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L34002 Abgabenordnung Kärnten;Norm
BAO §281 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2006/16/0188 E 10. April 2008 2006/16/0187 E 10. April 2008Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der Y Warenhandels- und Gastgewerbebetriebs GmbH in F, vertreten durch Dr. Hans M. Slawitsch Wirtschaftstreuhandgesellschaft KEG Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 8020 Graz, Strauchergasse 16, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 18. September 2006, Zl. 3-MK 146-169/1-2006, betreffend Aussetzung des Getränkeabgabenverfahrens 1999 (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Klagenfurt), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betrieb im Abgabenzeitraum ein Wein-, Spirituosen- und Kaffeespezialgeschäft in Klagenfurt.
Zum Sachverhalt wird auf die Darstellung des Verwaltungsgeschehens im hg. Beschluss vom heutigen Tag, Zlen. 2006/16/0145, 0146, verwiesen. Daraus ergibt sich, dass der Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt mit Bescheid vom 23. März 2006 die Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den "Getränkeabgabenbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 20. März 2001, mit dem die Getränkeabgabe (…) für das Jahr 1999 in Höhe von ATS 423.544,-- (EUR 30.780,14) festgesetzt" worden sei, "bis zum Vorliegen der durch ordentliche und außerordentliche Rechtsmittel nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen über die Berufungen, die beim Verwaltungsgerichtshof unter den Zlen. 2004/16/0128-2, 2004/16/0141-2 und 2004/16/0176-2 anhängig gemacht" worden seien, aus Gründen der Prozessökonomie ausgesetzt hat. Der Stadtsenat führte dazu aus, aus den "in der Sache" bereits ergangenen Verwaltungsgerichtshoferkenntnissen sei klar erkennbar, dass für die gegenständliche Berufungsentscheidung die vorherige Klärung der in den genannten Verfahren thematisierten Rechtsfragen u. a. über die Bedeutung des Überschreitens der durchschnittlichen Rohaufschlagssätze bei der Beurteilung der Überwälzung der Getränkeabgabe auf die Letztverbraucher von entscheidungsrelevanter Bedeutung sei. Die Beschwerdeführerin habe es verabsäumt, der beabsichtigten Aussetzung Gründe entgegen zu halten, die gegenüber den prozessökonomischen Interessen an der Aussetzung ein Übergewicht hätten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es sei auf Grund der Komplexität der Materie nachvollziehbar, dass sich die Abgabenbehörde zweiter Instanz eine Richtschnur für die Lösung dieses und der anderen offenen Verfahren erhoffe. In den schwebenden, von der Abgabenbehörde zweiter Instanz angeführten Verfahren gehe es "mit Gewissheit u.a. um die Lösung von (Teil-)Fragen, die auch im gegenständlichen abgabenbehördlichen Berufungsverfahren einer Prüfung, Untersuchung, Aufklärung, Würdigung und Lösung" bedürften. Insofern könne die begründete Annahme der "Eignung der abzuwartenden Entscheidungen als Vorbild nachvollzogen werden" und könne auch ein sachverhaltserhellender und Rechtsfragen klärender Belang erblickt werden. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe die von ihr angestellten Zweckmäßigkeitsüberlegungen klar formuliert. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Interessen würden die evidenten prozessökonomischen Interessen nicht überwiegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass die belangte Behörde den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung des Abgabenverfahrens aufhebe.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Mitbeteiligte erstattete keine Äußerung.
Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig oder schwebt sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, so kann die Entscheidung über diese gemäß § 213 Abs. 1 Kärntner Landesabgabenordnung (in der Folge: K-LAO) unter Mitteilung der hierfür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen.
Nach § 188a K-LAO hat die Abgabenbehörde, die eine auf Grund eines rechtswidrigen Abgabengesetzes erlassene Abgabenvorschreibung aufhebt oder abändert, auszusprechen, in welchem Umfang die Abgabe nicht gutzuschreiben oder nicht zurückzuzahlen ist, weil die Abgabe insoweit wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabenpflichtigen getragen worden ist. Soweit eine derart überwälzte Abgabe noch nicht entrichtet worden ist, hat die Abgabenbehörde diese mit gesondertem Bescheid vorzuschreiben. Dies gilt nach Abs. 2 leg. cit. auch, wenn die Abgabe gemäß § 151 durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt gilt oder die Abgabenbehörde gemäß § 151 eine Abgabenfestsetzung vornimmt.
Nach dem Spruch des Aussetzungsbescheides soll nicht die Beendigung der darin genannten verwaltungsgerichtlichen Verfahren - über die im Zeitpunkt der Erlassung des Aussetzungsbescheides durch Aufhebung der dort angefochtenen Bescheide bereits entschieden war - für das Ende der Aussetzung ausschlaggebend sein, sondern die Beendigung der diesen zu Grunde liegenden Berufungsverfahren, welche bei anderen Abgabenbehörden anhängig waren. Von diesen Berufungsverfahren ist zumindest jenes, hinsichtlich dessen das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/16/0141 ergangen ist, noch anhängig, weil gegen den im fortgesetzten Verfahren erlassenen Berufungsbescheid vom 14. Juni 2004 die zur hg. Zl. 2005/16/0222 protokollierte Beschwerde erhoben und darüber noch nicht entschieden wurde. Es ist somit davon auszugehen, dass der verfahrensgegenständliche Aussetzungsbescheid noch Wirkungen entfaltet.
