C1 222408-4/2008/12E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Einzelrichterin über die Beschwerde des K. M., geb. 1959, StA. Türkei, vom 05.09.2007 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.08.2001, FZ. 01 06.470/2-BAG, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Asylgesetz 1997, BGBl. I 1997/76 idgF (AsylG), abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 22.03.2001 gegenständlichen Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.05.2001, Zahl: 01 06.470-BAG, gemäß § 6 Z 3 AsylG abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung in die Türkei gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 20.07.2001, Zahl: 222.408/0-XIV/08/01, gemäß § 32 Abs. 2 AsylG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 22.03.2001 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.
In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wurden die Angaben des Beschwerdeführers als nicht glaubwürdig gewertet.
Hiegegen wurde Rechtsmittel eingebracht und der Bescheid in vollem Umfang wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes angefochten.
Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung am 24.11.2005, zu welcher die Erstbehörde keinen Vertreter entsandte, gab der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:
"VL: Wo haben Sie in Ihrem Heimatland gelebt?
BW: In G., ursprünglich wohnte ich in einem Dorf von G..
VL: Wie lange haben Sie dort gelebt?
BW: Ich bin Ende 1981 Anfang 1982 nach G. übersiedelt und habe dort bis zu meiner Ausreise nach Österreich gelebt.
VL: Wann haben Sie G. verlassen?
BW: 2001. Ich verließ G., um nach Österreich zu kommen.
VL: Haben Sie sich in Istanbul oder in einer anderen größeren Stadt in der Türkei länger aufgehalten?
BW: Nein.
VL: Warum haben Sie 2001 G. und in weiterer Folge die Türkei verlassen?
BW: Zunächst lebte ich im Dorf sehr unter dem Druck der Partei, dann bin ich aus dem Dorf in die Stadt G. übersiedelt. Auch dort musste ich unter dem Druck der Partei DHP leben. Ich hatte ein Geschäft. Dieses Geschäft musste ich auflösen. Ich reiste aus nach Österreich.
VL: Wieso waren Sie dem Druck der DHP ausgesetzt?
BW: Die DHP wollte, dass ich sie als Geschäftsmann unterstütze. Wenn ich die DHP unterstütze, bekomme ich wieder Probleme mit den staatlichen Behörden, deshalb stand ich unter Druck.
VL: Können Sie mir diesen Druck näher beschreiben? Was kann ich mir darunter vorstellen?
BW: Die Partei hat mich unter Druck gesetzt, ihnen zu helfen. Wenn ich dann das gemacht habe, wurde ich von der Polizei zur Befragung geholt, warum ich geholfen habe.
VL: Wie setzte Sie die Partei unter Druck, was zu machen?
BW: Die Partei wollte einfach noch mehr Unterstützung von mir haben, ich sollte Parteimitglied werden und mit den Leuten in die Berge gehen. Das wollte ich nicht. Verwandte von mir sind bereits aus dem Grund verhaftet worden. Ein Onkel, der aus Deutschland kam, wurde dann in der Türkei verhaftet.
VL: Was wäre passiert, wenn Sie die Anforderungen der Partei nicht erfüllt hätten?
BW: Sie hätten mich vielleicht erschossen. Sie wissen, wie es zugeht im Osten.
VL: Wer ist die DHP?
BW: Es ist eine kurdische Partei.
VL: Erklären Sie das näher?
BW: Sie wollen die Rechte der Kurden wahren und unterstützen. Sie sagen, sie wollen im Südosten, dort wo die Kurden leben, einen Kurdenstaat gründen.
VL: Was heißt DHP?
BW: Sie wechselten so oft den Namen. Ich weiß nicht, wie die Partei nun heißt. Eine Partei wird geschlossen und sie kommen unter einem anderen Namen wieder heraus. Zum Beispiel heißt die Partei xy.
VL: In welcher Form unterstützten Sie die DHP?
BW: Ich gab Ihnen in G. Geld.
VL: Wie oft gaben Sie ihnen Geld?
BW: 3-4mal sicherlich.
