TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/14 2006/10/0121

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Veröffentlicht am 14.12.2007
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Index

L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;
L92103 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Niederösterreich;
L92603 Blindenbeihilfe Niederösterreich;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §1220;
ABGB §1221;
SHG NÖ 2000 §41 Abs1;
SHG NÖ 2000 §41 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des FB in Wien, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1080 Wien, Alserstraße 21, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Februar 2006, Zl. GS5-SH-2919/014-2005, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 14. Februar 2006 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, Kosten der seiner Mutter im Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis 31. Dezember 2003 geleisteten Sozialhilfe in Höhe von EUR 14.996,45 binnen festgesetzter Frist zu ersetzen.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, der Mutter des Beschwerdeführers, Maria B., sei ab 18. Februar 1994 Sozialhilfe durch Pflege im NÖ Landes-Pensionisten- und Pflegeheim Pressbaum gewährt worden. Mit Übergabsvertrag vom 23. März 1992 seien dem Beschwerdeführer und seinem Bruder näher bezeichnete Liegenschaften von Karl und Maria B. - Eltern des Beschwerdeführers und jeweils Hälfteeigentümer - übergeben worden. Mit Ausstattungsbestellungsvertrag vom 23. März 1992 habe der Beschwerdeführer von seinen Eltern weitere Grundstücke mit der Bestimmung erhalten, dass der Wert des Vertragsgegenstandes in seinen zukünftigen väterlichen und mütterlichen Erb- und Pflichtteil eingerechnet werde.

Der Verkehrswert der dem Beschwerdeführer auf Grund des Ausstattungsbestellungsvertrages übertragenen Liegenschaften betrage insgesamt EUR 162.850,76. Da Maria B. Hälfteeigentümerin gewesen sei, habe der Beschwerdeführer von seiner Mutter somit EUR 81.425,38 ohne Gegenleistung übertragen bekommen. Ausstattungsbestellungsverträge seien höchstgerichtlichen Entscheidungen zufolge als Schenkungen anzusehen, soweit keine Ausstattungspflicht bestand bzw. deren Ausmaß überschritten wurde, wobei für die Ermittlung der Höhe des Heiratsgutes ein Prozentsatz von 25 % bis 30 % des Jahresnettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sei. Der Beschwerdeführer sei seit 25. November 1987 verheiratet und habe im Zeitpunkt der Vertragserrichtung im Jahre 1992 über eine eigene Wohnung und über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt. Im Zeitpunkt seiner Eheschließung hätten seien Eltern ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von insgesamt monatlich EUR 1.540,66, somit pro Person in Höhe von EUR 770,33 erzielt. Dieses Einkommen habe sich im Jahre 1988 auf monatlich EUR 794,24 pro Person erhöht. Seit 1. Jänner 1994 beziehe die Mutter des Beschwerdeführers eine Witwenpension in Höhe von EUR 341,88 monatlich. 30 % des Jahresnettoeinkommens der Mutter des Beschwerdeführers ergäben für das Jahr 1987 einen Betrag von rund EUR 3.245,--. Die Übertragung von Liegenschaften im Wert von EUR 81.425,38 sei daher nicht in Erfüllung der gesetzlichen Ausstattungspflicht nach § 1231 ABGB erfolgt. Es habe auch kein Unterhaltsanspruch des Beschwerdeführers gegen seine Mutter bestanden. Es sei daher von einer Vermögensübertragung ohne Gegenleistung auszugehen. Eine "vorweggenommene Erbauseinandersetzung", wie sie vom Beschwerdeführer geltend gemacht werde, sei nicht geeignet, die Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung auszuschließen. Der Wert des geschenkten Vermögens übersteige den dem Beschwerdeführer bisher auferlegten Kostenersatz um ein Vielfaches.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 6. Juni 2006, B 734/06, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) ist, wenn ein Hilfeempfänger innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Hilfeleistung, während oder drei Jahre nach der Hilfeleistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung an andere Personen übertragen hat, der Geschenknehmer (Erwerber) zum Kostenersatz verpflichtet, soweit der Wert des Vermögens das Fünffache des Richtsatzes für Alleinstehende übersteigt.

