TE Vwgh Erkenntnis 2005/1/24 2004/17/0107

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Veröffentlicht am 24.01.2005
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Index

L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

GebrauchsabgabeG Wr 1966 idF 1982/013;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 idF 2000/026;
StVO 1960 §43;
StVO 1960 §76a;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der A & B KEG in Wien, vertreten durch Dr. Lukas Kozak, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 47-49, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 27. April 2004, Zl. ABK - 432/04, betreffend Vorschreibung einer Gebrauchsabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt I. eines Bescheides des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien vom 22. Oktober 2002 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 1 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966, LGBl. für Wien Nr. 20 (im Folgenden: Wr GebrauchsAbgG), die Erlaubnis erteilt, den öffentlichen Gemeindegrund und den darüber befindlichen Luftraum vor dem Haus Wien 1, Karlsplatz (im Folgenden: K-Platz) 2, Objekt U26 (Otto Wagner Pavillon), im Ausmaß von 20,5 m Länge und 18 m Breite vor dem Pavillon unter Freilassung einer Fläche von 14 m x 9 m (Lichtöffnung in U-Bahnpassage) sowie 9,5 m Länge und 3 m Breite links neben dem Pavillon, sohin für eine Gesamtfläche von 271,5 m2 zur Aufstellung von Tischen und Stühlen in der Zeit ab Rechtskraft des genannten Bescheides bis zum 15. November 2002 erteilt.

Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführerin für die Erlaubnis zum Gebrauch des öffentlichen Grundes bzw. des darüber befindlichen Luftraumes eine einmalige Gebrauchsabgabe von EUR 7.398,375 festgesetzt. Dabei brachte die erstinstanzliche Abgabenbehörde den in Tarif B Post 7 Wr GebrauchsAbgG enthaltenen Ansatz für Fußgängerzonen und verkehrsarme Zonen in der Höhe von EUR 27,25 je m2 zur Anwendung. Sie führte aus, die gegenständliche Schanigartenfläche befinde sich in einer Parkanlage, welche als verkehrsarme Fläche einzustufen sei.

Gegen den Spruchpunkt II. des Bescheides vom 22. Oktober 2002 erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie brachte vor, die in Rede stehende Fläche, für welche die Gebrauchserlaubnis erteilt worden sei, sei als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet. Sie gehöre zum K-Platz. Es sei daher unrichtig, dass sich diese Fläche in einer Parkanlage befinde.

Ebenso wenig liege die in Rede stehende Verkehrsfläche in einer gemäß § 76a Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung, BGBl. Nr. 159/1960 (im Folgenden: StVO), kundgemachten Fußgängerzone. Schließlich könne auch nicht davon gesprochen werden, dass sie in einer verkehrsarmen Zone gelegen wäre. Vielmehr würden die an die genannte Fläche angrenzenden Teile des Karlsplatzes von Autobussen, der Badner Bahn, der Straßenbahn sowie von einer Vielzahl von Pkw und Lkw regelmäßig und dauernd benutzt. Die Fläche vor dem Lokal werde überdies von Fußgängern stark frequentiert.

Mit Berufungsvorentscheidung des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien vom 2. April 2003 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, vor dem Lokal befinde sich eine große Fläche, welche ausschließlich für den Fußgängerverkehr bestimmt sei. Dies ergebe sich schon aus dem Ausmaß der bewilligten Fläche von 271,5 m2, welche einheitlich gestaltet sei und somit über das Ausmaß eines normalen Gehsteiges hinausgehe. Dass diese Fläche an eine stark frequentierte Straße angrenze, ändere daran ebenso wenig wie der Umstand, dass sie von einer Vielzahl von Fußgängern regelmäßig benutzt werde. Eine solche Benutzung durch den Fußgängerverkehr stehe der Qualifikation einer Fläche als verkehrsarme Zone nämlich nicht entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtete sich ein Vorlageantrag der Beschwerdeführerin, in welchem sie im Wesentlichen ihr Berufungsvorbringen aufrecht erhielt.

Nach Durchführung eines Ortsaugenscheines am 11. März 2004 erließ die belangte Behörde am 27. April 2004 den angefochtenen Bescheid, mit welchem aus Anlass der Berufung der Beschwerdeführerin der erstinstanzliche Bescheid vom 22. Oktober 2002 dahin abgeändert wurde, dass der Beschwerdeführerin gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit Tarif B Post 7 (zweiter Fall) Wr GebrauchsAbgG für die unter Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides vom 22. Oktober 2002 erteilte Erlaubnis zum Gebrauch des öffentlichen Grundes (Vorgarten im Ausmaß von 271,5 m2) bzw. des darüber befindlichen Luftraumes für das Jahr 2002 eine Jahresabgabe von EUR 7.398,37 vorgeschrieben wurde.

Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens sowie Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, Voraussetzung für die Heranziehung des höheren Tarifes sei, dass die von der Gebrauchserlaubnis erfasste Fläche entweder in einer Fußgängerzone oder in einer verkehrsarmen Zone gelegen sei.

Eine Fußgängerzone liege (jedenfalls) dann vor, wenn eine Straßenstelle oder ein Gebiet nach den Bestimmungen des § 76a StVO durch eine gehörig kundgemachte Verordnung zu einer Fußgängerzone erklärt worden sei.

Eine so genannte verkehrsarme Zone sei dann gegeben, wenn eine Straße oder Straßenstrecke oder Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes von der Straßenverkehrsbehörde nach § 43 Abs. 1 lit. b StVO als solche verordnet und mit den entsprechenden Vorschriftszeichen gemäß § 52 StVO bzw. mit den entsprechenden Hinweiszeichen gemäß § 53 StVO kundgemacht worden sei.

Zur Abgrenzung der Fußgängerzone gegenüber der verkehrsarmen Zone habe sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 7. Oktober 1998, Slg. Nr. 15.298, der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes angeschlossen, wonach seit der Einführung des § 76a StVO durch die 6. StVO-Novelle für die Errichtung einer Fußgängerzone nunmehr ausschließlich die zuletzt genannte Bestimmung in Betracht komme. Dies schließe allerdings nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich nicht aus, dass § 43 Abs. 1 lit. b StVO weiterhin Grundlage für Verordnungen sein könne, mit denen im Interesse des Fußgängerverkehrs so genannte verkehrsarme Zonen geschaffen würden, indem z. B. bestimmte Gruppen von Straßenbenützern von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles ausgeschlossen würden. § 43 Abs. 1 lit. b StVO stelle somit die gegenüber § 76a leg. cit. speziellere Norm dar. An die Unterscheidung zwischen Fußgängerzone und verkehrsarmer Zone seien wesentliche Rechtsfolgen geknüpft; so dürften etwa bei Erlassung einer Verordnung nach § 76a StVO dort nicht erwähnte generelle Ausnahmen (z.B. bezüglich Garagenausfahrten) vom Verbot des Fahrzeugverkehrs nicht verfügt werden. Hingegen sei der Verordnungsgeber bei Errichtung verkehrsarmer Zonen hinsichtlich der Zulassung von Ausnahmen gesetzlich nicht beschränkt.

Schließlich gebe es aber auch baulich ausgestaltete Fußgängerzonen, bei welchen keine Zufahrt vorgesehen sei. Solche bedürften weder einer Verordnung noch einer Kennzeichnung. Die Zone (das Fahrverbot) ergebe sich daraus, dass keine Fahrbahn, sondern eine einheitlich ausgestaltete Gehfläche vorhanden sei.

Die von der gegenständlichen Gebrauchserlaubnis erfasste Fläche sei weder eine nach § 76a StVO verordnete und kundgemachte Fußgängerzone noch eine so genannte verkehrsarme Zone. Es stelle sich jedoch die Frage, ob die Kriterien einer baulich ausgestalteten Fußgängerzone vorlägen.

Auf Grund der im angefochtenen Bescheid näher dargestellten baulichen Ausgestaltung der bewilligungsgegenständlichen Fläche sei diese als Fußgängerzone zu qualifizieren. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sich Passanten in diesem Bereich nicht nur zum Zweck des Gasthausbesuches aufhielten, sondern die Örtlichkeit auch aus anderen Gründen aufsuchten. Eine Zufahrt für den allgemeinen Fahrzeugverkehr sei auf Grund der baulichen Situation nicht möglich. Aber auch für Radfahrer sei diese Fläche nicht geeignet bzw. auf Grund der baulichen Situation nicht vorgesehen, weil einerseits die Fläche zum Radfahren zu gering sei und andererseits die Stufenanlagen ein Ab- und Aufsteigen erforderlich machen würden. Das Grundstück befinde sich daher in einer baulich ausgestalteten Fußgängerzone, für welche ein "defacto-Fahrverbot" bestehe.

