B9 249.927-0/2008/9E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde des S.S., geb. 00.00.1970, StA.:
Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.02.2004, FZ. 04 01.545-BAW, zu Recht erkannt:
SPRUCH
I. Die Beschwerde von S.S. vom 16.02.2004 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.02.2004, Zahl: 04 01.545-BAW, wird gemäß § 7 AsylG abgewiesen.
II. Gemäß § 8 des AsylG iVm § 57 des Fremdengesetzes, BGBI. I Nr. 75/1997 (FrG), i.d.F. BGBI. I Nr. 126/2002 wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von S.S. nach Indien zulässig ist.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Berufungswerbers (in der Folge Beschwerdeführer genannt) vom 30.01.2004 nach am 30.01.2004 durchgeführter niederschriftlicher Einvernahme unter Hinweis auf § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I); weiters wurde mit diesem Bescheid die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II).
Im Zuge dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer folgendes an:
"Fluchtgrund:
F: Warum haben Sie Indien verlassen und bringen einen Asylantrag ein?
A: Ich habe mit meinem Nachbarn S.T. im Februar 2003 einen Streit gehabt. Wir hatten einen kleinen Kanal, der vor dem Haus des Nachbarn vorbeigeführt wurde. Das wurde von der Gemeinde so bestimmt. Er war aber damit nicht einverstanden und wir hatten deshalb oft Streit. Einmal krachten wir zusammen, dabei schlug er mich und ich ihn. Ich habe ihn dann mit einem Holzstück am Kopf verletzt. Ich wurde von der Polizei festgenommen und nach drei Tagen gegen Kaution wieder freigelassen. Im März 2003 fuhr ich für S.D. mit dem Traktor mit einem Anhänger. Zwei kleine Kinder, das Mädchen fuhr mit dem Fahrrad und der Bub saß hinten, sind auf die Straße gestürzt und der Bub wurde gleich getötet. Er kam unter die Räder des Anhängers. Ich wurde angezeigt und habe mit meinem Anwalt, Kontakt aufgenommen und er hat mir gesagt, dass ich da mit einer lebenslänglichen Haftstrafe rechnen müsste. Ich habe daraufhin fluchtartig mein Heimatland verlassen. Das sind die Gründe warum ich hier um Asyl ansuche.
F: Was hätten Sei zu befürchten, wenn Sie nach Indien zurückkehren würden?
A: Ich würde wahrscheinlich eine lebenslängliche Haftstraße bekommen. Die Angelegenheit mit meinem Nachbarn ist auch noch gerichtsanhänging.
F: Möchten Sie noch etwas zu Ihren Fluchtgründen angeben?
A: Nein. Ich habe alles gesagt.
F: Waren Sie jemals aktiv politisch tätig oder einer Partei zugehörig?
A: Nein.
F: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden in Indien?
A: Nur die oben beschriebenen.
F: Wurden Sie aus Gründen der Religion, der Rasse, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt (Der AW wird bezüglich der Begriffe umfassend manuduziert)?
A: Nein.
F: Kennen Sie den Stand des Gerichtsverfahrens mit Ihrem Nachbarn?
A: Die schicken nur Ladungen zu. Im März habe ich eine Ladung bekommen und bin aber dort nicht erschienen.
F: Wer hat Sie da vorgeladen?
A: Das Bezirksgericht N..
F: Werden Sie von der Polizei wegen dieses Gerichtsverfahrens gesucht?
A: Ja, seit ich aus Indien wieder weg bin, kommt die Polizei jeden Monat und fragt, ob ich wieder in Indien sei.
F: Wann passierte der Unfall mit dem Traktor, den Sie gelenkt hatten, und dem kleinen Buben, der dabei ums Leben kam? Geben Sie das genaue Datum an.
A: Das war ungefähr am 00.00.2003.
F: Was passierte unmittelbar nach dem Unfall?
A: Ich bin gleich weggelaufen, denn ich hatte vor den Angehörigen Angst gehabt, die hätten mich gleicht getötet.
Den Traktor habe ich stehengelassen.
F: Wo passierte der Unfall?
A: Auf der Straße in M..
F: Wohin sind Sie dann geflüchtet?