Das ausgesetzte Verfahren betrifft die (gem. § 188a K-LAO mit einem gesonderten Bescheid zu erfolgende) Vorschreibung einer auf Grund eines rechtswidrigen Abgabengesetzes erhobenen, aber noch nicht entrichteten Abgabe, die wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden ist.
Die Beschwerdeführerin bringt gegen die Rechtmäßigkeit des Aussetzungsbescheides vor, es mangle bereits an einer Grundvoraussetzung für eine Aussetzung, nämlich dem Vorliegen einer Rechtsfrage. Im Beschwerdefall sowie in jenen Fällen, bis zu deren Beendigung ausgesetzt worden sei, wären nämlich (ausschließlich) Sachverhaltsfragen zu beurteilen. Damit verkennt die Beschwerdeführerin aber, dass es sich bei der Beurteilung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzung des § 188a K-LAO, dass die Abgabe wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabenpflichtigen getragen worden ist, nicht um eine Sachverhaltsfrage, sondern um eine Rechtsfrage handelt (vgl. in diesem Sinne die hg. Erkenntnisse vom 15. März 2001, Zl. 2001/16/0063, und vom 19. September 2001, Zl. 2001/16/0439).
Ist nun die andersbehördliche Entscheidung oder das gerichtliche Urteil über eine solche Frage von "wesentlicher Bedeutung", ist zu erwarten, dass die Lösung des den Anlass für die Aussetzung gebenden Verfahrens von sachverhaltserhellender und rechtsfragenklärender Bedeutung sein kann, ohne dass diese zu klärende Frage eine Vorfrage im technischen Sinn ist, so ist der hier in Rede stehende Aussetzungstatbestand erfüllt und es können auch solche laufende, anhängige, schwebende Verfahren Anlass für eine Aussetzung sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1984, Zl. 83/14/0229). Es genügt auch in diesem Zusammenhang, wenn die Eignung der abzuwartenden Entscheidung als "Vorbild" begründet anzunehmen oder sonst entscheidende Hilfe für die eigene Entscheidung gegeben oder aus gutem Grund zu erwarten ist (vgl. Stoll, BAO, 2748).
Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, es sei auf Grund der Besonderheiten ihres Betriebes (einem Getränkespezialbetrieb in Grenznähe) völlig denkunmöglich, dass im Beschwerdefall "künftige Judikate des Verwaltungsgerichtshofes" entscheidungswesentlich sein könnten, so ist sie darauf hinzuweisen, dass das Berufungsverfahren, zu welchem das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/16/0176, ergangen ist, ebenfalls einen qualitativen Getränkefachhandel für Wein und Spirituosen betrifft. Wenn es auch stets auf die konkreten Umstände und Besonderheiten des Betriebes im jeweiligen Einzelfall ankommt, so hat die Beschwerdeführerin doch nicht dargetan, dass der Ausgang der anhängigen Verfahren für die ausgesetzte Entscheidung nicht von Bedeutung wäre, sodass den Verfahren, bis zu deren Beendigung ausgesetzt wurden, kein Modellcharakter im Zusammenhang mit der Frage der Überwälzung der Abgabe auf andere als den Abgabepflichtigen zukäme.
Auch der Umstand, dass die Abgabenbehörde bereits mit Vorhalt vom 11. Mai 2005 zur Frage der Überwälzung ein umfangreiches Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, steht der Zulässigkeit der Aussetzung nicht entgegen.
Die Beschwerdeführerin behauptet weiters, dass überwiegende Parteiinteressen, nämlich ein beträchtlicher Zinsverlust, der Aussetzung entgegen stünden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, sind als überwiegende Interessen der Partei, die nach § 281 Abs. 1 BAO einer Aussetzungsmaßnahme entgegen stehen könnten, nur solche zu verstehen, die sich im Einzelfall aus einem besonders gelagerten Sachverhalt ergeben, während der bloße Eintritt von Rechtsfolgen, die der Gesetzgeber allgemein vorsieht, ohne Hinzutreten besonderer Umstände kein entgegen stehendes Interesse der Partei begründen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2002, Zl. 2002/13/0092, mwN). Zinsverluste stellen jedenfalls keine der Aussetzung entgegenstehende Interessen dar, mögen sie auch im Einzelfall erheblich sein (vgl. das hg.
Erkenntnis vom 23. Februar 1989, Zl. 88/16/0193).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war
daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in
Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 10. April 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006160186.X00Im RIS seit
04.06.2008Zuletzt aktualisiert am
26.09.2008