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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §49 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der V W in Wien, vertreten durch Mag. Philipp Hanusch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 31. Oktober 2006, Zl. LGSW/Abt.3-AlV/05661/2006-10459, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen zu ersetzen.
Begründung
Mit der Beschwerdeführerin wurde am 1. März 2006 beim Arbeitsmarktservice Redergasse eine Niederschrift aufgenommen, in der es unter anderem heißt: "Ich wurde über die Vorschreibung einer Kontrollmeldung für den 12.4.06 und die Rechtsfolgen des § 49 AlVG bei Nichteinhaltung informiert."
In einem Schreiben des Arbeitsmarktservice Redergasse ebenfalls vom 1. März 2006 heißt es:
"Sie wurden am 01.03.2006 über die gesetzlichen Bestimmungen des § 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz informiert.
Ihnen wurde ein Kontrolltermin gemäß § 49 AlVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977) für den 12.4.06 ... bekanntgegeben. ... Für weitere Auskünfte steht Ihnen Herr. M. ... gerne zur Verfügung."
Das Schreiben trägt neben der Unterschrift der Beschwerdeführerin auch jene von M. als Vertreter des Arbeitsmarktservice.
Mit Bescheid vom 27. April 2006 hat das Arbeitsmarktservice Redergasse ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin ab dem 12. April 2006 bis zur persönlichen Wiedermeldung keine Notstandshilfe erhalte. Nach der Begründung habe sie den vorgeschriebenen Kontrolltermin bei ihrem zuständigen Berater in der Beratungszone am 12. April 2006 nicht eingehalten.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe den Betreuungsplan und den Kontrolltermin eingehalten. Auf ihren Antrag auf einen Beraterwechsel sei in keiner Weise eingegangen worden. Bei ihrer Anwesenheit am 12. April 2006 um 9.30 Uhr sei weder die Frauenreferentin noch seien die Abteilungsleiter in ihren Büros gewesen. Auf Grund einer Beschäftigung im Rahmen eines Praktikums und des Kurses, den die Beschwerdeführerin gerade abschließe, habe es "leider zu keiner Wartezeit kommen können". Die Beschwerdeführerin bestehe weiterhin auf der Zuordnung einer neuen Beraterin, weil die bisherige Beratung äußerst schlecht, unsachgemäß und wenig problemorientiert gewesen sei. Der letzte Berater habe schon äußerlich auf die Beschwerdeführerin sehr unangenehm gewirkt, in ihrer persönlichen Umgebung, Ausbildung und Tätigkeit als Europasekretärin seien "Flinserl" unpassend und wirkten auch persönlich auf sie abnormal, ungepflegt und für sie als Frau auch abstoßend und abweisend. Für eine objektive Beratung sei dies eine Zumutung und auf jeden Fall ein Hindernis. Ein Gespräch mit einer anderen Mitarbeiterin aus dieser Abteilung habe einen deutlichen qualitativen Unterschied in der Kommunikation gezeigt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben.
In der Begründung gab die belangte Behörde den Gang des Verwaltungsverfahrens und folgenden Aktenvermerk des Arbeitsmarktservice Redergasse vom 12. April 2006 wieder:
"(Die Beschwerdeführerin) spricht in Infozone vor und möchte einen Beraterwechsel, zu zuständigem Abteilungsleiter H. oder K. (9.00 Uhr) weitergeschickt, Abteilungsleiter war nicht anzutreffen, darauf verließ (die Beschwerdeführerin) das Haus."
Die belangte Behörde nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
"Vom Arbeitsmarktservice Redergasse wurde Ihnen für den 12.04.2006 ein Kontrolltermin bei dem Berater, Herrn M, vorgeschrieben.
Eine Belehrung über die Rechtsfolgen eines Kontrollmeldeversäumnisses ist erfolgt.
Sie erschienen am 12.04.2006 beim Arbeitsmarktservice Redergasse in der Infozone und ersuchten um einen Beraterwechsel. Infolge dessen wurden Sie von einem Mitarbeiter zu dem zuständigen Abteilungsleiter verwiesen. Nachdem Sie diesen nicht antrafen, verließen Sie - da Sie aufgrund eines Praktikums nicht bis 11:00 Uhr warten konnten - ohne bei Ihrem zuständen Berater zu erscheinen das Arbeitsmarktservice.