A: Ich bin mit dem Autobus gleich nach N. gefahren.
F: Wie sind Sie mit dem Rechtsanwalt in Kontakt getreten?
A: Meine Eltern haben das gemacht. Sie wohnen in der Nähe des Unfallortes und haben unmittelbar davon erfahren.
F: wie haben Sie dann mit Ihren Eltern Kontakt aufgenommen?
A: Ich war bei meiner Schwester in N. und von dort habe ich zu Hause angerufen.
F: Wie lange bleiben Sie bei Ihrer Schwester?
A: 2 Tage. Dann bin ich nach Neu Delhi gefahren und habe dort auf meine Ausreise gewartet.
Der Leiter der Amtshandlung stellt folgende Fragen:
F: Wann hat die Polizei das erste Mal wegen es Verkehrsunfalls gesucht?
A: Am gleichen Tag am Abend.
F: Wurde wegen des Verkehrsunfalls ein Gerichtsverfahren eingeleitet?
A: Ja, beim Bezirksgericht N..
F: Können Sie Beweise vorlegen, dass Sie nach Abschluss Ihres ersten Asylverfahrens wieder nach Indien zurückgekehrt sind?
A: Nein. Aber der Bürgermeister und die Dorfbewohner könnten das beweisen."
2. Gegen diesen Bescheid vom 02.02.2004 wurde mit Schriftsatz vom 16.02.2004 hinsichtlich beider Spruchteile Berufung (in der Folge Beschwerde genannt) erhoben, wobei nach kurzer Wiederholung des Fluchtgrundes auf die undemokratische Situation in Indien bzw. im Punjab u.a. unter Zugrundelegung des Amnesty International Jahresberichtes 2003 hingewiesen wird.
Der Beschwerdeführer stellt den Antrag auf Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und ergänzende Einvernahme.
Am 04.06.2004, 08.07.2004 und am 30.11.2004 führte die Beschwerdebehörde daher öffentliche mündliche Verhandlungen durch, bei der der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen folgendes ausführte:
Öffentliche mündliche Verhandlung vom 04.06.2004:
"VL: Wieso sind Sie nach Österreich gekommen?
BW: Es gibt zwei Gründe warum ich aus meiner Heimat flüchten musste. Das erste ist, dass ich einen Streit mit meinem Nachbar hatte, während einer Auseinandersetzung wurde dieser von mir schwer verletzt. Es gab eine Polizeianzeige.
Der zweite Grund war, dass ich in einen Unfall verwickelt war. Ich bin mit meinem Traktor gefahren, ein Junge wurde von mir überrollt. Er kam unter den Anhänger meines Traktors. Er starb am Unfallort. Deswegen bin ich geflüchtet. Ansonsten wäre ich lebenslang inhaftiert worden und die Zustände in den indischen Gefängnissen sind unerträglich.
VL: Wann war Ihr erstes Asylverfahren?
BW: Vor ca. 4 Jahren.
VL: Dann sind Sie wieder nach Indien zurück?
BW: Vor drei Jahren bin ich dann nach Indien zurückgekehrt.
VL: Der Streit mit dem Nachbarn und der Unfall waren danach?
BW: Ja, die beiden Vorfällen fanden nachher statt.
VL: Hat schon eine Gerichtsverhandlung stattgefunden und waren Sie dort?
BW: Ich weiß nur von einer Polizeianzeige und bin auf Grund dieser geflüchtet. Ich war nicht lange genug in Indien um bei einer Gerichtsverhandlung dabei zu sein. Bei dem ersten Vorfall kam zwar die Polizei zu mir nach Hause wegen Befragung, aber es war nichts sehr Ernstes und ich bekam auch keine Angst. Erst als der Junge starb, bin ich geflüchtet.
VL: Wann war das?
BW: Ca. 20 Tage später.
VL: Gab es eine Gerichtsladung oder eine Anzeige?
BW: Es gab eine Gerichtsladung, aber ich bin zu meiner Schwester gegangen und habe an dieser Gerichtsverhandlung nicht teilgenommen.
VL: Was ist dann passiert? Sind Sie gesucht worden?
BW: Ja, die Polizei sucht mich immer noch.
