TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/27 2005/03/0140

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Veröffentlicht am 27.06.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;
99/03 Kraftfahrrecht;

Norm

ADR 1973 AnlA Kap5.2 idF 2002/III/265;
AVG §56;
GGBG 1998 §13 Abs1a Z2;
GGBG 1998 §13 Abs1a Z3;
GGBG 1998 §27 Abs1 Z1;
GGBG 1998 §27 Abs7;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. PZ in P, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Pallauf, Pullmann, Meißnitzer & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 30. März 2005, Zl. UVS-5/11861/5-2005, betreffend Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten 2 und 3 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer dreier Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) für schuldig erkannt. Die mit dem angefochtenen Bescheid neu gefassten Schuld- sowie Strafaussprüche lauten wie folgt:

"Sie haben es als Vorstand und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung der B Aktiengesellschaft in D-P, berufene Organ zu verantworten, dass dieses Unternehmen als Beförderer am 15.4.2004 um 10.32 Uhr in Lamprechtshausen auf der

B 156 Lamprechtshausener Straße bei Strkm. 30,6 in Richtung Salzburg mit dem Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen P (D) gefährliche Güter, und zwar UN 1013 Kohlendioxid, 2.2, 3 Stahlflaschen zu je 10 kg, befördert hat, ohne

1. dass ein den Bestimmungen des Unterabschnittes 8.1.2.1 lit. a iVm Abschnitt 5.4.1. der Anlagen A und B des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), BGBl. Nr. 522/1973 idF BGBl. III Nr. 265/2002, entsprechendes Beförderungspapier mitgeführt wurde, da in dem vom Lenker als Beförderungspapier vorgewiesenen Lieferschein entgegen Unterabschnitt 5.4.1.1. ADR die offizielle Benennung des Gefahrgutes gemäß Abschnitt 3.1.2. ADR fehlte, indem anstatt 'Kohlendioxid' 'Kohlensäure' angegeben war, die Nummer des Gefahrzettelmusters, die UN-Nummer samt den vorangestellten Buchstaben 'UN', die Gesamtmenge des beförderten gefährlichen Gutes, die Beschreibung der Versandstücke sowie der Freistellungsvermerk fehlten,

2. sich zuvor mit einer Sichtprüfung vergewissert zu haben, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufweist, da die an den 3 Flaschen Kohlendioxid seitlich angebrachten Gefahrzettel lediglich eine Größe von ca. 3 x 3 cm aufwiesen und der Gefahrzettel an einer Stahlflasche so zerkratzt war, dass er nicht mehr einwandfrei als solcher zu erkennen war und

3. sich zuvor mit einer Sichtprüfung vergewissert zu haben, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufweist, da die auf den 3 Flaschen Kohlendioxid angebrachten UN-Nummern so zerkratzt waren, dass sie nicht mehr einwandfrei zu erkennen waren.

Sie haben dadurch begangen zu

1. eine Übertretung gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 1a Z. 2 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes - GGBG, BGBl. I Nr. 145/1998 idF BGBl. I Nr. 61/2003 iVm den Unterabschnitten 8.1.2.1. lit. a und 5.4.1.1. der Anlagen A und B des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) BGBl. Nr. 522/1973 idF BGBl. III Nr. 265/2002, sowie iVm § 9 Abs. 1 VStG, zu

2. eine Übertretung gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 1a Z. 3 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes - GGBG, BGBl. I Nr. 145/1998 idF BGBl. I Nr. 61/2003 iVm Unterabschnitt

5.2.2.2 der Anlage A des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) BGBl. Nr. 522/1973 idF BGBl. III Nr. 265/2002, sowie iVm § 9 Abs. 1 VStG, und zu

3. eine Übertretung gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 1a Z. 3 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes - GGBG, BGBl. I Nr. 145/1998 idF BGBl. I Nr. 61/2003 iVm Unterabschnitt 5.2.1.1. der Anlage A des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) BGBl. Nr. 522/1973 idF BGBl. III Nr. 265/2002, sowie iVm § 9 Abs. 1 VStG

und werden gegen Sie hiefür zu 1. bis 3. gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG jeweils eine Geldstrafe in Höhe von EUR 726, für den Fall deren Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 120 Stunden verhängt."

