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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BVergG 2002 §163 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde der TR Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 21. Juni 2005, Zl. 04N-16/05-45, betreffend Nachprüfung nach dem Bundesvergabegesetz 2002 (mitbeteiligte Parteien: 1. M-Betriebsgesellschaft m.b.H., vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH in 1020 Wien, Obere Donaustraße 63, und
2. R Ges.m.b.H. & Co KG in L, L), zu Recht erkannt:
Spruch
Der nur insoweit angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Spruchpunkte I. (betreffend die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung) und II. (betreffend die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Gebührenersatz) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - soweit im vorliegenden Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof relevant - im Nachprüfungsverfahren gemäß § 162 Abs. 2 Bundesvergabegesetz 2002, BGBl. I Nr. 99 (BVergG 2002), betreffend das Vergabeverfahren "Lieferung von Weiß-, Schwarz- und Kunststoffgeschirr, Gläser (und Glaswaren), Besteck" der erstmitbeteiligten Parteien als Auftraggeber wie folgt abgesprochen:
Mit Spruchpunkt I. wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 16. März 2005, die von der Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien mit Telefax vom 2. März 2005 bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung zugunsten der zweitmitbeteiligten Partei hinsichtlich aller fünf Lose für nichtig zu erklären, zurückgewiesen.
Mit Spruchpunkt II. wurden die Anträge der Beschwerdeführerin vom 16. März 2005 und vom 3. Mai 2005 auf Ersatz der Gebühren gemäß § 177 Abs. 5 BVergG 2002 für den Antrag gemäß § 163 Abs. 1 BVergG 2002 abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Ausschreibungsbekanntmachung zum gegenständlichen Vergabeverfahren sei am 30. Dezember 2004 unter 2004/S254-220375 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. Der als Lieferauftrag in Form eines Kaufes qualifizierte Auftrag solle in einem offenen Verfahren nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden. Die Legung von Angeboten für alle, ein und mehrere Lose sei ebenso wie die Legung von Alternativangeboten für zulässig erklärt worden. In den Ausschreibungsunterlagen sei eine mit dem Lieferauftrag verbundene Erstellung des elektronischen Kataloges gefordert worden.
Im Hinblick auf diesen elektronischen Katalog habe sich die Beschwerdeführerin an die Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien als vergebende Stelle gewandt. Dabei habe die Beschwerdeführerin den Rückgriff auf die eigene, 130.000 Artikel systematisch katalogisierende Homepage angeboten und zugleich angefragt, ob das zur Verfügungstellen der Homepage ausreichend sei, um die Kriterien der Auftraggeber zu erfüllen. Eine Katalogisierung aller Produkte aller Hersteller könne seitens der Beschwerdeführerin nicht erfüllt werden.
Am 3. Februar 2005 sei im Rahmen der Fragebeantwortung und der gleichzeitig erfolgenden Berichtigung der Ausschreibung folgende Antwort ergangen:
"Siehe dazu Punkt 10.5 und 10.6 des Vertrages. Die BBG stellt eine e-shop-Plattform zur Verfügung, wie unter 10.5 und 10.6 des Vertrages dargestellt. Der Anbieter ist verpflichtet seine Produkte auf dem BBG-e-shop darzustellen."
Nach der erfolgten Berichtigung der Ausschreibung werde in dem einen Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen bildenden "Vertrag" zu den genannten Punkten Folgendes ausgeführt:
"10.5 Darstellung der Produkte im Intranet der BBG
Die BBG verwendet (im Testbetrieb bis ca. 3. Quartal 2005, Umstellung auf Neusystem voraussichtlich im 4. Quartal 2005) ein elektronisches Katalogeinkaufssystem für den Abruf von Katalogen und Produkten aus abgeschlossenen Rahmenverträgen und Rahmenvereinbarungen. Der Auftragnehmer (AN) hat die zugeschlagenen Produkte und Kataloge der Ausschreibung mittels eines elektronischen Kataloges, spätestens 21 Tage nach Zuschlagserteilung, der BBG zur Verfügung zu stellen. Zugeschlagene Produkte und Kataloge sind dabei direkt in das Katalogeinkaufssystem der BBG einzubinden.
Die im Vertrag erforderlichen Mindestanforderungen in Bezug auf den strukturellen Aufbau und die technischen Voraussetzungen des Kataloges sind zu erfüllen.