VL: Warum gehen Sie nicht zu Gericht, es war ja ein Unfall?
BW: Ich habe Angst, weil ich würde lebenslang ins Gefängnis kommen.
VL: Woher wissen Sie das?
BW: Ich weiß, dass in Indien die Strafe für eine Tötung entweder lebenslang ist oder dass man erhängt wird.
VL: Aber Sie haben den Jungen nicht absichtlich getötet. Dazu dient ja das Gerichtsverfahren. Wenn Sie nicht teilnehmen, kann Ihre Unschuld auch nicht festgestellt werden.
BW: Ich habe Angst wenn ich zu Gericht gehe. Sie werden mich gleich verhaften.
VL: Der Sachverhalt stellt sich klar dar. Das was sie gesagt haben, ist an sich kein Asylgrund, außer das Justizwesen in Indien wäre so schlecht. Wir werden ein Gutachten über das Justizsystem einholen. Auch in Österreich würden sie wegen derartiger Delikte vor Gericht kommen.
Was glauben Sie würde Ihnen bei einer Rückkehr nach Indien passieren?
BW: Meine Nachbarn sind Akalis und der Junge der gestorben ist, ist ein entfernter Verwandter der Nachbarn. Sie werden Rache haben wollen und können mich auch umbringen.
VL: Das ist tatsächlich gefährlich, aber sie müssen nicht zu ihren Nachbarn ziehen. Sie können außerhalb des Punjab überall in Indien untertauchen.
Die Dolmetscherin wird als nicht amtliche Sachverständige zur Verhandlung beigezogen.
Frau S. ist in Indien geboren und hat bis zu ihrem 22 Lebensjahr dort gelebt und studiert. Sie hat auch jahrelang als Journalistin und bei der indischen Botschaft in Österreich gearbeitet und befasst sich laufend mit der Situation in Indien.
Indien ist der zweitgrößte bevölkerungsreichste Staat der Welt mit über 1,2 Mrd. Menschen und ohne Meldewesen. Da ist es praktisch unmöglich eine Einzelperson zu suchen, zumal Privatpersonen gar nicht über die Ressourcen und die Logistik verfügen.
BW: Sie haben mir gesagt, dass man in Indien überall eine Arbeit oder einen Gelegenheitsjob finden kann, dass entspricht nicht den Tatsachen. Gerade wegen der Bevölkerungszahl herrscht eine sehr hohe Arbeitslosigkeit in Indien, es wäre für mich nahezu unmöglich eine Lebensgrundlage außerhalb meines Dorfes zu schaffen.
VL: Die schwierige wirtschaftliche Lage trifft auf alle Inder zu und es wird Ihnen von der Behörde zugemutet, sich eine Existenz aufzubauen.
BW: Ich nehme das zur Kenntnis.
VL: Es wird noch die Liste der international Gesuchten im Internet überprüft (CBI) um festzustellen, ob sie die Polizei in ganz Indien sucht. Möchten Sie noch etwas sagen?
BW: Nein, ich möchte nichts mehr sagen.
3. Feststellung zur derzeitigen Lage in Indien
Gutachten von Mag. B. (Beilage I)"
Öffentliche mündliche Verhandlung vom 08.07.2004:
VL: Sie haben bei der letzten Verhandlung im Protokoll angegeben, dass Sie auf Grund des Unfalls mit dem Traktor und dem Kind befürchten, dass Sie lebenslang verhaftet bzw. getötet oder (erhängt) werden könnten. Die Behörde hat diesbezüglich Recherchen im indischen Strafgesetzbuch angestellt, die Ihnen jetzt zur Kenntnis gebracht werden.
Die Strafdrohungen für fahrlässige Tötung beträgt bis zu zwei Jahren.
BW: Ich habe damals gesagt, dass auch ein Nachbar von mir durch mich verletzt wurde und dieser Junge, der damals starb, ist ein Verwandter von diesem Nachbarn. Ich befürchte, dass sie im Gericht das irgendwie nachweisen können, dass ich die Tötung absichtlich gemacht habe und nicht unbeabsichtigt oder fahrlässig; dann würde ich die Todesstrafe bekommen.
