TE OGH 2007/7/3 2Ob134/06d

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Veröffentlicht am 03.07.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Stefan B*****, geboren 22. Juli 1999, *****, vertreten durch die Mutter, Jelena B*****, diese vertreten durch Mag. Eva Plaz, Rechtsanwältin in Wien, über den Revisionsrekurs des Herbert B*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. März 2006, GZ 43 R 144/06d-29, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Favoriten vom 29. Juli 2005, GZ 1 P 70/05i-U11, und vom 21. Dezember 2005, GZ 1 P 70/05i-U21, bestätigt wurden, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Einem Unterhaltsfestsetzungsantrag der Mutter als Vertreterin des mj Stefan B***** trat dessen geldunterhaltspflichtiger Vater Herbert B***** mit dem Argument entgegen, er bezahle ohnedies EUR 450,-- monatlich an Kindesunterhalt, ein höherer Unterhalt sei weder durch den Bedarf des Minderjährigen noch durch seine Einkommensverhältnisse gerechtfertigt.

Das Erstgericht setzte nach Einholung einer Gehaltsauskunft des Unterhaltspflichtigen den für den Minderjährigen zu bezahlenden monatlichen Unterhalt für den Zeitraum vom 1. 4. 2005 bis 21. 7. 2005 mit EUR 480,-- und ab 22. 7. 2005 mit EUR 500,-- fest. Am 1. 4. 2006 wurde zwischen den Eltern des Unterhaltsberechtigten anlässlich ihrer Scheidung der Geldunterhaltsanspruch des Minderjährigen vergleichsweise mit EUR 500,-- monatlich beginnend mit 1. 4. 2006 vereinbart.

Im erstinstanzlichen Verfahren war zwar infolge der Einholung einer Lohnauskunft vom Dienstgeber des Unterhaltspflichtigen sein Bruttoeinkommen aktenkundig, die Frage des Bezuges der Familienbeihilfe für den Minderjährigen wurde jedoch nicht erörtert. Es wurde weder ein Vorbringen dahin erstattet noch ergab sich dieser Umstand aus dem Akteninhalt.

Einem vom unterhaltspflichtigen Vater erhobenen Rekurs gegen die beiden Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse des Erstgerichtes gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Erstmals im Rekurs hatte der Kindesvater vorgebracht, dass die Kindesmutter die Familienbeihilfe beziehe und sein Bruttoeinkommen eine steuerliche Berücksichtigung rechtfertige. Zu Unrecht habe daher das Erstgericht bei der Unterhaltsbemessung seine steuerliche Entlastung durch Anrechnung der den betreuenden Elternteil zukommenden Transferleistungen nicht berücksichtigt.

Das Rekursgericht vertrat dazu die Ansicht, dass eine Anrechnung von Transferleistungen zwar von Amts wegen vorzunehmen sei, dies jedoch nur, soweit die maßgeblichen Umstände unstrittig oder aktenkundig seien. Dem Akt könne hingegen nicht entnommen werden, wer die Familienbeihilfe für das Kind beziehe. Auch das Bruttoeinkommen des Unterhaltspflichtigen ergebe sich aus den im Akt erliegenden Unterlagen nicht.

Das Rekursgericht folgte dabei im Wesentlichen der in den Entscheidungen 4 Ob 254/03m und 10 Ob 4/04t vertretenen Rechtsansicht.

Allerdings meinte das Rekursgericht, dass zur Frage, ob die Anrechnung von Transferleistungen auch erstmals im Rekurs geltend gemacht werden könne, wenn die maßgeblichen Umstände unstrittig und aktenkundig seien, noch keine gefestigte höchstgerichtliche Judikatur bestehe. Damit liege eine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG vor. Das Rekursgericht erklärte daher den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.Allerdings meinte das Rekursgericht, dass zur Frage, ob die Anrechnung von Transferleistungen auch erstmals im Rekurs geltend gemacht werden könne, wenn die maßgeblichen Umstände unstrittig und aktenkundig seien, noch keine gefestigte höchstgerichtliche Judikatur bestehe. Damit liege eine Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG vor. Das Rekursgericht erklärte daher den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes (RIS-Justiz RS0107859) ist der Revisionsrekurs des Vaters nicht zulässig.

Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (vgl Zechner in Fasching Rz 32 zu § 502 ZPO mit Rechtsprechungshinweisen).Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen vergleiche Zechner in Fasching Rz 32 zu Paragraph 502, ZPO mit Rechtsprechungshinweisen).

Nach der nun gefestigten, jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist bei der amtswegigen Berücksichtigung von Transferleistungen dahin zu differenzieren, ob der Geldunterhaltspflichtige als Antragsteller eine Herabsetzung begehrt oder als Antragsgegner einem Erhöhungsbegehren des Unterhaltsberechtigten entgegentritt. Im letzteren Fall sind Transferleistungen bei der Unterhaltsbemessung auch ohne gesondertes Vorbringen des Geldunterhaltspflichtigen zu berücksichtigen, wenn die für eine Anrechnung maßgeblichen Umstände, insbesondere der Bezug der Familienbeihilfe durch den anderen Elternteil unstrittig oder aktenkundig sind (RIS-Justiz RS0117764 [T4; T7; T9]: zuletzt 2 Ob 237/06a). Somit liegt eine divergierende höchstgerichtliche Judikatur nicht vor.

Wurde zum Bezug der Familienbeihilfe kein Vorbringen erstattet und ergibt sich dieser Umstand auch nicht aus dem Akteninhalt, ist die Tatsache des Bezuges der Familienbeihilfe keinesfalls als unstrittig oder aktenkundig anzusehen. In einem solchen Fall hat eine amtswegige Anrechnung der Transferleistungen zu unterbleiben (1 Ob 71/05f). Nur in Fällen, in denen der Bezug der Familienbeihilfe und des Bruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen aktenkundig war, hat der Oberste Gerichtshof eine Nichtberücksichtigung dieser Umstände bei der steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen zum Anlass für eine Aufhebung der rekursgerichtlichen Entscheidung genommen (vgl etwa 4 Ob 254/03m; 10 Ob 4/04t u.a.).Wurde zum Bezug der Familienbeihilfe kein Vorbringen erstattet und ergibt sich dieser Umstand auch nicht aus dem Akteninhalt, ist die Tatsache des Bezuges der Familienbeihilfe keinesfalls als unstrittig oder aktenkundig anzusehen. In einem solchen Fall hat eine amtswegige Anrechnung der Transferleistungen zu unterbleiben (1 Ob 71/05f). Nur in Fällen, in denen der Bezug der Familienbeihilfe und des Bruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen aktenkundig war, hat der Oberste Gerichtshof eine Nichtberücksichtigung dieser Umstände bei der steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen zum Anlass für eine Aufhebung der rekursgerichtlichen Entscheidung genommen vergleiche etwa 4 Ob 254/03m; 10 Ob 4/04t u.a.).

Eine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG liegt daher nicht vor.Eine Rechtsfrage von der Qualität des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG liegt daher nicht vor.

Das hatte zur Zurückweisung des Revisionsrekurses zu führen.

Anmerkung

E847902Ob134.06d-2

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inEFSlg 116.791XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00134.06D.0703.000

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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