TE OGH 2008/7/2 7Ob132/08z

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Veröffentlicht am 02.07.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Georg K*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei D***** AG *****, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. April 2008, GZ 4 R 40/08a-21, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger hat am 14. 11. 2003 mit der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 1988) zugrundegelegt wurden. Diese regeln in ihrem ersten Teil die gemeinsamen Bestimmungen für sämtliche der verschiedenen versicherbaren Rechtsschutzrisken (Rechtsschutz-Bausteine), die unterschiedliche Bedarfssituationen zum Gegenstand haben. Vom Kläger wurde der Baustein „Kfz-Bonus-Rechtsschutz für ein Kfz" gewählt, der unter anderem die Risikogruppe „Allgemeiner Schadenersatz- und Strafrechtsschutz für den Privat- und Berufsbereich" beinhaltet. Der Kläger begehrt von der Beklagten Rechtsschutzdeckung für die Durchsetzung eines Amtshaftungsanspruchs gegen die Republik Österreich, der sich auf ein behauptetes deliktisches Fehlverhalten der Finanzmarktaufsicht gründet, wodurch der Kläger als Investor geschädigt worden sei. Den von der Beklagten erhobenen, in dritter Instanz allein noch strittigen Einwand der Vorvertraglichkeit entscheidet die Frage, was als Versicherungsfall zu gelten habe. Art 2 Pkt. 1. ARB 1988 legt fest, dass im Schadenersatz-Rechtsschutz (Art 17 Pkt. 2.1., Art 18 Pkt. 2.1. und Art 19 Pkt. 2.1.) als Versicherungsfall der Eintritt des dem Anspruch zugrundeliegenden Schadensereignisses gilt. „In den übrigen Fällen" gilt nach Art 2 Pkt. 3. ARB 1988 der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Zum Schadenersatz-Rechtsschutz im Sinn des Art 2 Pkt. 1. der ARB 1988 zählt nach Art 19 Pkt. 2.1. ARB 1988 der Schadenersatz-Rechtsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens, soweit diese Ansprüche nicht ausschließlich auf der Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung beruhen. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 275/99p, VersE 1860 = VersR 2001, 879 ausgesprochen hat, sind Amtshaftungsansprüche allgemein den Schadenersatzansprüchen aufgrund „gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts" im Sinn der ARB 1988 zuzurechnen.Der Kläger hat am 14. 11. 2003 mit der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 1988) zugrundegelegt wurden. Diese regeln in ihrem ersten Teil die gemeinsamen Bestimmungen für sämtliche der verschiedenen versicherbaren Rechtsschutzrisken (Rechtsschutz-Bausteine), die unterschiedliche Bedarfssituationen zum Gegenstand haben. Vom Kläger wurde der Baustein „Kfz-Bonus-Rechtsschutz für ein Kfz" gewählt, der unter anderem die Risikogruppe „Allgemeiner Schadenersatz- und Strafrechtsschutz für den Privat- und Berufsbereich" beinhaltet. Der Kläger begehrt von der Beklagten Rechtsschutzdeckung für die Durchsetzung eines Amtshaftungsanspruchs gegen die Republik Österreich, der sich auf ein behauptetes deliktisches Fehlverhalten der Finanzmarktaufsicht gründet, wodurch der Kläger als Investor geschädigt worden sei. Den von der Beklagten erhobenen, in dritter Instanz allein noch strittigen Einwand der Vorvertraglichkeit entscheidet die Frage, was als Versicherungsfall zu gelten habe. Artikel 2, Pkt. 1. ARB 1988 legt fest, dass im Schadenersatz-Rechtsschutz (Artikel 17, Pkt. 2.1., Artikel 18, Pkt. 2.1. und Artikel 19, Pkt. 2.1.) als Versicherungsfall der Eintritt des dem Anspruch zugrundeliegenden Schadensereignisses gilt. „In den übrigen Fällen" gilt nach Artikel 2, Pkt. 3. ARB 1988 der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Zum Schadenersatz-Rechtsschutz im Sinn des Artikel 2, Pkt. 1. der ARB 1988 zählt nach Artikel 19, Pkt. 2.1. ARB 1988 der Schadenersatz-Rechtsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens, soweit diese Ansprüche nicht ausschließlich auf der Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung beruhen. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 275/99p, VersE 1860 = VersR 2001, 879 ausgesprochen hat, sind Amtshaftungsansprüche allgemein den Schadenersatzansprüchen aufgrund „gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts" im Sinn der ARB 1988 zuzurechnen.