Nach Darlegung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sowie des Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde begründend aus, dass der Beschwerdeführer alleiniger Vorstand der B Aktiengesellschaft mit Sitz in P sei und auch zum gegenständlich relevanten Vorfallszeitpunkt gewesen sei. Am 15. April 2004 sei der von einem Arbeitnehmer dieses Unternehmens gelenkte und unter anderem auch mit Gefahrgütern (UN 1013 Kohlendioxid, Klasse 2 ADR - 3 Stück Stahlflaschen zu je 10 kg) beladene LKW einer Gefahrgutkontrolle unterzogen worden. Hierbei sei festgestellt worden, dass zwar die Freistellungsgrenze gemäß Unterabschnitt 1.1.3.6 ADR durch die Menge der beförderten Gefahrgüter nicht überschritten worden sei, der Beförderer es jedoch unterlassen habe, dafür zu sorgen, dass ein den Bestimmungen des Unterabschnitts 8.1.2.1 lit a in Verbindung mit Abschnitt 5.4.1 des ADR entsprechendes Beförderungspapier mitgeführt werde, da in dem vom Lenker als Beförderungspapier vorgewiesenen Lieferschein die offizielle Benennung des Gefahrgutes gefehlt habe und auch die Nummer des Gefahrzettelmusters, die UN-Nummer, die Gesamtmenge des beförderten gefährlichen Gutes und die Beschreibung der Versandstücke sowie der Freistellungsvermerk gefehlt hätten. Der Beschwerdeführer habe es auch unterlassen, sich mit einer Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufweise, da die an den drei Flaschen Kohlendioxid seitlich angebrachten Gefahrzettel lediglich eine Größe von ca 3 x 3 cm aufgewiesen hätten und der Gefahrzettel an einer Stahlflasche so zerkratzt gewesen sei, dass er nicht mehr einwandfrei als solcher zu erkennen gewesen sei. Schließlich habe es der Beschwerdeführer auch unterlassen, sich zuvor mit einer Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufweise, da die auf den drei Flaschen Kohlendioxid angebracht UN-Nummern so zerkratzt gewesen seien, dass sie nicht mehr einwandfrei zu erkennen gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, es fehle bei ihm an der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 Abs 1 VStG, da zum Zeitpunkt der Kontrolle in der Person des "Oberfuhrparkleiters" MF. ein verantwortlicher Beauftragter bestellt gewesen sei, dem die mit dem Fuhrpark und der Beförderung von Waren im Zusammenhang stehenden Agenden übertragen gewesen seien und der seinerseits durch einen namentlich genannten Juristen des Unternehmens auf die entsprechenden Beförderungsvorschriften aufmerksam gemacht und geschult worden sei. Zum Beweis dafür habe der Beschwerdeführer einerseits den Anstellungsvertrag des "Oberfuhrparkleiters" vorgelegt und zum anderen habe er beantragt, zum Beweis der Bestellung des "Oberfuhrparkleiters" zum verantwortlichen Beauftragten, diesen sowie auch weitere Mitarbeiter des Unternehmens zeugenschaftlich einzuvernehmen.

Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führte die belangte Behörde in der Folge aus, dass Voraussetzung einer wirksamen Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs 2 VStG unter anderem eine eindeutige und zu keinen Zweifeln Anlass gebende Beschreibung des Verantwortungsbereiches sei. Der dieser Person unterliegende Bereich, für den auch eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen sein müsse, habe klar abgegrenzt zu sein. Erfolge eine solche klare Abgrenzung nicht, so liege keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor. Spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens müsse bei der Behörde ein aus der Zeit vor der Begehung der Übertretung stammender Zustimmungsnachweis eines verantwortlichen Beauftragten eingelangt sein. Das Tatbestandsmerkmal des klar abzugrenzenden Bereiches müsse schon beim Nachweis der Zustimmung des verantwortlichen Beauftragten vorgelegen haben und dürfe nicht erst während des anhängigen Strafverfahrens - durch Klarstellung im Rahmen des Beweisverfahrens - entscheidend ergänzt werden. Vor diesem Hintergrund könne von einer rechtswirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG im vorliegenden Fall nicht die Rede sein und es sei auch den zu diesem Beweisthema gestellten Anträgen auf Einvernahme näher benannter Zeugen nicht zu entsprechen gewesen.

