Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Neulengbach, wider die beklagten Parteien 1. B***** Handelsgesellschaft mbH & Co KG und 2. B***** Handelsgesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr. Gerhard Rößler, Rechtsanwalt in Zwettl, wegen EUR 5.450,46 sA infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 9. Februar 2004, GZ 2 R 127/03v-13, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Zwettl vom 16. April 2003, GZ 1 C 1220/02p-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Die Revisionsbeantwortung der erstbeklagten Partei wird zurückgewiesen.
2. Die Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit EUR 274,67 (darin EUR 45,78 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Mit Gesellschaftsvertrag vom 6. Juni 1989 gründeten die klagende Partei als Komplementärin und ein Kommanditist die erstbeklagte Partei. Der Gesellschaftsvertrag enthält in Punkt VI. unter anderem folgende Bestimmungen:
"2. Für die Übernahme der persönlichen Haftung bzw. zur Abgeltung des Haftungsrisikos erhält die persönlich haftende Gesellschafterin eine Vergütung in der Höhe von jährlich 5 % des Stammkapitales der Gesellschafter m.b.H. Diese Vergütung hat Kostencharakter.
3. Der sich nach Abzug obiger Kosten ergebende Reingewinn (Verlust) wird an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitaleinlagen verteilt."
Im Jahr 1996 trat die zweitbeklagte Partei als weitere Komplementärin in die KG ein; gleichzeitig verlor die klagende Partei ihre Vertretungsbefugnis.
Die klagende Partei begehrte auch von der zweitbeklagten Partei - gegenüber der erstbeklagten Partei ist die klagestattgebende Entscheidung bereits in Rechtskraft erwachsen - die Zahlung der für die Jahre 1999 bis 2002 fällig gewordenen Vergütungen im Sinne des Punktes VI. 2. des Gesellschaftsvertrags samt Zinsen. Die Haftung der zweitbeklagten Partei ergebe sich aus ihrer Stellung als persönlich haftender Gesellschafterin.
Das Erstgericht gab der Klage statt, wobei es allerdings einen Teil des erhobenen Begehrens (unbekämpft) nicht erledigte. Eine Auslegung des Gesellschaftsvertrags dahin, dass die klagende Partei als persönlich haftende Gesellschafterin die ihr vertraglich eingeräumte Vergütung mittragen müsste, verbiete sich bei redlicher Vertragsauslegung.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung ab und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander richte sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrag. Die Vereinbarung zwischen der klagenden und der erstbeklagten Partei über die Zahlung einer Vergütung für die Übernahme des Haftungsrisikos stelle eine Individualvereinbarung dar. Dass auch die zweitbeklagte Partei eine gleichartige vertragliche Verpflichtung gegenüber der klagenden Partei übernommen habe, sei nicht behauptet worden. Allein aus der Stellung der zweitbeklagten Partei als Komplementärin ließe sich eine solche Verpflichtung nicht ableiten, weil die unbeschränkte Haftung eines Komplementärs lediglich im Außenverhältnis gegenüber den Gesellschaftsgläubigern bestehe, während sich das Verhältnis der Gesellschafter untereinander nach dem Gesellschaftsvertrag richte. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob ein neu in die Gesellschaft eintretender Komplementär automatisch, also ohne rechtsgeschäftlichen Akt, in "von anderen Komplementären seinerzeit rechtsgeschäftlich übernommene Verpflichtungen" eintrete, eine gesicherte Rechtsprechung nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Die Revisionsbeantwortung erweist sich insoweit als unzulässig, als sie namens der erstbeklagten Partei erstattet wurde. Diese ist vom Revisionsverfahren nicht betroffen.
Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass den Komplementär eine persönliche Haftung für Gesellschaftsschulden grundsätzlich nur im Verhältnis zu Dritten, nicht aber auch im Verhältnis zu anderen Gesellschaftern trifft, die ihre Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis ableiten. Die Rechte und Pflichten der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern und umgekehrt werden als Sozialansprüche bzw -pflichten bezeichnet, soweit sie ihre Grundlage in der Mitgliedschaft haben (vgl U. Torggler/H. Torggler in Straube, HGB I3, § 109 Rz 12). Für Sozialverbindlichkeiten haftet im Allgemeinen nur das Gesellschaftsvermögen. Der Anspruch ist daher gegen die Gesellschaft geltend zu machen (vgl U. Torggler/H. Torggler in Straube, HGB I3, § 109 Rz 20 mwH). Anders sind nur sogenannte Drittansprüche, also außergesellschaftliche Rechte des Gesellschafters, zu beurteilen, deren Entstehungsgrund nicht im Gesellschaftsverhältnis, sondern in einer außergesellschaftlichen Beziehung liegt. Solche Ansprüche können grundsätzlich auch gegen den unbeschränkt haftenden Mitgesellschafter geltend gemacht werden, wobei allerdings zunächst das Gesellschaftsvermögen in Anspruch genommen werden und der auf den klagenden Gesellschafter entfallende Verlustanteil abgezogen werden muss (vgl U. Torggler/H. Torggler in Straube, HGB I3, § 109 Rz 21 f mwH). Für die Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis haftet nach völlig hM somit nur die Gesellschaft (vgl auch Koppensteiner in Straube, HGB I3, § 128 Rz 17 ff mwH). Auch Sinn und Zweck des § 128 HGB spricht für diese Einschränkung, weil es bei dieser Vorschrift um den Gläubigerschutz im Außenverhältnis geht (vgl etwa Jabornegg in Jabornegg, Kommentar zum HGB, § 128 Rz 40 f mwH).Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass den Komplementär eine persönliche Haftung für Gesellschaftsschulden grundsätzlich nur im Verhältnis zu Dritten, nicht aber auch im Verhältnis zu anderen Gesellschaftern trifft, die ihre Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis ableiten. Die Rechte und Pflichten der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern und umgekehrt werden als Sozialansprüche bzw -pflichten bezeichnet, soweit sie ihre Grundlage in der Mitgliedschaft haben vergleiche U. Torggler/H. Torggler in Straube, HGB I3, § 109 Rz 12). Für Sozialverbindlichkeiten haftet im Allgemeinen nur das Gesellschaftsvermögen. Der Anspruch ist daher gegen die Gesellschaft geltend zu machen (vgl U. Torggler/H. Torggler in Straube, HGB I3, § 109 Rz 20 mwH). Anders sind nur sogenannte Drittansprüche, also außergesellschaftliche Rechte des Gesellschafters, zu beurteilen, deren Entstehungsgrund nicht im Gesellschaftsverhältnis, sondern in einer außergesellschaftlichen Beziehung liegt. Solche Ansprüche können grundsätzlich auch gegen den unbeschränkt haftenden Mitgesellschafter geltend gemacht werden, wobei allerdings zunächst das Gesellschaftsvermögen in Anspruch genommen werden und der auf den klagenden Gesellschafter entfallende Verlustanteil abgezogen werden muss (vgl U. Torggler/H. Torggler in Straube, HGB I3, § 109 Rz 21 f mwH). Für die Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis haftet nach völlig hM somit nur die Gesellschaft vergleiche auch Koppensteiner in Straube, HGB I3, § 128 Rz 17 ff mwH). Auch Sinn und Zweck des § 128 HGB spricht für diese Einschränkung, weil es bei dieser Vorschrift um den Gläubigerschutz im Außenverhältnis geht vergleiche etwa Jabornegg in Jabornegg, Kommentar zum HGB, § 128 Rz 40 f mwH).
Die Auffassung der herrschenden Lehre wird auch vom Obersten Gerichtshof geteilt. So wurde etwa zum Anspruch auf Gewinnauszahlung wiederholt ausgesprochen, dass dieser nur gegen die Gesellschaft, nicht aber gegen die Gesellschafter erhoben werden könne (HS 72/21, 7137 ua). Ebenso wurde erkannt, dass sich der Anspruch auf Auszahlung einer Gewinngarantie nur gegen die Gesellschaft richte und die anderen Gesellschafter nur in Anspruch genommen werden könnten, wenn sie sich persönlich verpflichtet haben (SZ 26/311 = JBl 1954, 439). Die Revisionswerberin setzt sich mit dieser einhelligen Lehre und Judikatur nicht einmal ansatzweise auseinander.
Unverständlich ist die Argumentation, die zweitbeklagte Partei habe durch ihren Beitritt zur Gesellschaft sämtliche Verbindlichkeiten solidarisch übernommen und sie habe daher auch den Anspruch eines Gesellschafters zu erfüllen, der diesem "gegen die übrigen Gesellschafter" zustehe. Hier geht es aber gar nicht um den Anspruch eines Gesellschafters gegen andere Gesellschafter, sondern vielmehr um im Gesellschaftsvertrag begründete Ansprüche der klagenden Partei gegen die Gesellschaft selbst. Ebensowenig nachvollziehbar ist das Argument, eine Verpflichtung der zweitbeklagten Partei sei nur "recht und billig", weil diese es als vertretungsbefugte Gesellschafterin in der Hand habe, ob die Haftung der klagenden Partei "jemals schlagend" werde, und die in erster Linie davon profitiere, dass neben ihr auch die klagende Partei den Gläubigern der Gesellschaft haftet. Abgesehen davon, dass der klagenden Partei ihr Vergütungsanspruch - gegen die erstbeklagte Partei - ohne Rücksicht darauf zusteht, ob ihre Haftung schlagend wird oder nicht, könnte ebensogut argumentiert werden, die klagende Partei profitiere davon, dass die zweitbeklagte Partei nach deren Eintritt in die Gesellschaft nunmehr gleichfalls den Gesellschaftsgläubigern haftet.
Schließlich nimmt die Revisionswerberin in ihren Ausführungen auch auf die insoweit eindeutigen Regelungen im Gesellschaftsvertrag nicht Bedacht. Nach dessen Punkt VI. 3. wird der sich nach Abzug der (an die klagende Partei zu zahlenden) Haftungsvergütung ergebende Reingewinn an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitaleinlagen verteilt. Auch daraus ergibt sich klar, dass die übrigen Gesellschafter von der Haftungsvergütung nur insoweit betroffen sein sollen, als diese den Gesellschaftsgewinn bzw das Gesellschaftsvermögen schmälert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 und § 41 Abs 1 ZPO. Da in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde, stellt sie sich als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme dar. Da der Schriftsatz sowohl von der erst- als auch von der zweitbeklagten Partei erhoben wurde, ist davon auszugehen, dass die damit verbundenen Kosten von beiden beklagten Parteien nach Kopfteilen zu tragen sind. Der zweitbeklagten Partei steht daher der Ersatz der Hälfte der Kosten der gemeinsamen Revisionsbeantwortung (inklusive Streitgenossenzuschlag) zu.
Textnummer
E73658European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00106.04A.0517.000Im RIS seit
16.06.2004Zuletzt aktualisiert am
13.01.2011