TE OGH 2005/11/9 7Ob245/05p

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Veröffentlicht am 09.11.2005
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard P*****, vertreten durch Dr. Raimund Danner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Friedrich Harrer und Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen EUR 36.336,42 sA und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 54.504,63), über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilzwischen- und Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 20. Juli 2005, GZ 3 R 45/05s-38, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Jänner 2005, GZ 12 Cg 191/01p-35, infolge Berufung des Klägers abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 1.803,78 (darin enthalten EUR 300,63 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Zum besseren Verständnis seien allerdings hier doch einleitend die vom Erstgericht getroffenen, vom Berufungsgericht gebilligten Sachverhaltsfeststellungen und der Verfahrensgang kurz zusammengefasst dargestellt:Gemäß Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Zum besseren Verständnis seien allerdings hier doch einleitend die vom Erstgericht getroffenen, vom Berufungsgericht gebilligten Sachverhaltsfeststellungen und der Verfahrensgang kurz zusammengefasst dargestellt:

Der Kläger zog sich am 1. 1. 2000 bei einem Schiunfall ein Schädelhirntrauma mit einem offenen Schädeltrümmerbruch und einer Nasenbeinfraktur zu. Er wurde in die Landesklinik für Neurochirurgie S***** eingeliefert, deren Rechtsträger die beklagte Partei ist, und dort auf der neurochirurgischen Intensivstation behandelt. Laut Pflegebericht ergaben sich zunächst keine psychischen Auffälligkeiten. Am 8. 1. 2000 erhielt der Kläger eine Ampulle Psyquil, ein Neuroleptikum, das verabreicht wird, wenn ein Patient motorisch unruhig ist. Am 9. 1. 2000 war der Kläger, von dem das Pflegepersonal den Eindruck hatte, dass er zeitlich und örtlich sowie zur Person orientiert sei, in der ersten Tageshälfte „sehr schläfrig". Bis dahin hatte sich sein Gesundheitszustand so weit gebessert, dass seine Verlegung von der Intensivstation auf die Normalstation ins Auge gefasst wurde, jedoch wegen Platzmangels unterblieb.

Gegen 1.00 Uhr des 10. 1. 2000 begleitete ein Diplomkrankenpfleger den Kläger auf die Toilette in dem von dessen Bett etwa 20 m entfernten Badezimmer. Während der Kläger seine Notdurft verrichtete, wartete der Pfleger vor der halb geöffneten Tür des Bades. Plötzlich hörte er Schreie und musste feststellen, dass der Kläger aus dem - gegen Öffnen nicht gesicherten - Toilettenfenster gesprungen war. Dazu war es gekommen, weil sich der Kläger als typische Folge seiner beim Unfall erlittenen Schädelverletzung im Zustand eines hirntraumatischen Durchgangssyndroms befand. Das Erscheinungsbild solcher Patienten ist gekennzeichnet von Unruhe, Bettflüchtigkeit und dadurch, dass sie zeitlich, örtlich bzw zur Person nicht voll orientiert sind. Für das Pflegepersonal war weder erkennbar noch vorhersehbar, dass der Kläger, der sich beim Sturz aus dem Fenster schwere Verletzungen im Bereich der Wirbelsäule und der Beine, aber keine neuerliche Kopfverletzung zuzog, eine selbstschädigende Handlung setzen werde.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger Schmerzengeld von EUR 36.336,42 sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche zukünftigen Folgen des Fenstersturzes. Die Beklagte habe für das Versagen ihres Pflegepersonales zu haften. Auch der Umstand, dass zum Unfallszeitpunkt in der Toilette ein völlig normal und leicht zu öffnendes Fenster vorhanden gewesen sei, obwohl es auf der Station häufig zu Durchgangssyndromen komme, sei haftungsbegründend.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der Sprung des Klägers aus dem Fenster sei nicht vorhersehbar gewesen. Patienten mit Anzeichen eines Durchgangssyndroms würden nie ohne unmittelbare Aufsicht in den Toilettenraum gelassen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Der Kläger sei adäquat behandelt worden. Sein Fenstersprung sei für das Pflegepersonal nicht vorhersehbar gewesen, weshalb das Unterlassen seiner Beobachtung während der Verrichtung der Notdurft keine Verletzung der für das Pflegepersonal einer Intensivstation gebotenen Sorgfaltspflichten darstelle.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, dass es mit Teilzwischen- und Teilurteil das Leistungsbegehren dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannte und dem Feststellungsbegehren stattgab. Die Beklagte wäre als Rechtsträger der Landesklinik, auf deren neurochirurgischer Intensivstation regelmäßig Patienten nach schweren Schädelverletzungen, zu deren typischen Folgen hirnorganische Durchgangssyndrome zählten, behandelt würden, zur Wahrung der körperlichen Unversehrtheit ihrer stationär aufgenommenen Patienten verpflichtet gewesen, zumindest den unteren Teil der zweiteiligen Fenster in den Toilettanlagen gegen ein Öffnen durch Patienten zu sichern. Die fehlende zeitliche und örtliche Orientierung von an einem hirnorganischen Durchgangssyndrom leidenden Patienten reduziere nicht nur deren Fähigkeit, vorhandene Gefahren selbst zu erkennen und ihnen zu begegnen, sondern erhöhe auch die Gefahr, sich infolge der Unruhe und Bettflüchtigkeit auf Grund Orientierungslosigkeit in unbeobachteten Momenten selbst zu gefährden oder sogar schwer zu schädigen. Ein typischerweise unbeobachteter Ort sei die Toilette, deren Fenster nach seiner Größe und Situierung geeignet gewesen sei, von orientierungslosen Patienten mit wahnhaften Fluchttendenzen ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel geöffnet und durchstiegen zu werden. Eine Sicherung des Fensters gegen ein Öffnen durch Patienten wäre unschwer - etwa durch Entfernung des Fenstergriffes - möglich gewesen. Eine solche Sicherung wäre auch notwendig gewesen, um zu verhindern, dass Patienten mit einem hirnorganischen Durchgangssyndrom, in Umsetzung damit einhergehender Unruhe und Fluchtgefährdung und mangelnder Orientiertheit bzw bestehender Verwirrtheit oder Wahnideen, das Fenster öffnen, aus dem Fenster steigen und sich dadurch selbst schädigen. Dass ein Sicherung des unteren Toilettenfensters im konkreten Fall den Sprung des Klägers verhindert hätte, sei evident. Die Beklagte habe daher dem Kläger für die Folgen seines Sprunges aus dem ungesicherten Toilettenfenster zu haften, weil dieses nicht dem baulichen Sicherheitsstandard entsprochen habe, der erfordert hätte, dass das Fenster nicht so geöffnet werden könne, dass ein Patient hinaussteigen oder hinausspringen könne.

