TE OGH 2002/12/12 6Ob300/02i

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Veröffentlicht am 12.12.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. F*****, 2. Gino R*****, 3. Karin F*****, 4. N***** GmbH, und 5. N***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher und Mag.Volker Leitner, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 18.328,06 EUR sA, über die Revision der viert- und fünftbeklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 9. August 2002, GZ 3 R 78/02v-23, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Februar 2002, GZ 16 Cg 89/01w-19, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die viert- und fünftbeklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die beklagten Parteien hatten als Kreditnehmer am 23. 2. 1999 einen Kreditvertrag mit der klagenden Partei abgeschlossen und sich zur Rückzahlung des dem Ankauf eines Kraftfahrzeugs dienenden Kredits solidarisch verpflichtet. Die Kreditsumme diente dem Ankauf eines LKWs der fünftbeklagten Partei durch die Erstbeklagte. Nach Auftreten eines Zahlungsrückstandes ab September 1999 forderte die Klägerin jede der beklagten Parteien mit Schreiben vom 30. 3. 2000 zur Überweisung des Ratenrückstandes bis 13. 04. 2000 bei Terminsverlust - ergebnislos - auf.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Zahlung von restlich 18.328,06 EUR. Das Fahrzeug sei durch einen Sachverständigen geschätzt und schließlich am 22. 8. 2000 von der fünftbeklagten Partei um 676.000 S netto erworben worden. Den Verwertungserlös habe sie dem Kreditkonto gutgebucht. Sie habe den viert- und fünftbeklagten Parteien nie zugesagt, sie bei Rückstand mit auch nur einer Rate umgehend zu informieren. Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, das finanzierte Fahrzeug sofort bei Eintritt eines Zahlungsverzugs einzuziehen oder das Kreditverhältnis vorzeitig aufzulösen.

Über das Vermögen der Erstbeklagten war am 13. 6. 2000 das Konkursverfahren eröffnet worden. Die zweit- und drittbeklagten Parteien wurden bereits zur Zahlung des Klagsbetrags rechtskräftig verurteilt.

Die viert- und fünftbeklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, sie hätten den Kreditvertrag nur unter der ausdrücklichen Bedingung unterfertigt, dass sie bei einem Rückstand mit auch nur einer Rate umgehend informiert würden. Sollte diese Bedingung nicht rechtswirksam abgegeben worden sein, werde der Kreditvertrag wegen Irrtums angefochten. Wären die Viert- und Fünftbeklagte vom Verzug mit der ersten Rate verständigt worden, so hätten sie das Fahrzeug so veräußern können, dass kein Schaden entstanden wäre.

Das Erstgericht verurteilte die viert- und fünftbeklagte Partei zur Zahlung des Klagsbetrags zur ungeteilten Hand mit der zweit- und drittbeklagten Partei. Es konnte nicht feststellen, dass die Viert- und Fünftbeklagten den Kreditvertrag unter der Bedingung der unverzüglichen Verständigung vom Zahlungsverzug unterfertigt hätten. Sie seien aufgrund des Kreditvertrags zur Rückzahlung verpflichtet. Für eine Irrtumsanfechtung biete sich keine Grundlage. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach - nach Antrag der viert- und fünftbeklagten Parteien gemäß § 508 Abs 3 ZPO - aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu den konkreten Voraussetzungen und zum Umfang der Sorgfaltspflichten des Gläubigers gegenüber einem für eine materiell fremde Schuld haftenden Solidarschuldner Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Von den Feststellungen des Erstgerichts - dieses hatte nicht feststellen können, dass der Kreditvertrag nur unter der Bedingung der unverzüglichen Verständigung von einem Zahlungsverzug unterfertigt worden wäre - ausgehend, verneinte das Berufungsgericht eine Sorgfaltspflichtverletzung der Klägerin. Nach den dem Kreditvertrag zugrunde liegenden Geschäftsbedingungen sei sie berechtigt gewesen, nach ihrer Wahl an einen Solidarschuldner Abrechnungen zu erteilen. Für eine unverzügliche Verständigungspflicht der Klägerin vom Verzug auch nur mit einer Rate bestünden daher keine Anhaltspunkte. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Klägerin zunächst nur die Erstbeklagte wegen der offenen Raten gemahnt und erst nach einem halben Jahr die anderen Solidarschuldner zur Begleichung der Schulden aufgefordert habe. Sie sei auch mit der Verwertung des Fahrzeugs nicht säumig gewesen.Das Erstgericht verurteilte die viert- und fünftbeklagte Partei zur Zahlung des Klagsbetrags zur ungeteilten Hand mit der zweit- und drittbeklagten Partei. Es konnte nicht feststellen, dass die Viert- und Fünftbeklagten den Kreditvertrag unter der Bedingung der unverzüglichen Verständigung vom Zahlungsverzug unterfertigt hätten. Sie seien aufgrund des Kreditvertrags zur Rückzahlung verpflichtet. Für eine Irrtumsanfechtung biete sich keine Grundlage. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach - nach Antrag der viert- und fünftbeklagten Parteien gemäß Paragraph 508, Absatz 3, ZPO - aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu den konkreten Voraussetzungen und zum Umfang der Sorgfaltspflichten des Gläubigers gegenüber einem für eine materiell fremde Schuld haftenden Solidarschuldner Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Von den Feststellungen des Erstgerichts - dieses hatte nicht feststellen können, dass der Kreditvertrag nur unter der Bedingung der unverzüglichen Verständigung von einem Zahlungsverzug unterfertigt worden wäre - ausgehend, verneinte das Berufungsgericht eine Sorgfaltspflichtverletzung der Klägerin. Nach den dem Kreditvertrag zugrunde liegenden Geschäftsbedingungen sei sie berechtigt gewesen, nach ihrer Wahl an einen Solidarschuldner Abrechnungen zu erteilen. Für eine unverzügliche Verständigungspflicht der Klägerin vom Verzug auch nur mit einer Rate bestünden daher keine Anhaltspunkte. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Klägerin zunächst nur die Erstbeklagte wegen der offenen Raten gemahnt und erst nach einem halben Jahr die anderen Solidarschuldner zur Begleichung der Schulden aufgefordert habe. Sie sei auch mit der Verwertung des Fahrzeugs nicht säumig gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der viert- und fünftbeklagten Parteien ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts - nicht zulässig.

