TE Vfgh Erkenntnis 1983/3/8 B180/78

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Veröffentlicht am 08.03.1983
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Index

50 Gewerberecht
50/01 Gewerbeordnung 1973

Norm

B-VG Art18 Abs2
GelVerkG §3 litb
GelVerkG §3 litc
GewO 1973 §376 Z36 litd sublitcc
GewO 1973 §380 Abs2
MietwagenV des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 07.07.75 §2

Leitsatz

GewO 1973; keine Bedenken gegen §376 Z36 litd sublitcc; keine Bedenken gegen §2 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 7. Juli 1975 betreffend die gewerbepolizeiliche Regelung der Ausübung des Mietwagengewerbes in der Landeshauptstadt Innsbruck; keine denkunmögliche und keine gleichheitswidrige Anwendung des §2 der Verordnung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Landeshauptmann von Tirol erkannte die Beschwerdeführerin, welche Inhaberin einer Konzession für das Mietwagen-Gewerbe ist, mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 9. 12. 1977 einer dadurch begangenen Verwaltungsübertretung nach §2 der "Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 7. Juli 1975 betreffend die gewerbepolizeiliche Regelung der Ausübung des Mietwagengewerbes in der Landeshauptstadt Innsbruck" (kundgemacht in der Ausgabe des "Boten für Tirol" vom 11. Juli 1975 unter Nr. 314 - im folgenden kurz: MietwagenV) schuldig, daß sie (zu näher angeführter Tatzeit und bezeichnetem Tatort) in Innsbruck den Mietwagen T ... in Verwendung gehabt habe, der mit einem Fahrpreisanzeiger ausgestattet und somit in einer mit der Kennzeichnung als Taxi verwechselbaren Weise gekennzeichnet gewesen sei. Über die Beschwerdeführerin wurde gemäß §7 der zitierten Verordnung eine Geldstrafe sowie eine Ersatzarreststrafe verhängt und es wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag auferlegt.

2. Dieser Bescheid ist Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin sowohl eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als auch eine Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die Bescheidaufhebung begehrt.

II. Der VfGH hat erwogen:

A) 1. Die Beschwerdeführerin behauptet zunächst eine Rechtsverletzung

infolge der Anwendung des von ihr als gesetzwidrig erachteten §2 der MietwagenV, wobei sie diesen Vorwurf einerseits aus dem Verhältnis dieser Verordnungsbestimmung zu §376 Z36 litd Untergliederung cc der GewO 1973 als der gesetzlichen Grundlage der Verordnung sowie andererseits daraus ableitet, daß die eben zitierte Vorschrift der GewO 1973 verfassungswidrig sei.

Der VfGH hält diese Beschwerdevorwürfe jedoch für nicht gerechtfertigt.

2. Die Absätze 1 und 2 der litd Untergliederung cc in der (gemäß ArtIII iVm ArtV Abs1 des BG BGBl. 486/1981 mit 1. 6. 1982 außer Kraft getretenen) Vorschrift des §376 Z36 GewO 1973 lauten (samt jeweiligem Eingang) folgendermaßen:

"Bis zur Neuregelung des durch das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz, BGBl. Nr. 85/1952, geregelten Rechtsgebietes gelten folgende Bestimmungen:

...

d) Für den Anwendungsbereich des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes gelten an Stelle der im §12 dieses Gesetzes genannten, in den nachstehenden lit jeweils angegebenen Paragraphen der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Gewerbeordnung folgende Bestimmungen:

...

cc) An Stelle des §54 Abs1 und 2 gilt:

(1) Die im §1 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes genannte gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Fahrzeugen des Straßenverkehrs unterliegt der gewerbepolizeilichen Regelung.

(2) Die gewerbepolizeiliche Regelung kann sich sowohl auf die Art der Ausübung des Gewerbebetriebes als auch auf die Einrichtung der Betriebsstätte erstrecken. Gewerbepolizeiliche Regelungen können, soweit nicht von der Oberbehörde getroffene Verfügungen entgegenstehen, von der Behörde jeder Instanz, und zwar sowohl mit allgemeiner Gültigkeit als auch für einen einzelnen Gewerbebetrieb, getroffen werden.

..."

Die Beschwerdeführerin hält diese Bestimmung - sie nennt zwar bloß den Abs2, doch beziehen sich die Beschwerdeausführungen der Sache nach offenkundig auf beide wiedergegebenen Absätze - für verfassungswidrig, "weil in ihr nur eine Formalermächtigung, lediglich eingeschränkt auf die 'gewerbepolizeiliche Regelung' an Organe der Vollziehung ausgesprochen ist"; die Ermächtigung verstoße gegen das Prinzip der inhaltlichen Vorausbestimmung behördlichen Verhaltens und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Damit nimmt die Beschwerdeführerin auf die ständige Rechtsprechung des VfGH (s. zB aus jüngerer Zeit VfSlg. 9227/1981 mit weiteren Judikaturhinweisen) Bezug, derzufolge Art18 Abs2 B-VG gebietet, daß die maßgebliche gesetzliche Regelung den Verordnungsgeber nicht bloß formal zur Verordnungserlassung delegiert, sondern eine hinreichende materiellrechtliche Vorherbestimmung der auf sie zu gründenden Verordnungen zum Inhalt hat, daß also der wesentliche Verordnungsinhalt durch das Gesetz vorherbestimmt sein muß.