Das Feststellungsinteresse des Klägers sei evident. Insoweit sei ein stattgebendes Teilurteil möglich. Zur Beurteilung der Angemessenheit des geltend gemachten, von der Beklagten als überhöht bestrittenen Schmerzengeldbegehrens bedürfe es noch weiterer Beweisaufnahmen und Feststellungen, sodass insofern ein Teilzwischenurteil zu fällen gewesen sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den Schutzpflichten eines Krankenhausträgers gegenüber zumindest latent selbstschädigungsgefährdeten Patienten nicht habe aufgefunden werden können, welcher Rechtsfrage über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die von der beklagten Partei gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:Entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die von der beklagten Partei gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig:

Schon die Vorinstanzen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass der Vertrag eines Patienten mit einer Krankenanstalt auf stationäre Behandlung regelmäßig in erster Linie auf die ärztliche Heilbehandlung gerichtet ist. Er umfasst aber auch die Pflege des Patienten, seine Beherbergung und die Wahrung seiner körperlichen Sicherheit (2 Ob 657/84, JBl 1985, 293; RIS-Justiz RS0021902, zuletzt etwa 10 ObS 171/01f). Derjenige, der - wie im vorliegenden Fall die Beklagte - eine Krankenanstalt betreibt (der Rechtsträger) ist verpflichtet, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit der Patient durch andere Patienten, durch Besucher, durch die technischen Einrichtungen zur Heilbehandlung und Pflege und durch die sonstigen betrieblichen Anlagen in seiner körperlichen Unversehrtheit nicht zu Schaden kommt (vgl NJW 1976, 1145; JBl 1985, 293; 7 Ob 156/01v ua). Aus allgemeinen Verkehrssicherungspflichten ist der verantwortliche Rechtsträger eines Krankenhauses ua verpflichtet, insbesondere auch die Krankenzimmer samt Bädern und Toiletten in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand zu erhalten (vgl 7 Ob 156/01v; vgl hinsichtlich der Gänge und Treppen eines Krankenhauses 10 Ob 2048/96s mwN).Schon die Vorinstanzen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass der Vertrag eines Patienten mit einer Krankenanstalt auf stationäre Behandlung regelmäßig in erster Linie auf die ärztliche Heilbehandlung gerichtet ist. Er umfasst aber auch die Pflege des Patienten, seine Beherbergung und die Wahrung seiner körperlichen Sicherheit (2 Ob 657/84, JBl 1985, 293; RIS-Justiz RS0021902, zuletzt etwa 10 ObS 171/01f). Derjenige, der - wie im vorliegenden Fall die Beklagte - eine Krankenanstalt betreibt (der Rechtsträger) ist verpflichtet, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit der Patient durch andere Patienten, durch Besucher, durch die technischen Einrichtungen zur Heilbehandlung und Pflege und durch die sonstigen betrieblichen Anlagen in seiner körperlichen Unversehrtheit nicht zu Schaden kommt vergleiche NJW 1976, 1145; JBl 1985, 293; 7 Ob 156/01v ua). Aus allgemeinen Verkehrssicherungspflichten ist der verantwortliche Rechtsträger eines Krankenhauses ua verpflichtet, insbesondere auch die Krankenzimmer samt Bädern und Toiletten in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand zu erhalten vergleiche 7 Ob 156/01v; vergleiche hinsichtlich der Gänge und Treppen eines Krankenhauses 10 Ob 2048/96s mwN).

