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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Gebührengesetz; keine denkunmögliche und keine gleichheitswidrige Anwendung des §33 TP16 Abs2 idF der Nov. BGBl 668/1976Spruch
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1.a) Mit dem am 22. Dezember 1976 vor einem Notar in Bad Reichenhall/Bundesrepublik Deutschland schriftlich abgeschlossenen "Abtretungsvertrag" überließen vier Kommanditisten ihre Kommanditanteile an dem Unternehmen "S. N. Verlags-Gesellschaft m. b. H. und CO KG" in Sbg. entgeltlich an M. D. sen., Dr. M. D. jun. und Dipl.-Kfm. G. K.-H. (alle in Sbg.).
Unbestritten ist, daß die über diesen Vertrag errichtete Urkunde weder im Original noch in beglaubigter Abschrift nach Österreich eingebracht worden ist.
Die sich aus diesem Abtretungsvertrag ergebenden gesellschaftsrechtlichen Änderungen waren in der Folge Gegenstand einer schriftlichen Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister des Landesgerichtes (als Handelsgericht) Sbg. Diese Eingabe wurde von allen vertragsschließenden Teilen am 17. Jänner 1977, am 31. Mai 1977 und am 3. Juni 1977 unterfertigt und sodann beim Handelsregister eingereicht.
b) Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Sbg. hat mit drei Bescheiden vom 21. Juli 1977 den drei Erwerbern der Kommanditanteile gem. den §§15 - 17, 25 - 28, 32, 33, TP16 Abs1 Z1 litc und §34 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. 267, in der geltenden Fassung (das ist idF der Nov. BGBl. 668/1976) (im folgenden kurz GebG) Rechtsgebühren in der Höhe von 2% der Abtretungssummen vorgeschrieben.
Gegen diese Bescheide haben die drei Erwerber am 16. August 1977 Berufung erhoben. Gleichzeitig haben sie Stundungsansuchen gestellt.
Die Stundungsansuchen wurden mit Bescheiden des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Sbg. vom 31. August 1977 abgewiesen; die Einschreiter wurden aufgefordert, die Gebühren innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieser Bescheide einzuzahlen.
Die Finanzlandesdirektion für Sbg. hat mit drei Bescheiden vom 31. Oktober 1977 die gegen die Gebührenvorschreibungen gerichteten Berufungen abgewiesen.
Dieselbe Behörde hat mit Bescheiden vom 7. November 1977 auch die von allen drei Erwerbern gegen die Ablehnung der Stundungsansuchen gerichteten Berufungen abgewiesen.
M. D. sen. ist am 22. September 1977 gestorben.
Die ihn betreffenden beiden Berufungsbescheide wurden an seine Verlassenschaft zH des seinerzeit vom Genannten bestellten Rechtsvertreters adressiert.
Der Nachlaß nach M. D. sen. wurde mit Beschluß des Bezirksgerichts Sbg. vom 6. April 1978, 1 A 567/77, der Witwe K. D., als Alleinerbin eingeantwortet.
2. Gegen diese sechs Berufungsbescheide wenden sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden.
Jene von Dipl.-Kfm. G. K.-H. wurden zu Z 556, 557/77 und jene von M. D. jun. zu Z B558, 559/77 erhoben.
Die dritte Beschwerde zu Z B560, 561/77 wurde von der Verlassenschaft nach M. D. sen., vertreten durch dessen Witwe K. D., eingebracht; dieser war mit Beschluß des Bezirksgerichtes Sbg. vom 12. Oktober 1977, 1 A 567/77, die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen worden. K. D., der inzwischen der Nachlaß als Alleinerbin eingeantwortet worden ist (s. o.), ist in das Verfahren eingetreten.
In allen Beschwerden wird nachdrücklich die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums, dem Inhalt nach auch jene des Gleichheitsrechtes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen sechs Bescheide, allenfalls die Abtretung der Beschwerden an den VwGH beantragt.