VL: Wieso glauben Sie, dass der Nachbar dies bei Gericht so behaupten kann?
BW: Dieser Nachbar hat eine Feindschaft mit mir und würde versuchen, mir das größte Verbrechen (Mord) anzuhängen.
VL: Das kann ich nicht verstehen, wenn jemand mein Kind umbringt, bin ich sowieso Ihr Feind; da brauchen Sie mich nicht zu verletzen.
BW: Die werden versuchen, im Gericht mir einen Mord anzuhängen, mit der Begründung, dass ich schon versucht habe, den Nachbar zu töten. Sie werden versuchen, zu beweisen, dass ich den Nachbar töten wollte, konnte ihn aber nur schwer verletzen. Sie werden behaupten, dass ich aus Rache das Kind überfahren und getötet habe.
VL: Ich glaube, dass das indische Gerichtssystem klug genug ist, um fahrlässige Tötung festzustellen. Wir werden noch ein Gutachten einholen und Sie dann wieder laden.
BW: Sie glauben das, aber ich weiß, dass das indische Gerichtssystem ziemlich korrupt ist und diese Leute werden versuchen durch Bestechung ihr Ziel zu erreichen. Und sie davon zu überzeugen, dass ich tatsächlich Angst habe vor einer Wiederkehr nach Indien. Ich sage Ihnen, dass ich 34 Jahre alt bin und würde gerne nach Indien zurückkehren, dort heiraten, eine Familie gründen. Aber ich kann das aus Angst nicht tun. Meine Brüder haben schon geheiratet, um Familien zu gründen.
VL: Sie sind nicht auf der bundesweit gesuchten Liste des CBI (gesuchte Kriminelle).
BW: Das ist richtig, dass ich nicht auf dieser Liste bin, dort sind die Kriminellen, die gegen den Staat sind oder aus anderen Gründen bundesweit gesucht werden. Ich würde auf Distriktebene gesucht.
Öffentliche mündliche Verhandlung vom 30.11.2004:
VL: Ich habe aufgrund der letzten Verhandlung ein Gutachten über das indischen Gerichtssystems mit Berücksichtigung, des von Ihnen behaupteten Deliktes, dass Ihnen nun im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht wird. (Beilage 2)
BW: Ich möchte dazu sagen: 1. Mein Gerichtsverfahren ist noch in den unteren Gerichtanhängig und dieser sind sehr korrupt, wie sie selbst gelesen haben. 2. Meine Nachbarn haben Verwandte in England und daher sind sie auch sehr reich, Geld spielt bei ihnen keine Rolle und sie können ohne Probleme, sowohl die Richter, Rechtsanwälte und die Polizei bestechen. Meine Nachbarn werden diesen Fall so umdrehen, dass es so aussieht, dass ich den Jungen, den ich getötet habe und der mit meinen Nachbarn verwandt war absichtlich getötet habe. Ich möchte ihnen noch sagen, dass sogar hier in einem entwickelten Land, wie Österreich hängt es von den Launen des Beamten an, wie er einen gewissen Fall behandelt. Ich habe ausländische Freunde, die in verschiedenen Bezirken in Wien wohnen, und sie haben Frauen aus Österreich geheiratet. Viele haben die Arbeitsbewilligung erhalten, der eine Freund hat es nicht bekommen, auf Anfrage hieß es, es hängt von dem Bezirk ab, wie man entscheidet. Sie haben ein Gutachten generell für Indien eingeholt, aber es werden in Indien verschiedene Auslegungen des Gesetztes gehandhabt.
Ich möchte noch sagen, dass ich nicht die Mittel habe, einen guten und damit auch einen sehr teuren Anwalt zu angerschieren. Ich möchte ihnen aber Beweise vorliegen, dass ich wirklich in diesem Fall verwickelt bin und bräuchte etwas Zeit.
VL: Diese Zeit hatten Sie bereits.
BW: Ja, ich bin bereits eineinhalb Jahre in Österreich. Kann ich einige Wochen für die Besorgung der Beweise haben?
VL: Warum haben Sie die Beweise bis jetzt nicht gebracht?