Für Tatbestände gemäß § 41 Abs. 1 NÖ SHG, die vor dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes verwirklicht wurden, beträgt die vor Beginn der Hilfeleistung liegende Frist gemäß § 78 Abs. 4 NÖ SHG drei Jahre.

Gemäß § 41 Abs. 2 NÖ SHG ist die Ersatzpflicht mit der Höhe des Geschenkwertes (Wert des ohne entsprechende Gegenleistung übernommenen Vermögens) begrenzt.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, für die der Mutter des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis 31. Dezember 2003 durch stationäre Unterbringung gewährte Sozialhilfe seien offene Kosten in Höhe von EUR 29.992,90 aufgelaufen. Als Geschenknehmer des Hälfteanteils näher bezeichneter Liegenschaften seiner Mutter im Wert von EUR 81.425,38 sei der Beschwerdeführer verpflichtet, (neben seinem Bruder) die Hälfte des offenen Sozialhilfeaufwandes in Höhe von EUR 14.996,45 zu ersetzen.

Der Beschwerdeführer wendet dagegen im Wesentlichen ein, die belangte Behörde sei zu Unrecht der Auffassung, dass es sich beim Ausstattungsbestellungsvertrag vom 23. März 1992 um eine Schenkung handle. Vielmehr sei in diesem Vertrag ausdrücklich festgehalten, die Ausstattung werde mit der Bestimmung übergeben, dass der Wert des Vertragsgegenstandes in den zukünftigen väterlichen und mütterlichen Pflichtteil eingerechnet werde. Das Entgelt bestehe daher in der Einrechnung in den väterlichen und mütterlichen Erb- und Pflichtteil. Als weitere Gegenleistung sei auf ein Fruchtgenussrecht der Eltern des Beschwerdeführers an der gesamten Übergabsliegenschaft hinzuweisen. Schließlich könne eine freiwillig gewährte Ausstattung über das erzwingbare Mindestmaß weit hinausgehen, ohne zu einer Schenkung zu werden. Nur wenn die Beteiligten darüber einig seien, dass das Maß der gesetzlichen Verpflichtung überschritten werden solle, oder wenn die Unverhältnismäßigkeit offenbar sei, liege hinsichtlich des Übermaßes eine Schenkung vor. Selbst wenn man aber der - nach Auffassung des Beschwerdeführers - irrigen Annahme wäre, die Ausstattung sei unverhältnismäßig und daher das Übermaß als Schenkung anzusehen, sei der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie eine Ermittlung des Übermaßes unterlassen habe. Mit dessen Höhe sei nämlich die Ersatzpflicht des Beschwerdeführers gemäß § 41 Abs. 2 NÖ SHG begrenzt. Überdies sei der Wert des erwähnten Fruchtgenussrechts unberücksichtigt geblieben, ebenso das Fünffache des Richtsatzes für Alleinstehende im Sinne des § 41 Abs. 1 letzter Halbsatz NÖ SHG.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Die Pflicht zur Ausstattung des Sohnes entspricht im Wesentlichen der Pflicht zur Ausstattung der Tochter nach den §§ 1220ff ABGB im Sinne einer Starthilfe für das ausstattungsbedürftige Kind bei der ersten Gründung einer eigenen Familie (vgl. Bydlinski in Rummel II3, § 1231 ABGB, Rz 1). Insoweit eine Pflicht zur Ausstattung bestand und deren Ausmaß nicht überschritten wurde, liegt in der unter diesem Titel vorgenommenen Zuwendung keine Schenkung (vgl. z.B. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 2. Juli 1969, 5 Ob 117/69 = JBl 1970, 424). Waren sich die Beteiligten jedoch darüber einig, dass das Maß der gesetzlichen Verpflichtung überschritten werden sollte, oder wenn die Unverhältnismäßigkeit eine offenbare ist, liegt hinsichtlich des Übermaßes eine Schenkung vor (vgl. das Urteil des OGH vom 6. März 1957, 2 Ob 5/57).