Zu grundsätzlichen Fragen der Verkehrssicherungspflichten sowie der Schutz- und Sorgfaltspflichten als vertragliche Nebenpflichten liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor (vgl die Nachweise bei Reischauer in Rummel ABGB II2 § 1294 Rz 4, 5 und § 1297 Rz 5 sowie § 1298 Rz 14 und 20 [mietähnliche Verträge]; RIS-Justiz RS0013999; RS0017049 und RS0023355, jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Die Verkehrssicherungspflicht darf nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0023487), soll sie keine in Wahrheit vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben (RIS-Justiz RS0023950). Sie findet ihre Grenze in der Zumutbarkeit möglicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr (Harrer in Schwimann, ABGB2 VII § 1295 Rz 44 und 55 mwN; SZ 53/49; SZ 60/256; ZVR 1989/28; ZVR 1993/62; RIS-Justiz RS0023397). Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich dabei vor allem danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (ZVR 1997/128; EvBl 2001/67; RIS-Justiz RS0023726). Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann immer nur von Fall zu Fall bestimmt werden (RIS-Justiz RS0029874; RS0110202); entscheidend ist vor allem, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (7 Ob 51/00a, ZVR 2000/94; 6 Ob 333/00i; 7 Ob 156/00v; 7 Ob 118/04k ua). Ob eine Situation geschaffen wurde, die eine Schädigung wahrscheinlich macht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (7 Ob 151/98a; 7 Ob 156/01v7 Ob 118/04k ua; vgl RIS-Justiz RS0111380). Eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO muss aber über die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles hinaus Bedeutung haben. Dies ist bei bloßen Ermessensentscheidungen im Allgemeinen nicht der Fall (7 Ob 118/04k uva). Soweit sich das Berufungsgericht im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bewegt, die Rechtslage nicht verkennt und nur auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles seine Entscheidung trifft, ohne von einer in stRsp anerkannten Ermessensübung extrem abzuweichen, liegt eine erhebliche Rechtsfrage nicht vor (Kodek in Rechberger2 § 502 ZPO Rz 3 mwN).Zu grundsätzlichen Fragen der Verkehrssicherungspflichten sowie der Schutz- und Sorgfaltspflichten als vertragliche Nebenpflichten liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor vergleiche die Nachweise bei Reischauer in Rummel ABGB II2 Paragraph 1294, Rz 4, 5 und Paragraph 1297, Rz 5 sowie Paragraph 1298, Rz 14 und 20 [mietähnliche Verträge]; RIS-Justiz RS0013999; RS0017049 und RS0023355, jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Die Verkehrssicherungspflicht darf nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0023487), soll sie keine in Wahrheit vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben (RIS-Justiz RS0023950). Sie findet ihre Grenze in der Zumutbarkeit möglicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr (Harrer in Schwimann, ABGB2 römisch VII Paragraph 1295, Rz 44 und 55 mwN; SZ 53/49; SZ 60/256; ZVR 1989/28; ZVR 1993/62; RIS-Justiz RS0023397). Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich dabei vor allem danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (ZVR 1997/128; EvBl 2001/67; RIS-Justiz RS0023726). Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann immer nur von Fall zu Fall bestimmt werden (RIS-Justiz RS0029874; RS0110202); entscheidend ist vor allem, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (7 Ob 51/00a, ZVR 2000/94; 6 Ob 333/00i; 7 Ob 156/00v; 7 Ob 118/04k ua). Ob eine Situation geschaffen wurde, die eine Schädigung wahrscheinlich macht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (7 Ob 151/98a; 7 Ob 156/01v7 Ob 118/04k ua; vergleiche RIS-Justiz RS0111380). Eine Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO muss aber über die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles hinaus Bedeutung haben. Dies ist bei bloßen Ermessensentscheidungen im Allgemeinen nicht der Fall (7 Ob 118/04k uva). Soweit sich das Berufungsgericht im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bewegt, die Rechtslage nicht verkennt und nur auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles seine Entscheidung trifft, ohne von einer in stRsp anerkannten Ermessensübung extrem abzuweichen, liegt eine erhebliche Rechtsfrage nicht vor (Kodek in Rechberger2 Paragraph 502, ZPO Rz 3 mwN).

