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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit der Umlagen- und Beitragsordnung 2002 der Österreichischen Ärztekammer; keine Bedenken gegen die Festsetzung eines bestimmten Berechnungsfaktors pro Arzt und Jahr; keine gesetzwidrige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Landesärztekammern und ihrer Kammerangehörigen; zulässige Durchschnittsbetrachtung; keine unzulässige Beeinträchtigung der Wiener Ärzteschaft in Folge Bedachtnahme auf wirtschaftlich Schwächere bei der Festsetzung des BerechnungsfaktorsSpruch
Die Anträge werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verwaltungsgerichtshof sind vier Beschwerden der Ärztekammer für Wien gegen die im Instanzenzug ergangenen Bescheide des Vorstandes der Österreichischen Ärztekammer anhängig, mit denen die Umlagen zur Bedeckung der Kosten, die aus der Geschäftsführung der Österreichischen Ärztekammer erwachsen, für das erste bis einschließlich das vierte Quartal für das Jahr 2003 vorgeschrieben wurden.
2. Aus Anlass dieser, beim Verwaltungsgerichtshof zu den Zlen. 2003/11/0300, 2003/11/0301, 2004/11/0044 und 2004/11/0077 protokollierten Verfahren entstanden beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der "Umlagen- und Beitragsordnung der Österreichischen Ärztekammer für das Jahr 2003", in der von der Vollversammlung am 6.12.2002 beschlossenen Fassung, welche durch das - an die Landesärztekammern gerichtete - Rundschreiben des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 22.1.2003 kundgemacht wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher gemäß Art139 Abs1 B-VG mit den Beschlüssen vom 28.6.2005 und vom 24.1.2006, an den Verfassungsgerichtshof die zu V70/05-1 und V9/06-1 protokollierten - wortgleichen - Anträge gerichtet,
"die am 6. Dezember 2002 von der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) unter Punkt '4.a2) Umlagen und Beiträge 2003' beschlossene 'Umlagen- und Beitragsordnung der ÖÄK für das Jahr 2003', genehmigt vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen gemäß §195 Abs3 des Ärztegesetzes 1998 am 14. April 2003, den Landesärztekammern mit Rundschreiben des Präsidenten der ÖÄK vom 22. Jänner 2003 durch Übermittlung eines Exemplars des Beschlussprotokolls mitgeteilt (zu korrigierende 'Tippfehler' mitgeteilt mit Rundschreiben vom 4. Februar 2003), als gesetzwidrig aufzuheben".
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge (zu V70/05 und V9/06) erwogen:
1. Die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes erweisen sich als zulässig, da ihnen keine Prozesshindernisse entgegenstehen.
2. a) Die nunmehr in Rede stehenden Anträge des Verwaltungsgerichtshofes betreffen inhaltlich die gleichen Rechtsfragen, wie sie schon im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17.3.2006, V24/05, eingehend erörtert wurden.
b) Der Verwaltungsgerichtshof hegte in diesem Antrag insbesondere das Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der unter Punkt 6 "Finanzielles" beschlossenen Bestimmung der - als Durchführungsverordnung zu qualifizierenden - Umlagen- und Beitragsordnung der ÖÄK für das Jahr 2002, weil sie im §132 ÄrzteG 1998 keine gesetzliche Deckung finde. Diese Gesetzesbestimmung habe nämlich gegenüber ihrer Vorgängerbestimmung eine wesentliche textliche Änderung erfahren, sodass nunmehr das "abgeschwächte" Kopfzahlprinzip gelte, das es der Österreichischen Ärztekammer verbiete, die Umlage an die Landesärztekammern ausschließlich im Verhältnis der Anzahl der bei diesen gemeldeten Kammerangehörigen vorzuschreiben. Die weiteren Determinanten für die Festlegung der Umlage durch die Österreichische Ärztekammer an die neun Landesärztekammern seien eben die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie die Art der Berufsausübung der in den Landesärztekammern zusammengeschlossenen Ärzte. Der Änderung dieser gesetzlichen Vorgabe werde jedoch in der angefochtenen Fassung der Umlagenordnung der Österreichischen Ärztekammer nicht entsprochen.
c) Mit Erkenntnis vom 17.3.2006, V24/05, kam der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen zu folgendem Ergebnis:
"(D)ie Finanzierung der Österreichischen Ärztekammer und sämtlicher Landesärztekammern (erfolgt) durch ein aufeinander aufbauendes und - wie der Verfassungsgerichtshof meint - abgestimmtes Finanzierungs-/Umlagensystem, sodass sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Österreichischen Ärztekammer im Wesentlichen aus jener der Landesärztekammern und diese aus der Leistungsfähigkeit ihrer jeweiligen Mitglieder bestimmt.
Selbst wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Angehörigen der Landesärztekammern - wie dies auch den Verwaltungsakten entnommen werden kann - vor der Erlassung der angefochtenen Verordnung nicht im Einzelnen ermittelt worden zu sein scheint - wie dies der Verwaltungsgerichtshof jedoch fordert -, ergibt sich daraus im Ergebnis aber noch nicht, dass damit die angefochtene Bestimmung der Umlagen- und Beitragsordnung der Österreichischen Ärztekammer automatisch mit Gesetzwidrigkeit belastet ist. Es ist nämlich nicht zu ersehen, dass die nach der Umlagen- und Beitragsordnung der Österreichischen Ärztekammer erfolgte Festsetzung des Berechnungsfaktors für die von den Landesärztekammern einzuhebende Umlage zur Österreichischen Ärztekammer zu einem Ergebnis geführt hat, dem zu Folge die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der (der Ärztekammer für Wien zugehörigen) Kammerangehörigen derart beeinträchtigt worden wäre, dass in der Folge bei Erhebung der Umlage durch die Ärztekammer für Wien die gesetzlich vorgesehene dreiprozentige Höchstgrenze der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit je Kammerangehörigen notwendigerweise zu überschreiten gewesen wäre.
Der Verfassungsgerichtshof ist daher der Auffassung, dass die angefochtene Verordnung aus den dargelegten Gründen im Ergebnis die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Art der Berufsausübung der Kammerangehörigen in einer dem Gesetz hinreichenden Weise berücksichtigt hat.
Dabei wird auch nicht übersehen, dass die Wiener Ärzteschaft bei einer durchschnittlichen finanziellen Belastung von EURO 174,41 pro Arzt und Jahr (das sind EURO 14,53 pro Arzt und Monat) bei gegebener Einkommenssituation möglicherweise härter getroffen wird, wie dies typischerweise für Ärzte in anderen Bundesländern der Fall ist. Dennoch wurde die Leistungsfähigkeit der Kammerangehörigen berücksichtigt, zumal bei der Festsetzung des Berechnungsfaktors ohnehin auf den wirtschaftlich Schwächsten Bedacht genommen wurde und/oder sich die Festsetzung dieses Betrages an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sämtlicher einer Landesärztekammer zugehörigen Kammerangehörigen orientiert.
Wie der Verfassungsgerichtshof dazu aber wiederholt ausgesprochen hat, kann der Normgeber wohl von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl. zB VfSlg. 14.841/1997, 16.124/2001 und 16.771/2002); dass dabei Härtefälle entstehen, macht die Regelung nicht gleichheitswidrig (zB VfSlg. 11.615/1988, 14.841/1997); ebenso wenig können daher Einzelfälle einer Begünstigung die am Durchschnitt orientierte Regelung unsachlich machen (VfSlg. 8871/1980).
(...) Es ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass gegen die Festsetzung des Berechnungsfaktors von EURO 174,41 pro Arzt und Jahr für die Berechnung der von den Landesärztekammern einzuhebende Umlage zur Österreichischen Ärztekammer keine Bedenken bestehen, da im Ergebnis weder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Landesärztekammern noch die ihrer Kammerangehörigen beeinträchtigt wurde."
d) Der Verfassungsgerichtshof sieht auch anlässlich der vorliegenden Anträge keine Veranlassung, von seinem im zitierten Erkenntnis zum Ausdruck kommenden Standpunkt abzugehen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass sich der nunmehr festgesetzte Berechnungsfaktor von € 170 pro Arzt und Jahr für die von den Landesärztekammern einzuhebende Umlage zur Österreichischen Ärztekammer gegenüber jenem für das Jahr 2002 (der € 174,41 betragen hat) betragsmäßig - sogar - verringert hat.
Die in Prüfung gezogene Bestimmung der Umlagen- und Beitragsordnung der Österreichischen Ärztekammer für das Jahr 2003 ist sohin nicht als gesetzwidrig aufzuheben.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Prüfungsumfang, Verordnungsbegriff, Verordnung Kundmachung, Ärzte Versorgung, Versorgungsrecht, Ärztekammer, Auslegung eines Antrages, Verordnungserlassung, GrundlagenforschungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:V70.2005Dokumentnummer
JFT_09939379_05V00070_00