Was die Höhe des Ausstattungsanspruches anlangt, sind die Verhältnisse des Einzelfalles entscheidend (vgl. nochmals Bydlinski, a.a.O., § 1221, Rz 1, mwN). Im Allgemeinen geht der Ausstattungsanspruch jedoch über ein Ausmaß von 25 % bis 30 % des Jahreseinkommens des (im Übrigen vermögenslosen) Ausstattungspflichtigen nicht hinaus (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 90/14/0281, und die dort zitierte Judikatur).

Die belangte Behörde ist - wie dargelegt - zur Auffassung gelangt, die Liegenschaftsübertragung im Wert von EUR 81.425,38 könne weder nach den finanziellen Verhältnissen der Mutter des Beschwerdeführers noch nach seinem Ausstattungsbedarf im Zeitpunkt der Errichtung des Ausstattungsbestellungsvertrages als Erfüllung der gesetzlichen Ausstattungspflicht angesehen werden. Dass die tatsächlichen Grundlagen dieser Auffassung unzutreffend wären, bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Weder ist er der Annahme der belangten Behörde betreffend die finanziellen Verhältnisse entgegengetreten, noch hat er Umstände aufgezeigt, die einen Bedarf nach einer "Starthilfe" rund viereinhalb Jahre nach seiner Eheschließung und trotz seines ausreichenden Einkommens und seiner gesicherten Wohnverhältnisse begründen könnten.

Die Auffassung der belangten Behörde, die Übertragung des Hälfteanteils an den in Rede stehenden Liegenschaften durch den Ausstattungsbestellungsvertrag vom 23. März 1992 sei nicht in Erfüllung einer Ausstattungspflicht gemäß § 1231 ABGB erfolgt, ist daher nicht zu beanstanden.

Selbst wenn man jedoch mit dem Beschwerdeführer von der Erfüllung einer Ausstattungspflicht ausgehen wollte, wäre damit für ihn nichts gewonnen. Diesfalls müsste nämlich angesichts des auffallenden Missverhältnisses zwischen der Ausstattungspflicht seiner Mutter und dem Wert der ihm übertragenen Liegenschaften von einer Schenkung ausgegangen werden - wenngleich nur bezüglich des Übermaßes. Allerdings hat der Beschwerdeführer Umstände, denen zufolge der ihm vorgeschriebene Kostenersatz im Übermaß keine Deckung fände, konkret nicht aufgezeigt.

Nicht zielführend sind die Versuche, den Ausstattungsbestellungsvertrag vom 23. März 1992 als - zumindest teilweise - entgeltlichen Vertrag darzustellen:

Ein Fruchtgenussrecht wurde den Eltern des Beschwerdeführers in diesem Vertrag - nach Ausweis der in den vorgelegten Verwaltungsakten befindlichen Kopie des Vertrages - nicht eingeräumt. Weiters ist die Einrechnung des Wertes der übergebenen Liegenschaften in den zukünftigen Pflichtteil keine Gegenleistung für die Übertragung dieser Liegenschaften in das Eigentum des Beschwerdeführers; besteht doch vor dem Erbanfall - auch für den gesetzlichen Erben - nicht mehr als eine Erbaussicht, die aber noch kein Recht darstellt, über das verfügt werden könnte (vgl. vielmehr § 879 Abs. 2 Z. 3 ABGB).

Soweit die Beschwerde jedoch die unterbliebene Berücksichtigung des fünffachen Richtsatzes für Alleinstehende rügt, zeigt sie nicht auf, dass die belangte Behörde bei Abzug des entsprechenden Betrages vom Wert des dem Beschwerdeführer übertragenen Vermögens zu einem im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentlich anderen Bescheid gelangt wäre.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 14. Dezember 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006100121.X00

Im RIS seit

14.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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