Ein solches Abweichen des Berufungsgerichtes von der anerkannten Ermessensübung ist im vorliegenden Fall unter Zugrundelegung der eben dargestellten Grundsätze nicht zu erkennen. Mag auch die zufolge des hirnorganischen Durchgangssyndroms des Klägers bei diesem aufgetretene krankhafte Fluchttendenz bzw seine Neigung zu selbstschädigendem Handeln für das Pflegepersonal nicht vorhersehbar bzw erkennbar gewesen sein, steht doch fest, dass auf der betreffenden Krankenhausstation regelmäßig Patienten nach schweren Schädelverletzungen behandelt wurden, zu deren typischen Folgen hirnorganische Durchgangssyndrome zählen, weshalb sich die damit verbundene Problematik von Fluchttendenzen bzw selbstschädigenden Handlungen zwangsläufig ergibt. Unter diesen Umständen bestand für die beklagte Partei die Verpflichtung, auch ohne Bezug auf einen konkreten Einzelfall Maßnahmen zu ergreifen, die es Patienten unmöglich gemacht hätten, das Toilettenfenster zu öffnen und dadurch zu Schaden zu kommen. Diese Pflicht bestand allen Patienten der betreffenden Krankenhausstation als Dritten und daher auch dem Kläger gegenüber (vgl BGH VersR 1987, 985 [986]). Die vom Berufungsgericht für geboten erachtete Maßnahme einer Sicherung des Toilettenfensters war also durchaus angezeigt und wäre auch, wie schon das Berufungsgericht zutreffend betont hat, ganz leicht zu bewerkstelligen gewesen. Schon durch das bloße Entfernen des Fenstergriffes wäre es an hirnorganischem Durchgangssyndrom leidenden Patienten wie dem Kläger unmöglich gemacht worden, das Fenster zu öffnen und die gegenständliche Selbstschädigung daher verhindert worden. Von einer Überspannung der Sorgfaltspflicht kann entgegen der Ansicht des Revisionswerbers dabei keine Rede sein. Ist doch die (nach der Aktenlage übrigens inzwischen erfolgte) Entfernung des Fenstergriffes weniger problematisch als die Alternative einer ständigen Beobachtung des Patienten, die - falls vermeidbar - im Toilettenbereich wohl dessen Intimsphäre verletzt. Demnach verfängt auch der vom Revisionswerber erhobene Einwand der mangelnden Kausalität bzw Adäquanz nicht. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht vielmehr mit den zu den Schutz- und Sorgfaltspflichten als vertragliche Nebenpflichten entwickelten Judikaturgrundsätzen im Einklang.Ein solches Abweichen des Berufungsgerichtes von der anerkannten Ermessensübung ist im vorliegenden Fall unter Zugrundelegung der eben dargestellten Grundsätze nicht zu erkennen. Mag auch die zufolge des hirnorganischen Durchgangssyndroms des Klägers bei diesem aufgetretene krankhafte Fluchttendenz bzw seine Neigung zu selbstschädigendem Handeln für das Pflegepersonal nicht vorhersehbar bzw erkennbar gewesen sein, steht doch fest, dass auf der betreffenden Krankenhausstation regelmäßig Patienten nach schweren Schädelverletzungen behandelt wurden, zu deren typischen Folgen hirnorganische Durchgangssyndrome zählen, weshalb sich die damit verbundene Problematik von Fluchttendenzen bzw selbstschädigenden Handlungen zwangsläufig ergibt. Unter diesen Umständen bestand für die beklagte Partei die Verpflichtung, auch ohne Bezug auf einen konkreten Einzelfall Maßnahmen zu ergreifen, die es Patienten unmöglich gemacht hätten, das Toilettenfenster zu öffnen und dadurch zu Schaden zu kommen. Diese Pflicht bestand allen Patienten der betreffenden Krankenhausstation als Dritten und daher auch dem Kläger gegenüber vergleiche BGH VersR 1987, 985 [986]). Die vom Berufungsgericht für geboten erachtete Maßnahme einer Sicherung des Toilettenfensters war also durchaus angezeigt und wäre auch, wie schon das Berufungsgericht zutreffend betont hat, ganz leicht zu bewerkstelligen gewesen. Schon durch das bloße Entfernen des Fenstergriffes wäre es an hirnorganischem Durchgangssyndrom leidenden Patienten wie dem Kläger unmöglich gemacht worden, das Fenster zu öffnen und die gegenständliche Selbstschädigung daher verhindert worden. Von einer Überspannung der Sorgfaltspflicht kann entgegen der Ansicht des Revisionswerbers dabei keine Rede sein. Ist doch die (nach der Aktenlage übrigens inzwischen erfolgte) Entfernung des Fenstergriffes weniger problematisch als die Alternative einer ständigen Beobachtung des Patienten, die - falls vermeidbar - im Toilettenbereich wohl dessen Intimsphäre verletzt. Demnach verfängt auch der vom Revisionswerber erhobene Einwand der mangelnden Kausalität bzw Adäquanz nicht. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht vielmehr mit den zu den Schutz- und Sorgfaltspflichten als vertragliche Nebenpflichten entwickelten Judikaturgrundsätzen im Einklang.