3. Die belangte Behörde hat in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden begehrt.
II. Der VfGH hat erwogen:
A. Zu den Bescheiden vom 31. Oktober 1977, betreffend die Gebührenvorschreibung:
1. Die Beschwerdeführer machen in den gleichlautenden Beschwerden ausdrücklich geltend, im Eigentumsrecht verletzt worden zu sein. Aus dem Inhalt der Beschwerden ergibt sich jedoch, daß sich die Beschwerdeführer auch im Gleichheitsrecht verletzt erachten.
Die Bescheide vom 31. Oktober 1977 setzen Rechtsgebühren fest; sie greifen in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführer ein. Die Eingriffe wären nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8173/1977) nur dann verfassungswidrig, wenn die sie verfügenden Bescheide ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wären oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhten oder wenn die Behörde bei Erlassung der Bescheide eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Im Gleichheitsrecht könnten nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8133/1977) die Beschwerdeführer nur verletzt worden sein, wenn die angefochtenen Bescheide auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruhten, wenn die Behörde der den Bescheiden zugrunde liegenden Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hätte, der - hätte ihn die Vorschrift - ihre Gleichheitswidrigkeit hervorrufen würde, oder wenn die Behörde Willkür geübt hätte.
2. a) Die angefochtenen Bescheide sind nicht gesetzlos ergangen. Sie stützen sich ihrer Begründung zufolge vor allem auf §33 TP16 Abs1 Z1 litc und Abs2 des GebG idF der Nov. BGBl. 668/1976.
b) §16 Abs2 GebG in dieser Fassung lautet:
"Wenn über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde im Ausland errrichtet wurde, entsteht die Gebührenschuld, sobald die über das Rechtsgeschäft errichtete Urkunde in einer Urschrift oder in beglaubigter Abschrift in das Inland eingebracht wird und daselbst
a) das Rechtsgeschäft Rechtswirksamkeit haben soll oder
b) eine durch die Urkunde übernommene Verbindlichkeit erfüllt oder auf Grundlage dieser Urkunde eine andere rechtsverbindliche Handlung im Inland vorgenommen wird oder
c) von der Urkunde ein amtlicher Gebrauch gemacht wird."
Die Worte "in einer Urschrift oder in beglaubigter Abschrift" wurden durch ArtI Z22 der GebG-Nov. 1976 eingefügt.
§18 Abs4 GebG hat folgenden Wortlaut:
"Erklärungen (Eingaben, Protokolle), womit vor Gericht oder anderen Behörden ein Rechtsgeschäft im Inland erstmalig beurkundet wird, sind als Rechtsurkunden anzusehen und unterliegen der für das Rechtsgeschäft vorgesehenen Gebühr; die Erklärung selbst unterliegt dem Stempel für Eingaben oder Protokolle."
Die Worte "im Inland" wurden durch ArtI Z26 der GebG-Nov. 1976 eingefügt.
§33 TP16 GebG enthält den Tarif der Rechtsgebühren für Gesellschaftsverträge. Diese betragen nach Abs1 litc bei Überlassung eines Gesellschaftsanteiles von einem Gesellschafter an einen anderen Gesellschafter oder einen Dritten 2 vH vom Entgelt, mindestens aber vom Werte des Gesellschaftsanteiles.
Abs2 dieser TP lautet:
"Wird über den Gesellschaftsvertrag im Inland ein Schriftstück nicht ausgefertigt, so ist für die Entstehung der Gebührenpflicht die Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister als Urkunde über das Rechtsgeschäft anzusehen."
Die Worte "im Inland" wurden durch ArtI Z45 der GebG-Nov. 1976 eingefügt.