VL: Von 1981/1982 bis 2001 gaben Sie ihnen 3-4mal Geld?
BW: Ja. Sie waren schon öfters da, aber ich habe gesagt, ich habe kein Geld.
VL: Wann war das letzte Mal?
BW: 1985.
VL: Was tat die Partei, als Sie sagten, Sie haben kein Geld?
BW: Sie wollten einen Termin von mir haben, wann ich das nächste Mal wieder Geld habe. Sie haben mich auch mit dem Umbringen bedroht, falls ich kein Geld für sie habe. Ich habe sie auf ein späteres Datum vertröstet.
VL: Nach 1985 bezahlten Sie kein Geld mehr?
BW: Nein.
VL: Gab es zu diesem Zeitpunkt noch Forderungen von der DHP?
BW: Sie haben mich nicht mehr so stark unter Druck gesetzt, wie vorher. Ich sagte, dass ich nicht so viel Geld hätte und sagte, ob ich die Partei oder meine Kinder unterstützen soll.
VL: Hatten Sie wegen der Geldleistungen an die DHP mit den türkischen Sicherheitskräften Probleme?
BW: Ja, ich bekam insofern Probleme, weil Nachbarn und Leute ihnen erzählten, dass ich die DHP unterstützt habe.
VL: Um welche Probleme handelte es sich?
BW: Die Polizei holte mich ab und befragte mich, ob ich, und wie viel ich an Geldleistungen und -unterstützung der DHP geleistet habe. Ich habe aber immer alles geleugnet und dann ließen sie mich gehen.
VL: Das war alles in G.?
BW: Ja. Ich wohne mit meiner Familie und meinen Kindern in G.. Nachdem ich nach Österreich ging, fragte die Polizei bei meiner Familie nach mir. Dies war in der Türkei.
VL: Wie oft holte Sie die Polizei wegen der DHP?
BW: 6-7mal.
VL: Wann war das letzte Mal?
BW: 1985.
VL: Bis 1985 waren die Probleme mit der Polizei und der DHP. Warum verließen Sie erst 2001 die Türkei?
BW: Ich habe das nicht mehr durchgehalten. Ich konnte auch mein Geschäft nicht mehr erhalten und ich hörte, dass die Lebensbedingungen in Österreich sehr gut sind. Deshalb habe ich mich entschlossen, nach Österreich zu kommen.
VL: Was meinen Sie mit "Sie haben das nicht mehr durchgehalten und konnten das Geschäft nicht mehr erhalten"?
BW: Der eine machte von der einen Seite Druck. Die Polizei machte Druck von der anderen Seite.
VL: Sie sagten, dass das 1985 aus war?
BW: Als nach 1985 mein Onkel aus Deutschland in die Türkei zurückkehrte, verhaftete man ihn. Danach hat der Druck auch auf mich wieder begonnen.
VL: Erklären Sie das näher.
BW: A. K. ist mein Onkel. Er wurde schon in Deutschland verhaftet und in die Türkei geschickt und in der Türkei kam er in das Gefängnis aus politischen Gründen. Er wanderte auch aus wegen der Partei. Inzwischen hatten sich 2 Cousins mütterlicherseits dieser Partei angeschlossen. Sie standen ebenfalls unter dem Druck der Polizei. Wegen dieser Personen namens A. S. und H. S., damit meine ich die 2 Cousins.
VL: Warum wurde schon der Onkel in Deutschland verhaftet?
BW: Man hat bei ihm Fotografien von Öcalan gefunden.
VL: Deswegen wird man doch nicht verhaftet in Deutschland.
BW: So habe ich es erfahren. Sie erzählten, weil die Papiere bei ihm gefunden wurden, wurde er in die Türkei geschickt.
VL: Welche Probleme hatten Sie wegen der Cousins und des Onkels?
BW: Sie nahmen an - weil meine Verwandten mitmachen und die Partei unterstützen - mache ich das aus.
VL: Welche Probleme hatten Sie konkret?
BW: Sie kamen zu mir nach Hause, holten mich ab und führten 6-7mal Befragungen durch.