BW: Ich habe meine Eltern gebeten, mir die Beweise zu schicken. Aber die Polizisten wollen ein Bestechungsgeld."
In diesen Verhandlungen wurden die Sachverständigengutachten von Mag. C.B. zur Lage in Indien, zur innerstaatlichen Fluchtalternative und zum Justizsystem Indien erörtert. Im Internet wurde die nationale Fahndungsliste überprüft und der Beschwerdeführer nicht gefunden.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:
Zur Person des Beschwerdeführers und seinem Fluchtgrund:
Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger, stammt aus dem Bundesstaat Punjab und ist Hindu. Er ist schlepperunterstützt von Indien mit dem Flugzeug über Moskau mit seinem eigenen Reisepass gekommen.
Der Beschwerdeführer hat seinen Angaben zu Folge einen Verkehrsunfall mit tödlichen Ausgang verursacht.
Zur Lage im Punjab
Im Punjab ist die politische bzw. die Sicherheitslage gegenwärtig weitaus günstiger als noch Anfang der 90er Jahre.
Die vorliegenden Dokumente und Informationen legen nahe, dass nur noch für hochrangige ("high profile", d.h. entweder in der Organisationshierarchie hoch stehende, oder durch besondere Aktivitäten herausragende) Führungspersonen bzw. Funktionäre militanter Organisationen die Gefahr besteht, von staatlichen Behörden verfolgt zu werden. Gegenwärtig dürften nur etwa 200 "high profile"-Verdächtige auf einer "schwarzen Liste" im Zusammenhang mit dem Khalistan-Terrorismus geführt sein.
Auch diese werden nur dann gesucht, wenn sie im Verdacht stehen, eine konkrete Straftat (z.B. Bombenanschläge, Attentate, etc., aber auch Verstöße gegen die Waffengesetze) begangen zu haben.
Ein erhöhtes Gefahrenpotential besteht außerdem für Menschenrechtsaktivisten, die versuchen, die Übergriffe der Sicherheitsorgane der Vergangenheit aufzudecken.
Für einfache Mitglieder von Gruppen, die für ein unabhängiges Khalistan eintreten, deren Sympathisanten, Angehörige und Freunde besteht heute in der Regel keine Gefahr von Verfolgungshandlungen durch staatliche Organe.
In außergewöhnlichen Konstellationen (etwa im Gefolge eines tatsächlich verübten Terroranschlages oder im Falle befürchteter größerer Unruhen) können auch Angehörige solcher Kategorien kurzzeitig verhört und inhaftiert werden. Im Zuge einer solchen Polizeiaktion kommt es häufig zu einzelnen Schlägen mit einem Bambusstab ("Lathi-charge"), was für indische Verhältnisse aber insofern nichts außergewöhnliches ist, als auf diese Weise auch etwa Pilgerströme oder Schiffs- bzw. Eisenbahnpassagiere diszipliniert, d. h. in der Reihe gehalten werden. Weitergehende Misshandlungen kommen vor, sind jedoch vergleichsweise (im Sinne von Punkt 1 "relativ") selten. Im Falle einer gesetzeswidrigen Behandlung durch staatliche Organe haben diese Menschen normalerweise Zugang zum Gerichtswesen. Allerdings gehen viele (im Sinne von Punkt 1 "absolut") Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Behörden noch immer straflos aus.
In den aktuellen Berichten von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch werden keine Fälle aktueller Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Khalistan-Aktivisten aus dem Bundesstaat Punjab berichtet, die über das für Indien allgemein übliche Maß (siehe oben Punkt 1) hinausgehen.
Möglichkeit der Sicherung einer Existenzgrundlage außerhalb der engeren Heimat
Die Möglichkeiten, sich außerhalb der engeren Heimat in Indien eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden.
Für unqualifizierte aber gesunde Menschen wird es in der Regel möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs (Tellerwäscher, Abfallsammler, Lagerarbeiter, Rikschafahrer etc.) seinen Lebensunterhalt zu sichern.
Überregionale Fahndung durch Polizei bzw. Private Kriminelle Organisationen
Neben der regionalen Fahndung existiert auch eine unionsweite Suchliste, auf die jedoch nur Personen gesetzt werden, die im Verdacht schwerwiegender Delikte stehen.
