreich geflüchtet und ersuche um Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Ihr Bruder sei bereit, sie zu unterstützen und ihr Unterkunft und Verpflegung zu gewähren.
Mit Erledigung vom 30. September 2004 teilte die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen der Beschwerdeführerin mit, dass sie nach (inhaltlich nicht dargestellter) Beweisaufnahme zum Schluss gekommen sei, "dass die Voraussetzungen für den humanitären Aufenthalt in Österreich nicht gegeben" seien. Die Beschwerdeführerin halte sich daher nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodass ihre Ausweisung beabsichtigt sei. Hiezu werde ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin mit weiterer Eingabe vom 13. Oktober 2004 die Feststellung der Unzulässigkeit ihrer Abschiebung gemäß § 75 Abs. 1 FrG. Ihr drohe "die Gefahr der unmenschlichen Behandlung im Falle der Abschiebung nach Serbien-Montenegro, ehemals Jugoslawien, bzw. Kosovo im Sinne des § 57/1 FrG". Sie brachte - u.a. - ergänzend vor, den Polizeibehörden im Kosovo fehle die erforderliche Effektivität. Dazu komme, "dass die Stellung der Frau in diesen Gebieten notorisch schlecht ist und diese vor allem dann völlig schutzlos ist, wenn sie nicht in ihren Familienverband integriert ist". Auch die Frau eines Freundes ihres Ehemannes sei von jenem ungehindert ermordet worden. Die untätigen Behörden nähmen somit billigend in Kauf, dass sie durch ihren Mann schwer verletzt und mit dem Tode bedroht worden sei, ohne dass "zumindest eine Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr" verfügt worden wäre. Es lägen daher stichhältige Gründe vor, dass die Gefahr unmenschlicher Behandlung konkret im Falle der Abschiebung weiterhin bestünde. Sie sei als Hausfrau ohne Einkommen und Vermögen. Von anderen Angehörigen als ihrem in Österreich lebenden Bruder sei keine Hilfe zu erlangen.
Mit dem erstangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid entschied die belangte Behörde über den nach § 75 Abs. 1 FrG gestellten Antrag der Beschwerdeführerin wie folgt:
"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 wird Ihrer Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass Sie in Serbien und Montenegro (früher Bundesrepublik Jugoslawien), Provinz Kosovo gemäß § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 Fremdengesetz 1997 bedroht sind."
Nach Wiedergabe des Vorbringens und der Rechtslage stellte die belangte Behörde fest, die Beschwerdeführerin sei Angehörige der albanischen Volksgruppe; sie stamme aus Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo. Sie sei in ihrer Heimat von ihrem Ehegatten bedroht, vergewaltigt, geschlagen und am Körper verletzt worden. Am 24. Juni 2004 sei sie zu ihrem Onkel nach Peje geflohen. Ihre Verletzungen seien im dortigen Krankenhaus behandelt worden. Sie habe gegen ihren Ehegatten wegen der Drohungen und Misshandlungen bei der Polizei Anzeige erstattet. Ihr Ehegatte sei einvernommen und auf freiem Fuß belassen worden. Ihre drei minderjährigen Kinder seien bei ihren Schwiegereltern untergebracht. Die Schwiegereltern wären aber nicht bereit, auch die Beschwerdeführerin aufzunehmen und gegen die Attacken ihres Ehemannes zu schützen.
Die Beschwerdeführerin sei im Jahr 2004 auf unbekanntem Weg unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist und seit 20. Juli 2004 in Neunkirchen gemeldet. In Österreich lebten ihr Bruder und ihre Mutter.
Danach folgen umfangreiche Feststellungen über die Sicherheitssituation, die Behördenstruktur, das Sozialhilfesystem, die medizinische Versorgung und die "Rückkehrsituation" im Kosovo, die jeweils schwerpunktartig die Jahre 1999 bis 2002 umfassen.
Auszugsweise heißt es:
"Derzeit und in weiterer Zukunft ist mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass es im Kosovo erneut zu Massenvertreibungen, Tötungen und Misshandlungen von albanischen Volkszugehörigen durch den serbischen Staat kommt (wird inhaltlich näher ausgeführt). Das Sozialhilfesystem steht allen Bewohnern des Kosovo offen, vorausgesetzt, sie erfüllen die Aufnahmebedingungen. Auch Frauen wird Sozialhilfe gewährt (diese wird für als antragsberechtigt bezeichnete 'Familien' das Kalenderjahr 2001 betreffend näher dargestellt).
Es kann nicht festgestellt werden, dass die kosovo-albanische Bevölkerung, von den so genannten Kollaborateuren 'mit den Serben' und Personen gemischt ethnischer Abstammung abgesehen, eine Verfolgung welcher Art immer zu befürchten hätte. Die UNMIK ist um Aufklärung sämtlicher Straftaten bemüht, doch scheitert diese Aufklärung in bestimmten Fällen an mangelnder Mitwirkung der Bevölkerung.