VL: Wann kamen sie das letzte Mal?
BW: Wegen meiner Verwandten wurde ich zuletzt 1998 befragt.
VL: Welche Probleme hatten Sie nach 1998?
BW: Die Polizei hat mich zu Hause gesucht, wenn sie mich angetroffen hat, nahm sie mich mit. Wenn sie mich mitgenommen hat, fragte und folterte sie mich.
VL: Wie oft war das?
BW: 7mal.
VL: Wann war das letzte Mal?
BW: 1998.
VL: Hatten Sie nach 1998 Probleme?
BW: Man nahm mich weiterhin mit auf die Polizeiwache.
VL: Wann wurden Sie das letzte Mal befragt und auf die Polizeiwache mitgenommen?
BW: 1998.
VL: Warum haben Sie dann 2001 die Türkei verlassen?
BW: Wegen diesem Druck, dass mich die Polizei zu Hause aufgesucht hat und mich zur Befragung mitgenommen hat.
VL: Zuletzt hatten Sie Probleme 1998.
BW: Danach suchten sie mich zu Hause. Ich wich Ihnen aus und hielt mich nicht mehr zu Hause auf. Nachdem ich mein Geschäft aufgelöst hatte, erreichten sie mich auch im Geschäft, sondern suchten nur zu Hause in G. nach mir.
VL: Gab es bevor Sie nach G. übersiedelten, Probleme?
BW: Ja, im Dorf. Als ich 1981 aus dem Wehrdienst in mein Dorf zurückkehrte, war die Situation so in meinem Dorf, dass die Militärs uns mit einem Jeep auf der Straße verfolgt haben. Sie haben die Dorfbevölkerung gesammelt und haben sie außerhalb des Dorfes gebracht. Sie haben uns zum Beispiel gefragt, ob wir in der Lage sind, einen Esel zu vergewaltigen. Wenn wir das mit Nein beantwortet haben, schlugen sie uns.
VL: Wovon lebten Sie in E.?
BW: Wir bauten Pistazien an und hatten einen Obst- und Gemüsegarten.
VL: Wer bewirtschaftete diese?
BW: Mein Vater bewirtschaftete das Land, auch nachdem er in G. lebte.
VL: Übersiedelte auch Ihr Vater nach G.?
BW: Nachdem er nach G. übersiedelte, fuhr er zur Saat- und Erntezeit ins Dorf und führte dies durch. Unser Dorf ist etwa 80-90km von G. entfernt.
VL: Halfen Sie mit?
BW: Wir halfen ihm, wenn er eine Arbeitskraft brauchte.
VL: Hat Ihr Vater diese Grundstücke noch?
BW: Ja.
VL: Hatten Sie Probleme, wenn Sie mit Ihrem Vater zu den Grundstücken fuhren und ihm bei Saat oder Ernte halfen?
BW: Mein Vater ist älter, deswegen taten sie ihm nichts. Uns Jungen taten sie schon etwas.
VL: Was taten sie Ihnen?
BW: Sie haben uns Jungen auf die Wache mitgenommen. Sie fragten, was wir in G. tun. Die Ernte war immer im August 1x jährlich fällig.
VL: Halfen Sie jedes Jahr Ihrem Vater?
BW: Nicht jedes Jahr, wenn ich Zeit hatte. Es war auch so, dass die Erdnussernte nicht jedes Jahr gleich gut war, oder manchmal gar nicht war.
VL: Wann halfen Sie Ihrem Vater das letzte Mal?
BW: 1998.
Vorgehalten wird das erstinstanzliche Protokoll vom 25. April 2001, insbesondere die Aufenthalte in E., die Frage nach der PKK, die letzte Inhaftierung, sowie den Beruf.
BW: Ja, das stimmt, dass ich immer hin und hergependelt bin. Die DHP ist dieselbe Partei wie die PKK. Bis 1998 haben sie mich auch im Geschäft aufgesucht. Danach haben sie mich bis 2001 auch zu Hause gesucht.
VL: Warum pendeln Sie immer zwischen G. und E. hin und her?