10.6 Elektronischer Katalog
Die Erstellung der Katalogstruktur und die Definition der Produktgruppen sind vom Auftragnehmer in Abstimmung mit der BBG anknüpfend an seine Erfahrung mit dem bereichstypischen Kundensuchverhalten nutzungsfreundlich vorzunehmen. Kataloge für die Einbindung im e-Katalogeinkaufssystem der BBG sind vom AN im Katalogformat BMEcat (siehe www.bmecat.de) in der jeweils aktuellen Version (dzt. Version 1.2) zu erstellen und bevorzugter Weise bereits als vollständiges xml-file inkl. der benötigten DTD-Dateien (Document Type Definition) und Multimediadateien an die BBG zu übermitteln. Alternativ zu BMEcat werden andere Datenstrukturen bzw. Standardformate akzeptiert, wenn alle geforderten Datenfelder bzw. Daten des Kataloges in diesen Strukturen abgebildet werden können und entsprechende, für die Darstellung des Kataloges im Katalogeinkaufssystem, funktionsfähige Konverter für einen fehlerfreien Import in das e-Katalogeinkaufssystem der BBG seitens des AN zur Verfügung stehen.
Der AN hat für die technische und inhaltliche Korrektheit des Kataloges Sorge zu tragen. Von Seiten der BBG werden die so zur Verfügung gestellten Dateien einerseits technisch auf mögliche Importfehler bzw. -warnungen, andererseits inhaltlich - allerdings nur stichprobenweise - geprüft.
Sofern die Importdatei des AN im System der Auftraggeber technische Mängel aufweist bzw. geforderte Mindestanforderungen nicht oder nur teilweise erfüllt wurden, ist vom AN in Abstimmung mit dem AG eine entsprechende Änderung des Import-files, innerhalb von 4 Arbeitstagen, vorzunehmen und der BBG erneut zu übermitteln. Dem Rahmenvertrag widersprechende Inhalte sind vom AN innerhalb von 3 Arbeitstagen richtig zu stellen und der BBG erneut zu übermitteln.
Der darzustellende Katalogcontent (-Inhalt) hat auf den Standarddefinitionen von BMEcat - Muss- und Kann-Felder im erforderlichen Ausmaß - sowie auf vorhandenen bereichstypischen Katalog- und Nutzererfahrungen des AN und der BBG aufzubauen. Den Auftraggebern sind außerdem sämtliche Produktdatenblätter (.pdf File) und Bilddateien (.jpg Format) in einer Multimediadatei zu Verfügung zu stellen.
Die technische Bereitstellung der Kataloginhalte und -preise (Katalogupdates) und erforderliche Aktualisierungen sind in monatlichen Abständen vom AN selbstständig durchzuführen. Erforderliche Änderungen sind vom AN entweder direkt im System der BBG zu warten oder per Katalogupdate gemäß oben angeführten Punkt der BBG zur Verfügung zu stellen. Der AN hat die BBG zuvor in Kenntnis zu setzen. Sollen Änderungen per Stichtag im System durchgeführt werden, sind diese der BBG spätestens 3 Arbeitstage zuvor zu übermitteln."
In den allgemeinen Ausschreibungsbedingungen wurde Folgendes
angeführt:
"...
8. Ausschreibungsunterlagen
-
Die Ausschreibungsunterlagen bestehen aus
-
diesen Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen,
-
dem Vertrag,
-
dem Angebotsschreiben samt Bietererklärung ......
.....
14. Befugnis
Der Bieter muss für die Erbringung der angebotenen Leistung befugt sein. Die Befugnis muss spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen . .....
Soweit der Bieter für die Leistung Subunternehmer heranzieht, ist die Befugnis vom Bieter für jenen Teil zu erbringen und nachzuweisen, die er selbst erbringt. Für jene Teile, die der Subunternehmer erbringt, ist die entsprechende Befugnis des Subunternehmers erforderlich.
Der Bieter hat spätestens mit der Angebotsabgabe seine Befugnis bzw. diejenige des/der Subunternehmer/s zur Erbringung der Leistung durch den Auszug aus dem Gewerberegister oder dem Mitgliederverzeichnis der Wirtschaftskammer oder durch Vorlage eines gültigen Gewerbescheines und durch einen Firmenbuchauszug oder einer Eintragung im ANKÖ (Auftragnehmerkataster) nachzuweisen, wobei die Nachweise nicht älter als sechs Monate sein dürfen ......."