Dass der Oberste Gerichtshof mit einem ganz vergleichbaren Fall noch nicht konfrontiert war, kann die Zulässigkeit der Revision allein nicht bewirken; begründet doch der Umstand, dass ein völlig gleichartiger Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden wurde, nach stRsp noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0107773). Eine erhebliche Rechtsfrage liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die für vergleichbare Sachverhalte entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung auf den konkreten Sachverhalt anwendbar sind und ohne grobe Subsumtionsfehler auch angewendet wurden (4 Ob 13/04x; 7 Ob 322/04k; RIS-Justiz RS010773 [T 3]). Dies trifft im vorliegenden Fall, wie eben dargestellt, zu. Generelle, über den Hinweis auf die allgemeine, bzw hier mit Rücksicht auf die betroffenen Patienten erhöhte Verkehrssicherungspflicht hinausgehende, Richtlinien dafür, unter welchen Umständen Toilettenfenster in Krankenanstalten besonders zu sichern sind, können nicht gegeben werden; es ist vielmehr in jedem Einzelfall abzuwägen, ob ein Sorgfaltsverstoß vorliegt (vgl 7 Ob 156/01v).Dass der Oberste Gerichtshof mit einem ganz vergleichbaren Fall noch nicht konfrontiert war, kann die Zulässigkeit der Revision allein nicht bewirken; begründet doch der Umstand, dass ein völlig gleichartiger Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden wurde, nach stRsp noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO (RIS-Justiz RS0107773). Eine erhebliche Rechtsfrage liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die für vergleichbare Sachverhalte entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung auf den konkreten Sachverhalt anwendbar sind und ohne grobe Subsumtionsfehler auch angewendet wurden (4 Ob 13/04x; 7 Ob 322/04k; RIS-Justiz RS010773 [T 3]). Dies trifft im vorliegenden Fall, wie eben dargestellt, zu. Generelle, über den Hinweis auf die allgemeine, bzw hier mit Rücksicht auf die betroffenen Patienten erhöhte Verkehrssicherungspflicht hinausgehende, Richtlinien dafür, unter welchen Umständen Toilettenfenster in Krankenanstalten besonders zu sichern sind, können nicht gegeben werden; es ist vielmehr in jedem Einzelfall abzuwägen, ob ein Sorgfaltsverstoß vorliegt vergleiche 7 Ob 156/01v).

Da in der von der Revision bekämpften Rechtsansicht des Berufungsgerichtes demnach keine Fehlbeurteilung erblickt werden kann, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, liegt ein tauglicher Grund, das Rechtsmittel der beklagten Partei zuzulassen, nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels seines Prozessgegners hingewiesen.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels seines Prozessgegners hingewiesen.

Textnummer

E79023

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0070OB00245.05P.1109.000

Im RIS seit

09.12.2005

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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