Nach ArtII Abs1 der GebG-Nov. 1976 ist dieses Bundesgesetz (von - hier nicht in Betracht kommenden - im ArtII Abs2 und 3 angeführten Ausnahmen abgesehen) auf alle Tatbestände anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1976 verwirklicht werden. Über eine Rückwirkung der oben angeführten Änderungen ist weder in dieser Übergangsvorschrift noch sonst an einer anderen Stelle der Nov. ausdrücklich etwas bestimmt.
c) Die angefochtenen Bescheide werden nach einer Schilderung des Sachverhaltes und des Inhaltes des §33 TP16 Abs2 GebG wie folgt begründet:
"Es steht außer Streit, daß im Inland über den obigen Vorgang kein Gesellschaftsvertrag ausgefertigt (errichtet) wurde. Folglich ist die Anmeldung (1977) gesetzlich als Urkunde über einen Gesellschaftsvertrag (gesellschaftsrechtl. Vereinbarung) anzusehen und dementsprechend der Rechtsgebühr nach §33 TP16 Abs1 Z1c (1.c.) zu unterwerfen. Dies ist geschehen. Der Höhe nach war die Gebühr nicht strittig. Die Gebührenschuld entstand im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Anmeldung (vgl. Latzka - Warnung, Die Stempel- und Rechtsgebühren, Manz, 2. Aufl., Anmerkung 9 zu §33 TP16). Es war daher auf die einzelnen Berufungsgründe nicht weiter einzugehen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage mußte der Berufung ein Erfolg versagt bleiben."
d) Die Beschwerdeführer bringen zunächst vor, die belangte Behörde gehe davon aus, daß der Abschluß des Abtretungsvertrages im Ausland am 22. Dezember 1976 zwar gebührenfrei sei, aber die Gebührenschuld dadurch eingetreten sei, daß nach dem 1. Jänner 1977, also nach Inkrafttreten der GebG-Nov. 1976 die Handelsregistereingabe unterfertigt und eingereicht wurde. Hiemit werde das Gesetz jedoch von der Behörde willkürlich und denkunmöglich angewendet, da die Konsequenz der Rechtsauffassung der Behörde darin bestünde, daß die GebG-Nov. 1976 rückwirkende. Kraft besäße. Die Behörde wende nämlich durch diese Rechtsauffassung ein Gesetz, das am 1. Jänner 1977 in Kraft getreten ist und hinsichtlich dieses Umstandes keine rückwirkenden Bestimmungen enthalte, auf einen Tatbestand an, der sich vor dem 1. Jänner 1977 ereignet habe. Gem. ArtII Abs1 GebG-Nov. 1976 sei dieses Bundesgesetz auf alle Tatbestände anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1976 verwirklicht werden. Im gegenständlichen Fall sei nun der rechtsrelevante und rechtserzeugende Tatbestand nicht nach dem 31. Dezember 1976, sondern vor dem 31. Dezember 1976, nämlich am 22. Dezember 1976, verwirklicht und dies in einer Form, welche sowohl nach damaligem Recht wie auch nach neuem Recht die Gebührenfreiheit dieses Vertrages statuiere.
Nach der Judikatur des OGH iZm Änderungen bei Offenen Handelsgesellschaften und bei Kommanditgesellschaften erzeugten diese Änderungen nicht durch die Eintragungen im Handelsregister Rechtswirksamkeit, sondern durch die ihnen zugrunde liegenden Vereinbarungen, wobei die jeweilige Anmeldung zum Handelsregister rein deklarativer Natur sei.
Der VwGH habe im Erk. VwSlg. 3491 F/1966 im Hinblick auf den damaligen Wortlaut des §33 TP16 Abs3 (nunmehr Abs2), in dem die Worte "im Inland" fehlten, dargelegt, daß in der Handelsregistereingabe nur dann eine sogenannte Ersatzurkunde erblickt werden könne, wenn eine andere Urkunde, gleichgültig wo auch immer sie errichtet wurde, nicht vorliege.
Die Beschwerdeführer legen sodann ausführlich dar, weshalb sie rückwirkende Gesetze grundsätzlich als verfassungswidrig erachten; sie regen an, der VfGH möge seine bisherige Judikatur zu dieser Frage revidieren, weil nämlich die als willkürlich angesehene Auslegung des ArtII Abs1 GebG-Nov. 1976 durch die belangte Behörde einen Fall von Rückwirkung bzw. Aufhebung erworbener Ansprüche darstellen würde, deren ausdrückliche Normierung im Gesetz selbst aufgrund der bisherigen Judikatur des VfGH als notwendig angesehen werden müßte.