Diese Suchliste findet auch bei der Grenzkontrolle und den für Reisen von und nach Europa am meisten frequentierten Flughäfen in Neu Delhi, Bombay, Kalkutta und Chennai (Madras) Anwendung.
Dem Sachverständigen ist nicht bekannt, dass gegenwärtig eine nichtterroristische private kriminelle Organisation in Indien existierte, die in der Lage wäre, Personen unionsweit auszuforschen; insbesondere findet sich hiefür kein Hinweis in den - vom Sachverständigen regelmäßig beobachteten - indischen Medien, was jedoch in einem derartigen Fall zu erwarten wäre, zumal in indischen Medien breit über berühmte Kriminelle (wie etwa Phoolan Devi) berichtet worden ist.
Gutachten von Mag. B., erstellt im Oktober 2003 für den Unabhängigen Bundesasylsenat
Die Verfassung Indiens garantiert jedem indischen Bürger das Recht, sich in Indien frei zu bewegen und sich überall niederzulassen. ... Zudem hat die örtliche Polizei nicht die Möglichkeit und auch nicht die sprachlichen Fähigkeiten, diese Neuankömmlinge zu überprüfen. In Indien gibt es kein Einwohnermeldesystem. Viele Bürger haben keine Personalausweise, die ansonsten auch leicht gefälscht werden könnten.
(Information des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Stand Mai 2000, Seite 15)
Indien ist das siebtgrößte Land der Erde, hat die zweitgrößte Bevölkerung und eine große ethnische und religiöse Vielfalt. Dies ermöglicht dem Einzelnen die Niederlassung in anderen Landesteilen. Die wirtschaftlichen und sozialen Grundbedingungen stellen sich auch in Landesteilen außerhalb der Konfliktgebiete nicht anders dar.
Es gibt keine Veranlassung anzunehmen, dass das Stellen eines Asylantrages allein nachteilige Konsequenzen für den ausgewiesenen oder abgeschobenen indischen Staatsangehörigen hat.
In den letzten Jahren hatten Inder, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, keine Probleme von Seiten des indischen Staates zu erwarten, die über eine intensive Prüfung der (Ersatz-)Reisedokumente und möglicherweise ein geringes "Bakschisch" für die Grenzbeamten hinausgegangen wäre.
(Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, Stand Anfang Mai 2002, vom 5.6.2002, Seiten 8 und 12)
Gutachten von Mag. B. bezüglich des indischen Rechtssystems:
"Welches Strafmaß ist im indischen Recht normiert für:
schwere Körperverletzung,
Unfall mit Todesfolge,
fahrlässige Tötung?
Antwort:
Für schwere Körperverletzung, die ohne gefährliche Waffen oder Mittel ("dangerous weapons or means") begangen wurde, beträgt das maximale Strafmaß sieben Jahre.
Wenn sie mit Hilfe von gefährlichen Waffen oder Mitteln begangen wurde, kann eine lebenslängliche Haftstrafe verhängt werden.
(Im Wesentlichen finden hier die Sections 325 & 326 des Indian Penal Code (IPC) Anwendung).
Das indische Strafrecht kennt den Tatbestand "Unfall mit Todesfolge" nicht. Am ehesten fände hier Section 304, IPC (Culpable homicide not amounting to murder) Anwendung.
Als Strafmaß kann eine lebenslängliche Haftstrafe verhängt worden, wenn die Tat in Tötungsabsicht begangen wurde ("with the intention of causing death"). Wenn die Tat mit dem Wissen begangen, dass sie den Tod zur Folge haben kann, aber ohne die Absicht zu töten ("with the knowledge that it is likely to cause death, but without any intention to cause death"), beträgt die Höchstrafe zehn Jahre. Nach Auskunft meines indischen Vertrauensanwalts wird dieser Paragraph selten im Falle von Unfällen angewandt.
In der Regel findet hier section 304a, IPC Anwendung, der sich auf "causing death by rash or negligent act" bezieht. Hierfür beträgt das maximale Strafmaß zwei Jahre.
