A14 243.418-0/2008/9E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Lassmann als Vorsitzende und Dr. Singer als beisitzende Richterin im Beisein der Schriftführerin K. Stübegger über die Beschwerde des E.F., geb. 00.00.1985, StA. Nigeria, vertreten durch Mag. Oliver Ertl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25/5, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom 22.10.2003, AZ.03 32.825-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.08.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 als unbegründet
abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
I.1. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer stellte am 22.10.2003 beim Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt, einen Asylantrag gemäß § 3 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (in der Folge: AsylG 1997).
Am selben Tag fand vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt eine niederschriftliche Einvernahme des Bf. im Asylverfahren statt (Aktenseite 9-21 des Verwaltungsaktes des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt [in der Folge: AS-BAE]).
Das BAE wies mit Bescheid vom 22.10.2003, AZ. 03 33.825-BAE, zugestellt durch persönliche Ausfolgung am 22.10.2003, den Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Bf. nach Nigeria gemäß § 8 AsylG 1997 für zulässig (AS-BAE 29-51).
Gegen den og. Bescheid des BAE richtet sich die am 29.10.2003 zur Post gegebene Berufung (nunmehr Beschwerde) wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit, in der der Bf. beantragt,. den angefochtenen Bescheid des BAE allenfalls nach Verfahrensergänzung zu beheben, ihm gemäß § 7 AsylG 1997 in Österreich Asyl zu gewähren, festzustellen, dass seine Abschiebung in seinen Heimatstaat unzulässig sei, und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr gemäß § 15 AsylG 1997 zu erteilen (AS-BAE 65 ff).
3. Der Asylgerichtshof hat gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV) idF BGBl. I Nr. 2/2008, ab 01.07.2008 die beim UBAS anhängigen Verfahren weiterzuführen. An die Stelle des Begriffs "Berufung" tritt gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008, mit Wirksamkeit ab 01.07.2008 der Begriff "Beschwerde".
4. Der Asylgerichtshof führte in der ggst. Rechtssache am 28.08.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Bf. sowie sein Vertreter, Rechtsanwalt Mag. Georg Bürstmeyer teilnahmen.
I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens
I.2.1. Beweisaufnahme
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des BAE, beinhaltend die Niederschrift der Einvernahme vor dem BAE vom 22.10.2003 sowie die Berufung des Bf. vom 29.10.2003, durch Einsicht in die dem Verhandlungsprotokoll angeschlossenen, im Sachverhalt unter Punkt I 2.2. angeführten Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, sowie in die von ihm vorgelegten Urkunden (Lohnabrechung Juni 2008, Meldezettel, Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs, Mietvertrag, Heiratsurkunde, Geburtsurkunde, Dienstvertrag, Kopie Reisepass, Kopie Geburtskurkunde des Bf, eine staatliche Alterserklärung, Formular für Fingerabdrücke) und durch Einvernahme des Bf im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof.
I.2.2. Ermittlungsergebnis (Sachverhalt)
Der Asylgerichtshof geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
a) Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Bf. führt den Namen E.F., ist am 00.00.1985 in O., Nigeria geboren und Staatsangehöriger von Nigeria. Er gehört dem Volksstamm der Urhobo und der Religionsgemeinschaft der Baptisten an.
Der Bf. lebte bis zu seiner Flucht in O., Delta State Nigeria und arbeitete dort von 1997 bis 2003.
Der Bf. reiste am 22.10.2003 über eine unbekannte Route illegal mit PKW nach Österreich ein.
Er ehelichte am 00.00.2006 vor dem Standesamt Wien Innere Stadt E.M.. Am 00.00.2006 kam die gemeinsame Tochter E.E. zur Welt. Der Beschwerdeführer befindet sich in einem aufrechten Arbeitsverhältnis bei den T..
Die vom Bf vorgebrachten Fluchtgründe ( Verfolgung durch Mitglieder der verfeindeten Ijaw bzw. durch Mitglieder der PDP) werden den Feststellungen nicht zu Grunde gelegt. Ebenso wenig kann der genaue Reiseweg des Bf (Reise von Nigeria nach Österreich) festgestellt werden.
Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Nigeria aus Gründen seiner ethnischen Zugehörigkeit oder Religion oder sonst aus in seiner Person gelegenen Gründen einer Gefährdung oder Beeinträchtigung ausgesetzt wäre.
b) Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Der Asylgerichtshof trifft auf Grund der in der mündlichen Verhandlung erörterten aktuellen Quellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
I. Allgemein
Nigeria ist eine föderale Republik in Westafrika, bestehend aus 36 Bundesstaaten und mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 140 Millionen Menschen. 1960 wurde in Nigeria die Unabhängigkeit von Großbritannien proklamiert. Die nachfolgenden Jahre waren von interkulturellen sowie politischen Unruhen und Gewaltausbrüchen geprägt, als schließlich das Militär (durch Igbo-Offiziere) 1966 die Macht übernahm und die erste Republik beendete. Die ersten demokratischen Präsidentschaftswahlen - abgesehen von 1979 b is 1983, als Shehu Shagari mit der Hilfe von General Obasanjo die zivile Regierungsmacht übertragen bekam - fanden erst wieder im Jahr 1999 statt, bei denen Olusegun Obasanjo als Sieger hervorging und anlässlich der Wahlen 2003 als solcher bestätigt wurde. (1+2)
Gemäß der nach amerikanischem Vorbild entworfenen Verfassung von 1999, die am 29. Mai 1999 in Kraft trat, verfügt Nigeria über ein präsidiales Regierungssystem mit einem Senat (109 Abgeordnete) und einem Repräsentantenhaus (360 Abgeordnete). Darüber hinaus gewährleistet die Verfassung ein Mehrparteiensystem und alle 4 Jahre stattfindende Wahlen. Der Präsident verfügt generell über weit reichende Vollmachten und ist sowohl Staatsoberhaupt, Regierungschef als auch Oberbefehlshaber der Armee (3).
Am 14. und 21. April 2007 fanden die letzten Wahlen statt, bei denen die amtierende "People's Democratic Party (PDP) überlegen als Sieger hervorging, und Umaru Yar'Adua zum Präsidenten gewählt wurde. Damit erfolgte erstmals seit der Unabhängigkeit Nigerias die Machtübergabe von einer zivilen Regierung auf die nächste. (4)
(1) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. ,. von 11.03.2008
(www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2007/100498.hm)
(2) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 10-19, von 13.11.2007
(www.homeoffice.gov.uk/rds/country-report.html).
(3) IDMC, "Nigeria: Institutional mechanisms fail to address recurrent violence and displacement", S. 1-4 von 29.10.2007 (www.international-displacement.org)
(4) Dt. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand September 2007, S.5-7, von 06.11.2007
II. Generelle Menschenrechtslage
Die Menschen- und Bürgerrechte sind im Grundrechtskatalog der Verfassung gewährleistet. Die Realität sieht allerdings anders aus; schlechte Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit, Korruption sowie die größtenteils mangelnde Ausbildung, Ausrüstung und Bezahlung der staatlichen Organe führen zu regelmäßigen Verletzungen der verfassungsrechtlich garantierten Rechte. (1)
Obwohl eine Verbesserung der Menschenrechtslage hinsichtlich ziviler und politischer Rechte seit 1999 festzustellen ist, wird nach wie vor von willkürlichen Ausschreitungen und Gesetzesverletzungen ausgehend von den nigerianischen Sicherheitskräften berichtet. Die Beschneidung essentieller Grundrechte, häusliche Gewalt, Diskriminierung der Frauen, Kindesmissbrauch sowie ethnisch regionale und religiöse Diskriminierungen stellen in Nigeria wohl die signifikantesten und bislang sanktionslosen Rechtsverletzungen dar. (2)
(1 )Dt. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand September 2007, S. 5., von 06.11.2007.
(2) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 1, von 11.03.2007 (www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2007/100498.htm)
III. Innerstaatliche Fluchtalternative
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repression Dritter durch Umzug in einen anderen Teil Nigerias auszuweichen. Vereinzelt kann dies allerdings zu wirtschaftlichen Problemen führen, von denen vor allem Frauen betroffen sind. Der familiäre Rückhalt und die Dorfgemeinschaft spielen in Nigeria eine große Rolle, um wirtschaftlich Fuß zu fassen.