BW: Ich hatte das Geschäft und mein Wohnhaus in G.. Ich hatte auch ein Haus und die Familie die Grundstücke in E..
VL: Warum mussten Sie nach E.?
BW: Wenn ich nicht gefahren wäre, hätte man Tagelöhner arbeiten lassen müssen. Diese waren so teuer. Deshalb bin ich zur Pistazienernte ins Dorf gefahren. Es wird geerntet.
Vorgehalten werden die Widersprüchlichkeiten und Angaben.
BW: Ja, ich bin jedes Jahr zur Pistazienernte ins Dorf gefahren. Wenn eine schlechte Ernte war, musste ich nicht fahren.
VL: Warum pendelten Sie dauernd, wenn Sie nicht fahren mussten?
BW: Wenn ich angegeben habe, ich pendelte, meinte ich, ich fuhr einmal im Jahr zur Ernte. Ich bin 1x im Jahr zur Pistazienernte gefahren.
VL: Wer von Ihrer Familie lebt noch wo in der Türkei?
BW: Ich habe schon noch Verwandte im Dorf. Meine Eltern und meine Onkel leben in G.. Ich habe hier in Österreich 3 Brüder.
VL: Ist bei den Onkeln auch der Onkel dabei, der von Deutschland in die Türkei kam und jetzt in G. lebt?
BW: Auch dieser wohnt dort.
VL: Wo sind Ihre Kinder und Ihre Frau?
BW: Meine Frau und die 5 Kinder sind bereits in Österreich.
VL: Was würden Sie bei einer Rückkehr in die Türkei befürchten?
BW: Ich habe Angst, dass man mich in das Gefängnis steckt, weil ich aus der Türkei geflüchtet bin.
Verlesen werden Internationale Stellungnahmen, insbesondere zur Frage der Rückkehrmöglichkeit.
BW: Mein Onkel wurde verhaftet und verbrachte 3 Jahre im Gefängnis.
VL: Aber das war doch vor sehr langer Zeit.
BW: Ich bin der Meinung, dass sich nichts geändert hat. Mein Onkel kam 1989 in die Türkei und wurde verhaftet.
VL: Wissen Sie etwas über den Aufenthaltsort Ihrer beiden namentlich genannten Cousins?
BW: A. ist nach Deutschland gegangen und H. lebt in G..
VL: Selbst der Onkel und Ihr Cousin leben in G., weswegen können Sie nicht dort leben? Haben Sie aus wirtschaftlichen Gründen die Türkei verlassen?
BW: Wenn das so gewesen wäre, hätte ich wirtschaftliche Probleme angegeben. So war es aber nicht. Der Onkel, welcher aus Deutschland kam und in der Türkei im Gefängnis war, fuhr inzwischen wieder nach Deutschland.
VL: Zuvor gaben Sie an, dass der Onkel in G. lebt.
BW: Ich habe gemeint, meine anderen Onkel.
VL: Ich fragte Sie ausführlich danach.
BW: Sie fragten, welche Onkel in der Türkei leben. Ich habe die Frage wohl falsch verstanden.
VL: Warum haben Sie bis jetzt noch nie angegeben, dass Sie ein Geschäft hatten?
BW: Ich sagte, dass ich in G. ein Geschäft hatte.
VL: Warum sagten Sie bisher nicht, dass Sie von der DHP unter Druck gesetzt wurden und zu Geldforderungen aufgefordert wurden?
BW: Ich sagte das. Ich gab an, dass man mich unter Druck setzte und dass ich Geldhilfe leisten soll und dass man zu mir nach Hause gekommen ist.
VL: Möchten Sie noch etwas angeben?
BW: Nein. Ich wollte noch ergänzen, wenn die Polizei zu mir nach Hause kam, um nach mir zu fragen, sich auch die Nachbarn belästigt fühlten. Sie sagten, dass auch zu ihnen die Polizei ständig komme."