"Fahrlässige Tötung" kommt in diesem Fall der section 279, IPC nahe, die von "driving or riding on a public way so rashly or negligently as to endanger human life" spricht. Die Höchststrafe hierfür beträgt sechs Monate.
Laut Ansicht meines Vertrauensanwaltes wäre im vorliegenden Fall (Asylwerber überrollt Buben mit Traktor, was dessen Tod zur Folge hat) Sektion 279 des IPC kaum anwendbar. Er geht davon aus, dass Sektion 304 IPC (s.o.) Anwendung fände.
2. Welches der genannten Delikte würde im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangen?
Antwort: Eine endgültige Antwort ist nur unter Kenntnis sämtlicher relevanter Fakten des Falles unmöglich. Geht man davon aus, dass es sich wirklich um einen Unfall handelt ohne irgendwelche Begleitumstände, die den Fall verkomplizieren, so würde höchstwahrscheinlich Paragraph 204 A des IPC Anwendung finden "causing death by rash or negligent act".
3. Werden Personen, die eines oder mehrer der oben genannten Delikte begangen haben, auf die unsionsweite Fahndungsliste gesetzt?
(Ich gehe davon aus, Sie meinen die CBI's wanted list)
Antwort: Nach übereinstimmender Auskunft meines indischen Vertrauensanwalts und der indischen Botschaft in Wien lautet im vorliegenden Fall die Antwort "nein". Falls sich der Name einer Person tatsächlich auf der "CBI's list of wanted persons" befindet, so lässt sich hier auch feststellen, wegen welchem Vergehen er gesucht wird.
Nach Auskunft der indischen Botschaft in Wien werden nur Personen auf die Gesuchten-Liste des CBI gesetzt, wenn ein Gericht sie zum Straftäter ("proclaimed offender") erklärt hat.
Ergänzungsfragen:
1. Werden Todesstrafen vollstreckt?
Antwort: Das indische Recht gibt vor, dass die Todesstrafe nur in ganz besonderen Ausnahmefällen verhängt werden soll ("in the rarest of rare cases"). Wenn ein Richter die Todesstrafe verhängt, muss er schriftlich begründen, warum er dieses Strafmaß gewählt hat und nicht eine lebenslängliche Haftstrafe.
In jedem Fall muss das Urteil der Todesstrafe vom High Court (Bundesstaat) "bestätigt" werden, bevor sie vollstreckt werden kann.
Nach dieser Bestätigung kann beim Surpreme Court (Nationalstaat) Berufung eingelegt werden.
Wenn auch der Surpreme Court die Todesstrafe bestätigt, hat die verurteilte Person das Recht, sowohl beim Gouverneur des Bundesstaates, in dem er verurteilt wurde, als auch beim Präsidenten Indiens ein Gnadengesucht einzulegen. Erst wenn das Gnadengesuch abgelehnt wurde, kann die Todesstrafe vollstreckt werden.
Im Jahr 2002 sind nach Angaben von Amnesty International mindestens 29 Menschen zum Tode verurteilt worden. Wie viele Todesstrafen vollstreckt worden ist nicht bekannt. Im Jahr 2003 sind nach Angaben von Amnesty International mindestens 33 Menschen zum Tode verurteilt worden. Es liegen keinerlei Berichte darüber vor, dass die Strafen auch vollstreckt worden sind.
Die EU setzt sich bei der indischen Regierung dafür ein, keine Todesurteile mehr zu vollstrecken.
2. Inwieweit ist Korruption unter den Richtern vorhanden.
Generell gilt das indische Justizwesen als unparteiisch und unbestechlich. Die oberen Instanzen haben in der Vergangenheit auch nicht davor zurückgescheut, Politiker zu hohen Strafen zu verurteilen.
Allerdings ist das Gerichtswesen chronisch überlastet und teilweise unterbesetzt bzw. nicht mit genug qualifiziertem Personal ausgestaatet. Korruption ist vor allem in den unteren Instanzen nicht auszuschließen.
Im vorliegenden Fall ist es aber aus meiner Sicht völlig unklar, mit welcher Motivation (Warum soll eine Feindschaft bestehen? Ist sie wirklich so schwerwiegend, dass man seinen Nachbarn des Mordes bezichtigt, etc?) die Familie den Richter bestechen soll und auch ob sie über ausreichend Mittel verfügen könnte, einen Richter zu einem so schwerwiegenden Vergehen zu bewegen."
