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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
Tir GVG 1983 §1 Abs1 Z1Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Zurückweisung der Anzeige einer Schenkung auf den Todesfall an die Grundverkehrsbehörde als verspätet; Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Tir GVG 1996 auf den bereits 1988 abgeschlossenen Schenkungsvertrag; keine Bedenken gegen die zweijährige Übergangsfrist für die Anzeige bereits vor 1994 abgeschlossener RechtsgeschäfteSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit notariellem Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 8. März 1988 bekam der Beschwerdeführer von seiner Mutter näher bezeichnete Liegenschaften in EZ 90007 GB Birgitz auf ihren Todesfall geschenkt. In einem Nachtrag zu diesem Vertrag wurde festgehalten, dass die Geschenkgeberin ausdrücklich auf das Recht verzichtet, diese Schenkung auf den Todesfall zu widerrufen.
Im Jahr 2002 verstarb die Geschenkgeberin. Der die Verlassenschaft abhandelnde Notar zeigte das Rechtsgeschäft der Grundverkehrsbehörde am 28. März 2002 an. Mit Bescheid vom 15. Mai 2002 wies die Bezirks-Grundverkehrskommission Birgitz die Anzeige gemäß §31 Abs2 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im Folgenden: TGVG 1996) mit der Begründung zurück, dass der Vertrag bis zum 31. Dezember 2001 hätte angezeigt werden müssen.
1.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung (im Folgenden: LGVK) mit Bescheid vom 3. September 2002 als unbegründet ab:
Der Schenkungsvertrag auf den Todesfall sei bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gemäß §3 Abs1 lita Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983 (im Folgenden: TGVG 1983) genehmigungspflichtig gewesen, er sei jedoch nicht innerhalb der gemäß §15 Abs1 leg. cit. vorgesehenen Frist von zwei Monaten nach Vertragsabschluss angezeigt worden. Es sei sohin auf ArtII Abs2 des Gesetzes LGBl. Nr. 75/1999 zu verweisen, wonach die zweijährige Frist nach §31 Abs2 TGVG 1996 für Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen und nicht rechtzeitig der Behörde angezeigt wurden, mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beginnt. Das Gesetz sei am 30. Dezember 1999 in Kraft getreten, weshalb die zweijährige Frist am 30. Dezember 2001 abgelaufen sei.
Wegen Versäumung der Anzeigefrist sei der Schenkungsvertrag auf den Todesfall somit gemäß §31 Abs2 TGVG 1996 rückwirkend unwirksam geworden, weshalb die Zurückweisung der Anzeige durch die Grundverkehrsbehörde I. Instanz zu Recht erfolgt sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der eine Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheids beantragt wird.
3. Die LGVK hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des verfahrensgegenständlichen Schenkungsvertrags auf den Todesfall stand das TGVG 1983 in Geltung. Gemäß §3 Abs1 lita TGVG 1983 bedurften u.a. Rechtsgeschäfte, die den Erwerb des Eigentums an einem land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück zum Gegenstand haben, der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist bei Schenkungen auf den Todesfall, bei denen sich der Schenker der Befugnis, die Schenkung zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat, der Schenkungsvertrag bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses genehmigungspflichtig (VfSlg. 8143/1977, 15.278/1998).
Gemäß §15 Abs1 TGVG 1983 war binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluss bei der Grundverkehrsbehörde um die Zustimmung anzusuchen.
1.2. Im vorliegenden Fall wurde das Rechtsgeschäft erst am 28. März 2002 der Grundverkehrsbehörde angezeigt. Es sind somit die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des TGVG 1996 maßgeblich.
Gemäß §31 Abs2 leg. cit. wird ein Rechtsgeschäft oder ein Rechtsvorgang rückwirkend unwirksam, wenn das Rechtsgeschäft oder der Rechtsvorgang nicht innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf der im §23 Abs1 leg. cit. festgelegten Frist - acht Wochen nach Abschluss des Rechtsgeschäfts oder Rechtsvorgangs - der Grundverkehrsbehörde angezeigt wird.