In einer weiteren mündlichen Berufungsverhandlung am 23.08.2007 wurden der Beschwerdeführer, seine Ehefrau H. K. und seine drei ältesten Kinder einvernommen. Der Beschwerdeführer (BW1) gab im Rahmen dieser Berufungsverhandlung, zu der die Erstbehörde keinen Vertreter entsandte, Folgendes zu Protokoll:
"VL: Das Geschäft, dass Sie in G. hatten - hat das Ihnen gehört?
BW1: Mit meinem Onkel zusammen.
VL: Warum haben Sie das Geschäft aufgegeben?
BW1: Wir uns nicht mehr verstanden.
VL: Wissen Sie, wann die Geschäftsauflösung war?
BW1: Etwa ein halbes Jahr vor meiner Flucht aus der Türkei.
VL: Möchten Sie noch etwas angeben?
BW1: Nein. Bezüglich der Angaben mit der Türkei habe ich nichts hinzuzufügen, aber ich möchte sagen, dass ich hier regelmäßig arbeite. Zwar hat man mir seit eineinhalb Jahren keine Familienbeihilfe bezahlt, weshalb ich finanziell etwas im Engpass bin, aber ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben hier.
VL: Lebt Ihr Vater noch in der Türkei?
BW1: Ja.
VL: Und Ihre Brüder?
BW1: 3 meiner Brüder sind hier, einer ist noch in der Türkei.
VL: Wo?
BW1: In G.. Er hilft meinem Vater bei den Feldern. Die anderen Brüder sind schon österreichische Staatsbürger.
VL: Wie sind die Namen?
BW1: S., D. und A..
VL: Haben Sie Kontakt mit Ihrem Vater und Bruder in der Türkei?
BW1: Ja.
VL: Haben diese irgendwelche Probleme in der Türkei?
BW1: Sie erzählten, dass man sie aufsucht, um nach uns zu befragen.
VL: Sie haben 2001 die Türkei verlassen. Sie haben angegeben, ein halbes Jahr vorher das Geschäft aufgelöst zu haben.
BW1: Ja.
VL: Bei der letzten Verhandlung haben Sie angegeben, bis 1998 im Geschäft aufgesucht worden zu sein, danach zu Hause. Warum nicht mehr im Geschäft?
BW1: Weil das Geschäft auf den Namen meines Onkels eingetragen war, sind sie wahrscheinlich nicht mehr dorthin gekommen.
VL: Was glauben Sie würde passieren, wenn Sie jetzt in die Türkei zurückkehrten?
BW1: Wir haben große Befürchtungen, dass wir in der Türkei in Schwierigkeiten geraten würden und unsere Söhne, die im Wehrpflichtalter sind, im Osten zum Einsatz kämen. Ich bin hier Mitglied bei verschiedenen Vereinen und weiß nicht, welche Folgen das in der Türkei hätte.
VL: Bei welchen Vereinen sind Sie Mitglied?
BW1: Kurdischen Vereinen.
VL: Nennen Sie Namen.
BW1: In x gibt es ja nur einen.
VL: Wie heißt dieser?
BW1: Den genauen Namen kann ich jetzt nicht sagen."
Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei und Angehöriger der Volksgruppe der Kurden, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in Österreich eingereist und hat am 22.03.2001 gegenständlichen Asylantrag gestellt. Er hat seinen Wehrdienst in der Türkei abgeleistet.
Er ist verheiratet und Vater von zwei volljährigen und vier minderjährigen Kindern, wobei das jüngste Kind bereits in Österreich geboren wurde. Die Ehefrau und die sechs Kinder sind derzeit ebenfalls in Österreich aufhältig und sind deren Asylverfahren im Rechtsmittelstadium anhängig.
Der Beschwerdeführer verfügt über einen türkischen Personalausweis.
Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einer asylrechtlich relevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt war bzw. ist.
Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.
