TE OGH 2007/11/6 10ObS114/07y

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Veröffentlicht am 06.11.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter DI Rudolf Pinter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AR Angelika Neuhauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Sandra K*****, vertreten durch Dr. Rudolf Pototschnig, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Pflegegeld, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Juli 2007, GZ 8 Rs 71/07h-15, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Bei der am 25. 2. 1978 geborenen Klägerin besteht nach einem Badeunfall im Mai 2003 eine hohe Querschnittssymptomatik sub C5 mit völliger Lähmung der Beine, der Rumpfmuskulatur und der Hände. Die Klägerin kann Mahlzeiten dann selbständig einnehmen, wenn diese mundgerecht vorbereitet sind. Sie kann mit Hilfe einer speziellen Vorrichtung in Form einer Manschette, in die ein Löffel eingeschoben wird, essen, indem sie mit der Restfunktion des Oberarmes den Löffel mit breiiger Nahrung zum Mund führen kann. Nahrung in fester Konsistenz kann sie nicht selbständig zu sich nehmen, sondern muss damit gefüttert werden.

Der Klägerin war mit Bescheid vom 8. 9. 2004 ein Pflegegeld der Stufe 7 befristet bis 31. 1. 2006 zuerkannt worden. Mit Bescheid vom 31. 5. 2006 wurde ihr ab 1. 2. 2006 Pflegegeld der Stufe 5 gewährt. Mit ihrer dagegen gerichteten Klage begehrt die Klägerin Pflegegeld der Stufe 7 auch über den 31. 1. 2006 hinaus.

Das Erstgericht sprach der Klägerin Pflegegeld der Stufe 7 ab 1. 2. 2006 zu. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und sprach der Klägerin (unter Wiederholung des angefochtenen Bescheides) Pflegegeld der Stufe 5 ab 1. 2. 2006 zu. Nach seiner Ansicht liege der pflegebedingte Mehraufwand im Monatsdurchschnitt (höchstens) bei monatlich 155,5 Stunden. Im Hinblick auf den Zweck des Pflegegeldes, in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern, damit ihnen ein möglichst selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben gesichert sei, sei für das (aus Sicht der Klägerin notwendige) tägliche Waschen und Fönen der Haare und das Einnehmen von Mahlzeiten kein weiterer Pflegeaufwand anzusetzen, auch wenn nicht übersehen werde, mit welch bewundernswerter Selbstdisziplin und psychischer Stärke die Klägerin versuche, ihr Schicksal zu meistern. Insgesamt bestehe demnach kein durchschnittlicher monatlicher Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden. Im Übrigen seien auch die weiteren für die Pflegegeldstufen 6 und 7 geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt. Eine die Pflegestufe 7 ausschließende Beweglichkeit sei bereits dann anzunehmen, wenn aktive Bewegungen ausgeführt werden könnten, durch die die Betreuung insgesamt etwas vereinfacht werde. Die Fähigkeit der Klägerin, mundgerecht vorbereitete Mahlzeiten mit den beschriebenen Hilfsmitteln selbständig zu sich zu nehmen, schließe die Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 7 jedenfalls aus, zumal es sich hiebei um zielgerichtete Bewegungen mit funktioneller Umsetzung handle, die auch noch im Sinne einer Vereinfachung der Pflege ausgeführt werden könnten. Anhaltspunkte für die Voraussetzungen von Pflegegeld der Stufe 6 hätten sich im gesamten Verfahren nicht ergeben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist nicht zulässig.

Als erhebliche Rechtsfragen sieht die Klägerin folgende an:

a) Kann eine pflegebedürftige Person aus Gründen ihres psychischen Wohlbefindens, insbesondere der gustatorischen Komponente der Nahrungsaufnahme für sich in Anspruch nehmen, anstelle von breiiger Nahrung feste und in üblicher Bissengröße vorgeschnittene Nahrung zu sich zu nehmen? Handelt es sich bei dem damit verbundenen Verabreichungsaufwand um einen Pflegebedarf iSd BPGG?

b) Liegt bei fehlender Greiffähigkeit eine Unmöglichkeit zielgerichteter Bewegungen der oberen Extremitäten mit funktioneller Umsetzung oder ein gleichzuachtender Zustand vor?

ad b):