Trotz kontinuierlicher Verbesserung der Sicherheitslage ist es am 17. März 2004 zu einem neuerlichen Gewaltausbruch (ethnisch motivierte Unruhen) gekommen, wobei sich etwa 50.000 Personen beteiligt haben und ungefähr 30 Personen getötet wurden.
3.200 Personen, Angehörige der ethnischen Minderheiten, allen voran Serben, wurden zu intern Vertriebenen (wird näher ausgeführt).
Für zurückkehrende alleinstehende Frauen steht die Möglichkeit der Aufnahme in einem Frauenhaus im Kosovo zur Verfügung (unter Anführung von Beispielen, darunter ein über die Caritas Österreich aufgebautes Frauenzentrum nach westlichem Vorbild, das Opfern von familiärer Gewalt Zuflucht bietet). Auch sorgen die einzelnen Kommunen für Unterbringung; Frauen wird Sozialhilfe gewährt."
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dem serbischmontenegrinischen Staat fehle für den Kosovo eine - im Sinne wirksamer hoheitlicher Überlegenheit zu verstehende - Staatsgewalt; diese sei auf die Organe der Vereinten Nationen übergegangen. Das bedeute, dass sich die Non-Refoulement-Prüfung nach § 57 Abs. 1 und 2 FrG auf das klar abgegrenzte Territorium des Kosovo zu erstrecken habe.
Eine Verfolgung durch Behörden liege nach dem festgestellten Sachverhalt nicht vor. Die Bedrohung durch den Ehemann der Beschwerdeführerin, also einen Privaten, könne dem Staat nicht zugerechnet werden: Vollständiger und lückenloser Schutz könne naturgemäß nicht gewährleistet werden. Die Anzeige der Beschwerdeführerin sei von der Polizei entgegengenommen worden und habe "offenbar" zur Festnahme ihres Ehemannes geführt. Aus dem Umstand des Unterbleibens einer Untersuchungshaft könne nicht auf eine Untätigkeit der Behörden geschlossen werden. Unter Berücksichtigung der im Kosovo vorhandenen Unterkunftsmöglichkeit in einem Frauenhaus und der von Verwandten im Ausland gewährten finanziellen Unterstützung könne nicht erkannt werden, dass die Beschwerdeführerin zur sozialen Gruppe der allein stehenden Frauen gehöre, "die im Falle einer Rückkehr in eine auswegslose Lage gelangen würde und es unmöglich wäre, sich im Kosovo existenzbegründend niederzulassen". Sonst lägen für Verfolgungen oder Bestrafungen nach § 57 Abs. 1 oder 2 FrG keine Anhaltspunkte vor, sodass sich der nach § 75 Abs. 1 FrG gestellte Antrag als unberechtigt erweise.
Mit dem zweitangefochtenen, ebenfalls im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin gemäß § 33 Abs. 1 FrG aus dem Bundesgebiet aus.
Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage führte die belangte Behörde in ihrer Begründung aus, die Beschwerdeführerin habe weder eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz noch nach dem Fremdengesetz, sodass ihr derzeitiger Aufenthalt in Österreich rechtswidrig sei und sich die Ausweisung gemäß § 33 Abs. 1 FrG als zulässig erweise. Bei dieser Norm handle es sich um eine Ermessensbestimmung, weshalb sich die Behörde mit diesem Ermessensspielraum auseinander zu setzen habe. Darüber hinaus habe die Behörde zu prüfen, ob der Ausweisung allenfalls § 37 Abs. 1 FrG entgegenstehe.
In Österreich lebten die Mutter und der Bruder der Beschwerdeführerin. Deshalb und wegen des rund 11-monatigen Aufenthalts in Österreich sei davon auszugehen, dass eine Ausweisung in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin eingreife. Durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet habe sie jedoch die den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen, denen ein hoher Stellenwert zukomme, gebrochen. Die Ausweisung sei daher dringend geboten.
Könnte sich ein Fremder in einer Situation wie die Beschwerdeführerin erfolgreich auf § 37 Abs. 1 FrG berufen, würde das dem Fremdengesetz zuwiderlaufen, dessen Ziel ein geordnetes Fremdenwesen und ein geordneter Zuzug von Fremden sei. Auf Grund dieser Umstände ergebe sich, dass die Ausweisung trotz des Eingriffs in das Privat- und Familienleben gemäß § 37 Abs. 1 FrG dringend zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten sei.
Die gleichen Überlegungen hätten für die Beurteilung des Ermessensspielraumes nach § 33 Abs. 1 FrG zu gelten: Aus den bisherigen Überlegungen sehe sich die Behörde nicht veranlasst, diese "Kann-Bestimmung" zu Gunsten der Beschwerdeführerin auszulegen. Es sei nicht Intention des FrG, dass sich Fremde den Aufenthalt im Bundesgebiet erzwingen könnten. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sei rechtswidrig und als Übertretung des Fremdengesetzes von nicht unerheblicher Bedeutung zu werten, sodass mit Ausweisung vorzugehen sei.