Der Verantwortung des Beschwerdeführers, es habe bis zum gegenständlichen Vorfall in den vergangenen Jahren niemals Verstöße gegen die Transportvorschriften oder sonstige Verwaltungsvorschriften gegeben, sodass er durch Stichproben seiner Aufsichtspflicht jedenfalls nachgekommen sei, entgegnete die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, dass die festgestellten Mängel vorgelegen seien. Bei den vorliegenden Delikten als Ungehorsamsdelikten sei gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, es sei denn, der Beschwerdeführer mache glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führte die belangte Behörde aus, dass es dem Beschwerdeführer oblegen wäre, ein wirksames Kontrollsystem einzurichten und dieses der Behörde im Einzelnen darzulegen. Vom Bestehen eines wirksamen Überwachungs- und Kontrollsystems, von dem der Beschwerdeführer unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hätte erwarten könne, könne gegenständlich nicht die Rede sein. Ein- bis zweimal im Jahr durchgeführte stichprobenartige Kontrollen, wie sie vom Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben gegenüber seinen unmittelbar nachgeordneten Abteilungsleitern gepflogen würden, stellten keine Vorgangsweise dar, welche die Anforderungen an ein wirksames Kontroll- und Überwachungssystem erfülle. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die verantwortlichen Mitarbeiter hätten sich auf Grund der Informationen in den Verbandsnachrichten des Bayerischen Brauereibundes sowie eines Merkblattes Gefahrguttransport Straße der Industrie- und Handelskammer in einem vertretbaren Rechtsirrtum befunden, sei zu entgegnen, dass gemäß § 5 Abs 2 VStG die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann entschuldige, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet sei und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht hätte einsehen können. Das Informationsblatt habe sich auf die verfahrensgegenständlich nicht relevante Verpflichtung zum Mitführen eines Feuerlöschers bei der Beförderung von Kohlendioxid im Rahmen der Freistellungsgrenze des Unterabschnitts 1.1.3.6 ADR bezogen; das vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Merkblatt der Industrie- und Handelskammer habe lediglich einen auszugsweisen Überblick über die für die Beförderung von Gasflaschen maßgeblichen Vorschriften des ADR enthalten. Eine allenfalls irrige Auslegung der Vorschriften durch einen rechtskundigen Mitarbeiter des Unternehmens vermöge einen entschuldbaren Rechtsirrtum nicht zu begründen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen die Auffassung der belangten Behörde, er habe keine rechtswirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vorgenommen. Er habe "die im Rahmen mit dem Fuhrpark und der Beförderung mit Waren im Zusammenhang stehenden Aufgaben - dies wie in großen Unternehmen üblich - an einen verantwortlichen Beauftragten, namentlich an M (F.) als Oberfuhrparkleiter übertragen", dies sei entsprechend dem Anstellungsvertrag erfolgt, in dem unter Punkt 1 der Aufgabenbereich von M F. wie folgt beschrieben werde:

"Das genaue Aufgabengebiet wurde mit Herrn (F.) besprochen und ist ihm bekannt. Als Leiter der Versandabteilung wird Herr (F.) Bestellungen einholen, Fuhren einteilen und organisieren sowie den mit der Versandabteilung verbundenen Verwaltungsaufwand abwickeln. ...

Mit den ihm übertragenen Aufgaben wird Herr (F.) auch die Verantwortung über eine relativ große Anzahl von Mitarbeitern übertragen. Diese Mitarbeiter gilt es zu führen und zu überwachen.

...

Herr (F.) übernimmt mit dieser Tätigkeit auch die Verantwortung für die Abwicklung des Expeditionsdienstes an den Wochenenden."

Dem Fuhrparkleiter sei hinsichtlich des Teilbereichs der Versandabteilung die Abwicklung des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes übertragen worden, wobei die Führung und Überwachung der Mitarbeiter dieser Versandabteilung "naturgemäß" auch die Führung und Überwachung der Einhaltung der mit deren Tätigkeit verbundenen verwaltungsrechtlichen Vorschriften, wie beispielsweise der Bestimmungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, umfasse. Es sei somit auch eine klare Abgrenzung des Verantwortungsbereiches des verantwortlichen Beauftragten gegeben gewesen. Der Nachweis der wirksamen Bestellung des verantwortlichen Beauftragten sowie der Nachweis der Zustimmungserklärung durch diesen sei bereits im Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde durch Vorlage des von M(F.) unterfertigten Anstellungsvertrages sowie eines Aktenvermerks über das Einstellungsgespräch erfolgt. Die Ausstattung des verantwortlichen Beauftragten mit der im § 9 Abs 4 VStG geforderten "entsprechenden Anordnungsbefugnis" ergebe sich aus der Passage im Anstellungsvertrag, wonach es diese Mitarbeiter "zu führen und zu überwachen" gelte.