Zu den Voraussetzungen von Pflegegeld der Stufe 7 hat der Oberste Gerichtshof zuletzt in der in der Revision zitierten Entscheidung 10 ObS 57/05p (ARD 5652/7/2006 = RdW 2006, 360) und in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 10 ObS 5/07v (ARD 5778/7/2007 = ZAS-Judikatur 2007/126, 174) zusammengefasst dahin Stellung bezogen, dass dann, wenn aktive Bewegungen ausgeführt werden können, durch die die Betreuung insgesamt etwas vereinfacht wird (weil nicht unbedingt jemand permanent in der Nähe des Betroffenen sein muss bzw der Betroffene nicht ständig unter Beobachtung gehalten werden muss), Pflegegeld der Stufe 7 ausgeschlossen ist. In diese Richtung gehen einerseits die Fähigkeit zur selbständigen Veränderung der Lage im Bett und eine gewisse Fähigkeit zum selbständigen Essen und Trinken, andererseits die Möglichkeit, mit einer Rufglocke, die der Pflegebedürftige ergreifen kann, einen Rufkontakt herzustellen. Es muss sich aber im weitesten Sinn um Bewegungen handeln, die geeignet sind, die Pflege zu erleichtern oder den pflegerischen Aufwand - wenn auch geringfügig - zu mindern bzw die Lebensführung des Betroffenen zu erleichtern (vgl RIS-Justiz RS0106363 [T20]).Zu den Voraussetzungen von Pflegegeld der Stufe 7 hat der Oberste Gerichtshof zuletzt in der in der Revision zitierten Entscheidung 10 ObS 57/05p (ARD 5652/7/2006 = RdW 2006, 360) und in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 10 ObS 5/07v (ARD 5778/7/2007 = ZAS-Judikatur 2007/126, 174) zusammengefasst dahin Stellung bezogen, dass dann, wenn aktive Bewegungen ausgeführt werden können, durch die die Betreuung insgesamt etwas vereinfacht wird (weil nicht unbedingt jemand permanent in der Nähe des Betroffenen sein muss bzw der Betroffene nicht ständig unter Beobachtung gehalten werden muss), Pflegegeld der Stufe 7 ausgeschlossen ist. In diese Richtung gehen einerseits die Fähigkeit zur selbständigen Veränderung der Lage im Bett und eine gewisse Fähigkeit zum selbständigen Essen und Trinken, andererseits die Möglichkeit, mit einer Rufglocke, die der Pflegebedürftige ergreifen kann, einen Rufkontakt herzustellen. Es muss sich aber im weitesten Sinn um Bewegungen handeln, die geeignet sind, die Pflege zu erleichtern oder den pflegerischen Aufwand - wenn auch geringfügig - zu mindern bzw die Lebensführung des Betroffenen zu erleichtern vergleiche RIS-Justiz RS0106363 [T20]).

Das Berufungsgericht ist dieser Rechtsprechung gefolgt, wenn es davon ausgeht, dass die Fähigkeit der Klägerin, mundgerecht vorbereitete Mahlzeiten mit den beschriebenen Hilfsmitteln selbständig zu sich zu nehmen, die Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 7 ausschließt, zumal es sich dabei um zielgerichtete Bewegungen mit funktioneller Umsetzung handelt, die auch noch im Sinne einer Vereinfachung der Pflege ausgeführt werden können. Aufgrund des dort gegebenen Sachverhalts bildete die Frage der Greiffähigkeit den maßgeblichen Aspekt in der Entscheidung 10 ObS 57/05p; in genereller Sicht kann aber nicht das Fehlen der Greiffähigkeit eine Unmöglichkeit zielgerichteter Bewegungen der oberen Extremitäten mit funktioneller Umsetzung oder einen gleichzuachtenden Zustand bewirken. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass sich im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte für die Voraussetzungen von Pflegegeld der Stufe 6 gezeigt haben.

ad a):

Auf die Frage, ob der Pflegebedarf bei der Klägerin im Monatsdurchschnitt mehr als 180 Stunden beträgt, kommt es nicht mehr an.

Da eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt, ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.Da eine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht vorliegt, ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Anmerkung

E85740 10ObS114.07y

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in zuvo 2008/8 S 17 (Neumayr, tabellarische Übersicht) - zuvo 2008,17 (Neumayr, tabellarische Übersicht) = ARD 5859/5/2008 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:010OBS00114.07Y.1106.000

Dokumentnummer

JJT_20071106_OGH0002_010OBS00114_07Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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