In Nigeria gibt es keine Bürgerkriegsgebiete und Bürgerkriegsparteien. (1)
(1) Dt. AA, S. 18.
IV. Situation der Rückkehrer
Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass abgeschobene Asylwerber bei ihrer Rückkehr nach Nigeria auf Grund des Ersuchens um Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben. (1)
Ein Gesetz, welches die Ausreise nach Nigeria verbietet, existiert nicht. (2)
Für gewöhnlich werden die Rückkehrer nach dem Grund ihres Asylersuchens befragt. Die Befragung dauert in der Regel 15 bis 20 Minuten. Von längeren Anhaltungen - außer in Zusammenhang mit im Ausland verübten Drogendelikten - ist nichts bekannt.
(1) Dt. AA, S. 23-24.
(2) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 179.
V. Warri: Konflikt zwischen Itsekiri, Ijaw und Urhobo
Die Itsekiri, die Ijaw und die Urhobo communities bewohnen die Region Warri im Niger-Delta. Wie typisch für Konflikte in Nigeria und insbesondere für das Niger-Delta, drehen sich die Auseinandersetzungen zwischen den drei communities um Gebietsansprüche und die Ansiedlung wichtiger Institutionen wie etwa dem Hauptsitz der Niger Delta Development Commission (NDDC) und von Provinzregierungssitzen, die alle die im Niger-Delta lebenden ethnischen Gruppen für sich beanspruchen.
Die Itsekiri gründen ihren (historisch umstrittenen) Anspruch auf Warri auf ein Königtum, das bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht. Mit der Neugründung des Bayelsa State 1998 wurde Ijaws ein homeland gegeben, eine Maßnahme, die auf wenig Gegenliebe bei den Itsekiri stieß (IRB 1. Februar 2001). Die jüngste Phase des Konflikts wurde 1997 durch die Entscheidung des damaligen Militärverwalters von Delta State ausgelöst, den Sitz der lokalen Verwaltung aus einer Ijaw-Stadt (Ogbe-ijoh) nach Ogidigben im Itsekirigebiet zu verlegen. Die Lage von Verwaltungssitzen ist nicht zuletzt deswegen ein ewiger Streitpunkt, weil Arbeitsplätze und Protektion durch die Regierung in Abuja über die Lokalregierungen kanalisiert werden. Die Ijaws riefen ihren Kult Egbesu zum ersten Mal seit dem January Boys' Coup 1966 ins Leben, und die sieben Orakel, die vor Kugeln schützen und alle bestrafen sollen, die sich dem Kult widersetzen, wurden aus ihrem Versteck geholt (Maier 2000, S. 126).
Im Mai 1999, knapp vor dem Amtsantritt von Präsident Obasanjo, kam es nach Versuchen der neu gewählten Provinzregierung, ihre Arbeit im umstrittenen Verwaltungssitz aufzunehmen, zwei Wochen lang zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Ijaws und Itsekiri, bei denen etwa 20 Zivilpersonen ums Leben kamen. Anfang Juni starben bei Zusammenstößen zwischen den Urhobo und den mit ihenen verbündeten Ijaw und den Itsekiri 200 Menschen. Ein Urhobo-Chief wurde entführt und schließlich geköpft aufgefunden (UNHCR Januar 2000, S. 15/16; SZ 8. Juni 1999; IRIN 11. Juni 1999). Ende Juni unterzeichneten Vertreter der Ijaws, Urhobo und Itsekiri anlässlich der Warri National Conference eine Friedenserklärung (Maier September 1999; Postexpress Wired 29.Juni 1999).
Laut einer Aussendung des Itsekiri Survival Movement verübten Urhobo im November 1999 einen Angriff auf die Itsekiri-Stadt Ajagbodudu, bei dem vier Menschen starben, mehrere verletzt und etwa 40 Häuser völlig zerstört wurden (allAfrica.ccom Reader's Forum 22. November 1999;siehe auch The Guardian 1. November 1999) Am 18. Jänner 2000 kann es erneut zu einer Friedenserklärung der drei ethnischen Gruppen (Postexpress Wired 21. Jänner 2000).
