TE Vfgh Beschluss 1985/2/22 B7/85

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Veröffentlicht am 22.02.1985
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Index

L5 Kulturrecht
L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, Naturschutz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
AVG §8
Nö NaturschutzG §1 Nö NaturschutzG §4 Abs1 Z1
Nö NaturschutzG §6 Abs3
Nö NaturschutzG §6 Abs4

Leitsatz

Nö. NaturschutzG; keine Parteistellung der Eigentümer von im Projektsbereich eines Kraftwerkes liegenden Grundstücken und der Nutzungsberechtigten von in diesem Bereich gelegenen Brunnen im Verfahren über eine das Kraftwerk betreffende naturschutzrechtliche Bewilligung; keine Beschwerdelegitimation vor dem VfGH mangels Verletzung subjektiver Rechte

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Nö. Landesregierung hat mit Bescheid vom 26. November 1984 der Berufung der Österreichischen Donaukraftwerke AG gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 20. Juni 1984, mit dem der Österreichischen Donaukraftwerke AG die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung des Donaukraftwerkes Hainburg, soweit die geplanten Maßnahmen im Bereich des Verwaltungsbezirkes Gänserndorf vorgesehen sind, versagt wurde, gemäß §66 Abs4 AVG Folge gegeben und der genannten Aktiengesellschaft gemäß §1, §4 Abs1 Z1, §6 Abs2 Z3 und 5 sowie §7 Abs2 des Nö. Naturschutzgesetzes, LGBl. 5500-2 (NSchG), die naturschutzbehördliche Bewilligung für die Errichtung des Donaukraftwerkes Hainburg, soweit die geplanten Maßnahmen im Bereich des Verwaltungsbezirkes Gänserndorf vorgesehen sind, nach Maßgabe der Einreichungsunterlagen sowie unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen und Bedingungen erteilt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Bf. sich in - näher bezeichneten - verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt erachten und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehren.

Zur Beschwerdelegitimation bringen die Bf. vor, der bekämpfte Bescheid greife in ihre subjektiv-öffentlichen Rechte deshalb ein, weil sie Berechtigte iS des §6 Abs3 NSchG seien. Sie seien nämlich einerseits Eigentümer von im Projektsbereich des Kraftwerkes situierten Grundstücken, andererseits Nutzungsberechtigte von im Projektsbereich gelegenen Brunnen, aus denen Wasser zur Feldberieselung geschöpft werde. Auf ihren Grundstücken sollten Dämme errichtet werden. Es bestünden aber zwischen ihnen einerseits und der Donaukraftwerke AG andererseits keine Vereinbarungen, wonach der Donaukraftwerke AG irgendwelche Rechte an den Liegenschaften der Bf. übertragen worden wären. Die Bf. würden durch den bekämpften Bescheid auch deshalb in ihren subjektiven Interessen verletzt, weil der Bescheid in jene Rechte eingreife, welche die Bf. aufgrund der V der Nö. Landesregierung vom 9. März 1982, LGBl. 5500/35-2 über die Erklärung des hier maßgeblichen Gebietes zum Landschaftsschutzgebiet hätten. Darüber hinaus ergebe sich aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides, daß auch andere Personen als die Bewilligungswerberin in ihren subjektiven Rechten betroffen seien.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Die fünf Bf. haben den hier angefochtenen Bescheid auch beim VwGH bekämpft, welcher ihre Beschwerde mit Beschl. vom 28. Jänner 1985, Z 85/10/0005, AW 85/10/0002, zurückgewiesen und diese Zurückweisung wie folgt begründet hat:

"Soweit die Beschwerdeführer die Verletzung ihres Rechtes auf Antragstellung um naturschutzbehördliche Bewilligung in bezug auf in ihrem Eigentum stehende Grundstücke und auf Grundstücke, hinsichtlich deren ihnen Nutzungsrechte zustehen, geltend machen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß ein solches Recht an sich, losgelöst von dem Recht auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung, welches seinerseits im Hinblick auf den Charakter des naturschutzrechtlichen Verfahrens als eines Projektbewilligungsverfahrens nur in Beziehung zu einem bestimmten Projekt denkbar ist, nicht existiert. Ein Eingriff in ein den Beschwerdeführern zustehendes Recht auf naturschutzbehördliche Bewilligung kommt indes im Beschwerdefall schon deshalb nicht in Betracht, weil es an einem den Beschwerdeführern zurechenbaren Projekt fehlt. Die Beschwerdeführer haben ihren eigenen Angaben zufolge keinen Antrag auf Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung gemäß §6 Abs4 NSchG gestellt, geschweige denn der Behörde ein ihre Grundstücke (mit)erfassendes Projekt, das Gegenstand eines Bewilligungsverfahrens sein könnte, vorgelegt.

Sollte das von den Beschwerdeführern behauptete 'Recht auf Antragstellung' dahin gehend zu verstehen sein, daß der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Antrag der mitbeteiligten Partei, soweit er sich (allenfalls) auf der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer unterliegende Grundstücke erstreckt, der Zustimmung der Beschwerdeführer bedürfte, so würde die Beschwerde damit übersehen, daß die das Erfordernis der Antragstellung normierende Vorschrift des §6 Abs3 NSchG eine solche Zustimmung nicht verlangt, folglich eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer dadurch, daß die belangte Behörde über den Bewilligungsantrag und das diesem zugrunde liegende Projekt der Mitbeteiligten ohne Vorliegen bzw. Einholung der Zustimmung der Beschwerdeführer entschieden hat, nicht in Betracht kommt. (Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, daß mit der Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung an die mitbeteiligte Partei keine öffentlich-rechtliche Duldungspflicht verbunden ist, die den Beschwerdeführern in Ansehung von in ihrem Eigentum stehenden, im Projektsbereich gelegenen Grundstücken - die Existenz solcher Grundstücke vorausgesetzt - das Beschreiten des Zivilrechtsweges verschließen würde; vielmehr wird die Möglichkeit zivilrechtlicher Gegenwehr durch die öffentlich-rechtliche Bewilligung nach dem NSchG in keiner Weise berührt.)