Bis dato ist noch keine persönliche Rückmeldung erfolgt. Ein triftiger Grund für das Versäumnis liegt nicht vor."
Diese Feststellungen ergäben sich aus dem Akteninhalt und den Angaben der Beschwerdeführerin.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin trotz Belehrung über die Rechtsfolgen am 12. April 2006 nicht bei ihrem zuständigen Berater erschienen sei. Die Vorsprache bloß in der Infozone eines Arbeitsmarktservice stelle nicht die Einhaltung einer Kontrollmeldung im Sinne des § 49 AlVG dar. Die Beschwerdeführerin sei verpflichtet gewesen, wegen des von ihr gewünschten Beraterwechsels zu warten, bis der Abteitungsleiter komme, um diesem zu ermöglichen, auf ihr Vorbringen näher einzugehen und gegebenenfalls auch ein Beratungsgespräch, das Sinn und Zweck einer Kontrollmeldung sei, durchzuführen. Ein triftiger Grund liege nicht vor.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die belangte Behörde hat die Beschwerdeführerin den vorgeschriebenen Kontrolltermin deswegen nicht eingehalten, weil sie sich nicht bei dem für sie zuständigen Berater M., sondern nur in der Infozone gemeldet und nicht auf den bzw. die Abteilungsleiter gewartet habe.
§ 49 AlVG hat folgenden Wortlaut:
"§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, daß das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.
(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."
Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, dass es sich bei dem Termin am 12. April 2006 um eine Kontrollmeldung gehandelt hatte und dass sie vom Arbeitsmarktservice über die Folgen des Unterlassens von Kontrollmeldungen informiert worden war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2002/08/0061, mwN). Sie vertritt die Auffassung, ihre Meldung in der Infozone sei für die Einhaltung der Kontrollmeldung ausreichend gewesen.
Ein Kontrolltermin im Sinne des § 49 Abs. 1 AlVG dient in erster Linie der Betreuung des Arbeitslosen, weshalb grundsätzlich dessen persönliches Erscheinen erforderlich ist. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2007, Zl. 2005/08/0117). Die Meldung dient zudem der Kontrolle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, Zl. 2006/08/0172).
Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die Anwesenheit des Arbeitslosen in der Infozone des Arbeitsmarktservice am Tag des vorgeschriebenen Kontrolltermins für die Einhaltung der Kontrollmeldung ausreichend ist. In diesem Fall könnte der dargestellte Zweck der Kontrollmeldung nicht erreicht werden; nur der Kontakt des Arbeitslosen mit dem individuellen Betreuer, der auch über die erforderlichen Informationen im Einzelfall verfügt, kann dies sicherstellen.
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass am 12. April 2006 - nach den Angaben in der Beschwerde um 8 Uhr - keine wirksame Kontrollmeldung durch die Beschwerdeführerin erfolgt ist, weil sie nicht Kontakt mit ihrem Betreuer aufgenommen hat bzw. aufnehmen wollte. Auch das Vorbringen, sie habe einen Betreuerwechsel beantragt, konnte das Versäumen des Kontrolltermins nicht rechtfertigen, weil die Beschwerdeführerin bis zur Entscheidung über diese Frage durch die Leitung des Arbeitsmarktservice verpflichtet war, bei dem ihr zugeteilten Betreuer vorzusprechen (vgl. das Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 97/08/0040).
Geht man nach dem Gesagten von einer Unterlassung der Kontrollmeldung durch die Beschwerdeführerin aus, kommt es auf das weiteres Vorbringen, sie habe nicht bis elf Uhr zuwarten können, weil sie ein Praktikum bzw. einen Kurs zu absolvieren gehabt habe, nicht mehr an, weil nach ihrer Weigerung, beim zuständigen Betreuer vorzusprechen, der Kontrolltermin als versäumt anzusehen ist.
Die Auffassung der belangten Behörde, ein triftiger Grund für die Versäumung der Kontrollmeldung liege nicht vor, sodass der Regionalbeirat nicht anzuhören war, ist demnach zutreffend.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 19. Dezember 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006080332.X00Im RIS seit
08.02.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008