Doch auch nach dieser Friedenserklärung kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den communities im Laufe des Jahres 2001. Am 27. Mai 2001 berichtete Agence France Presse, dass ein Journalist der nigerianischen Tageszeitung Postexpress von Jugendlichen entführt wurde, nachdem die Zeitung über den neu aufgeflammten Konflikt zwischen Itsekiri und Urhobo berichtet hatte. Bei einem Treffen zur Einrichtung eines Gemeinderats im Urhobo-Gebiet in Warri sollen mindestens vier Personen getötet und mehrere Häuser zerstört worden sein (FBIS 27. Mai 2001). Laut AFP sollen etwa 40 Personen verhaftet worden sein (IRIN 29. Mai 2001).
Neuerliche Gewalt brach nach der angeblichen Entführung eines Itsekiri-Jugendführers durch Urhobo in Okere aus; während Itsekiri behaupteten, Urhobo hätten sowohl einen Itsekiri als auch einen Isoko, den sie für einen Itsekiri gehalten hatten, kaltblütig umgebracht, erklärten Urhobo, einige Itsekiri hätten eine Hochzeit der Urhobo gestürmt. Laut Angaben von Itsekiri hätte Chief Okumagba der Urhobo in Okere Soldaten der Regierungsarmee und die Mobile Police an Ausfallstraßen stationiert, um sie im Fall eines Konflikts gegen Itsekiri einsetzen zu können. Die Urhobo Progress Union soll eine "Kriegserklärung" gegen die Itsekiri abgegeben haben; keinen Zentimeter Land würden sie den Itsekiri überlassen. Diese Stellungnahme folgte, nachdem Itsekiri angeblich Urhobo in Idimi-Sobo angegriffen hatten, weil sie sie des Komplottes mit den Ijaws verdächtigen (IRB 3. August 2001).
Die Regierung setzte die Armee zur Befriedung der Region ein; etwa 2.000 Menschenleben soll der Konflikt zwischen Ijaws, Itsekiri und Urhobo bis Juni 2001 gefordert haben (IRIN 19. Juni 2001).
Im Oktober 2001 berichtete Vanguard von 5 Toten, darunter einem Polizisten, bei Zusammenstößen zwischen Itsekiri und Urhobo in Okere. Der Anlass für die Kämpfe war nicht bekannt; am Wochenende davor soll es schon zu kleineren Auseinandersetzungen gekommen sein (Vanguard 26. Oktober 2001). BBC Worldwide Monitoring führte die Zusammenstöße auf die angebliche Entführung von drei Itsekiri-Jugendlichen zurück, die behaupteten, sie wären in einem unbewohnten Haus gefoltert worden (BBC Worldwide monitoring 22. Oktober 2001). Laut Vanguard hatten die Polizei und das Militär, das zum Einsatz kam, die Situation sofort unter Kontrolle. Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung wurde eine beträchtliche Anzahl von Waffen und Munition sichergestellt. Mehrere Personen sollen verhaftet worden sein (Vanguard 26. Oktober 2001).
Auch im Jahr 2002 kam es mehrmals zu Kämpfen zwischen den Itsekiri und Urhobo communities, so etwa im Jahr 2002 nachdem Urhobo neuerlich einen Itsekiri-Angehörigen entführt haben sollen (Vanguard 19. Februar 2002) und im Juni 2002, als ein Urhobo-Jugendführer ein derzeit unter der Kontrolle von Itsekiri befindliches Gebiet in Okurode einnehmen wollte (This Day 17. Juni 2002). Wechselseitige Beschuldigungen, wer für den Ausbruch der jeweiligen Kämpfe verantwortlich sei, kennzeichneten auch eine blutige Auseinandersetzung zwischen Urhobo und Itsekiri im Jahr 2002, während derer eine Reihe von Häusern und der Okere Markt abbrannten und sechs Menschen ums Leben kamen sowie 18 weitere verletzt worden sein sollen. Ein Sprecher der Urhobo erklärte, dass der lokale Armeekommandant ihm geraten hatte, seine "boys" aus dem Unruhegebiet zurückziehen, denn sollten die Urhobo den Itsekiri auch nur irgend etwas antun, könnten sich die Itsekiri auf Selbstverteidigung berufen (Daily Trust 18. Jänner 2002).