Nach dem Wortlaut des § 1364 zweiter Satz ABGB ist auch der Gläubiger dem Bürgen insoweit verantwortlich, als dieser wegen dessen Saumseligkeit in Eintreibung der Schuld an "Erholung des Ersatzes" zu Schaden kommt. Die Rechtsprechung versteht § 1364 zweiter Satz ABGB als Grundlage einer umfassenden, dem Gläubiger sowohl in Ansehung von Bürgen als auch gegenüber einem Solidarschuldner, der für eine materiell fremde Schuld haftet, obliegenden Sorgfaltspflicht (SZ 65/70; ecolex 1996, 744; RIS-Justiz RS0032130 und RS0032306). Unter welchen Voraussetzungen eine zum Schadenersatz führende Sorgfaltspflichtverletzung des Gläubigers anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, denen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung der Sorgfaltspflicht verneint, die die Revision darin erblickt, dass die Klägerin die viert- und fünftbeklagten Solidarschuldner nicht schon vom Verzug des Mitschuldners mit nur einer Rate verständigt hatte. Seine Auffassung ist nicht zu beanstanden, zumal die von den Beklagten behauptete Vereinbarung einer sofortigen Verständigungspflicht nicht bewiesen werden konnte und es der Klägerin nach ihren Geschäftsbedingungen freistand, Abrechnung nur an einen der Solidarschuldner zu legen (Punkt XI der AGB). Anders als in dem der Entscheidung SZ 65/70 zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin auch nicht zugesagt, das Fahrzeug im Fall eines Zahlungsverzugs unverzüglich zu verwerten, sodass die Auffassung des Berufungsgerichtes, eine Verwertung nach einem halben Jahr ab Auftreten des ersten Zahlungsverzugs sei nicht sorgfaltswidrig, keine aufzugreifende Fehlbeurteilung bedeutet. Die Revision der Viert- und Fünftbeklagten wird mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 508a ZPO).Nach dem Wortlaut des Paragraph 1364, zweiter Satz ABGB ist auch der Gläubiger dem Bürgen insoweit verantwortlich, als dieser wegen dessen Saumseligkeit in Eintreibung der Schuld an "Erholung des Ersatzes" zu Schaden kommt. Die Rechtsprechung versteht Paragraph 1364, zweiter Satz ABGB als Grundlage einer umfassenden, dem Gläubiger sowohl in Ansehung von Bürgen als auch gegenüber einem Solidarschuldner, der für eine materiell fremde Schuld haftet, obliegenden Sorgfaltspflicht (SZ 65/70; ecolex 1996, 744; RIS-Justiz RS0032130 und RS0032306). Unter welchen Voraussetzungen eine zum Schadenersatz führende Sorgfaltspflichtverletzung des Gläubigers anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, denen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung der Sorgfaltspflicht verneint, die die Revision darin erblickt, dass die Klägerin die viert- und fünftbeklagten Solidarschuldner nicht schon vom Verzug des Mitschuldners mit nur einer Rate verständigt hatte. Seine Auffassung ist nicht zu beanstanden, zumal die von den Beklagten behauptete Vereinbarung einer sofortigen Verständigungspflicht nicht bewiesen werden konnte und es der Klägerin nach ihren Geschäftsbedingungen freistand, Abrechnung nur an einen der Solidarschuldner zu legen (Punkt römisch XI der AGB). Anders als in dem der Entscheidung SZ 65/70 zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin auch nicht zugesagt, das Fahrzeug im Fall eines Zahlungsverzugs unverzüglich zu verwerten, sodass die Auffassung des Berufungsgerichtes, eine Verwertung nach einem halben Jahr ab Auftreten des ersten Zahlungsverzugs sei nicht sorgfaltswidrig, keine aufzugreifende Fehlbeurteilung bedeutet. Die Revision der Viert- und Fünftbeklagten wird mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 508 a, ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO. Die klagende Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO. Die klagende Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Anmerkung

E68379 6Ob300.02i

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00300.02I.1212.000

Dokumentnummer

JJT_20021212_OGH0002_0060OB00300_02I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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