2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Vorbringen bei der Ersteinvernahme, der Beschwerde und den mündlichen Verhandlungen vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat.
Die Feststellungen zur Situation in Indien stützen sich auf die zitierten Quellen. Dabei handelt es sich um Informationen des deutschen Auswärtigen Amtes, des deutschen Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, des UNHCR sowie der von der Beschwerdebehörde im zitierten Verfahren herangezogenen Gutachten. Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für die Beschwerdebehörde kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.
3. Rechtlich ergibt sich folgendes:
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.
Gemäß § 23 AsylGH (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz-B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetzt 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetztes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Beschwerdebehörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Zur Abweisung des Asylantrages:
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen.
Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011; VwGH 21.09.2000, 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).
Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, 98/01/0352).
Dem festgestellten Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer anderes zu befürchten hat als eine normale Untersuchung im Zuge einer Strafverfolgung. Weder wäre dies eine unverhältnismäßige noch eine diskriminierende Vorgehensweise Indiens gewesen, da der Beschwerdeführer ja nach seinen Angaben in einen Unfall mit Todesfolge verwickelt war und somit die Verfolgung nicht aus rassischen, religiösen oder politischern Erwägungen erfolgte.
Es wäre also lediglich eine normale strafrechtliche Untersuchung ohne GFK-Bezug. Der Beschwerdeführer blieb aber jeglichen Beweis für das angebliche Verfahren in Indien schuldig, obwohl er behauptet hatte solche zu besitzen. Der Beschwerdeführer geht jedoch selbst davon aus, dass er nur auf Distriksebene gesucht würde, bliebe ihm auch bei Zugrundelegung eines GFK-tauglichen Verfolgungsgrundes durch diese strafrechtliche Untersuchung die Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative. Die Schwierigkeiten wären nur auf seine nähere Umgebung beschränkt. Auf Grund des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung am 08.07.2004 wurde zur Frage der möglichen Strafverfolgung ein Gutachten des Sachverständigen Mag. B. eingeholt. In den Fragen des Strafausmaßes für schwere Körperverletzung, Unfall mit Todesfolge oder fahrlässige Tötung. Der Sachverständige ginge im Fall des Beschwerdeführers von einem möglichen Strafmaß von bis zu 2 Jahren gemäß Sektion 304 IPC aus.
Die vom Beschwerdeführer befürchtete Verurteilung wegen Mordes durch korrupte Richter wird im Gutachten als vollkommen unwahrscheinlich gesehen, da Korruption zwar in den anderen Instanzen nicht auszuschließen sei, aber generell das indische Justizwesen unparteiisch und unbestechlich ist. Der Beschwerdeführer könnte sich gefahrlos in einem anderen Landteil niederlassen, da er wie er behauptet nicht landesweit gesucht wird.
Bestätigt wird dies durch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer legal und problemlos vom Flughafen New Delhi, wo die zentrale Suchliste überprüft wird, ausreisen konnte.
Da, wie aus den Feststellungen zu Indien ebenfalls hervorgeht, für den Beschwerdeführer auch keine wirtschaftliche Existenzgefährdung in asyl- bzw. refoulementschutzrelevantem Ausmaß anzunehmen ist, bestünde für ihn eine inländische Fluchtalternative.
Zur Refoulementprüfung:
Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).
Zur Auslegung des § 57 FrG ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum zwar nicht wort- aber inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, heranzuziehen.
Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, 98/01/0122). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).
Wie bereits oben ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, sodass die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG von vornherein ausscheidet. Zu prüfen bleibt, ob im vorliegenden Fall stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Indien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe unterworfen zu werden.
Dafür findet sich aber, wie auch schon oben dargelegt, im festgestellten Sachverhalt kein Anhaltspunkt. Auch aus der allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Indien lässt sich keine konkrete, den Beschwerdeführer betreffende Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ableiten.
Da somit weder die Voraussetzungen für eine Asylgewährung noch für die Gewährung eines Refoulementschutzes vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.