Sowohl seitens der Beschwerdeführerin als auch der zweitmitbeteiligten Partei seien rechtzeitig Angebote für sämtliche Lose gelegt worden. Dem Angebot der Beschwerdeführerin sei ein mit 18. Februar 2005 datiertes Begleitschreiben beigelegt gewesen, in dem auf das E-Katalogsystem Bezug genommen und darauf hingewiesen worden sei, dass nur Katalogdaten der Beschwerdeführerin eingebracht werden könnten. Auf Katalogdaten der einzelnen "Muss-Fabrikate" und auf solche "anderer Fabrikate" sei kein Zugriff möglich und könnten diese daher nicht zur Verfügung gestellt werden.
Nach Öffnung der Angebote sei die Beschwerdeführerin zur Nachreichung weiterer Unterlagen und zur Aufklärung verschiedener Punkte aufgefordert worden. Im entsprechenden Antwortschreiben habe die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass die Erstellung des E-Shop-Kataloges für eine derartige Artikelmenge in der geforderten Art und Weise binnen 21 Tagen schwer bis unmöglich sei. In einem weiteren Telefax habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Bedingungen des Punktes 10.5 der Ausschreibung für die Katalogdaten des Kataloges der Beschwerdeführerin erfüllt werden könnten. Nicht erfüllbar seien innerhalb des geforderten Zeitraumes die Bedingungen des Punktes 10.5. der Ausschreibung allerdings für die Artikel aller Fabrikanten der "Muss-Liste" (also ein Katalog der ca. 290.000 Artikel beinhalten müsse). Es sei auch in Zweifel zu ziehen, dass andere Anbieter diesem Punkt voll inhaltlich nachkommen könnten.
Nach Prüfung der Angebote sei in der Sitzung der Vergabekommission am 2. März 2005 festgestellt worden, dass die Beschwerdeführerin die Lieferfristen des Vertrages nicht erfüllen könne und auch nicht das gesamte geforderte Sortiment angeboten worden sei. Auch könne die Beschwerdeführerin nicht innerhalb von 21 Tagen die Bereitstellung der Daten für den BBG-E-Shop garantieren. Das Angebot der Beschwerdeführerin wäre daher gemäß § 98 Z 8 BVergG 2002 in allen Losen auszuscheiden.
Mit Telefaxmitteilung vom 2. März 2005 sei beiden Bietern von der Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag hinsichtlich aller fünf Lose der zweitmitbeteiligten Partei zu erteilen.
Auf Grund einer Aufforderung der Beschwerdeführerin gemäß § 100 Abs. 3 BVergG 2002 vom 10. März 2005 wurde dieser mit Telefaxmitteilung vom 11. März 2005 bekannt gegeben, dass ihre Angebote gemäß § 98 Z 8 BVergG 2002 vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung in allen Losen auszuscheiden gewesen seien, was auf die Einschränkung hinsichtlich der Lieferfristen und der Produkte, welche im "BBG-Intranet/BBG-E-Shop" darzustellen seien, zurückzuführen sei. Ein Zugriff auf die Katalogdaten der einzelnen "Muss-Fabrikate" und "Andere-Fabrikate" sei von der Beschwerdeführerin ausgeschlossen worden, sodass es sich um ein unvollständiges und den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot gehandelt habe, welches gemäß § 98 Z 8 BVergG 2002 auszuscheiden sei.
Mit Schriftsatz vom 16. März 2005 habe die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde u.a. den Antrag gestellt, die Zuschlagsentscheidung vom 2. März 2005 zugunsten der zweitmitbeteiligten Partei für nichtig zu erklären. Darin habe sie unter anderem ausgeführt, ihr sei erst nach ergangener Zuschlagsentscheidung mitgeteilt worden, dass ihr Angebot gemäß § 98 Z 8 BVergG 2002 auszuscheiden gewesen sei. Diese nachträgliche Bekanntgabe stelle jedoch keine bekämpfbare Entscheidung der Auftraggeber dar. Sie erachte sich unter anderem im Recht auf Nichtausscheiden ihres Angebotes verletzt.