Nach den Bestimmungen des NSchG ist dem Antragsteller (Bewilligungswerber) ein Rechtsanspruch darauf eingeräumt, daß bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen dem von ihm der Behörde unterbreiteten Projekt die naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt werde. Insoweit nimmt der Antragsteller als Partei an dem über das von ihm vorgelegte Projekt, auf das sich der Bewilligungsantrag bezieht, durchzuführenden Verfahren der Naturschutzbehörden teil. Mit der Erteilung der Bewilligung wird dem im Antrag und in dem dem Antrag zugrunde liegenden Projekt zum Ausdruck gebrachten Willen des Antragstellers entsprochen und damit in das diesem - und nur diesem - zustehende subjektive Recht auf Bewilligung im Sinne des §6 Abs4 NSchG nicht eingegriffen; insoweit fehlt es in der Sphäre des Antragstellers an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit. Mit der Versagung der Bewilligung hingegen kann der Antragsteller - und nur dieser - in dem ihm gesetzlich zuerkannten Recht verletzt werden; er wird in seinem Recht verletzt, wenn ihm die Behörde die Bewilligung ungeachtet der Nichtverwirklichung der Versagungstatbestände des §6 Abs4 NSchG verweigert.

Aus dem Gesagten folgt, daß den Beschwerdeführern, die, wie erwähnt, der Naturschutzbehörde weder ein Projekt, das Grundstücke, hinsichtlich deren ihnen das Eigentum oder ein sonstiges Nutzungsrecht zusteht, (mit)umfaßt, noch einen sich auf ein solches Projekt beziehenden Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß §6 Abs4 NSchG unterbreitet haben, in dem über den Antrag und das Projekt eines Dritten - der mitbeteiligten Partei - durchgeführten naturschutzbehördlichen Verfahren kein subjektives Recht, sei es auf Erteilung, sei es auf Versagung der von dem Dritten begehrten Bewilligung, eingeräumt ist.

Als unzutreffend erweist sich schließlich auch das Vorbringen der Beschwerdeführer, sie seien durch mehrere der im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltenen Auflagen betroffen bzw. würden durch diese belastet. Es mag auf sich beruhen, ob alle Bescheidauflagen so bestimmt gefaßt sind, daß sie einer Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung zugänglich sind (vgl. §59 Abs1 AVG 1950); die Formulierung des den Auflagen vorangehenden Spruchteiles läßt indes keinen Zweifel daran, daß sich diese ausschließlich an den Inhaber der naturschutzbehördlichen Bewilligung - die mitbeteiligte Partei - richten. Dem Bewilligungsinhaber allein - nicht den Beschwerdeführern oder sonstigen Dritten - werden durch den Spruch des bekämpften Bescheides Verpflichtungen auferlegt. Es fehlt somit auch insoweit an der Möglichkeit eines Eingriffes in subjektive Rechte der Beschwerdeführer."

2. Der VfGH schließt sich dieser Auffassung des VwGH im Ergebnis an. Diese Auffassung entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des VfGH, wonach die Frage der Parteistellung erst durch die jeweils zur Anwendung kommenden Rechtsvorschriften einen konkreten Inhalt erhält und wonach vermöge eines rechtlichen Interesses an einem Verwaltungsverfahren jene Personen als beteiligt gelten, die zufolge gesetzlicher Bestimmung berechtigt sind, an einem ohne ihren Antrag eingeleiteten Verfahren teilzunehmen (s. VfSlg. 5358/1966, S 537). Die Parteistellung muß aus den jeweils zur Anwendung kommenden verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden (s. VfSlg. 6257/1970, S 546 f. und VfSlg. 6908/1972, S 1124 f.).

Weder eine Bestimmung des NSchG noch andere Vorschriften bieten jedoch einen Anhaltspunkt dafür, daß Grundeigentümern oder Nutzungsberechtigten im Verfahren über eine beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung Parteistellung zukommt. Es kann auch keine Rede davon sein, daß die subjektive Rechtssphäre der Bf. im vorliegenden, naturschutzbehördlichen Verfahren unmittelbar berührt wird (s. VfSlg. 8232/1978, S 13), zumal die naturschutzbehördliche Bewilligung als solche die Errichtung des Kraftwerkes Hainburg (noch) keinesfalls ermöglicht.

Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich zu untersuchen, ob die Grundstücke der Bf. tatsächlich innerhalb des dem naturschutzbehördlichen Verfahren unterzogenen Projektsbereiches liegen (was in einer im verfassungsgerichtlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme der Österreichischen Donaukraftwerke AG in Abrede gestellt wird).

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ist zur Beschwerdeführung vor dem VfGH nur legitimiert, wer durch den bekämpften Bescheid in irgendeinem subjektiven Recht verletzt sein kann (vgl. VfSlg. 9002/1980, S 461, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Da eine solche Verletzung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, ist die Beschwerde mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung.

Schlagworte

Naturschutz, Parteibegriff, Parteistellung Naturschutz, Nachbarrechte, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B7.1985

Dokumentnummer

JFT_10149778_85B00007_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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