Nach Ansicht des VfGH sind diese Anforderungen hier erfüllt.

Die wiedergegebenen Vorschriften im §376 Z36 GewO 1973 entsprechen - abgesehen von der Festlegung des sachlichen Geltungsbereichs durch Bezugnahme auf die in §1 GelVerkG genannte gewerbsmäßige Beförderung von Personen - vollständig dem §54 Abs1 und 2 GewO 1859; die jeweiligen Absätze 2 im §376 Z36 litd Untergliederung cc und im §54 GewO 1859 stimmen wörtlich überein.

Mit der Verfassungsmäßigkeit des §54 GewO 1859 hat sich der VfGH in seinem (das mit Erk. VfSlg. 2979/1956 abgeschlossene Verordnungsprüfungsverfahren einleitenden) Beschluß vom 9. 12. 1955, B148/55-7, (s. die auszugsweise Wiedergabe in: Mache, Die Gewerbeordnung, 4. Auflage, 1968, S 130) wie folgt auseinandergesetzt:

"Der VfGH findet keinen Anlaß, §54 GewO und §12 Abs2 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes in einem Verfahren nach Art140 B-VG zu prüfen; denn gegen §54 Abs1 GewO kann von Haus aus kein verfassungsrechtliches Bedenken bestehen, weil sich seine Regelung in der Aufzählung jener Gewerbe erschöpft, für deren Ausübung die Gewerbebehörde noch nähere Anordnungen treffen kann, §54 Abs2 GewO gibt nun im einzelnen genau die Belange an, die den Gegenstand der näheren gewerbepolizeilichen Regelung bilden dürfen. Mit dieser Bezeichnung des Gegenstandes der zulässigen gewerbepolizeilichen Regelung im Zusammenhalt mit den sonstigen gewerberechtlichen oder andersartigen gesetzlichen Vorschriften ist aber der nach Art18 Abs2 B-VG notwendige Rahmen aufgestellt, zu dessen Ausfüllung die Verordnungsgewalt ermächtigt wird. Ein verfassungsrechtliches Bedenken dagegen ist nicht zu finden."

Auch aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles besteht für den VfGH kein Anlaß, von dieser Auffassung abzugehen, die für die in Betrachtung stehenden Vorschriften im §376 Z36 GewO 1973 ebenfalls zutrifft. Auch diese Vorschriften müssen (ua.) im Zusammenhalt mit den die Arten der hier zu unterscheidenden Konzessionen regelnden Bestimmungen im §3 GelVerkG (idF vor dem BG BGBl. 486/1981) gewertet werden, die folgendermaßen lauten:

"§3. Konzessionen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (§2 Abs1) dürfen nur erteilt werden für folgende Arten des gewerbsmäßigen Gelegenheitsverkehrs:

...

b) für die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Kraftfahrzeugen (Omnibussen (Kraftstellwagen), Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen) unter Beistellung des Lenkers auf Grund besonderer Aufträge (Bestellungen) (Mietwagen-Gewerbe); oder

c) für die Personenbeförderung mit Personenkraftwagen, die zu jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten werden (mit Kraftfahrzeugen betriebenes Platzfuhrwerks-Gewerbe (Taxi-Gewerbe));".

Schon diese Bestimmungen lassen die unterschiedlichen Arten der zulässigen Personenbeförderung im einzelnen deutlich erkennen, aus denen insbesondere eine unterschiedliche Verwendung und sohin eine unterschiedliche Ausstattung der eingesetzten Kraftwagen folgt. Dazu kommt, daß sich aus dem Zusammenhalt von §1 Abs3 GelVerkG (idF vor dem BG BGBl. 486/1981) mit §380 Abs2 GewO 1973 die subsidiäre Anwendbarkeit der GewO 1973 im Bereich des GelVerkG ergibt, mithin auch ihres den Umfang der Gewerbeberechtigung betreffenden §29, wonach dieser Umfang - im Zweifelsfalle - auch unter Heranziehung der historischen Entwicklung des Gewerbes zu beurteilen ist. Daß aber nach dem historischen Erscheinungsbild des in der Großstadt ausgeübten Taxi-Gewerbes die dabei verwendeten Personenkraftwagen - im Gegensatz zu den im Mietwagen-Gewerbe verwendeten - bestimmte Ausstattungsmerkmale (zB Dachschilder, Fahrpreisanzeiger) aufweisen, bedarf keiner näheren Erläuterung. Es besteht sohin kein Zweifel daran, daß die oben zitierten Vorschriften des §376 Z36 GewO im Zusammenhalt mit anderen gewerberechtlichen Vorschriften eine ausreichende Grundlage für Verordnungen bilden, mit denen die Ausstattung von Kraftwagen des Mietwagen-Gewerbes sowie des Taxi-Gewerbes gewerbepolizeilich geregelt wird.