Im Juli 2002 hielten VertreterInnen der Itsekiri in Warri eine friedliche Demonstration gegen die geplante Neuziehung der Grenzen der Wahlbezirke, die in ihren Augen eine ungerechte Bevorteilung für die Urhobo und Ijaws in Warri mit sich bringen würde (This Day 12. Juli 2002). Sowohl die Ijaws als auch die Itsekiri beanspruchten eine Erhöhung der Zahl der Wahlbezirke in ihren Gebieten vor der Wahlkommission (Vanguard 19. Juli 2002).
Benachteiligung durch die Provinzverwaltung und die Bundesregierung führen alle communities ins Treffen. Ein Vertreter der PDP beklagte seinerseits die andauernde Benachteiligung der Urhobo bei der Verteilung von Ämtern und Sozialleistungen durch die Regierung Obasanjos.
Den Itsekiri wird ein Naheverhältnis zu den Yoruba nachgesagt. Sie sollten laut einem in This Day veröffentlichten Kommentar auch an Treffen der Yoruba-Vereinigung Afenifere und des Rates der Älteren der Yoruba teilnehmen (This Day 16. Mai 2002).
An den von Frauen der Delta-Region organisierten Protestaktionen vor dem Firmengelände von Royal Shell und Chevron/Texaco in Warri sollen sowohl Frauen der Ijaws als auch der Itsekiri beteiligt gewesen sein (IRIN 9. August 2002).
Herkunft der Waffen/Zusammenarbeit mit Armee
Allgemein sollen die Waffen im Besitz von militanten Gruppierungen im Niger-Delta aus Armee- und Polizeibeständen stammen (Jane's World Insurgency and Terrorism 14, Stand: 15. März 2002). Zumeist soll es sich dabei um gestohlene, geschmuggelte oder von pensionierten Offizieren gehandelte Waffen handeln (Newswatch 12. November 2001)
Nach einem Trinkgelage mit Urhobo in Okere soll eine Gruppe von Armeesoldaten ohne ihre Waffen aufgewacht sein; hunderte Einwohner Okeres sollen aus Angst vor Übergriffen der Soldaten, die ihre Waffen zurückholen wollten, geflohen sein (Daily Champion 19. Mai 2002).
Itsekiri behaupteten aber immer wieder Unterstützung der Urhobo durch Armee und Polizei. Laut Angaben von Itsekiri hätte Chief Okumagba der Urhobo Soldaten der Regierungsarmee und die Mobile Police an Ausfallstraßen in Okere stationiert, um sie im Fall eines Konflikts gegen Itsekiri einsetzen zu können (IRB 3. August 2001). In einer Petition an Präsident Obasanjo beschwerte sich eine Delegation von Itsekiri, dass Militär und Polizei die Urhobo unterstützen. Chief Okumagba stünde unter dem Schutz der Armee und der Mobile Police, die vor seinem Sitz im Hotel Idana Wache hielten (Vanguard 29. Jänner 2002).
I.3. Beweiswürdigung
I.3.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur ggst. Rechtssache vorliegenden Akten des BAE und des Asylgerichtshofes.
I.3.2. Die Feststellungen zur Identität (Name und Alter), Staatsangehörigkeit und Herkunft des Bf. sowie seinen jetzigen Lebensumständen ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren sowie den im Akt in Kopie beiliegenden Urkunden. Hinsichtlich der Echtheit und Richtigkeit dieser Dokumente sind keine Zweifel aufgekommen.
I.3.3. Die getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Bf. ergeben sich aus den angeführten und in der mündlichen Verhandlung erörterten Erkenntnisquellen.
Die Schilderung des Bf. ist nicht glaubhaft
Er gab im wesentlichen an, er habe im Dorf O. gelebt, sein Vater sei dort der Chief gewesen, man habe einen Grenzstreit mit dem Dorf U. gehabt. Als er am 05.08.2003 von seiner Arbeit in einem Restaurant nach Hause gegangen wäre, habe er gesehen, dass das Haus seines Vaters brenne, er habe daraufhin Dorfbewohner befragt, wo sich sein Vater und sein Bruder befänden, diese hätten es nicht gewusst, weshalb er in ein Nachbardorf (G.) gegangen wäre und er über den Verbleib seines Vaters erfahren habe, dass jene Leute, die das Dorf angegriffen haben, aus dem Hause seines Vaters Fotografien vom Vater, seinem Bruder und ihm mitgenommen haben. Er sei daraufhin sofort nach Lagos gefahren, aus Angst davor, dass ihn diese Leute, nämlich die Bewohner des Dorfes U., erwischen.(siehe AS-BAE 9-21).