Für Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen und nicht rechtzeitig der Behörde angezeigt wurden, sieht ArtII Abs2 des Gesetzes vom 3. November 1999, mit dem das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 geändert wird, LGBl. Nr. 75/1999, vor, dass die zweijährige Frist nach §31 Abs2 TGVG 1996 mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beginnt. Das Gesetz wurde am 30. Dezember 1999 kundgemacht und trat gemäß ArtII Abs1 mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft. Die zweijährige Frist endete somit mit Ablauf des 30. Dezember 2001.
2. Dass die belangte Behörde die am 28. März 2002 erfolgte Anzeige an die Grundverkehrsbehörde I. Instanz als verspätet und die Zurückweisung der Anzeige somit als rechtmäßig qualifiziert hat, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
2.1. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wird in der Beschwerde vorgebracht, dass die belangte Behörde keinerlei Erhebungen darüber angestellt habe, ob es sich bei den verfahrensgegenständlichen Liegenschaften überhaupt um land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke handelt. Aus dem Flächenwidmungsplan ergebe sich, dass sie als Bauland gewidmet sind. Die Behörde habe somit in falscher Besetzung - nämlich in jener für den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr - entschieden; es sei daher auch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist für die Beurteilung, ob ein Grundstück ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück ist, nicht die Widmung im Flächenwidmungsplan, sondern seine Beschaffenheit oder bisherige Verwendung maßgeblich (vgl. §1 Abs1 Z1 TGVG 1983). Im Hinblick darauf, dass schon in der Anzeige an die Grundverkehrsbehörde I. Instanz angegeben wurde, dass die Grundstücke land- bzw. forstwirtschaftlich genutzt werden und mit Hofstelle und landwirtschaftlichen Nebengebäuden bebaut sind, was auch aus der Bestätigung des Gemeindeamtes Birgitz vom 18. März 2002 hervorgeht und - dem Akteninhalt zufolge - im weiteren Verfahren nie strittig war, ist der LGVK auch in diesem Punkt kein Fehler unterlaufen, der eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter zur Folge hätte.
2.2. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, es bestehe "sachlich kein vernünftiger Grund, die Nichtigkeitsautomatik des §31 Abs2 TirGVG auf Rechtsgeschäfte anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten dieser Nichtigkeitsautomatik abgeschlossen wurden", weshalb dieser Bestimmung ein verfassungswidriger Inhalt unterstellt werde oder die Bestimmung an sich verfassungswidrig sei, ist vorerst auf ArtII Abs2 des Gesetzes LGBl. Nr. 75/1999 (s. oben Pkt. 1.2.) hinzuweisen, der ausdrücklich im Sinne einer Übergangsbestimmung anordnet, dass für Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen und nicht rechtzeitig der Behörde angezeigt wurden, eine zweijährige "Nachfrist" - ab Inkrafttreten dieses Gesetzes - eingeräumt wird. Der Verfassungsgerichtshof hat vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles nicht das Bedenken, dass der Gesetzgeber bei dieser Regelung das Ausmaß des verfassungsrechtlich Zulässigen überschritten hätte.
2.3. Der Beschwerdeführer ist schließlich der Ansicht, dass die Genehmigungspflicht beim Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke gegen Gemeinschaftsrecht verstoße, übersieht dabei jedoch, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, sondern die Zurückweisung einer Anzeige wegen Rechtsunwirksamkeit des Vertrags infolge Fristversäumnis ist, weshalb das Vorbringen schon mangels Präjudizialität der als gemeinschaftsrechtswidrig erachteten Regelung ins Leere geht.
2.4. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben sohin nicht stattgefunden.
3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
4. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall (vgl. §28 Abs7 TGVG 1996) - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 15.278/1998, 15.324/1998 mwN).
5. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
EU-Recht, Übergangsbestimmung, Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, Widmung, Rechtsgeschäft unter Lebenden, Nichtigkeit (eines Rechtsgeschäftes), Fristen, VfGH / Präjudizialität, Anwendbarkeit (Verfahrensrecht - materielles Recht)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B1562.2002Dokumentnummer
JFT_09969775_02B01562_00