Gemäß § 11 Abs. 3 Wr GebrauchsAbgG werde die Abgabe für das begonnene Abgabenjahr, für welches die Gebrauchserlaubnis erteilt worden sei, mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des die Gebrauchserlaubnis erteilenden Bescheides bzw. des gesonderten Abgabenbescheides fällig. Der im Spruch vorgeschriebene Abgabenbetrag für das Jahr 2002 sei daher bereits fällig. Die Heranziehung des höheren Abgabentarifs sei nach dem Vorgesagten gerechtfertigt. Da die Gebrauchsabgabe richtig bemessen worden sei, sei der Berufung der Erfolg zu versagen, wobei der Spruch hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsvorschriften präzisiert worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 28. Juni 2004, B 769/04-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der schon in dem an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Schriftsatz ausgeführten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf rechtsrichtige Abgabenfestsetzung verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorschreibungsgegenständlichen Abgabenjahr 2002 stand der Tarif B Post 7 Wr GebrauchsAbgG in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 26/2000 in Geltung. Er lautet:

"7. für Vorgärten (Aufstellung von Tischen, Sesseln u. a.) von Geschäftslokalen aller Art je m2 Fläche 3,63 Euro, in Fußgängerzonen und verkehrsarmen Zonen je m2 27,25 Euro, mindestens aber 43,60 Euro; die Abfriedung (Geländer, Gitter, Abschlusswand, Zierpflanzen u. dgl.) ist innerhalb der bewilligten Ausmaße aufzustellen; für etwaige Gegenstände innerhalb der Einfriedung, die weder mit dem Gebäude noch mit dem Gehsteig fest verbunden sind und über die zugestandene Vorgartenfläche nicht hinausragen, ist eine weitere Abgabe nicht zu entrichten; die Bewilligung für Vorgärten gilt nur für die Zeit vom 1. März bis 15. November; wird ausnahmsweise die Belassung der Abfriedung ganz oder teilweise über den genannten Zeitraum hinaus bewilligt, erhöht sich die Abgabe um ein Drittel;"

Eine Differenzierung des Abgabensatzes für Vorgärten (damals von Gast- sowie Kaffeehäusern und dergleichen), je nachdem, ob sie in Fußgängerzonen oder verkehrsarmen Zonen gelegen sind oder nicht, enthält Tarif B Post 7 Wr GebrauchsAbgG seit seiner Fassung durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 13/1982. In den Erläuterungen zur Novellierung dieser Bestimmung (bezeichnet als "Beilage Nr. 1/1982", S. 3) heißt es (auszugsweise):

"... Neueingeführt wurde die höhere Abgabe für Vorgärten in Fußgängerzonen und verkehrsarmen Zonen. Damit wird den dort wesentlichen höheren wirtschaftlichen Vorteilen der Erlaubnisträger Rechnung getragen."

§ 2 Abs. 1 Z 1, 2, 10 und 13 StVO lauten:

     "§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als

     1.        Straße: eine für den Fußgänger- oder

Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge

befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen;

     ...

     2.        Fahrbahn: der für den Fahrzeugverkehr bestimmte

Teil der Straße;

     ...

     10.        Gehsteig: ein für den Fußgängerverkehr bestimmter,

von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl.

abgegrenzter Teil der Straße;

     ...

     13.        Schutzinsel: ein für Fußgänger innerhalb der

Fahrbahn bestimmter und wie ein Gehsteig ausgeführter Straßenteil;"

§ 43 Abs. 1 lit. b StVO in der Fassung durch die 14. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 213/1987, lautet:

"§ 43. (1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

...

     b)        wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit

oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden

Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit

der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der

Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es

die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen,

die sich dort aufhalten, erfordert,

     1.        dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen

oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu

Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder

Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und

dergleichen, zu erlassen,

     2.        den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten

vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;"

Eine großteils vergleichbare Verordnungsermächtigung enthielt der als verfassungswidrig aufgehobene (vgl. die Kundmachung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 449/1986) § 43 Abs. 1 lit. b StVO in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 412/1976.

§ 76a StVO in der Fassung BGBl. I Nr. 92/1998 lautet:

"§ 76a. Fußgängerzone.