Gemäß § 9 Abs 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens Personen zu verantwortlichen Beauftragten zu bestellen. Gemäß § 9 Abs 4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person sein, die (unter anderem) ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Aus dem vorgelegten Anstellungsvertrag von MF. ergibt sich jedoch entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers weder, dass diesem damit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortbarkeit übertragen wurde, noch dass ihm für einen klar abgegrenzten Bereich des Unternehmens eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugeordnet worden wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert es die Wichtigkeit der Übernahme der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortbarkeit, dass die Bestellung und die damit übereinstimmende Zustimmung so erklärt werden, dass kein Zweifel an ihrem Inhalt besteht. In der Übertragung von bestimmten Aufgaben innerhalb eines Unternehmens und einzelner Beschäftigter liegt daher noch nicht die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit (vgl das hg Erkenntnis vom 14. September 2001, Zl 2000/02/0181).

Der vorgelegte Anstellungsvertrag umschreibt allgemein die Aufgaben von MF. als "Leiter der Versandabteilung", wobei jedoch hinsichtlich des genauen Aufgabengebietes im Anstellungsvertrag ausdrücklich darauf Bezug genommen wird, dass dieses mit dem betroffenen Mitarbeiter besprochen worden und ihm bekannt sei. Schon aus diesem Grund kann von einer klaren Abgrenzung des Aufgabengebietes in der schriftlichen Vereinbarung nicht die Rede sein, geht diese doch davon aus, dass eine konkrete Abgrenzung der Aufgaben in einer mündlichen Information oder Vereinbarung getroffen wurde, deren Inhalt im Anstellungsvertrag auch nicht wiedergegeben wird.

Auch die Beschreibung der Aufgaben im Anstellungsvertrag lässt nicht erkennen, dass damit auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortbarkeit übertragen werden soll. Durch Anführung der Aufgaben "Bestellungen einholen, Touren einteilen und organisieren", "den mit der Versandabteilung verbundenen Verwaltungsaufwand abwickeln", "Abwicklung der Feste" und "Verwaltung des Leihmobiliars" wird nicht einmal klar, dass dem Mitarbeiter - im Anstellungsvertrag als "Leiter der Versandabteilung" bezeichnet - damit die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde behauptete Funktion eines "Oberfuhrparkleiters" zukommt. Diese Aufgabenumschreibung lässt jedenfalls nicht erkennen, dass M F. die Verantwortung für die Einhaltung der die Gefahrgutbeförderung betreffenden Rechtsvorschriften übertragen wurde.

Auch der Hinweis, dass es in der Abteilung eine relativ große Anzahl von Mitarbeitern "zu führen und zu überwachen" gelte, kann ohne ergänzende Darlegung nicht dahingehend verstanden werden, dass damit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung bestimmter Verwaltungsvorschriften, welche grundsätzlich die zur Vertretung nach außen Berufenen trifft, durch den Abteilungsleiter übernommen wird. Die Führung und Überwachung von Mitarbeitern ist nicht notwendigerweise mit der Übernahme der strafrechtlichen Verantwortung im Sinn des § 9 Abs 2 und 4 VStG verbunden.