Der gegenständliche Auftrag sei, so die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung, als Lieferauftrag im Sinn des § 2 iVm § 5 BVergG 2002 zu qualifizieren, der geschätzte Auftragswert des Vorhabens betrage lt. Angaben der Auftraggeber EUR 500.000,--, sodass der Schwellenwert des § 9 Abs. 1 BVergG 2002 überschritten sei.
Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die zweitmitbeteiligte Partei verfügten nur über eine Berechtigung zur Ausübung des Handelsgewerbes.
Bereits das "Einrichten einer Homepage, auf der Waren angeboten werden," sei als ein Anbieten im Sinn des § 1 Abs. 2 zweiter Satz GewO 1994 zu werten und damit der Ausübung des entsprechenden Gewerbes gleichzuhalten. Allerdings dürfe ein Unternehmer, der zur Gewerbeausübung berechtigt sei, für seine Leistungen auch im Internet werben und via Internet Bestellungen entgegen nehmen, ohne dass es dafür zusätzlich einer weiteren Gewerbeberechtigung bedürfe.
Der gegenständliche Auftrag umfasse jedoch nicht nur den Vertrieb der Artikel über die eigene Homepage, sondern es sei neben der Lieferung der in der Ausschreibung näher bezeichneten Produkte auch hinsichtlich der zugeschlagenen Produkte die Erstellung eines elektronischen Kataloges für die Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien spätestens 21 Tage nach Zuschlagserteilung erforderlich. Dieser zu erstellende Katalog in elektronischer Form werde in der Folge in das elektronische Katalogeinkaufssystem der Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien eingebunden. Die Erstellung dieses Kataloges, der ca. 290.000 verschiedene Artikel des Produktsortiments umfasse, erfolge in Abstimmung mit der Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien, wobei bestimmte Mindestkriterien hinsichtlich Katalogformat und Dateien einzuhalten seien. Die Datenfelder und Daten des zu erstellenden Kataloges umfassten den Namen, den Preis, die Lieferanten, die technischen Besonderheiten und allenfalls erforderliche Beschreibungen der Produkte sowie vorhandene Bilder oder Bildgruppen der ca. 290.000 geforderten verschiedenen Artikel. Wie sich aus der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bestätigung eines näher bezeichneten Unternehmens ergäbe, seien dabei auch ungeachtet des Automatisierungsgrades Daten händisch einzutragen. Nicht zutreffend sei die Meinung der erstmitbeteiligten Parteien als Auftraggeber, dass jeder Rechner über eine Software zur Erstellung des geforderten elektronischen Kataloges verfügen würde. Die zweitmitbeteiligte Partei habe in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Software notwendig sei, dafür herkömmliche Programme entsprechend adaptiert werden müssten und hiezu ein programmtechnischer Aufwand erforderlich sei. Auch die Beschwerdeführerin gehe davon aus, dass für den geforderten Katalog entsprechende Software erforderlich sei, die allenfalls zugekauft und entwickelt werden müsste. Bei dem zu erstellenden elektronischen Katalog würden stichprobenweise Überprüfungen der erstellten Dateien vorgenommen. Bei technischen Mängeln seien entsprechende Änderungen durch den Auftragnehmer vorzunehmen. Eine Aktualisierung des Kataloginhaltes habe entweder direkt im System der Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien (monatlich) zu erfolgen oder durch entsprechende Katalogupdates zur Verfügung gestellt zu werden.
Bei der solcherart beschriebenen Tätigkeit der Erstellung eines elektronischen Katalogsystems handle es sich um Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik im Sinne von § 153 GewO 1994. Gegenstand dieses Gewerbes seien zum einen rein mechanische Rechenoperationen zur Durchführung der von den Kunden gestellten Aufgaben. Darüber hinaus fielen aber auch die "Problemlösung, insoweit die Techniken, Verfahren und Methoden der Informationstechnologie angewandt werden, in den Berechtigungsumfang dieses Gewerbes.
