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L92057 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Tirol;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Ing. Mag. HH in I, vertreten durch Dr. Michael Gschnitzer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. Mai 2005, Zl. Va-456- 7437/1/88, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. Mai 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23. November 2004 auf Sozialhilfe für Lebensunterhalt, Miete, Heizkosten und Bekleidung ab November 2004 sowie auf Erstattung der für die mj. Lea A. und den mj. Peter H. geleisteten Unterhaltszahlungen abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, eine Gegenüberstellung des sozialhilferechtlichen Bedarfes des Beschwerdeführers in Höhe von EUR 807,05 (Richtsatz für Alleinstehende (EUR 404,90), Heizkosten (EUR 46,80), Bekleidung (EUR 19,90) und Miete (EUR 335,45)) mit dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen in Höhe von EUR 813,99 (Arbeitslosengeld (täglich EUR 21,77 x 30,5 Tage = EUR 663,99) - Familienzuschläge bei Ansprüchen aus der Arbeitslosenversicherung seien im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers nicht außer Ansatz zu lassen - , Mietzinsbeihilfe (EUR 150,--)) ergebe einen Überhang auf der Einkommensseite. Es liege daher keine Notlage im Sinne des Tiroler Sozialhilfegesetzes (TSHG) vor. Betreffend die Frage der Anrechenbarkeit von Unterhaltsleistungen seien mit den Beschlüssen vom 5. August 2002 und vom 4. November 2002 der Bezirksgerichte Schwaz und Innsbruck die vom Beschwerdeführer eingebrachten Herabsetzungsanträge hinsichtlich des von ihm für seine Kinder zu leistenden Unterhalts rechtskräftig abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe seither jedoch keinen neuen Herabsetzungsantrag gestellt und daher nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, auf Herabsetzung oder Aufhebung der Unterhaltspflicht zu dringen. Auch sei auf Grund dieser vollstreckbaren Titel im hier maßgeblichen Zeitraum keine Exekution in die Einkünfte des Beschwerdeführers geführt worden, durch die eine Notlage hätte ausgelöst werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Sozialhilfegesetzes (TSHG) ist Sozialhilfe staatliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens.
Sozialhilfe ist gemäß § 1 Abs. 2 TSHG nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Personen zu gewähren, die sich in einer Notlage befinden.
In einer Notlage im Sinne des Gesetzes befindet sich gemäß § 1 Abs. 3 TSHG,
a) wer den Lebensunterhalt für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält, bzw.
b) wer außergewöhnliche Schwierigkeiten in seinen persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnissen (in besonderen Lebenslagen) nicht selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Einrichtungen bewältigen kann.
Gemäß § 3 TSHG umfasst die Sozialhilfe
a)
die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes,
b)
die Hilfe in besonderen Lebenslagen,
c)
die Übernahme der Kosten einer einfachen Bestattung.
Der Lebensunterhalt umfasst gemäß § 4 Abs. 1 TSHG den Aufwand für die gewöhnlichen Bedürfnisse, wie Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, sowie den Aufwand für die persönlichen Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.
Die Sozialhilfe kann gemäß § 7 Abs. 1 TSHG in Form von Geldleistungen, Sachleistungen oder persönlicher Hilfe gewährt werden.
Die Landesregierung hat gemäß § 7 Abs. 6 TSHG durch Verordnung nähere Vorschriften über die Form und das Ausmaß der Sozialhilfe zu erlassen. Hiebei sind unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Tirol für die Bemessung des Lebensunterhaltes Richtsätze festzusetzen.
Gemäß § 1 der Tiroler Sozialhilfeverordnung, LGBl. Nr. 68/1974, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 133/2001 (TSHV) umfasst die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes Maßnahmen zur Deckung des Aufwandes für
a) Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege, Instandhaltung der Bekleidung, Beleuchtung, Kleinhausrat, Reinigung, Bildung und Erholung in einem für den Hilfe Suchenden angemessenen Ausmaß, Benützung von Verkehrsmitteln und sonstige kleinere Bedürfnisse des täglichen Lebens,
b)
Unterkunft,
c)
Bekleidung und Beheizung.
Soweit die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form von Geldleistungen gegeben wird, sind gemäß § 4 Abs. 1 TSHV unter Anrechnung der nach § 7 TSHG einzusetzenden eigenen Kräfte und Mittel zu gewähren:
a) Zur Deckung des Aufwandes im Sinne des § 1 lit. a monatliche Leistungen bis zu folgenden Höchstbeträgen (Richtsätze):
a. für Alleinstehende
............................................