Bei seiner Einvernahme vor dem Asylgerichtshof gab er im Widerspruch zu seiner Aussage vor dem Bundesasylamt an, er habe in dem Haus gemeinsam mit seinem Vater, seiner Mutter und seinen beiden Brüdern gewohnt, vor dem Bundesasylamt hatte er angegeben nicht im Haus des Vaters gewohnt zu haben.
Er gab weiters an, als er gesehen habe, dass das Haus brenne, sich in einer Entfernung von weniger als 100 Metern davon entfernt befunden zu haben. Befragt danach, warum er nicht näher gegangen sei, führte er an, dass die Nachbarn ihm mitgeteilt hätten, er solle sofort weglaufen, sonst würde er umgebracht, den Rest seiner Familie habe er nicht mehr gesehen, erst in Lagos habe er gehört, dass man seinen Vater mitgenommen habe, dies von einem Freund in Lagos, der ihm geholfen hätte und der zurück in sein Dorf gefahren sei, um nachzusehen, was passiert wäre.
Im Gegensatz dazu gab er bei seiner ersten Einvernahme an:
"Ich habe aber gesehen, dass sein Haus brennt. Ich habe Dorfbewohner gefragt, wo sich mein Vater und mein Bruder befinden. Sie haben es nicht gewusst. Deshalb bin ich in ein Nachbardorf gegangen. Dieses Dorf heißt G.. Dort habe ich jemanden gefragt, ob etwas über den Verbleib meines Vaters bekannt sei. Ich habe erfahren, dass jene Leute, die unser Dorf angegriffen haben, aus dem Hause meines Vaters Fotografien von meinem Vater, meinem Bruder und von mir mitgenommen haben. Als ich das gehört habe, bin ich sofort nach Lagos gefahren".
Auch gab der Bf beim Bundesasylamt auf die Frage, ob er Mitglied einer Partei wäre, an, nein, er unterstütze aber die PDP, er sei jedoch n i c h t wegen seiner politischen Überzeugung verfolgt worden.
In der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof gab er an, er gehöre der politischen Partei PDP an und es sei seiner Meinung nach gefährlich, der PDP anzugehören, da es eine Oppositionspartei wäre. Dies entspricht nach den getroffenen Länderfeststellungen jedoch nicht der Realität, die PDP ist seit vielen Jahren die Regierungs- und nicht eine Oppositionspartei.
Nach Ansicht des Asylgerichtshofes stützt sich der Bf bei der Schilderung seiner Fluchtgründe auf tatsächlich bestehende Konflikte zwischen verschiedenen im Niger-Delta lebenden ethnischen Gruppen, zwischen denen es immer wieder zu Kämpfen kommt und versucht einen Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen und seiner Person herzustellen. Das erkennende Gericht ist jedoch zur Auffassung gelangt, dass der Bf von den Streitigkeiten um Land und Macht im Niger-Delta wohl eher durch Medienberichte oder dergleichen Kenntnis erlangt hat, eine persönliche Beteiligung an den Ereignissen, insbesonders an einem solchen Ereignis, wie von ihm geschildert, jedoch lediglich vortäuscht.
Das ergibt sich einerseits aus den geschilderten, teilweise doch widersprüchlichen Angaben vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof.
Andererseits scheint es auch in keiner Weise glaubwürdig, dass ein Sohn sich bis auf 100 Meter dem brennenden Haus seiner Familie nähert und, ohne sich zu vergewissern, was mit seiner Familie geschehen ist und ob man vielleicht Hilfestellung leisten könne, einfach die Flucht antritt.