2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, ein im Unternehmen beschäftigter Jurist habe den "Oberfuhrparkleiter" geschult, vermag nicht darzulegen, dass der Beschwerdeführer ein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet hätte. Der Beschwerdeführer geht in diesem Zusammenhang vielmehr weiterhin davon aus, dass er einen verantwortlichen Beauftragten bestellt hätte und (daher) zu einer umfassenden Kontrolle nicht verpflichtet gewesen wäre. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass - wie oben dargelegt - eine wirksame Bestellung des "Oberfuhrparkleiters" zum verantwortlichen Beauftragten nicht vorliegt und es daher am Beschwerdeführer gelegen wäre, selbst für ein wirksames Kontrollsystem zu sorgen. Der Beschwerdeführer hat keinerlei Konkretisierung hinsichtlich eines Kontrollsystems in dem von ihm geleiteten Unternehmen vorgenommen, sondern vielmehr selbst dargelegt, dass er Vorsorge lediglich "durch entsprechende Schulungen durch einen eigenen Juristen" und stichprobenartige Kontrollen getroffen habe. Von einem wirksamen Kontrollsystem, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften jederzeit sichergestellt werden kann (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 12. September 2006, Zl 2004/03/0052), kann daher im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

3. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass die Frage der Rechtswirksamkeit der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im gegenständlichen Fall nach deutschem Recht zu beurteilen gewesen wäre, da er deutscher Staatsbürger und Vorstand der B-AG mit Sitz in P, Deutschland, sei.

Dieses Vorbringen vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen. Zwar sind bei der Frage, wer im Sinn des § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufen ist, die für das jeweilige Unternehmen geltenden - gegebenenfalls ausländischen - Rechtsvorschriften zu beachten. Die Verwaltungsübertretung wurde jedoch im Inland begangen (§ 27 Abs 7 GGBG) und unterliegt dem österreichischen Verwaltungsstrafrecht; auf Zurechnungsregeln des deutschen Ordnungswidrigkeitsrechts kommt es daher nicht an. Der Beschwerdeführer stellt weder in Frage, dass er zur Vertretung nach außen berufen im Sinn des § 9 Abs 1 VStG ist, noch kann er darlegen, dass die Erfordernisse einer wirksamen Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung gemäß § 9 Abs 2 und 4 VStG vorliegen. Vor diesem Hintergrund ist daher der Beschwerdeführer im Sinn des § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich für die ihm vorgeworfenen Übertretungen verantwortlich.

4. Auch wenn der Beschwerdeführer schließlich ausführt, dass ihm ein entschuldbarer Rechtsirrtum im Sinn des § 5 Abs 2 VStG zuzubilligen ist, kann ihm nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, dass er die deutschen Rechtsvorschriften für die Übertragung verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortung eingehalten habe und es ihm "bei der Bedachtnahme auf grenzüberschreitende Transporte im europäischen Wirtschaftsraum" nicht angelastet werden könne, dass nach Auffassung der belangten Behörde die Voraussetzungen für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs 2 VStG nicht vorliegen würden.

Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall eine Beförderung gefährlicher Güter in Österreich verfahrensgegenständlich ist. Ein Vertrauen darauf, dass eine nach deutschem Recht allenfalls wirksame Übertragung verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlichkeit auch für Handlungen gilt, welche in Österreich gesetzt werden, ist jedoch nach § 5 Abs 2 VStG nicht geschützt.

5. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass die belangte Behörde den wesentlichen Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt habe, da sie nicht begründet habe, warum durch den Anstellungsvertrag den Erfordernissen des § 9 Abs 2 und 4 VStG nicht entsprochen würde und da die belangte Behörde auf den am 8. August 2003 angefertigten Aktenvermerk, welcher ebenfalls im Verfahren als Beweis für den Umfang des Aufgabenbereichs des Fuhrparkleiters zur Vorlage gebracht worden sei, überhaupt nicht eingegangen sei.

Dem ist entgegen zu halten, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den auch vom Beschwerdeführer angesprochenen Punkt 1 des Anstellungsvertrags ausdrücklich festgestellt und wörtlich wiedergegeben hat. Sie hat dazu auch zutreffend dargelegt, dass dieser Anstellungsvertrag keine wirksame Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung begründe. Der vom Beschwerdeführer diesbezüglich behauptete Begründungsmangel liegt daher nicht vor. Der vom ihm vorgelegte handschriftliche - kaum leserliche - Aktenvermerk trägt keine Unterschrift und ist schon aus diesem Grund nicht als Nachweis einer Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Sinn des § 9 Abs 2 und 4 VStG geeignet; die Nichtberücksichtigung dieses Aktenvermerks - der nach den vorgelegten Verwaltungsakten am Tag der Abfertigung des angefochtenen Bescheides bei der belangten Behörde einlangte - stellt daher keinen relevanten Verfahrensmangel dar.

6. Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, die von ihm genannten Zeugen einzuvernehmen, durch die sich die belangte Behörde ein Bild über die vom Beschwerdeführer angeführte Situation im Unternehmen, insbesondere über die Vorgangsweise bei der Übertragung von Verantwortungsbereichen hätte machen können, ist ihm entgegen zu halten, dass der Nachweis der Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung nicht erst durch Zeugeneinvernahme im Verwaltungsstrafverfahren erbracht werden kann (vgl das hg Erkenntnis vom 24. Februar 1995, Zl 94/02/0486 bzw - zur Frage der Abgrenzung des Verantwortungsbereichs - das hg Erkenntnis vom 29. April 1997, Zl 96/05/0282).

7. Der Beschwerdeführer macht schließlich geltend, dass hinsichtlich der unter den Spruchpunkten 2 und 3 angeführten Fakten Tateinheit gegeben sei. Unter diesen Fakten werde dem Beschwerdeführer unter Berufung auf Unterabschnitte des Kapitels 5.2 des ADR vorgeworfen, dass die auf den Flaschen angebrachten Gefahrzettel im Ausmaß von ca. 3 x 3 cm (Spruchpunkt 2) und die ebenfalls an den Flaschen angebrachten UN-Nummern (Spruchpunkt 3) so zerkratzt gewesen seien, dass sie nicht mehr einwandfrei zu erkennen gewesen seien. Ein Verstoß gegen die im Kapitel 5.2 des ADR normierte Verpflichtung, wonach Kennzeichnungen und Bezettelungen gut sichtbar und lesbar sein müssten, sei auf Grund der Bezugnahme auf dieselben Versandstücke unter eine Tathandlung zusammenzufassen.

Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer mit den Spruchpunkten 2 und 3 nicht Mängel der Kennzeichnung und Bezettelung zur Last gelegt wurden, wie dies das Beschwerdevorbringen nahe legt. Vielmehr wurde ihm vorgeworfen, er habe es als Beförderer unterlassen, sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufweist, wodurch er eine Übertretung des § 27 Abs 1 Z 1 GGBG iVm § 13 Abs 1 a Z 3 GGBG begangen habe; die belangte Behörde bezieht sich dabei auch im Spruch auf jene Bestimmungen des ADR, in denen die Vorschriften für die Kennzeichnung und Bezettelung enthalten sind. Damit geht die belangte Behörde zwar zutreffend davon aus, dass ein offensichtlicher Mangel der Ladung vorliegt, wenn die Gefahrzettel und die UN-Nummern nicht mehr einwandfrei als solche erkennbar sind (und die Versandstücke damit den in Kapitel 5.2 des ADR enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen). Sie verkennt aber, dass der Beförderer nach der hier maßgeblichen Rechtslage des GGBG idF der Novelle BGBl I Nr 61/2003 nicht selbst für die Bezettelung und Kennzeichnung der Versandstücke, sondern lediglich für die Durchführung einer Sichtprüfung verantwortlich ist, in deren Rahmen er unter anderem auch offensichtliche Mängel der Kennzeichnung und Bezettelung der Ladung wahrzunehmen hat. Unterlässt er diese Sichtprüfung, so verstößt er damit gegen § 27 Abs 1 Z 1 iVm § 13 Abs 1a Z 3 GGBG, wobei es nicht darauf ankommt, ob überhaupt ein offensichtlicher Mangel der Ladung festzustellen gewesen wäre oder ob der Mangel in der Verletzung einer oder mehrerer Bestimmungen des ADR gelegen ist.

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Versandstücke zwei Bestimmungen über die Kennzeichnung und Bezettelung nicht entsprochen haben, was als Mangel im Fall einer Sichtprüfung hätte auffallen müssen, waren dem Beschwerdeführer somit im vorliegenden Fall nicht zwei gesonderte Verstöße gegen die Bestimmung über die Sichtprüfung nach § 13 Abs 1a Z 3 GGBG vorzuwerfen.

8. Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der Spruchpunkte 2 und 3 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben, im Übrigen - hinsichtlich des Spruchpunktes 1 - war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 27. Juni 2007

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltBesondere RechtsgebieteVerantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005030140.X00

Im RIS seit

20.07.2007

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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