(1) Die Behörde kann, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere des Fußgängerverkehrs, die Entflechtung des Verkehrs oder die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines Gebäudes oder Gebietes erfordert, durch Verordnung Straßenstellen oder Gebiete dauernd oder zeitweilig dem Fußgängerverkehr vorbehalten (Fußgängerzone). Vor Erlassung einer solchen Verordnung ist die Eisenbahnbehörde anzuhören, wenn auf der betroffenen Straßenstelle oder in dem betroffenen Gebiet Schienenfahrzeuge verkehren. In einer solchen Fußgängerzone ist jeglicher Fahrzeugverkehr verboten, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt; das Schieben eines Fahrrades ist erlaubt. Die Bestimmungen des § 45 über Ausnahmen in Einzelfällen bleiben unberührt.

     (2) Sind in einer Fußgängerzone Ladetätigkeiten erforderlich,

so hat die Behörde in der Verordnung nach Abs. 1 nach Maßgabe der

Erfordernisse die Zeiträume zu bestimmen, innerhalb deren eine

Ladetätigkeit vorgenommen werden darf. Ferner kann die Behörde in

der Verordnung nach Abs. 1 nach Maßgabe der Erfordernisse und

unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten bestimmen, dass

mit

     1.        Kraftfahrzeugen des Taxi- und Mietwagen-Gewerbes

und Fiakern jeweils zum Zubringen oder Abholen von Fahrgästen,

     2.        Kraftfahrzeugen des Gästewagen-Gewerbes zum

Zubringen oder Abholen von Fahrgästen von Beherbergungsbetrieben,

     3.        Fahrrädern und

     4.        Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen

Gesamtgewicht bis zu 3 500 kg, die zur Ausübung der Tätigkeit als

Handelsvertreter dienen und die mit einer Tafel mit der Aufschrift

'Bundesgremium der Handelsvertreter, Kommissionäre und Vermittler'

und mit dem Amtssiegel des Landesgremiums, dem der

Handelsvertreter angehört, gekennzeichnet sind,

     die Fußgängerzone dauernd oder zu bestimmten Zeiten befahren

werden darf.

(3) Für die Kundmachung einer Verordnung nach Abs. 1 gelten die Bestimmungen des § 44 Abs. 1 mit der Maßgabe sinngemäß, dass am Anfang und am Ende einer Fußgängerzone die betreffenden Hinweiszeichen (§ 53 Z. 9a bzw. 9b) anzubringen sind.

(4) An Stelle einer Zusatztafel können die vorgesehenen Angaben im blauen Feld des Hinweiszeichens angebracht werden, wenn dadurch die Erkennbarkeit des Zeichens nicht beeinträchtigt wird.

     (5) Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 2 dürfen Fußgängerzonen

     a)        mit Fahrzeugen des Straßendienstes und der

Müllabfuhr sowie gegebenenfalls mit Schienenfahrzeugen und

Omnibussen des Kraftfahrlinienverkehrs,

     b)        mit den zur Durchführung einer unaufschiebbaren

Reparatur eines unvorhersehbar aufgetretenen Gebrechens

notwendigen Fahrzeugen,

     c)        mit Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes

und der Feuerwehr in Ausübung des Dienstes und

     d)        mit Krankentransportfahrzeugen, sofern der Ausgangs-

oder Endpunkt des Krankentransports in der Fußgängerzone liegt,

befahren werden.

(6) Die Lenker von Fahrzeugen dürfen in eine Fußgängerzone nur an den hiefür vorgesehenen Stellen einfahren. Sie haben von ortsgebundenen Gegenständen oder Einrichtungen (wie Häusern, Brunnen, Laternen, Bänken, Bäumen u. dgl.) einen der Verkehrssicherheit entsprechenden seitlichen Abstand einzuhalten und dürfen nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Schienenfahrzeuge ist nach den eisenbahnrechtlichen Vorschriften festzusetzen.

(7) Fußgänger dürfen in Fußgängerzonen auch die Fahrbahn benützen. Sie dürfen dabei aber den erlaubten Fahrzeugverkehr nicht mutwillig behindern."

Die Möglichkeit, Fußgängerzonen durch Verordnung einzurichten, geht auf die 6. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 412/1976, zurück.

Unstrittig ist, dass in Ansehung der hier gegenständlichen öffentlichen Verkehrsfläche weder eine Verordnung nach § 43 Abs. 1 lit. b noch eine solche nach § 76a StVO ergangen ist. Strittig ist, ob - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid meint - dessen ungeachtet die in Rede stehende Fläche als "Fußgängerzone" im Verständnis des Tarifs B Post 7 zweiter Fall Wr GebrauchsAbgG zu qualifizieren ist.

Bei Schaffung eines eigenen Tarifs für Gebrauchserlaubnisse betreffend Vorgärten in Fußgängerzonen und verkehrsarmen Zonen durch die Novelle LGBl. Nr. 13/1982 bestand bereits die Möglichkeit, sowohl den Fahrzeugverkehr durch Verordnungen gemäß § 43 Abs. 1 lit. b StVO einzuschränken als auch Fußgängerzonen gemäß § 76a StVO zu verordnen.

Während die von einer Verordnung nach § 76a StVO betroffenen Verkehrsflächen in der StVO ausdrücklich als "Fußgängerzone" bezeichnet werden, findet sich der Begriff der "verkehrsarmen Zone", wie er in Tarif B Post 7 Wr GebrauchsAbgG gebraucht wird, in der StVO nicht.

Freilich kannte die Verwaltungspraxis den Begriff der "verkehrsarmen Zone", womit sie Verkehrsflächen bezeichnete, die von Verordnungen nach § 43 StVO betroffen waren (vgl. zu diesem Begriff etwa Soche, Die "verkehrsarme" Zone, ZVR 1980, 107). Die in der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts vorgenommene Abgrenzung zwischen Fußgängerzonen gemäß § 76a StVO und der Verfügung von Beschränkungen des Fahrzeugverkehrs, welche zur Herstellung einer "verkehrsarmen Zone" führen, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargestellt (vgl. hiezu auch Stolzlechner, Aktuelle Probleme des Straßenverkehrsrechts, ZVR 1986, 204). Demnach handelt es sich bei der Einrichtung von Fußgängerzonen durch Erlassung einer Verordnung nach § 76a StVO und bei der Verfügung von Beschränkungen des Fahrzeugverkehrs, welche zu "verkehrsarmen Zonen" führen können, um der Art nach verschiedene Rechtsakte, in Ansehung derer unterschiedliche Behördenzuständigkeiten, unterschiedliche Kundmachungsbedingungen und unterschiedliche Rechtsfolgen sowie auch unterschiedliche Möglichkeiten, Ausnahmen zu gewähren, bestehen.

Auf Grund der Verwendung des Begriffspaares Fußgängerzonen und verkehrsarme Zonen durch den Wiener Landesgesetzgeber erscheint es jedenfalls nahe liegend, dass er damit an Rechtsakte gemäß § 76a StVO oder an durch Rechtsakte gemäß § 43 StVO geschaffene verkehrsarme Zonen anknüpfen wollte.

Der belangten Behörde ist zwar einzuräumen, dass der Wortlaut des Tarifes B Post 7 Wr GebrauchsAbgG auch die Auslegung zuließe, der Wiener Landesgesetzgeber verwende einen eigenständigen Begriff der "Fußgängerzone" bzw. der "verkehrsarmen Zone". Im angefochtenen Bescheid wird die Auffassung vertreten, der Begriff "Fußgängerzone" umfasse nicht nur Gebiete, die von einer Verordnung gemäß § 76a StVO betroffen seien, sondern auch so genannte baulich ausgestaltete Fußgängerzonen, also Verkehrsflächen, die auf Grund ihrer baulichen Gestaltung keine Fahrbahn aufwiesen und aus diesem Grunde auch nicht von Fahrzeugen befahren werden dürften. Der Gegenschrift ist zwar zuzubilligen, dass das neuere Schrifttum (vgl. Pürstl/Somereder, StVO11 MGA (2003), 730 und 816) für derartige Bereiche auch den Begriff der baulich ausgestalteten Fußgängerzone verwenden. Einen Nachweis des Gebrauches einer entsprechenden Begrifflichkeit schon im Jahr 1982 hat die belangte Behörde jedoch ebenso wenig erbracht wie jenen, dass der Wiener Landesgesetzgeber (auch) daran habe anknüpfen wollen.

Für die hier vertretene Auslegung sprechen aber auch folgende Überlegungen:

Jedenfalls läge es nicht nahe, dass der Wiener Landesgesetzgeber den Begriff der Fußgängerzone, welcher im Verständnis der StVO ausdrücklich das Vorliegen einer entsprechenden Verordnung voraussetzt, in einem anderen Sinne, nämlich auf faktische Verhältnisse abstellend gebrauchen wollte, während er mit dem Begriff der "verkehrsarmen Zone" Gebiete bezeichnen wollte, die von einer Verordnung gemäß § 43 StVO betroffen sind. Dementsprechend vertritt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift erstmals die Auffassung, auch der Begriff der "verkehrsarmen Zone" stelle nicht in erster Linie auf rechtliche Verhältnisse ab. Entscheidendes Merkmal einer Fußgängerzone sowie einer im Interesse des Fußgängerverkehrs geschaffenen verkehrsarmen Zone im Verständnis des Wr GebrauchsAbgG sei - so meint die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift - vielmehr der (gemeint: im Ergebnis faktische) Vorbehalt der Verkehrsflächen für den Fußgängerverkehr und der, sei es durch Rechtsvorschriften oder durch bauliche Maßnahmen getroffene, (gleichfalls gemeint: im Ergebnis faktische) Ausschluss des Fahrzeugverkehrs mit abgestuften Ausnahmen.

Diese Auslegung misst dem Begriff der "verkehrsarmen Zone" somit das Verständnis einer auf Grund ihrer baulichen Gestaltung oder auf Grund entsprechender Rechtsvorschriften im Ergebnis faktisch an Fahrzeugverkehr arm gehaltenen Verkehrsfläche zu. Hätte der Wiener Landesgesetzgeber den Begriff der verkehrsarmen Zone allerdings in diesem Verständnis gebraucht, so wäre die gesonderte Erwähnung eines - gleichermaßen im Ergebnis faktisch zu verstehenden - Begriffes "Fußgängerzone" obsolet, stellte doch auch eine so verstandene "Fußgängerzone" einen bloßen Unterfall einer an Fahrzeugverkehr durch rechtliche oder bauliche Maßnahmen faktisch arm gehaltenen Verkehrsfläche dar. Die Verwendung beider Begriffe erklärt sich nur dann zwanglos, wenn damit an zwei (wie oben gezeigt) voneinander qualitativ verschiedene Rechtsakte angeknüpft werden sollte.

Schließlich ist festzuhalten, dass im Falle einer Anknüpfung auch an bauliche Gestaltungen und die dadurch bewirkten tatsächlichen Verhältnisse Abgrenzungsschwierigkeiten zu - gleichfalls auf Grund ihrer baulichen Gestaltung dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen - Gehsteigen, Gehwegen und Verkehrsinseln entstehen würden, wodurch ein beträchtlicher Verwaltungsaufwand zur Abklärung eben dieser Verhältnisse in jedem Einzelfall entstehen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass der Begriff "Fußgängerzone" in Tarif B Post 7 Wr GebrauchsAbgG an die Erlassung und gehörige Kundmachung einer Verordnung gemäß § 76a StVO anknüpft (vgl. hiezu auch die Aussagen im hg. Erkenntnis vom 29. April 2002, Zl. 2001/17/0069, wo der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich rügte, die belangte Behörde habe bei Anwendung des höheren Tarifs nicht nachvollziehbar dargelegt, dass sich die zum Gebrauch bewilligte Fläche auch tatsächlich in einer gesetzmäßig kundgemachten Fußgängerzone befinde). Auch der Begriff der "verkehrsarmen Zone" setzt die verordnungsmäßige Verfügung von Maßnahmen gemäß § 43 StVO voraus, wobei im hier gegenständlichen Beschwerdefall dahingestellt bleiben kann, welche derartiger Maßnahmen jeweils verfügt werden müssten, um von einer verkehrsarmen Zone sprechen zu können.

Der aus den Gesetzesmaterialien hervorleuchtende Zweck der Besteuerung des mit Gebrauchserlaubnissen in Fußgängerzonen und verkehrsarmen Zonen verbundenen größeren wirtschaftlichen Vorteiles steht dieser Auslegung nicht entgegen, knüpfen doch auch die Materialien an das Vorliegen einer Fußgängerzone oder einer verkehrsarmen Zone an (und nicht schlechthin an die aus einer faktischen, auch durch bauliche Maßnahmen bedingten Zurückdrängung des Fahrzeugverkehrs resultierenden höheren wirtschaftlichen Vorteile einer Gebrauchserlaubnis).

Da vorliegendenfalls weder eine Verordnung nach § 76a noch eine solche nach § 43 StVO ergangen ist, kam die Anwendung des Tarifs B Post 7 zweiter Fall Wr GebrauchsAbgG nicht in Betracht.

Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 24. Jänner 2005

Schlagworte

Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004170107.X00

Im RIS seit

21.02.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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