Die ausgeschriebene Erstellung eines elektronischen Kataloges (für ein ca. 290.000 Artikel umfassendes Produktsortiment) könne auch nicht unter die in § 32 GewO 1994 angeführten Nebenrechte von Gewerbetreibenden subsumiert werden. So liege der Fall des § 32 Abs. 1 Z 1 erster Fall GewO 1994 nicht vor, da die gegenständlichen zu liefernden Produkte bereits als solche absatzfähig seien. Auch liege keine Erbringung einer Leistung eines anderen Gewerbes "in geringem Umfang" gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall GewO 1994 vor, da angesichts des Umfanges der Dateien ein erheblicher Aufwand notwendig sei, der auch von den erstmitbeteiligten Parteien nicht in Abrede gestellt würde. So spreche die Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien als Auftraggeber selbst von einem Aufwand in Form einer mindestens dreiwöchigen intensiven Tätigkeit, um den elektronischen Katalog innerhalb der erforderlichen Zeit liefern zu können. Daher wäre es gemäß § 32 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 zur Übernahme eines Gesamtauftrages erforderlich gewesen, für die Erstellung des Katalogsystems für die Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien auf die Möglichkeit der Nominierung eines befugten Subunternehmers zurückzugreifen.
Da die Beschwerdeführerin über keine Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnologie verfüge und daher zur Erbringung der angebotenen Leistung in Bezug auf die Erstellung des elektronischen Kataloges nicht befugt sei, wäre sie gemäß § 98 Z 1 BVergG 2002 bereits aus diesem Grund auszuscheiden gewesen.
Das Erfordernis einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik sei auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2005 gewesen. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, dazu "und damit auch zur Stichhaltigkeit des vom Bundesvergabeamt herangezogenen Ausscheidensgrundes" Stellung zu nehmen. Da die Antragslegitimation im Sinn des § 163 Abs. 1 BVergG 2002 zu verneinen sei, wenn es einem Angebot an der grundsätzlichen Eignung mangle, für den Zuschlag in Betracht gezogen zu werden, sei der Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung zurückzuweisen gewesen.
Zu Spruchpunkt II. führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren sei abzuweisen gewesen, da kein "teilweises Obsiegen" der Beschwerdeführerin im Sinn des § 177 Abs. 5 BVergG 2002 vorgelegen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die erstmitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des BVergG 2002 lauten:
" Begriffsbestimmungen
§ 20. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:
...
13. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.
a) Gesondert anfechtbare Entscheidungen sind
aa) im offenen Verfahren: die Ausschreibung; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist und die Zuschlagsentscheidung;
...
b) Nicht gesondert anfechtbare Entscheidungen sind alle übrigen, den gesondert anfechtbaren Entscheidungen zeitlich vorhergehenden Entscheidungen. Diese können nur gemeinsam mit der ihnen nächst folgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung angefochten werden.
...
Ausscheiden von Angeboten
§ 98. Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat die vergebende Stelle auf Grund des Ergebnisses der Prüfung die folgenden Angebote auszuscheiden:
1. Angebote von Bietern, bei welchen die Befugnis oder die finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit oder die Zuverlässigkeit nicht gegeben ist;
...
8. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote sowie nicht gleichwertige Alternativangebote, fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, ferner Teil- und Alternativangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden;
...
Wahl des Angebotes für den Zuschlag
§ 99. (1) Von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, ist der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.
(2) Die Gründe für die Zuschlagsentscheidung sind schriftlich festzuhalten.
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung
§ 100. (1) Der Auftraggeber hat den Bietern gleichzeitig, unverzüglich und nachweislich elektronisch oder mittels Telefax mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. ...
...
(3) Nicht erfolgreiche Bieter können innerhalb einer Frist von sieben Tagen (...) nach Zustellung der Zuschlagsentscheidung schriftlich die Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes sowie der Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes beantragen. ...
(4) Der Auftraggeber hat unverzüglich nach Eingang des Antrages, sofern der Antrag gemäß Abs. 3 jedoch rechtzeitig gestellt wurde, jedenfalls aber drei Tage (...) vor Ablauf der Stillhaltefrist, dem nicht erfolgreichen Bieter die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmen widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.
...
§ 163. (1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, kann die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
...
§ 177. ...
(5) Der vor dem Bundesvergabeamt wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß Abs. 1 oder 3 entrichteten Gebühren durch den Antragsgegner. "
2. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides im Recht auf Sachentscheidung und durch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides im Recht auf Ersatz der von ihr entrichteten Pauschalgebühren verletzt.