Dieser Judikatur und dem klaren Wortlaut der zitierten Bestimmungen der ARB 1988 folgend, haben die Vorinstanzen die Ansicht vertreten, der Versicherungsfall bestimme sich hier durch das dem Anspruch zugrundeliegende Schadensereignis und nicht durch allfällige (angeblich bereits im Jahr 1999 begangene) Verstöße der Organe der Finanzmarktaufsicht. Bereits in der (eine Privathaftpflichtversicherung betreffenden) Entscheidung 7 Ob 16/92 waren Versicherungsbedingungen (dort die AHVB) maßgebend, in denen - wie hier in Art 2 Pkt. 1. ARB 1988 - als Versicherungsfall nicht der Verstoß, sondern das Schadensereignis definiert wurde. Dort wurde ausgesprochen, der Verstoß sei das Kausalereignis, also das haftungsrelevante Verhalten des Versicherungsnehmers, das den Schaden verursacht habe, Schadensereignis dagegen der „äußere Vorgang", der die Schädigung des Dritten und damit die Haftpflicht des Versicherungsnehmers unmittelbar herbeiführe. Schadensereignis sei also das Folgeereignis, das mit dem Eintritt des realen Verletzungszustands gleichgesetzt werde. Im Einklang (auch) mit dieser Entscheidung haben die Vorinstanzen die im November 2005, also etwa 2 Jahre nach Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags erfolgte Eröffnung des Konkurses über das Vermögen jenes Unternehmens, bei dem der Kläger Investitionen getätigt hatte, als Versicherungsfall beurteilt und den Einwand der Vorvertraglichkeit daher als unberechtigt erachtet.Dieser Judikatur und dem klaren Wortlaut der zitierten Bestimmungen der ARB 1988 folgend, haben die Vorinstanzen die Ansicht vertreten, der Versicherungsfall bestimme sich hier durch das dem Anspruch zugrundeliegende Schadensereignis und nicht durch allfällige (angeblich bereits im Jahr 1999 begangene) Verstöße der Organe der Finanzmarktaufsicht. Bereits in der (eine Privathaftpflichtversicherung betreffenden) Entscheidung 7 Ob 16/92 waren Versicherungsbedingungen (dort die AHVB) maßgebend, in denen - wie hier in Artikel 2, Pkt. 1. ARB 1988 - als Versicherungsfall nicht der Verstoß, sondern das Schadensereignis definiert wurde. Dort wurde ausgesprochen, der Verstoß sei das Kausalereignis, also das haftungsrelevante Verhalten des Versicherungsnehmers, das den Schaden verursacht habe, Schadensereignis dagegen der „äußere Vorgang", der die Schädigung des Dritten und damit die Haftpflicht des Versicherungsnehmers unmittelbar herbeiführe. Schadensereignis sei also das Folgeereignis, das mit dem Eintritt des realen Verletzungszustands gleichgesetzt werde. Im Einklang (auch) mit dieser Entscheidung haben die Vorinstanzen die im November 2005, also etwa 2 Jahre nach Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags erfolgte Eröffnung des Konkurses über das Vermögen jenes Unternehmens, bei dem der Kläger Investitionen getätigt hatte, als Versicherungsfall beurteilt und den Einwand der Vorvertraglichkeit daher als unberechtigt erachtet.

Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, dass die Revision (zufolge eindeutiger Bedingungslage, die keine Auslegungszweifel lasse und weil es sich auch auf die Entscheidung 7 Ob 16/92 stützen habe können), unzulässig sei, hält die Revisionswerberin die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 502 Abs 1 ZPO für gegeben. Dem Urteil des Berufungsgerichts stehe, auch wenn es sich auf die Entscheidung 7 Ob 16/92 stütze, die Entscheidung 7 Ob 202/98a entgegen, der zum Eintritt des Versicherungsfalls (Art 2 ARB) wortidente Bestimmungen wie im vorliegenden Fall zugrunde gelegen seien und in der ebenfalls ein deliktischer Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten zu beurteilen gewesen sei. In dieser Entscheidung sei der Oberste Gerichtshof zur Ansicht gelangt, dass der Zeitpunkt des Verstoßes des Anspruchsgegners sehr wohl maßgeblich sei.Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, dass die Revision (zufolge eindeutiger Bedingungslage, die keine Auslegungszweifel lasse und weil es sich auch auf die Entscheidung 7 Ob 16/92 stützen habe können), unzulässig sei, hält die Revisionswerberin die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO für gegeben. Dem Urteil des Berufungsgerichts stehe, auch wenn es sich auf die Entscheidung 7 Ob 16/92 stütze, die Entscheidung 7 Ob 202/98a entgegen, der zum Eintritt des Versicherungsfalls (Artikel 2, ARB) wortidente Bestimmungen wie im vorliegenden Fall zugrunde gelegen seien und in der ebenfalls ein deliktischer Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten zu beurteilen gewesen sei. In dieser Entscheidung sei der Oberste Gerichtshof zur Ansicht gelangt, dass der Zeitpunkt des Verstoßes des Anspruchsgegners sehr wohl maßgeblich sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt mit jenem der vorliegenden Rechtssache insofern nicht vergleichbar, als dort zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags bereits für den Versicherungsnehmer erkennbare Verstöße (schuldhafte Unterlassung von Unterhaltserhöhungsanträgen des Unterhaltssachwalters) vorlagen, sodass von einem sogenannten „Zweckabschluss" auszugehen war. Von einem „Zweckabschluss" kann im vorliegenden Fall, in dem der Kläger erstmals im Herbst 2005 - also lange nach Abschluss des Versicherungsvertrags - aufgrund von Zeitungsberichten Kenntnis von einer möglichen Schädigung erlangte, keine Rede sein. Die Revisionswerberin vermag sohin einen tauglichen Grund für die Zulassung ihres außerordentlichen Rechtsmittels nicht aufzuzeigen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt mit jenem der vorliegenden Rechtssache insofern nicht vergleichbar, als dort zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags bereits für den Versicherungsnehmer erkennbare Verstöße (schuldhafte Unterlassung von Unterhaltserhöhungsanträgen des Unterhaltssachwalters) vorlagen, sodass von einem sogenannten „Zweckabschluss" auszugehen war. Von einem „Zweckabschluss" kann im vorliegenden Fall, in dem der Kläger erstmals im Herbst 2005 - also lange nach Abschluss des Versicherungsvertrags - aufgrund von Zeitungsberichten Kenntnis von einer möglichen Schädigung erlangte, keine Rede sein. Die Revisionswerberin vermag sohin einen tauglichen Grund für die Zulassung ihres außerordentlichen Rechtsmittels nicht aufzuzeigen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E881437Ob132.08z

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inzuvo 2008/87 S 128 (Stadler, tabellarische Übersicht) - zuvo 2008,128(Stadler, tabellarische Übersicht) = RdW 2008/601 S 654 - RdW2008,654 = ZFR 2008/129 S 232 - ZFR 2008,232 = VersR 2009,1143 =Ertl, ecolex 2010,4 (Rechtsprechungsübersicht)XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00132.08Z.0702.000

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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