TE OGH 2003/11/4 2Nc39/03p

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.11.2003
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der mj Lisa H*****, vertreten durch Dr. Paul Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, über den Ordinationsantrag der Antragstellerin den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Ordinationsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin beantragte, der Oberste Gerichtshof möge im Sinne des § 28 JN ein inländisches Gericht zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache bestimmen und brachte im Wesentlichen folgendes vor:

Sie habe bei einer österreichischen Außenstelle einer Schweizer Bergbahnengesellschaft, die in Österreich für ihr Schigebiet auch werbe, eine Liftkarte gekauft und sich am 25. 1. 2003 beim Aussteigen aus dem Sessellift verletzt. Wegen des schuldhaften Verhaltens ihres Liftpersonales hafte die Gesellschaft für den Schaden der Klägerin von EUR 1.780 (beschädigte Kleidung und Snowboardausrüstung, Schmerzengeld, Spesen), sie habe aber bisher keine Zahlung geleistet. Die österreichische inländische Zuständigkeit leite sich als Folge der Verbraucherstellung der Antragstellerin aus Art 13 iVm Art 14 LGVÜ ab, es fehle aber an einem örtlich zuständigen inländischen Gericht.Sie habe bei einer österreichischen Außenstelle einer Schweizer Bergbahnengesellschaft, die in Österreich für ihr Schigebiet auch werbe, eine Liftkarte gekauft und sich am 25. 1. 2003 beim Aussteigen aus dem Sessellift verletzt. Wegen des schuldhaften Verhaltens ihres Liftpersonales hafte die Gesellschaft für den Schaden der Klägerin von EUR 1.780 (beschädigte Kleidung und Snowboardausrüstung, Schmerzengeld, Spesen), sie habe aber bisher keine Zahlung geleistet. Die österreichische inländische Zuständigkeit leite sich als Folge der Verbraucherstellung der Antragstellerin aus Art 13 in Verbindung mit Artikel 14, LGVÜ ab, es fehle aber an einem örtlich zuständigen inländischen Gericht.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 JN besteht eine Ordinationspflicht, wenn ein Gerichtsstand in Österreich nicht gegeben ist, Österreich aber auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung der Gerichtsbarkeit verpflichtet ist. Auch das Luganer Übereinkommen (LGVÜ), auf dessen Art 13 und 14 sich die Antragstellerin ausschließlich stützt, kann eine Ordinationspflicht auslösen (Mayr in Rechberger2 § 28 JN Rz 3).Gemäß § 28 Absatz eins, Ziffer eins, JN besteht eine Ordinationspflicht, wenn ein Gerichtsstand in Österreich nicht gegeben ist, Österreich aber auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung der Gerichtsbarkeit verpflichtet ist. Auch das Luganer Übereinkommen (LGVÜ), auf dessen Art 13 und 14 sich die Antragstellerin ausschließlich stützt, kann eine Ordinationspflicht auslösen (Mayr in Rechberger2 § 28 JN Rz 3).