Sie bringt zunächst zum vorliegenden Vergabeverfahren vor, sie habe im Vorfeld der Angebotsabgabe mehrere Anfragen an die Vertreterin der erstmitbeteiligten Parteien als vergebende Stelle gerichtet, da nach den Ausschreibungsunterlagen ein elektronischer Katalog seitens des Zuschlagsempfängers über das umfassende gesamte Produktsortiment zur Verfügung zu stellen gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin habe die vergebende Stelle in der Folge weitere Male darauf hingewiesen, dass die Punkte 10.5 und 10.6 der Ausschreibungsunterlagen - insbesondere die Erstellung eines elektronischen Kataloges für alle zur Verfügung stehenden Artikel aller Fabrikanten der "Muss-Liste" (also ein Katalog, der ca. 290.000 Artikel beinhalten müsse) nicht innerhalb von 21 Tagen von irgendeinem Bieter zu erfüllen sei. In der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2005 sei die Nichterfüllbarkeit der in den Ausschreibungsunterlagen aufgestellten Leistungsanforderungen erläutert worden und sei die belangte Behörde auch der Frage nachgegangen, ob die Beschwerdeführerin sowie die zweitmitbeteiligte Partei über eine Gewerbeberechtigung gemäß § 153 GewO 1994 verfügten, was nicht der Fall sei.
Sodann wendet sich die Beschwerde gegen die Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides tragende Auffassung der belangten Behörde, die Antragslegitimation der Beschwerdeführerin im vorliegenden Nachprüfungsverfahren sei zu verneinen gewesen, weil ihr Angebot mangels Befugnis der Beschwerdeführerin nicht geeignet gewesen wäre, für den Zuschlag in Betracht gezogen zu werden. Diese Auffassung sei verfehlt und rechtswidrig, da die belangte Behörde übersehen habe, dass bei vergaberechtskonformer Vorgehensweise sämtliche Angebote auszuscheiden gewesen wären, das Vergabeverfahren sodann als ex lege widerrufen gelten würde und die Beschwerdeführerin im Rahmen der gebotenen Neuausschreibung neuerlich eine Chance hätte, sich erfolgreich an diesem neu auszuschreibenden Vergabeverfahren zu beteiligen. Mangels entsprechender Befugnis wäre nämlich auch das Angebot der zweitmitbeteiligten Partei auszuscheiden gewesen, sodass der Beschwerdeführerin durch die rechtswidrige Zuschlagserteilung die Chance auf den Erhalt des Zuschlages in einem neu auszuschreibenden Vergabeverfahren zu entgehen drohe. Die belangte Behörde habe daher zu Unrecht die Antragslegitimation der Beschwerdeführerin verneint.
3. Im vorliegenden Vergabeverfahren wurde - worauf die erstmitbeteiligten Parteien in ihrer Gegenschrift vor dem Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich hinweisen - das Angebot der Beschwerdeführerin tatsächlich ausgeschieden. Diese Entscheidung wurde der Beschwerdeführerin durch die vergebende Stelle gemäß § 100 Abs. 3 BVergG 2002 mitgeteilt und darin näher ausgeführt, ihre Angebote seien gemäß § 98 Z 8 BVergG 2002 vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung in allen Losen auszuscheiden gewesen, da es sich im Hinblick auf die in der Ausschreibung geforderte Erstellung eines elektronischen Katalogs um ein unvollständiges und den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot gehandelt habe.
Insoweit die Beschwerdeführerin vorbringt, ihr sei die Entscheidung der Auftraggeber, ihr Angebot auszuscheiden, nicht eigens mitgeteilt worden, so ist sie darauf hinzuweisen, dass das Ausscheidens eines Angebotes gemäß § 20 Z 13 BVergG 2002 - und im Gegensatz zu der hier nicht maßgeblichen neuen Rechtslage nach dem BVergG 2006 (vgl. dort § 2 Z 16) - keine gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt und daher gemeinsam mit der Zuschlagsentscheidung anzufechten ist (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 29. März 2006, Zl. 2003/04/0181, und vom 23. Mai 2007, Zlen. 2005/04/0103, 0106). In diesem Sinne hat sich die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 2. März 2005 unter anderem auch im Recht auf Nichtausscheiden ihres Angebotes verletzt erachtet und damit erkennbar ihr Ausscheiden im Vergabeverfahren bekämpft.