§16 Abs2 und §33 TP16 Abs2 GebG stünden seit dem Inkrafttreten der Nov. 1976 zueinander in einem unlösbaren Widerspruch, weil nämlich
§16 Abs2 "zwar auch das Wirksamwerden des Rechtsgeschäftes oder die Erfüllung der in der Urkunde übernommenen Verbindlichkeit zum Gegenstand habe, aber zusätzlich dazu voraussetze, daß die Urkunde oder eine beglaubigte Abschrift ins Inland gebracht wird." Die Beschwerdeführer regen an, der VfGH möge diese Antinomie durch Aufhebung der einander widersprechenden Gesetzesstellen lösen.
In diesem Zusammenhang verweisen die Beschwerdeführer darauf, daß die durch die GebG-Nov. 1976 hervorgerufene Unklarheit auch bereits zu einem eindeutig gesetzwidrigen Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen, nämlich dem vom 17. Juni 1977, Z 110.750/2-IV/11/77, veröffentlicht im Amtsblatt der Österreichischen Finanzverwaltung 1977 unter Nr. 174, geführt habe. Dort werde dargelegt, daß die Errichtung von Urkunden im Ausland eine Umgehung des Gesetzes darstelle und dementsprechend unter Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise iS der §§20 ff. BAO dieser Vorgang nur dann anzuerkennen sei, wenn zivilrechtliche Gründe für die Errichtung der Urkunde im Ausland sprechen.
e) Die Argumentation der Beschwerdeführer beruht auf der Prämisse, die belangte Behörde habe der GebG-Nov. 1976 - verfassungswidrigerweise - den Inhalt unterstellt, daß sie eine rückwirkende Gebührenpflicht für eine im Ausland errichtete, die Änderung des Gesellschaftsvertrages betreffende Urkunde eingeführt habe. Diese Prämisse trifft nicht zu:
Die GebG-Nov. 1976 hat durch die Neufassung des §33 TP16 Abs2 einen neuen Gebührentatbestand eingeführt, nämlich die Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister.
Die belangte Behörde hat die Gebührenpflicht nicht an die am 22. Dezember 1976 in der Bundesrepublik Deutschland errichtete, Änderungen des Gesellschaftsvertrages betreffende Urkunde geknüpft. Sie hat vielmehr - gestützt auf den durch die GebG-Nov. 1976 neugefaßten §33 TP16 Abs2 - angenommen, daß die Gebührenpflicht (erst) durch die im Jahre 1977 erfolgte Anmeldung dieser Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister ausgelöst worden sei.
Unabhängig davon, welche gesellschaftsrechtlichen Wirkungen einerseits der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages und andererseits die Anmeldung der Eintragung ins Handelsregister (und diese Eintragung selbst) haben (vgl. hiezu zB OGH SZ 23/306), ist die Annahme der belangten Behörde jedenfalls denkunmöglich, daß die Gebührenpflicht im Zeitpunkt des Überreichens der Handelsregistereingabe, also im Jahre 1977, entstanden ist, sohin erst nach Erlassung der GebG-Nov. 1976 und nach dem 31. Dezember 1976 (mit dessen Ablauf die Novelle ihrem ArtII Abs1 zufolge grundsätzlich in Kraft getreten ist); dies ungeachtet des Umstandes, daß die Urkunde über die Änderung des Gesellschaftsvertrages noch im Jahre 1976 im Ausland errichtet wurde.
Die Behörde hat also nicht angenommen, daß diese Novelle im gegebenen Zusammenhang rückwirkende Kraft habe.
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die von den Beschwerdeführern relevierte Frage einzugehen, ob und unter welchen Voraussetzungen abgabenrechtliche Vorschriften verfassungskonform mit rückwirkender Kraft ausgestattet werden dürfen.
Der VfGH hat unter dem Gesichtspunkt der vorliegenden Beschwerdefälle gegen die erwähnten gebührenrechtlichen Vorschriften - auch wenn sie den von der belangten Behörde angenommenen Inhalt haben - keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der GebG-Nov. 1976 (338 BlgNR, XIV. GP) führen aus:
"Nach der geltenden Regelung ist eine Gebühr für den Gesellschaftsvertrag auf Grund einer Anmeldung zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister dann nicht zu erheben, wenn über den Gesellschaftsvertrag eine Urkunde im Ausland errichtet wird. Wird die Urkunde nicht in einer die Gebührenpflicht begründenden Weise in das Inland gebracht, was in der Regel zutrifft, so ist überhaupt keine Gebühr zu entrichten, während die Anmeldung zum Handelsregister eines bloß mündlich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages eine Gebührenpflicht zur Folge hat ..."
Wenn der Gesetzgeber durch die GebG-Nov. 1976 die erwähnte Lücke geschlossen hat, kann ihm nicht Unsachlichkeit vorgeworfen werden. Zur Frage, ob die frühere Regelung unsachlich war, hat der VfGH hier nicht Stellung zu nehmen.
Auf den weiteren Vorwurf der Beschwerdeführer, §16 Abs2 GebG stehe zu §18 Abs4 und §33 TP16 Abs2 in unlösbarem Widerspruch, was die Verfassungswidrigkeit all dieser Bestimmungen bewirke, ist folgendes zu erwidern: Nach §16 Abs2 GebG ist für im Ausland errichtete Urkunden die Gebührenpflicht grundsätzlich nicht gegeben. Diese Bestimmung ist hier aber gar nicht angewendet worden. Vielmehr stützt sich die Gebührenpflicht auf §33 TP16 Abs2 (iVm §18 Abs4) GebG; diese Vorschriften knüpfen - wie dargetan - eben nicht an die Errichtung der Urkunde (im Ausland), sondern an die Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister an.
Es ist daher nicht ersichtlich, worin der von den Beschwerdeführern behauptete Widerspruch liegen soll.
Wenn die Beschwerdeführer schließlich auf den Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 17. Juni 1977, AÖFV Nr. 174/1977, betreffend Beurkundung gebührenpflichtiger Rechtsgeschäfte im Ausland, verweisen, ist darauf deshalb nicht einzugehen, weil dieser Erlaß von der belangten Behörde weder angewendet wurde noch anzuwenden war und auch vom VfGH bei Entscheidung über die vorliegenden Beschwerden nicht anzuwenden ist. Er behandelt nämlich nicht die Auslegung des §33 TP16 Abs2 GebG, sondern die Anwendbarkeit des Mißbrauchstatbestandes nach §22 BAO bei Errichtung von Urkunden im Ausland. Dieses Problem wird in den angefochtenen Bescheiden überhaupt nicht erörtert und war auch nicht zu erörtern.
Mangels Präjudizialität des zitierten Erlasses ist der VfGH hier nicht berufen, ihn auf seine Verfassungsmäßigkeit zu untersuchen.
f) Die angefochtenen Bescheide gründen sich nicht auf verfassungswidrige Rechtsvorschriften. Die belangte Behörde hat den angewendeten Gesetzesbestimmungen nicht fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. Sie hat die Rechtsvorschriften weder denkunmöglich noch willkürlich angewendet.
Daraus folgt, daß die Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide weder im Gleichheitsrecht noch im Eigentumsrecht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden sind.
3. Die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hat das Verfahren nicht ergeben.
Die Beschwerden gegen die Rechtsgebührenbescheide waren daher abzuweisen.
B. Zu den Bescheiden vom 7. November 1977, betreffend Zahlungserleichterung (Stundung):
1. Die Beschwerdeführer machen in den gleichlautenden Beschwerden ausdrücklich geltend, auch durch diese Bescheide im Eigentumsrecht verletzt worden zu sein. Aus dem Inhalt der Beschwerden ergibt sich jedoch, daß sie sich darüber hinaus im Gleichheitsrecht verletzt erachten.