3. §2 der unter Berufung auf §376 Z36 litd Untergliederung cc der GewO 1973 erlassenen MietwagenV hat folgenden Wortlaut:

"Ausstattung der Fahrzeuge

Die Kennzeichnung als Mietwagen darf nur in einer nicht mit der Kennzeichnung als Taxi verwechselbaren Weise erfolgen. Insbesondere ist die Verwendung von Dachschildern und -leuchten, Freizeichen und Fahrpreisanzeigen nicht gestattet."

Die Beschwerdeführerin ist im Hinblick auf die in Abs2 der oben zitierten Bestimmung der GewO 1973 enthaltene Anordnung, daß sich die gewerbepolizeiliche Regelung "sowohl auf die Art der Ausübung des Gewerbebetriebes als auch auf die Einrichtung der Betriebsstätte erstrecken" kann, der Meinung, daß die in §2 MietwagenV getroffene Regelung (insbesondere) nicht der Wendung "Ausübung des Gewerbebetriebes" zu unterstellen und daher gesetzwidrig sei.

Damit ist sie nicht im Recht.

Wie der VwGH im Erk. vom 22. 11. 1978, Z 2246/77, ausgesprochen hat, versteht die Gewerbeordnung 1973 unter der "Ausübung" eines Gewerbes eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit. Unter Zugrundelegung dieser Auffassung, der sich der VfGH anschließt, ist auch unter der in Erörterung stehenden "Ausübung des Gewerbebetriebes" nichts anderes als jede den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit zu verstehen, daher im Falle des Mietwagengewerbes auch der Einsatz eines in bestimmter Weise - und gegenüber dem Taxi-Gewerbe unterscheidbar - ausgestatteten Kraftfahrzeugs.

4. Das Beschwerdeverfahren hat auch keine Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, daß die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften aus anderen als den von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Gründen verfassungsrechtlich bedenklich wären. Es ist daher zusammenfassend festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin durch den von ihr bekämpften Bescheid weder infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm noch insoweit in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde, als eine solche Rechtsverletzung aus der Rechtswidrigkeit einer Gesetzes- oder Verordnungsbestimmung folgte.

B. Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde mit verschiedenen Argumenten weiters vor, sie durch die Handhabung der bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogenen Rechtsvorschriften in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt zu haben.

Diese Vorwürfe sind ebenfalls nicht stichhältig.

1. Eine Verletzung des Eigentumsrechtes, allenfalls des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Erwerbsausübung erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß ihr die Verwendung des Fahrpreisanzeigers verboten und daher dieser Gegenstand für sie "ohne jede Entschädigung wertlos wird".

Bei der gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnten die behaupteten Grundrechtsverletzungen gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (s. zum Eigentumsrecht zB VfSlg. 9047/1981, zur Erwerbsausübungsfreiheit zB VfSlg. 8492/1979) jedoch nur stattgefunden haben, wenn die belangte Behörde eine ihren Bescheid tragende Rechtsvorschrift in denkunmöglicher Weise angewendet hätte. Einen solchen Vorwurf enthält die in Rede stehende Beschwerdebehauptung aber nicht und es besteht auch sonst kein Anlaß, einen derart schwerwiegenden Fehler bei der Bescheiderlassung anzunehmen.

2. Schließlich lastet die Beschwerdeführerin der belangten Behörde eine Verletzung des Gleichheitsrechtes an. Ihre Argumentation geht - auf das Wesentliche zusammengefaßt - dahin, daß ihr die Verwendung eines Fahrpreisanzeigers wegen der Verwechslungsfähigkeit mit der Ausübung des Taxi-Gewerbes untersagt und ihr die Verwendung dieser - eine genaue Entgeltermittlung ermöglichenden - "technischen Vereinfachung" im Gegensatz zum Taxi-Gewerbe verwehrt werde. Da die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides - wie schon dargelegt verfassungsrechtlich unbedenklich sind, könnte die geltend gemachte Grundrechtsverletzung nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (s. zB VfSlg. 9015/1981) bloß gegeben sein, wenn die belangte Behörde einer angewendeten Rechtsvorschrift fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte. Davon kann aber im Hinblick auf den Wortlaut des §2 MietwagenV keine Rede sein und es liefert das gesamte Verwaltungsgeschehen kein Indiz für ein solches Fehlverhalten der eingeschrittenen Behörde. In diesem Zusammenhang ist noch anzumerken, daß die Beschwerdeführerin die Verwendung eines Fahrpreisanzeigers, der sich von den im Taxi-Gewerbe gebrauchten wesentlich unterscheidet, nicht behauptet.

3. Auch im übrigen ist die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht hervorgekommen.

C. Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

Schlagworte

Gewerberecht, Gelegenheitsverkehr, Mietwagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B180.1978

Dokumentnummer

JFT_10169692_78B00180_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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