Es trifft zu, dass im Verhältnis zur Schweiz noch das LGVÜ anzuwenden ist (Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht2, Einleitung Rz 50). Dessen 4. Abschnitt (Zuständigkeit für Verbrauchersachen) ist aber gemäß Art 13 Abs 3 LGVÜ nicht auf Beförderungsverträge anzuwenden. Hiedurch sind Beförderungsverträge jeder Art (Personen- und Güterbeförderung) ausgeschlossen (Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht Art 13 Rz 38; Gottwald in Münchener Kommentar zur ZPO2 Band 3 Art 13 EuGVÜ Rz 9). Dieser Ausschluss hat seinen Grund darin, dass solche Verträge durch verschiedene Übereinkommen einem weit verästelten Sonderregime unterworfen sind und schwer lösbare Konventionskonflikte befürchtet wurden (Geimer/Schütze aaO; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht7 Art 15 EuGVVO Rz 29; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht2 Art 15 EuGVVO Rz 10). Soweit keine dieser Spezialkonventionen zur Anwendung kommt, gelten die allgemeinen Zuständigkeitsregeln der Art 2 ff LGVÜ (Geimer/Schütze aaO; Gottwald aaO; Schlosser aaO; Czernich/Tiefenthaler/Kodek Art 15 EuGVVO Rz 31; Simotta in Fasching2 vor §§ 83a und 83b JN Rz 110). Ausgeschlossen sind nach dem klaren Wortlaut des Übereinkommens Beförderungsverträge schlechthin und nicht nur die einer sonstigen Konvention unterworfenen (anders wohl Schoibl, Die Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach europäischem Zivilverfahrensrecht, JBl 1998, 700, 769). Hier zu differenzieren könnte wegen der Unübersichtlichkeit der Konventionslage erst wieder zu einer Belastung für die Praxis führen. Beförderungsverträge aller Art sind also aus dem Anwendungsbereich der Art 13 ff LGVÜ vollständig ausgenommen, obwohl der Verbraucher auch bei ihnen schutzbedürftig wäre (Gottwald aaO).Es trifft zu, dass im Verhältnis zur Schweiz noch das LGVÜ anzuwenden ist (Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht2, Einleitung Rz 50). Dessen 4. Abschnitt (Zuständigkeit für Verbrauchersachen) ist aber gemäß Art 13 Absatz 3, LGVÜ nicht auf Beförderungsverträge anzuwenden. Hiedurch sind Beförderungsverträge jeder Art (Personen- und Güterbeförderung) ausgeschlossen (Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht Art 13 Rz 38; Gottwald in Münchener Kommentar zur ZPO2 Band 3 Art 13 EuGVÜ Rz 9). Dieser Ausschluss hat seinen Grund darin, dass solche Verträge durch verschiedene Übereinkommen einem weit verästelten Sonderregime unterworfen sind und schwer lösbare Konventionskonflikte befürchtet wurden (Geimer/Schütze aaO; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht7 Art 15 EuGVVO Rz 29; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht2 Art 15 EuGVVO Rz 10). Soweit keine dieser Spezialkonventionen zur Anwendung kommt, gelten die allgemeinen Zuständigkeitsregeln der Art 2 ff LGVÜ (Geimer/Schütze aaO; Gottwald aaO; Schlosser aaO; Czernich/Tiefenthaler/Kodek Art 15 EuGVVO Rz 31; Simotta in Fasching2 vor §§ 83a und 83b JN Rz 110). Ausgeschlossen sind nach dem klaren Wortlaut des Übereinkommens Beförderungsverträge schlechthin und nicht nur die einer sonstigen Konvention unterworfenen (anders wohl Schoibl, Die Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach europäischem Zivilverfahrensrecht, JBl 1998, 700, 769). Hier zu differenzieren könnte wegen der Unübersichtlichkeit der Konventionslage erst wieder zu einer Belastung für die Praxis führen. Beförderungsverträge aller Art sind also aus dem Anwendungsbereich der Art 13 ff LGVÜ vollständig ausgenommen, obwohl der Verbraucher auch bei ihnen schutzbedürftig wäre (Gottwald aaO).

Auch die Beförderung mit einem Sessellift, wie sie im vorliegenden Fall nach Kauf einer Liftkarte erfolgt ist, beruht auf einem (reinen) Beförderungsvertrag im Sinne des Art 13 Abs 3 LGVÜ. Um einen - verschiedene Einzelleistungen kombinierenden - Pauschalreisevertrag, der nicht in seine Segmente auseinandergerissen werden soll (4 Nd 501/99; RIS-Justiz RS0111522, RS0108686; vgl nunmehr ausdrücklich Art 15 Abs 3 EuGVVO), handelt es sich hier nicht.Auch die Beförderung mit einem Sessellift, wie sie im vorliegenden Fall nach Kauf einer Liftkarte erfolgt ist, beruht auf einem (reinen) Beförderungsvertrag im Sinne des Art 13 Absatz 3, LGVÜ. Um einen - verschiedene Einzelleistungen kombinierenden - Pauschalreisevertrag, der nicht in seine Segmente auseinandergerissen werden soll (4 Nd 501/99; RIS-Justiz RS0111522, RS0108686; vergleiche nunmehr ausdrücklich Artikel 15, Absatz 3, EuGVVO), handelt es sich hier nicht.

Die von der Antragstellerin herangezogenen Bestimmungen des LGVÜ können somit nicht zum Tragen kommen, weshalb die daraus abgeleitete Ordinationspflicht nicht besteht.

Der Ordinationsantrag war daher abzuweisen.

Textnummer

E71292

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0020NC00039.03P.1104.000

Im RIS seit

04.12.2003

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten