C1 249.693-0/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Einzelrichterin über die Beschwerde des T.R., geb. 00.00.1956, StA. Serbien, vom 15.04.2004 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.04.2004, FZ. 03 27.959-BAL, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF (AsylG), abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Mit angefochtenem Bescheid wurde der Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers vom 15.09.2003 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.
In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers als glaubwürdig gewertet und angeführt, dass betreffend die Wehrdienstverweigerung im Fall des Beschwerdeführers das Amnestiegesetz vom 26.02.2001 zur Anwendung und daher die behauptete Verfolgung bzw. Bestrafung objektiv gesehen nicht in Betracht kommt, sodass keine asylrechtliche Relevanz vorliegt.
Hiegegen wurde das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und der Bescheid seinem gesamten Umfang nach wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten.
Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung am 23.10.2007, zu welcher die Erstbehörde keinen Vertreter entsandte, wurde die Gattin des Beschwerdeführers als Mitbeteiligte befragt und gab der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:
"VL: Wie geht es Ihnen?
BW: Danke, gut. Etwas aufgeregt, wir hatten auf dem Weg hierher einen Autounfall, ein Wagen von einem Paketzusteller ist in unseren Wagen gefahren. Es ist uns aber nichts passiert.
VL: Können Sie mir bitte Ihren Namen, Ihr Geburtsdatum sowie Ihren Geburtsort angeben.
BW: T.R., geb. 00.00.1956 in der Stadt T., Serbien. Ich bin zwar in S. geboren, aber in T. aufgewachsen und in die Schule gegangen.
VL: Zu welcher Volksgruppe gehören Sie?
BW: Im ehem. Jugoslawien waren wir Jugoslawen. Danach wurden wir Bosniaken genannt.
VL: Sie sind aber kein Kosovo-Albaner?
BW: Nein.
VL: Seit wann sind Sie in Österreich?
BW: Seit 15.9.2003. Damals stellten wir den Asylantrag.
VL: Waren Sie davon schon einmal außerhalb Ihrer Heimat?
BW: Ja.
VL: Wo und wann?
BW: 1999 wegen damaligen schweren Umständen in Serbien bzw. Bombardements. Ich musste entweder im Kosovo kämpfen oder meine Heimat verlassen.
VL: Wohin sind Sie gegangen?
BW: Nach Deutschland.
VL: Wurden Sie 1999 eingezogen?
BW: Alle, die noch kampffähig waren, während der Bombardements, wurden aufgefordert, noch zu kämpfen bzw. wurden diese abgeholt und in den Kosovo geschickt.
VL wiederholt obige Frage.
BW: Ich habe eine Mitteilung bekommen, dass ich einberufen werde und das Haus nicht verlassen sollte. Aber ich wollte nicht kämpfen und niemanden, weder jemanden töten, noch von jemanden getötet zu werden, daher entschloss ich mich zu desertieren.
VL: D.h. Sie haben diese Mitteilung bekommen, obwohl Sie damals schon 43 Jahre alt waren?
BW: Ja.
VL: Wissen Sie noch, wann Sie diese Mitteilung bekommen haben?
BW: Als die NATO-Bombardements begonnen, wurden die Schulen geschlossen. Ich war 18 Jahre lang im Bildungswesen tätig. Ich habe die Mitteilung vom Schuldirektor bekommen, dass ich unsere Heimat nicht verlassen sollte und mich täglich in der Schule melden müsste.
VL: Wie viel Zeit war zwischen dem Erhalt der Ladung und Ihrer Ausreise?
BW: Am 24.3.1999 haben die NATO-Bombardements begonnen. Ich glaube, dass es ein Mittwoch gewesen ist. Die Kinder haben am nächsten Tag die Schule nicht besucht. Im Radio wurde gesagt, dass die Kinder nicht in die Schule gehen müssen. Wir, die Lehrkräfte, schon. Also, war das der 25. Meine Heimat habe ich um den 7.4.1999 verlassen, vielleicht auch schon einen Tag früher oder später.
VL: Wie lange sind Sie in Deutschland gewesen?
BW: 1999 bis 2003.
VL: Etwas genauer?
BW: Ich habe viele Verwandte in Deutschland bzw. meinen Bruder und die Schwestern, die mich aufgenommen haben, mit meiner Familie. Dann dauerte es eine Weile, bis wir uns entschlossen haben, was zu tun war. Zurückkehren, da die Bombardements schon aufgehört hatten, oder sich weiterhin dort aufhalten und anmelden.
VL wiederholt die Frage.
BW: Wir haben uns angemeldet und waren in Deutschland bis glaublich 25.8.2003.
VL: Wieso sind Sie zurückgekehrt?
BW: Wir waren fast 4 Jahre im Asylverfahren, ich wurde von der Asylbehörde nicht geladen. Als ich dann geladen wurde, das war im Jahr 2003, irgendwann im März, zu einer Gerichtsverhandlung in Regensburg. Mir wurde vom Richter mitgeteilt, dass die damalige Situation in Serbien mit einer Note von 3 bezeichnet wurde, also nicht ganz schlecht, aber auch nicht gut. Und dass wir zurückkehren könnten. Ich habe gefragt, warum die Sache nicht schneller entschieden wurde. Es wurde mir gesagt, dass ich nicht der einzige war und dass es eine Ordnung gab diesbezüglich.
VL: Sie sind also zurückgekehrt, weil das Asylverfahren in Deutschland negativ geendet hat?
BW: Der Anwalt gab uns die Unterlagen zurück und sagte, dass er uns nicht viel helfen kann, weil uns sonst jeder andere Schritt Geld kosten würde und wir keines hatten. Wir haben damals in Deutschland gearbeitet und einen Euro pro Stunde verdient.
VL: Ihren Aussagen gemäß waren Sie dann ca. 14 Tage in Serbien?
BW: Ja.
VL: Wo waren Sie da?
BW: In T..
VL: Wo haben Sie da gewohnt?
BW: Meine verstorbene Schwiegermutter hat ein leer stehendes Haus gehabt.
VL: Warum gingen Sie dann wieder aus T. weg?
BW: Das ist eine lange Geschichte. In Deutschland wurde mir vor der Ausreise aus Deutschland in Regensburg, bei der Gerichtsverhandlung mitgeteilt, dass ein Amnestiegesetz erlassen wurde und ich in meiner Heimat wegen der Desertion nicht verfolgt würde. Deswegen bin ich freiwillig zurückgekehrt. Jedoch, als man in meiner Heimat erfuhr, dass ich zurückgekehrt bin, kam ein Polizist zu mir und forderte mich auf, auf die Polizeistation zu kommen und mit dem Polizeichef zu sprechen. Er sagte, dass ich das Haus nicht verlassen sollte und meine persönlichen Dokumente abgeben müsste. Diesen Befehl haben sie von der Militärbehörde bekommen. Ich hätte entweder eine Geldstrafe oder eine Haftstrafe bekommen. Da wir keine Ersparnisse hatten und eine höhere Geldstrafe nicht bezahlen hätten können, hätte man mich in Haft genommen. Ich wurde darüber informiert, dass diese Geldstrafen sehr hoch waren. Diejenigen, die die Geldstrafe nicht bezahlen konnten, wurden festgenommen.
VL: Haben Sie auf das Amnestiegesetz hingewiesen?
BW: Doch, das habe ich zu dem bei der Polizei gesagt. Es wurde mir gesagt, dass ich das dem Militärgericht mitteilen sollte.
VL: Haben Sie das gemacht?
BW: Ich habe nicht so lange gewartet. Ich wagte es nicht und entschloss mich erneut, meine Heimat zu verlassen.
VL: Haben Sie sich einen RA oder eine andere Hilfe in dieser Sache gesucht?
BW: Ich muss ehrlich sein, das habe ich nicht, ich hatte Angst und wollte so schnell wie möglich weg.
VL: Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Heimatort?
BW: Mit meinen ehemaligen Kollegen.
VL: Wissen Sie, ob wegen dieser Sache noch irgendetwas geschehen ist?
BW: Nachdem meine persönlichen Dokumente mir abgenommen wurden, wurde von mir verlangt, dass ich Dokumente meiner Gattin und meines Sohnes auch abgebe. Meine Tochter war klein, sie hatte noch keine eigenen Dokumente.
VL: Haben Sie in dieser Sache noch irgendetwas gehört?
BW: Es wurde mir inoffiziell gesagt, dass nach 10 Jahren meine Schuld verjährt wäre. Ich bin aber trotzdem diesbezüglich nicht sicher.
VL: Nach unseren Berichten hat es keine einzige Ausnahme von der Anwendung des Amnestiegesetzes gegeben.
Verlesen werden die diesbezüglichen Berichte.
BW: Ja, das ist richtig. Ich musste 100%ig weg.
VL: Welchen Beruf haben Sie erlernt?
BW: Geographieprofessor. In Salzburg wurde mein Diplom übersetzt. Wenn ich ein Aufenthaltsrechte bekäme, könnte ich sogar in einer Schule mit serbischsprachigen Kindern arbeiten. Ich habe noch die Möglichkeit, eine 2 jährige Ausbildung zu machen und eine Anstellung in einer Schule zu bekommen, allerdings brauche ich dazu ein Aufenthaltsrecht."
Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien und Angehöriger der Volksgruppe der Bosniaken, hat sein Heimatland im September 2003 gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Kindern verlassen, ist in Österreich illegal eingereist und stellte am 15.09.2003 gegenständlichen Asylantrag.
Erstmals hat der Beschwerdeführer sein Heimatland im Jahr 1999 verlassen und stellte in Deutschland einen Asylantrag, welcher im Jahr 2003 negativ entschieden wurde. Daraufhin hat er mit seiner Familie im August 2003 Deutschland freiwillig verlassen und ist in seine Heimatstadt T. in Serbien zurückgekehrt.
Der Beschwerdeführer ist verheiratet und Vater von einem volljährigen und einem minderjährigen Kind. Sein volljähriger Sohn, T.A., hat Österreich verlassen und lebt in Deutschland. Die Ehefrau und die minderjährige Tochter sind derzeit in Österreich aufhältig und haben jeweils einen Asylerstreckungsantrag zum Asylverfahren des Beschwerdeführers gestellt.
In seiner Heimat lebte der Beschwerdeführer in T., wo er aufgewachsen ist und die Schule besucht hat. Im März 1999 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er zum Militärdienst einberufen werde. Aus diesem Grund hat er ca. zwei Wochen später sein Heimatland verlassen und in Deutschland um Asyl angesucht.
Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einer asylrechtlich relevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt war bzw. ist.
Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.
Zur Situation in Serbien wird Folgendes festgestellt:
Die Umwandlung der Bundesrepublik Jugoslawien in die Staatenunion "Serbien und Montenegro" im Februar 2003 sowie die Auflösung der Staatenunion mit der völkerrechtlichen Unabhängigkeitserklärung Montenegros am 03.06.2006 hat eine Reihe (z.T. noch nicht abgeschlossener) institutioneller Veränderungen zur Folge. Am 08.11.2006 ist in Serbien eine neue Verfassung in Kraft getreten. An der grundsätzlichen politischen Ausrichtung des Landes hat dies jedoch ebenso wenig geändert wie der Regierungswechsel in der Republik Serbien im März 2004. Welche Änderungen eine aus den Parlamentswahlen vom 21.01.2007 hervorgehende neue Regierung bewirken wird, bleibt abzuwarten.
Die Regierung von Serbien übt keine gezielte Unterdrückung bestimmter Gruppen aus. Die verfassungsmäßigen Rechte werden respektiert. Die politische Opposition kann sich frei betätigen.
Das seit 1993 gültige Armeegesetz regelt alle Rechte und Pflichten der der Wehrpflicht unterliegenden Personen sowie der Soldaten. Grundsätzlich sind alle männlichen Staatsbürger wehrpflichtig. Vorladungen zur Musterung können bereits vor Vollendung des 17. Lebensjahres versandt werden. Zur Ableistung des Grundwehrdienstes werden männliche Staatsbürger vom 18. bis zum 27. Lebensjahr, in begründeten Ausnahmefällen auch später, einberufen. Einberufungen zu Wehrübungen sind bis zum 60. Lebensjahr möglich. Über die Betroffenen entscheidet ein Losverfahren. Außer im Falle der allgemeinen Mobilmachung erfolgen die Einberufungen durch Zustellung eines Einberufungsbefehls.
Seit 2002 betrug der Wehrdienst nur noch neun Monate, der zivile Ersatzdienst dreizehn Monate. Durch eine erneute Gesetzesänderung am 30.10.2005 wurde der Wehrdienst weiter auf sechs Monate, der Zivildienst auf neun Monate verkürzt.
Der Wehrdienst kann aus Gewissensgründen verweigert und durch den Dienst im Sanitätsbereich, Straßenbau oder im nachgeordneten Bürodienst der Armee, seit dem 15.10.2003 auch durch Zivildienst außerhalb der Armee ersetzt werden.
Für die Zeit des Wehrdienstes wird von allen Wehrpflichtigen (d.h. unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit) mit Erhalt des Einberufungsbefehls der Reisepass eingezogen; Ersatzpässe werden während dieser Zeit nur auf Antrag und in wenigen Ausnahmefällen ausgestellt.
Angehörige von Minderheiten wurden und werden grundsätzlich zum Wehrdienst herangezogen. Gegenteilige Angaben, v.a. bezüglich der Nichtberücksichtigung von Bosniaken aus dem Sandzak, treffen nicht zu. Hingegen werden Albaner aus dem Kosovo und aus Südserbien seit 1991 nicht mehr zum Wehrdienst eingezogen. In anderen Teilen des Landes ansässige ethnische Albaner scheinen in jüngerer Zeit ebenfalls nicht mehr regelmäßig zum Wehrdienst herangezogen zu werden. Dies hat offenbar mit dem geringeren Personalbedarf der Streitkräfte zu tun, die mittelfristig (Planungen der Regierung sehen als Zielmarke 2010 vor) von einer Wehrpflicht in eine Berufsarmee umgewandelt und deutlich verkleinert werden sollen.
Wehrstraftaten unterliegen seit 01.01.2006 dem serbischen Strafgesetzbuch (StGB). Wehrdienstentziehung wird nach Art. 394 StGB mit Geld- oder mehrjähriger Freiheitsstrafe geahndet. Abs. 3 der Vorschrift bestimmt, dass derjenige, der das Land verlässt, um sich dadurch dem Wehrdienst zu entziehen, mit Freiheitsstrafe bis 8 Jahren bestraft wird.
1996 ist ein Amnestiegesetz in Kraft getreten, das alle Fälle der Wehrdienstentziehung und der Desertion zwischen 1982 und dem 14.12.1995 erfasst. Nicht unter diese Amnestieregelung fielen aktive Offiziere und Unteroffiziere. Für Wehrdienstentziehung und Desertion bis 07.12.2000 ist 2001 ein neues Amnestiegesetz in Kraft getreten. Die Amnestie umfasst allerdings lediglich den Verzicht auf Strafverfolgung. Eine nachträgliche Heranziehung zum Wehrdienst ist grundsätzlich möglich, sofern die Altersgrenze (im Regelfall 28, in besonderen Ausnahmefällen 35 Jahre) noch nicht überschritten ist. Am 18.04.2006 ist ein weiteres Amnestiegesetz in Kraft getreten, mit dem Fälle der Wehrdienstentziehung zwischen dem 07.10.2000 und dem 18.04.2006 erfasst werden. Auch dieses Gesetz beinhaltet den Verzicht auf Strafverfolgung.
Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage Serbiens ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Die Rolle internationaler Organisationen bei der Versorgung sozial schwacher Bevölkerungsgruppen, v.a. von alten Leuten, Kindern, Flüchtlingen sowie im Land Vertriebener hat zwar insgesamt abgenommen, ist aber vor allem im ländlichen Bereich sehr wichtig.
In den vergangenen Jahren ist in der Republik Serbien ein deutlicher Anstieg der Realeinkommen zu verzeichnen (2006: 10%). Der durchschnittliche monatliche Nettolohn lag Ende 2006 bei ca. 230 ¿, die durchschnittliche Rente bei ca. 135,- ¿ (Inflationsrate 2006: 6,6%). Während in der Hauptstadt Belgrad und in Teilen der Wojwodina die Durchschnittseinkommen deutlich über dem nationalen Mittelwert liegen, liegen die Durchschnittseinkommen in Südserbien und im Sanzak unter dem nationalen Mittelwert. In den offiziellen Statistiken unberücksichtigt bleiben die im Rahmen des informellen Sektors erzielten (z.T. erheblichen) Einkommen sowie der bedeutende Beitrag (privater) ausländischer Zuwendungen.
Die Arbeitslosigkeit in Serbien ist hoch. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt je nach Zählweise zwischen 20% und 33%, wobei einerseits von weit verbreiteter Unterbeschäftigung, andererseits jedoch auch von zahlreichen nicht statistisch erfassten (illegalen) Beschäftigungsverhältnissen auszugehen ist. Vielen Serben gelingt es nur, sich durch Schwarzarbeit ihre Existenz zu sichern.
In Serbien besteht Anspruch auf Sozialhilfe. Sie wird Bürgern gewährt, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind sozialhilfeberechtigt Bürger, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Voraussetzung ist die Registrierung des Antragstellers. Die Höhe der Sozialhilfe ist in ganz Serbien gleich hoch und wird jeden Monat an die Lebenshaltungskosten angepasst.
Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige das sog. Familiengeld und Kindergeld ausbezahlt. Die Auszahlung ist kumulativ möglich.
In Serbien existieren grundsätzlich Sozialwohnungen, doch sind die bestehenden belegt. Für Neubauten sind kaum Mittel vorhanden. Sofern Rückkehrer aus Deutschland nicht über eigenen Wohnraum verfügen bzw. nicht selbst anmieten können, kommen sie erfahrungsgemäß meist bei Verwandten und Freunden unter.
Für die medizinische Versorgung gibt es in Serbien im Bereich der Krankenversicherung gesetzliche Pflichtversicherung. Die Details der gesetzlichen Versicherung regeln die serbischen Krankenversicherungsgesetze, die im wesentlichen übereinstimmen. Eine Registrierung ist für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Versicherung notwendig. Eine ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Die Pflichtversicherung gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich deren Familienangehörigen. Gemeldete anerkannte Arbeitslose und anerkannte Sozialhilfe-Empfänger sowie deren Familienangehörige sind versichert, zahlen aber keine Versicherungsbeiträge. Sie werden also de facto kostenfrei behandelt. Private Krankenversicherungen existieren nicht.
Psychische Krankheiten werden in Serbien aufgrund des dort vorherrschenden medizinischen Ansatzes vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, wenn auch in begrenztem Umfang; so gibt es z.B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina im Rahmen dieses Projektes existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten.
Serben, die rückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrages im Ausland gibt es weder de iure noch de facto.
(Quelle: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien vom 23.04.2007)
Rechtlich ist auszuführen:
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention i.V.m. Artikel 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, BGBl. Nr. 78/1974, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Zentraler Aspekt der in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 06.12.1999, Zl. 99/01/0279, mwN).