EUR 404,90
...
b) Zur Deckung des Aufwandes für Unterkunft, Beheizung und Bekleidung eine Beihilfe in Höhe der tatsächlichen Kosten unter Berücksichtigung der Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Auffassung, eine Gegenüberstellung der ihm zur Verfügung stehenden Mittel mit seinem sozialhilferechtlichen Bedarf ergebe einen Überhang auf der Einkommensseite, sodass keine Notlage im Sinne des TSHG gegeben sei. Er bringt im Wesentlichen vor, dass er seit dem 1. August 2004 nicht EUR 335,45 an Miete, sondern EUR 348,28 zu bezahlen habe und dass das Arbeitslosengeld nicht mit 31 Tagen gerechnet werden dürfe, sondern entweder mit 30 Tagen oder mit dem Durchschnittswert von 30,5 Tagen. Dies bedeute, dass seine Einnahmen - mit den seines Erachtens richtigen Ansätzen gerechnet -
nur EUR 803,10 ausmachten, wodurch sich bereits ein Überhang auf der Ausgabenseite und damit eine Notlage ergäbe. Dazu komme, dass die Familienzuschläge bei der Berechnung des Einkommens außer Ansatz hätten bleiben müssen, weil diese dazu dienten, die durch die Kinder bedingten höheren Ausgaben zu ersetzen; sie stünden somit ausschließlich den Kindern zu. Schließlich hätten auch die Unterhaltszahlungen berücksichtigt werden müssen. Der Beschwerdeführer sei nämlich nicht verpflichtet, sinnlose Herabsetzungsanträge bei Gericht zu stellen. Überdies seien derartige Anträge für ihn sogar schädlich, weil ihn das Gericht auf Grund seiner Ausbildung dann auf eine noch höhere Unterhaltszahlung anspannen könnte. Weitere Herabsetzungsanträge zu stellen, sei dem Beschwerdeführer daher nicht zumutbar. Da ihm bereits strafrechtliche Konsequenzen angedroht worden seien, sei er genötigt, zumindest bescheidene Beträge aus der "Unterstützung für Ernährung" zu tätigen. Schon deshalb sei eine Notlage im Sinne des TSHG gegeben, die durch die bereits erstattete Strafanzeige und die dadurch bewirkte Behinderung seiner Arbeitssuche noch weiter verschärft werde.
Was zunächst die vom Beschwerdeführer gerügten Unrichtigkeiten in der behördlichen Gegenüberstellung seiner Einkünfte und seines Bedarfes anlangt, ist der Vorwurf, es seien 31 Tage Arbeitslosengeld angesetzt worden, unzutreffend. Vielmehr wurde der - auch vom Beschwerdeführer für richtig erachtete - Durchschnittswert von 30,5 Tagen herangezogen. Weiters übersieht der Beschwerdeführer, dass Sozialhilfe zur Deckung des Aufwandes für Unterkunft in Form der Übernahme der tatsächlich erwachsenden Kosten (vgl. § 4 Abs. 1 lit. b TSHV) gewährt wird. Die Gewährung einer Unterstützung für Unterkunft setzt daher voraus, dass ein konkreter Bedarf geltend gemacht wird. Wenn der Beschwerdeführer daher die Behörde über eine Mietzinserhöhung nicht unterrichtete, sondern Sozialhilfe "für die Miete" mit dem Hinweis beantragte, sämtliche Unterlagen lägen "längst dem Amt für Soziales" vor, so hat er die Nichtberücksichtigung einer Mietzinserhöhung selbst zu vertreten.
Beim Vorbringen, Familienzuschläge zum Arbeitslosenentgelt dürften bei der Berechnung des Einkommens nicht berücksichtigt werden, übersieht die Beschwerde, dass für die Beurteilung, ob ein Einkommen den Anspruch auf Sozialhilfe mindern oder zum Erlöschen bringen kann, von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen ist, der alle Einkünfte des Hilfe Suchenden umfasst, gleichgültig aus welchem Titel sie ihm zufließen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2003/10/0009). Mangels einer sozialhilferechtlichen Ausnahme betreffend die erwähnten Familienzuschläge sind diese daher dem Einkommen zuzurechnen, das dem Beschwerdeführer zur Befriedigung seines Lebensbedarfes zur Verfügung stand.
Zur Frage der Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 16. Oktober 2006, Zl. 2003/10/0256, verwiesen. Aus den dort dargelegten Gründen wurden die Unterhaltsleistungen des Beschwerdeführers von der belangten Behörde auch im vorliegenden Fall zu Recht unberücksichtigt gelassen.
Schließlich rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe offenbar Daten betreffend sein Einkommen erhoben, ihm die dabei erzielten Ergebnisse aber nicht zur Kenntnis gebracht und ihm auch nicht Gelegenheit zur Stellungnahme geboten. Mit diesem Vorbringen wird allerdings schon deshalb keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt, weil nicht zugleich auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG dargelegt wurde.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 14. Mai 2007
Schlagworte
Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005100187.X00Im RIS seit
20.06.2007