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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AuslBG §3 Abs3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2006/09/0174Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerden 1. der H KEG und 2. des H H in B, vertreten durch Faber & Kühteubl, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchner Strasse 34, gegen die Bescheide der Landesgeschäftsstelle Steiermark des Arbeitsmarktservice jeweils vom 7. August 2006, Zl. LGS 600/AUS/2006/08114/ABB-Nr. 2650951 -Re (protokolliert zur hg. Zl. 2006/09/0173) und Zl. 08114/ABB-Nr. 2650937 (protokolliert zur hg. Zl. 2006/09/0174), beide betreffend Widerruf einer Beschäftigungsbewilligung, beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.
Aus Anlass der Beschwerden der erstbeschwerdeführenden Partei werden die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde.
Das Arbeitsmarktservice hat der erstbeschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheiden jeweils vom 12. Mai 2006 wurden dem Zweitbeschwerdeführer über seinen Antrag für zwei namentlich bezeichnete polnische Staatsangehörige Beschäftigungsbewilligungen für die Zeit vom 15. Mai bis 14. November 2006 erteilt.
Am 1. Juni 2006 wurde dem Arbeitsmarktservice im Zuge einer Antragstellung u.a. bekannt gegeben, dass das Unternehmen des Zweitbeschwerdeführers seit dem 10. Mai 2006 in der Rechtsform einer KEG betrieben werde, wobei der Zweitbeschwerdeführer persönlich haftender Gesellschafter und seine Ehegattin Kommanditistin sei.
Mit - gleichlautenden jeweils an den Zweitbeschwerdeführer adressierten - Bescheiden des Arbeitsmarktservice Hartberg vom 20. Juli 2006 wurden die mit Bescheiden vom 12. Mai 2006 erteilten Beschäftigungsbewilligungen (u.a.) für diese Ausländer per 31. Juli 2006 gemäß § 9 Abs. 1 AuslBG mit der Begründung widerrufen, der Zweitbeschwerdeführer habe die beiden polnischen Staatsangehörigen als "landwirtschaftliche Hilfsarbeiter" beantragt, es seien die Beschäftigungsbewilligungen auch für diese Tätigkeit erteilt worden. Anlässlich einer Überprüfung am 19. Juli 2006 durch Beamte des Zollamtes Graz, KIAB, sei festgestellt worden, dass die ausländischen Arbeitskräfte jedoch nicht als "landwirtschaftliche Hilfskräfte", sondern als Bauarbeiter (Maurer) eingesetzt gewesen seien, was den Tatbestand des § 9 Abs. 1 AuslBG erfülle.
Gegen diese Bescheide erhob der Zweitbeschwerdeführer Berufung, in welchen er unter konkreten Angaben die bewilligungsfremde Tätigkeit der beiden Ausländer bestritt und hierzu Beweise anbot.
Mit den - ausschließlich an die erstbeschwerdeführende Partei gerichteten und wortgleichen - angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde ohne Ergänzung des Ermittlungsverfahrens diese Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 AuslBG ab.
Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes hielt die belangte Behörde den Berufungsausführungen entgegen, dass bei der Überprüfung durch das KIAB am 19. Juli 2006 insgesamt sechs polnische Staatsangehörige bei der Ausübung von Maurerarbeiten betreten worden seien und für diese Personen keine gültige Beschäftigungsbewilligungen hätten vorgewiesen werden können. Die gegenständlichen Ausländer seien zwei dieser sechs Arbeiter gewesen. Sie seien nicht wie beantragt als "landwirtschaftliche Hilfsarbeiter", sondern als Bauarbeiter (Maurer) eingesetzt worden. Nach dem Zitat der Bestimmung des § 9 Abs. 1 AuslBG verwies die belangte Behörde noch darauf, dass als wesentlich solche Angaben betrachtet würden, die, sofern sie bekannt gewesen wären, eine andere Entscheidung herbeigeführt hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführer bestreiten die Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 AuslBG, zumal keinerlei Feststellungen dahingehend getroffen worden seien, dass anlässlich der Beantragung der widerrufenen Beschäftigungsbewilligungen wissentlich falsche Angaben gemacht oder relevante Tatsachen verschwiegen worden seien. Auch seien die von den betroffenen Polen durchgeführten Ausbesserungsarbeiten sehr wohl im Rahmen der bewilligten landwirtschaftlichen Hilfstätigkeiten erbracht worden.
Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sehen die Beschwerdeführer auch darin, dass ihr Parteiengehör dadurch massiv verletzt worden sei, dass sie (offensichtlich betreffend nur die erstbeschwerdeführende Partei) nicht am Verwaltungsverfahren beteiligt worden sei.
1. Zur Zurückweisung:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde unter anderem nur zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt wurde. Die Legitimation zur Beschwerdeerhebung wegen Verletzung seiner Rechte kann demnach nur einem Rechtssubjekt zukommen, dessen Rechtsstellung eine verschiedene ist, je nach dem, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat nur zu prüfen, ob der Beschwerdeführer, nicht aber ob ein anderes Rechtssubjekt durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt ist (vgl. hiezu auch die bei Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 412 f, wiedergegebene hg. Judikatur sowie den hg. Beschluss vom 10. Februar 1999, Zl. 97/09/0336, mwN).
Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass durch den angefochtenen Bescheid die in der Beschwerde geltend gemachten Rechte des Zweitbeschwerdeführers nicht verletzt werden konnten, wurde doch ihm gegenüber kein Bescheid erlassen. Durch eine allfällige Aufhebung des (nur der H KEG gegenüber ergangenen) angefochtenen Bescheides - der ihm gegenüber keine Rechtswirksamkeit entfaltet - würde sich somit seine Rechtsstellung nicht ändern.
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers war aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
2. Zur Aufhebung:
Die belangte Behörde weist in ihrer Gegenschrift selbst darauf hin, dass ihr bereits seit dem 1. Juni 2006 bekannt war, dass das Unternehmen des Zweitbeschwerdeführers ab dem 10. Mai 2006 in der Rechtsform einer KEG geführt wird. Damit galten die dem Zweitbeschwerdeführer erteilten Beschäftigungsbewilligungen gemäß § 3 Abs. 3 AuslBG als dem neuen Arbeitgeber (hier: der KEG) erteilt. Bereits die Widerrufsbescheide hätten daher richtigerweise gegenüber der KEG erfolgen müssen. Diese wäre daher im Verfahren über die Erlassung von Widerrufsbescheiden jedenfalls sachlich legitimiert gewesen. Hätten daher die Behörden die richtigen Normen angewendet, so wäre ihr im Verfahren auch Parteistellung zugekommen.
Beschwerdeberechtigt ist aber auch eine Partei, in deren subjektivöffentliche Rechte durch einen an sie gerichteten Bescheid eingegriffen wird, auch wenn ihr die gebührende Parteistellung im Verwaltungsverfahren nicht eingeräumt worden ist (vgl. die in Dolp, aaO, Seite 413 f angeführte hg. Judikatur). Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei ist daher zulässig; sie ist auch berechtigt.
Die erstinstanzlichen Widerrufsbescheide ergingen ausschließlich an den Zweitbeschwerdeführer, nur dieser erhob dagegen Berufung. Mit dem an die erstbeschwerdeführende Partei gerichteten Bescheiden hat die belangte Behörde somit über Berufungen entschieden, die sie nicht erhoben hat. Da das Berufungsverfahren ein antragsbedürftiges Verfahren ist, war die belangte Behörde zu einer Entscheidung der erstbeschwerdeführenden Partei gegenüber unzuständig.
Aus diesem Grunde waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. September 2008
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteVoraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des BerufungswerbersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006090173.X00Im RIS seit
20.11.2008Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009