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einem Bieter, dessen Angebot auszuscheiden gewesen wäre (aber nicht ausgeschieden wurde) keine Antragslegitimation zu, weil er für die Zuschlagserteilung ohnehin nicht in Betracht käme und ihm daher durch die behauptete Rechtswidrigkeit kein Schaden im Sinn des § 163 Abs. 1 BVergG 2002 entstehen kann bzw. drohen kann (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2005/04/0200, mwN). Hingegen kann ein tatsächlich ausgeschiedener Bieter gemäß § 20 Z. 13 lit. B BVergG 2002 die Zuschlagsentscheidung als die seiner Ausscheidung nächstfolgende gesondert anfechtbare Entscheidung bekämpfen; kommt jedoch die Nachprüfungsbehörde zum Ergebnis, dass der Antragsteller zu Recht ausgeschieden worden ist, so hat sie den Nachprüfungsantrag ungeachtet allfälliger Rechtswidrigkeiten im Rahmen des Verfahrens zur Wahl eines Angebotes für den Zuschlag jedenfalls abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zlen. 2005/04/0103, 0106, mwN).
Im Beschwerdefall kann dahin stehen, ob die von der belangten Behörde erstmals aufgeworfene Frage der fehlenden Befugnis der Beschwerdeführerin richtig gelöst wurde. Die belangte Behörde hat nämlich verkannt, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich ausgeschieden wurde und in einem solchen Fall eine Verneinung der Antragslegitimation mit der Begründung, der Antragsteller wäre bereits aus einem anderen, erstmals von der Vergabekontrollbehörde aufgegriffenen Tatbestand auszuscheiden gewesen, nicht in Betracht kommt. Vielmehr bildet die Frage der Zulässigkeit des tatsächlich erfolgten Ausscheidens die Hauptfrage des Nachprüfungsverfahrens, über die in der Sache zu entscheiden ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 1. März 2007, Zl. 2005/04/0239, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2003, Zl. 2001/04/0202). Wenn die Vergabekontrollbehörde zum Ergebnis kommt, dass der Antragsteller zu Recht ausgeschieden worden ist, ist der Nachprüfungsantrag abzuweisen (vgl. das obzitierte Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zlen. 2005/04/0103, 0106, mwN).
Aus diesem Grund verletzt Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides die Beschwerdeführerin im geltend gemachten Recht auf Sachentscheidung, sodass der angefochtene Bescheid in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist.
5. Aus diesem Grund kann auch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides keinen Bestand haben, sodass insgesamt der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in dem im Spruch angeführten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
6. Für das fortgesetzte Verfahren wird im Hinblick auf die bekämpfte Entscheidung der Auftraggeber, das Angebot der Beschwerdeführerin auszuscheiden, darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht bestritten hat, ihr Angebot habe die betreffend den elektronischen Katalog in der Ausschreibung aufgestellten Leistungsanforderungen nicht erfüllt, sondern lediglich vorgebracht hat, diese seien nicht erfüllbar gewesen. Insoweit die Beschwerdeführerin damit geltend macht, die verfahrensgegenständliche Ausschreibung sei fehlerhaft gewesen, weil sie diskriminierende oder von keinem Bieter erfüllbare Bedingungen enthalten habe, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Vorbringen deshalb ins Leere geht, weil die Ausschreibung im Beschwerdefall mangels Anfechtung bestandsfest geworden ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 1. März 2007, Zl. 2005/04/0239, mwN).
Insoweit die Beschwerdeführerin meint, die von ihr bekämpfte Zuschlagsentscheidung sei für nichtig zu erklären, weil alle Bieter auszuscheiden gewesen wären, das Vergabeverfahren sodann ex lege als widerrufen gälte und die Beschwerdeführerin sodann die Chance hätte, sich am neu auszuschreibenden Vergabeverfahren zu beteiligen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, nach der einem Bieter durch Entfall der Möglichkeit der Teilnahme am Folgeverfahren kein Schaden entsteht, wenn der Bieter selbst gegen die Ausschreibungsbedingungen oder gegen die Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe verstoßen hat. Ein selbst nicht ausschreibungs- bzw. vergaberechtskonform agierender Bieter ist somit nicht schützenswert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2005/04/0200; aus jüngerer Zeit auch das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zlen. 2005/04/0103, 0106). Der in dieser Rechtsprechung angeführte Ausnahmetatbestand einer fehlerhaften Ausschreibung kommt im Beschwerdefall nicht zum Tragen, da die verfahrensgegenständliche Ausschreibung bestandsfest ist (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2005/04/0200).
7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 12. September 2007
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005040181.X00Im RIS seit
17.10.2007Zuletzt aktualisiert am
30.09.2008