Über die gegen diese Bescheide gerichteten - wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen - Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte
Behörde erwogen:
I. Zum erstangefochtenen Bescheid:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 75 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch im Verfahren nach § 75 FrG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Fremden in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob allenfalls gehäufte Verstöße der im § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 2003, Zl. 98/18/0414, vom 9. Juni 2005, Zl. 2003/21/0181, und vom 5. Juli 2005, Zl. 2002/21/0071).
Die belangte Behörde geht - soweit sie zur Situation bei Erlassung des angefochtenen Bescheides überhaupt zeitnahe Feststellungen trifft - davon aus, dass die Beschwerdeführerin in einem Frauenhaus im Kosovo, auf den sie ihre Prüfung eingeschränkt hat, Schutz und soziale Unterstützung finden kann. Hieraus zieht sie den Schluss, die Beschwerdeführerin würde bei einer Rückkehr in den Kosovo nicht in eine auswegslose Lage gelangen.
Um dieser Argumentation überhaupt näher treten zu können, fehlt allerdings zunächst die Prüfung, ob der Beschwerdeführerin nur eine örtlich begrenzte oder eine auf das gesamte Land ausgedehnte Verfolgung (durch ihren Ehemann) droht. Auch hat es die belangte Behörde in diesem Zusammenhang unterlassen, sich mit der Frage der Effektivität und Zumutbarkeit der Inanspruchnahme eines Frauenhauses durch die Beschwerdeführerin ausreichend auseinander zu setzen. Dies hätte ein Eingehen darauf erfordert, ob die Beschwerdeführerin in derartigen Einrichtungen (insbesondere infolge ausreichend freier Plätze) konkret Aufnahme und Unterkunft finden kann, ihr (auch als Einzelperson und nicht als Teil einer Familie) Sozialhilfe oder andere ausreichende finanzielle Unterstützung gewährt wird, ob sie in einem Frauenhaus frei von Furcht vor ihrem Ehemann leben kann und ihr die Inanspruchnahme einer solchen Einrichtung somit insgesamt zumutbar ist (vgl. zum Ganzen jüngst das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2006, Zl. 2003/20/0550, mwN).
Die belangte Behörde hat daher die Frage des Bestehens eines ausreichenden Schutzes der Beschwerdeführerin vor der behaupteten Verfolgungsgefahr nicht im erforderlichen Umfang begründet, sodass der erstangefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
II. Zum zweitangefochtenen Bescheid:
Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die behördliche Begründung, dass sie über keine Aufenthaltsberechtigung für Österreich verfüge. Demnach bestehen keine Bedenken gegen die behördliche Ansicht, dass sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und daher der Ausweisungstatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei.
Gemäß § 37 Abs. 1 FrG ist ein durch eine Ausweisung bewirkter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des betroffenen Fremden nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Die Beschwerdeführerin argumentiert in diesem Zusammenhang damit, einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Bruder und ihrer Mutter in Österreich zu führen. Daraus kann jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abgeleitet werden:
Auch wenn nämlich diese Umstände zu Gunsten der Beschwerdeführerin veranschlagt werden, wird die daraus ableitbare Integration im Bundesgebiet dadurch maßgeblich relativiert, dass ihr erst seit Juli 2004 - bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides also weniger als ein Jahr - dauernder Aufenthalt von Anfang an rechtswidrig war und daher nicht auf Dauer angelegt sein konnte. Auch eine berufliche Integration im Bundesgebiet ist nicht erfolgt. Diesen Umständen steht die Gefährdung des öffentlichen Interesses auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2006, Zlen. 2006/21/0109 und 0110, mwN).
Auch mit ihrem weiteren Vorbringen betreffend die Lage im Heimatstaat und die dort befürchtete Gefährdung zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil das Vorliegen von Gründen im Sinn des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG nicht im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung, sondern im - eingangs abgehandelten - Verfahren nach § 75 Abs. 1 FrG zu prüfen ist. Die in der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid behauptete Bedrohungssituation hat demnach auch für die Ermessensübung bei aufenthaltsbeendigenden Maßnahmen keine entscheidungswesentliche Bedeutung.
Unter Abwägung der genannten Umstände erweist sich die vorliegende Ausweisung als zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele für dringend geboten und demnach gemäß § 37 Abs. 1 FrG als zulässig.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid als unbegründet anzusehen und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Ein Zuspruch des von der belangten Behörde begehrten Vorlageaufwandes hatte gemäß § 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu unterbleiben, weil eine Aktenvorlage durch die belangte Behörde nur gegenüber dem Verfassungsgerichtshof, nicht aber dem Verwaltungsgerichtshof, erfolgt ist (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 689).
Wien, am 27. März 2007
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005210305.X00Im RIS seit
03.05.2007