Die Voraussetzungen, unter denen die Beschwerdeführer mit diesen Behauptungen im Recht wären, sind oben unter II.A.1. dargestellt.
2. a) Die angefochtenen Bescheide sind nicht gesetzlos ergangen.
Sie stützen sich vor allem auf §212 Abs1 BAO in der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Fassung (s. u. lite).
b) Danach konnte die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen den Zeitpunkt der Entrichtung einer Abgabe hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die volle Entrichtung der Abgabe für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgabe durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
c) Die angefochtenen Bescheide werden im wesentlichen damit begründet, daß den Beschwerdeführern die sofortige Bezahlung der vorgeschriebenen Rechtsgebühren unter Zuhilfenahme von Mitteln der Gesellschaft möglich sei und daß sie im übrigen die Rechtsgebühren bereits bezahlt hätten.
d) Die Beschwerdeführer bringen nichts gegen die Gesetzesvollziehung vor. Sie behaupten ausschließlich die Verfassungswidrigkeit der §§254 und 212 Abs3 BAO.
e) Nach §254 BAO wird durch die Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insb. die Einhebung und zwangsweise Einbringung der Abgabe nicht aufgehalten. Diese Bestimmung gilt auch für Berufungen gegen Bescheide, mit denen Stundungsansuchen nach §212 BAO abgelehnt worden sind. Nach §212 Abs3 ist dann, wenn die Bewilligung einer Zahlungserleichterung durch Abänderung oder Zurücknahme des Bescheides widerrufen wird, für die Entrichtung des noch aushaftenden Abgabenbetrages eine Nachfrist von zwei Wochen zu setzen.
Die Behörde hat ihre Entscheidungen nicht auf die von den Beschwerdeführern als verfassungswidrig erachteten Gesetzesbestimmungen gestützt. Sie hatte diese Bestimmungen bei Bescheiderlassung auch nicht anzuwenden. Auch der VfGH hat sie bei der Entscheidung über die vorliegenden Beschwerden nicht anzuwenden. Mangels Präjudizialität ist er nicht berufen, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden auf die von den Beschwerdeführern gegen §212 Abs3 und §254 BAO vorgetragenen Bedenken einzugehen.
Was hingegen die bei Bescheiderlassung angewendete Bestimmung des §212 Abs1 BAO anlangt, ist darauf hinzuweisen, daß der VfGH mit Erk. vom 15. Dezember 1976, VfSlg. 7947 (Kundmachung im BGBl. 48/1977), im §212 Abs1 BAO nach dem Wort "Abgabenbehörde" die Worte "den Zeitpunkt der Entrichtung einer Abgabe hinausschieben (Stundung) oder" und vor dem Wort "volle" die Worte "sofortige oder" als verfassungswidrig aufgehoben hat. In diesem Erk. wird verfügt, daß die Aufhebung mit Ablauf des 30. November 1977 in Kraft tritt. Da die angefochtenen Bescheide vor diesem Datum erlassen worden sind (die Zustellungen erfolgten am 17. November 1977), ist §212 Abs1 BAO in seiner Fassung vor der teilweisen Aufhebung durch den VfGH auf die vorliegenden Fälle anzuwenden. §212 Abs1 BAO (in der damals geltenden Fassung) ist in Beziehung auf die angefochtenen Bescheide verfassungsrechtlich unangreifbar geworden.
Eine denkunmögliche oder willkürliche Anwendung dieser Gesetzesvorschrift wurde weder von den Beschwerdeführern behauptet, noch ist derartiges sonst im Verfahren hervorgekommen.
3. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben sohin nicht stattgefunden. Die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hat sich ebensowenig ergeben wie die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm.
Die Beschwerden gegen die Stundungsbescheide waren daher abzuweisen.
Schlagworte
Gebühr (GebG), Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Novellierung, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / Aufhebung WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B556.1977Dokumentnummer
JFT_10199692_77B00556_00