In Zeiten der weltweiten Kommunikation erscheint es auch nicht glaubhaft, dass er seit dem Jahre 2003 von keinem seiner Familienmitglieder Nachrichten empfangen hat, bzw. über deren Verbleib erfahren hätte. Schließlich gibt es auch in Nigeria Telefone, Faxgeräte und andere Kommunikationsmöglichkeiten.
Wenn er einerseits vermeint, die Einwohner eines "Dorfes" würden ihn in ganz Nigeria finden, wo es immerhin 140 Mio. Einwohner gibt, verwundert es andererseits, dass es ihm bis heute nicht gelungen ist, , über den Verbleib seiner Familie Näheres zu erfahren.
Darüber hinaus schilderte er vor dem Bundesasylamt, es wäre ein Streit zwischen zwei Dörfern gewesen, später gab er an, es habe sich um große Orte gehandelt, in O. hätten in etwa so viele Leute wie im Burgenland gelebt, der verfeindete Nachbarort sei größer als O. gewesen, jedoch nur eine Gehstunde davon entfernt.
Darüber hinaus schilderte der Bf. seine Geschichte auch äußerst emotionslos und erweckte den Eindruck, sich das Bestehen eines tatsächlichen Konfliktes zwischen einzelnen Volksgruppen zu Nutze zu machen, um daraus eigene für ihn tatsächlich nicht bestehende Fluchtgründe zu konstruieren.
Sein Vorbringen war sohin insgesamt nicht geeignet, den Gerichtshof von der Glaubwürdigkeit seiner Geschichte zu überzeugen.
Die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob neu Zugezogene tatsächlich mit, vom Bf beschriebenen Nachforschungen ihrer Nachbarn müssen und zum Beweis dafür, dass der im vorgelegten Auszug des Länderberichtes beschriebene Konflikt nach wie vor andauere, bzw. der Antrag Nachforschungen über den mit genauem Datum beschriebenen Konflikt im Dorf O. anzustellen bzw. zu ermitteln, waren abzuweisen. In einem Land mit ca. 140 Mio. und mehreren Großstädten mit bis zu 10 Mio. Einwohnern, in welchem keine Meldepflicht herrscht, ist es sicher jedem zumutbar und möglich, sich in einem größeren Ort oder in einer Stadt nieder zu lassen, ohne dass seine Nachbarn genaueres über seine Herkunft erfahren. Darüber hinaus interessiert die Leute im Norden ein Konflikt im Süden des Landes in Niger-Delta sicher nicht und ist davon auszugehen, dass der Bf. dort unbehelligt leben kann .
Selbst wenn die beantragten Beweise das vom Bf. erwartete und behauptete Ergebnis, erbringen würden, wäre daraus für die Beurteilung seines Asylantrages nichts zu gewinnen Ergibt sich doch aus den Länderfestellungen, dass in Nigeria keine Bürgerkriegssituation herrscht, es vielmehr nur zu örtlich und zeitlich begrenzten Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen kommt und die Staatsgewalt funktionsfähig ist.
Weiters ist anzuführen, dass selbst wenn der vom Bf. behauptete Konflikt noch weiter fortdauern sollte, dadurch keineswegs erwiesen wäre, ob er konkret in seiner Person von diesem Konflikt betroffen ist, da ihm ein solcher Nachweis im Verfahren nicht gelungen ist und auch bei Stattgebung seiner Beweisanträge nicht gelingen könnte..
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1. Anzuwendendes Recht
In der ggst. Rechtssache sind gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, iVm. § 44 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG 1997), BGBl. I Nr. 76/1997 idF der AsylG-Novelle 2003 BGBl. I Nr. 101/2003, die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (Fassung vor der AsylG-Novelle 2003) anzuwenden, zumal der Asylantrag des Bf. am 30.11.2002 und damit vor dem relevanten Stichtag 01.05.2004 gestellt wurde.
Weiters anzuwenden sind die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 (WV), des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, und des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008, in der jeweils geltenden Fassung.
II.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides
1. Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Als Flüchtling iSd. der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
2. Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgersstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.
3. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre eines Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind, sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.09.1997, 95/01/0454; 09.04.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.02.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.
Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183; 18.02.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).
4. Der Asylgerichtshof kommt nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung zum Ergebnis, das dem Vorbringen des Berufungswerbers die Asylrelevanz zu versagen ist.