Im gegenständlichen Verfahren ist der erstinstanzlichen Behörde dahingehend Recht zu geben, dass für den Beschwerdeführer objektiv kein Asylgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegt. Aus den obigen Länderfeststellungen ergibt sich eindeutig, dass für Wehrdienstentziehung und Desertion bis zum 07.10.2000 - der Beschwerdeführer hat sich seinen eigenen Angaben zufolge im März 1999 dem Wehrdienst entzogen - ein Amnestiegesetz in Kraft getreten ist, welches einen Verzicht auf Strafverfolgung beinhaltet. Eine nachträgliche Heranziehung zum Wehrdienst ist zwar möglich, allerdings nur bis zu einem Höchstalter von 35 Jahren. Dies betrifft den Berufungswerber, der 1956 geboren ist, nicht mehr.
Diese Länderberichte wurden dem Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung zur Kenntnis gebracht und gab dieser auf Vorhalt, dass es keine einzige Ausnahme von der Anwendung dieses Amnestiegesetzes gegeben habe, an, dass dies richtig sei.
Selbst bei Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass ihn nach seiner Rückkehr aus Deutschland ein Polizist aufgefordert habe, auf die Polizeistation zu kommen, da ein Befehl von der Militärbehörde vorliege, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da dieser - seinen eigenen Angaben zufolge - auf das Amnestiegesetz hingewiesen hat und ihm daraufhin von der Polizei gesagt worden sei, er solle das der Militärbehörde melden. Dies hat der Beschwerdeführer allerdings nicht getan, sondern das Land verlassen. Ferner ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer sich auch nicht auf andere Art und Weise Hilfe gesucht hat, beispielsweise durch Beauftragung eines Rechtsanwalts.
Zusammenfassend kann sohin ausgeführt werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der vorliegenden Länderberichte und auch unter Zugrundelegung seiner eigenen Aussagen bei einer Rückkehr nach Serbien keine asylrechtlich relevante Verfolgung aus den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Zur Non-refoulement-Prüfung:
Ist ein Asylantrag abzuweisen, hat die Behörde gemäß § 8 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 Fremdengesetz 1997; nunmehr § 50 FPG 2005); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Fremdenrechts ist eine Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Gemäß § 50 Abs. 2 und 4 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung, oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33 Z 1 Genfer Flüchtlingskonvention).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291; vom 17.07.1997, Zl. 97/18/0336 und vom 05.04.1995, Zl. 93/18/0289 ua). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. VwGH vom 30.09.1993, Zl. 93/18/0214). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen. Die bloße Möglichkeit einer die in Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenen Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH vom 27.02.2001, Zl. 98/21/0427 sowie VwGH vom 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).
Wie bereits ausgeführt gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun. Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Serbien dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikels 3 EMRK überschritten wäre, zumal nach den Feststellungen zur Situation in Serbien die Versorgung mit Lebensmitteln sichergestellt ist, es ein System der Sozialhilfe gibt und auch Familien- und Kindergeld ausbezahlt wird.
Betreffend eine Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Heimatland ist auszuführen, dass die Tatsache der Asylantragstellung keine Verfolgung zur Folge hat.
Im gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers haben sich keine Anhaltspunkte für ein Vorliegen einer der beiden Tatbestandsvoraussetzungen des § 50 FPG ergeben. Insgesamt gesehen ist es dem Beschwerdeführer sohin nicht gelungen, eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun. Zumal sich auch keine Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 50 FPG ergeben haben und solche auch nicht begründet vom Beschwerdeführer vorgebracht wurden, war spruchgemäß zu entscheiden.
Das Verfahren war gemäß der Bestimmung des § 75 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005, des § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 und der Bestimmung des § 23 Asylgerichtshofgesetz, BGBl I Nr. 4/2008, zu führen.