Die Angaben des Bf. waren aus den, oben in der Beweiswürdigung angeführten Gründen, nicht glaubwürdig.
Dabei übersieht der Gerichtshof bei seiner Beurteilung keineswegs, dass die vom Bf. geschilderten Ereignisse nunmehr längere Zeit zurückliegen und nicht zwingend davon ausgegangen werden kann, dass sich der Beschwerdeführer an jedes einzelne Detail erinnern kann.
Der Zeitfaktor kann dem Bf. jedoch nur dort zugute gehalten werden, wo er im Kern dieselben Angaben machte, die Abläufe jedoch sehr verkürzt und ohne Schilderung von Details aus eigenem darstellte.
Es ist jedoch in beweiswürdigender Hinsicht ein Unterschied, ob jemand sich aufgrund des Zeitablaufs an bestimmte Sachverhaltselemente nicht mehr erinnern kann und dies auch angibt oder aber - wie im vorliegenden Fall - zu ein und demselben Sachverhalt divergierende oder in sich nicht schlüssige Versionen schildert.
Insgesamt lassen sich nach dem Dafürhalten des Beschwerdegerichtes die in der mündlichen Verhandlung aufgetretenen Widersprüche und Ungereimtheiten nicht mit dem Zeitablauf begründen, da dieser höchstens dazu führen könnte, dass sich der Beschwerdeführer an einzelne Details nicht mehr erinnern kann, nicht aber dazu, dass er die Details voneinander abweichend darstellt.
Aber selbst wenn man, rein hypothetisch vom Wahrgehalt der Angaben des Bf. ausgehen würde und ihm unterstellt, dass er in seiner Heimat tatsächlich Gefahr liefe, von den Bewohnern des Nachbardorfes belangt zu werden, muss ihm entgegnet werden, dass es sich dabei um von Dritten ausgehende Verfolgungshandlungen handelt, die nicht dem nigerianischen Staat zugerechnet werden können. In Ermangelung einer mangelnden Schutzunwilligkeit bzw. Schutzunfähigkeit des Staates fehlt dem Vorbringen selbst bei Annahme des Wahrheitsgehaltes somit die Asylrelevanz im Sinne der GFK.
Wie die belangte Behörde allerdings schon im angefochtenen Bescheid zu Recht festgestellt hat, wäre es dem Bf. durchaus möglich gewesen und auch jetzt möglich, allfälligen Schwierigkeiten mit den Dorfbewohnern durch Niederlassung in einem anderen Landesteil Nigerias zu entgehen.
Eine solche Niederlassung in einem anderen Teil des Landes wäre ihm auch durchaus zumutbar. Er übte bereits vor seiner Flucht den Beruf aus, arbeitete nun mehrere Jahre in Österreich ebenfalls im Dienstleistungsgewerbe, sodaß davon auszugehen ist, dass er nunmehr wesentlich besser beruflich qualifiziert, problemlos einen Arbeitsplatz in einer der größeren Städte Nigerias finden kann.
Das Vorbringen in der Berufung vermag Verfahrensmängel und eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die erstinstanzliche Behörde nicht aufzuzeigen.
II.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides
1. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist und diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Die Prüfung ist - im Falle der Abweisung des Asylantrages - von Amts wegen vorzunehmen.
2. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG hat die Behörde, im Fall einer Abweisung des Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.
§ 8 AsylG verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.
3. Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, die Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK, BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde und für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen einer internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansicht bedroht wäre. (Art. 33 Z1 der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls der Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Gemäß § 50 Abs. 3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder Abs. 2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.
Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs. 1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.
Das Vorliegen der Voraussetzung des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits beprüft und verneint.
4. Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringungen des Beschwerdeführers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragssteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffend, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert der Angaben dazutun ist (VwGH 26.06.1997, 95/18/1291; 17.07.1997, 97/18/0336).
Diese Mitwirkungspflicht des Antragsstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht auf Amtswegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993; 93/17/0214).
5. Es sind während des gesamten Verfahrens keine Anhaltspunkte zu Tage getreten, die auf die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK oder darauf deuten würden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in eine ausweglose und die Existenz bedrohende Lage geraten würde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.