Bereits die erstinstanzliche Behörde hat aufgezeigt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubwürdig und widersprüchlich ist. Im Rahmen der Einvernahme am 25.04.2001 gab der Beschwerdeführer an, dass er sich niemals politisch betätigt habe und keiner politischen Partei angehöre. Er sei immer wieder von der Polizei auf die Wachstube mitgenommen, für die Dauer von ca. zehn Minuten einvernommen und über etwaige Verbindungen bzw. Unterstützung der PKK befragt worden. Er sei mindestens 20 oder 30 Mal mitgenommen worden; bei 15 Einvernahmen sei er auch geschlagen worden. Die letzte Einvernahme sei im Jänner 2001 gewesen. Im Rahmen der Berufungsverhandlung am 22.06.2001 gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass er das erste Mal im November 1999 und das letzte Mal 2001 einvernommen worden sei und zwar manchmal einmal im Monat, manchmal nur jeden zweiten oder dritten Monat. Auf Vorhalt, dass dies seiner Aussage bei der Einvernahme am 25.04.2001, er sei 20 bis 30 Mal einvernommen worden, widerspreche, gab der Beschwerdeführer an, die erste Einvernahme sei 1999 gewesen. Die Einvernahmen hätten zwischen einer halben Stunde und einer Stunde gedauert. Auf Vorhalt, dass er in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt angegeben habe, die Einvernahmen hätten zehn Minuten gedauert, führte der Beschwerdeführer aus, dass er jeweils eine Stunde festgehalten und davon zehn Minuten lang misshandelt worden sei. Ferner gab er an, dass er an Demonstrationen und Versammlungen der HADEP teilgenommen habe. Erstmals in der Berufungsverhandlung am 24.11. 2005 gab der Beschwerdeführer an, er habe unter dem Druck der Partei gelebt. Diese habe gewollt, dass er sie unterstütze. Wenn er das gemacht habe, sei er von der Polizei zur Befragung geholt worden. Diese Partei sei die DHP, eine kurdische Partei. Diese wechsle so oft den Namen, dass er nicht wisse, wie die Partei nun heiße. Er habe dieser Partei ab 1981 drei- bis viermal Geld gegeben. Das letzte Mal habe er ihr 1985 Geld gegeben. Nach 1985 habe er kein Geld mehr bezahlt und sei dann von der Partei auch nicht mehr unter Druck gesetzt worden. Die Polizei habe ihn wegen seiner Unterstützung der DHP sechs- bis siebenmal abgeholt; das letzte Mal 1985.
Die erkennende Behörde verkennt nicht, dass bei der Angabe von Daten infolge zwischenzeitlich vergangener Zeit Ungereimtheiten auftreten können. Dennoch muss davon ausgegangen werden, dass bei tatsächlichem Erleben von geschilderten Vorfällen zumindest annähernd Angaben des Beschwerdeführers betreffend die Anzahl, Dauer, Zeitpunkte und Intensität der Einvernahmen durch die Polizei übereinstimmend wiedergegeben werden. Dies war im gegenständlichen Fall jedoch nicht zu erkennen, hat doch der Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme am 25.04.2001 sowie in den Berufungsverhandlungen am 22.06.2001 und am 24.01.2005 hinsichtlich der Daten als auch betreffend sein politisches Engagement in wesentlichen Punkten widersprüchliche Angaben getätigt.
Aber auch die Angaben des Beschwerdeführers betreffend seinen Onkel widersprechen einander eklatant. Im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 24.11.2005 gab der Beschwerdeführer auf Vorhalt, warum er erst 2001 die Türkei verlassen habe, wenn schon 1985 die Probleme aufgehört hätten, an, dass sein Onkel nach 1985 aus Deutschland in die Türkei zurückgekehrt und verhaftet worden sei und der Druck auf ihn wieder begonnen habe. Im Rahmen derselben Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass sein Onkel 1989 in die Türkei zurückgekommen und verhaftet worden sei. Ferner gab der Beschwerdeführer auf die Frage, ob der Onkel, der verhaftet worden sei, auch in der Türkei lebe, an, dass dieser in G. lebt. Auf Vorhalt, aus welchen Gründen sein Onkel, der ja - gemäß den Angaben des Beschwerdeführers - drei Jahre im Gefängnis war, in G. leben könne und er nicht, gab er an, dass dieser Onkel in Deutschland lebe. Diesen Widerspruch begründete der Beschwerdeführer damit, dass er die Frage falsch verstanden habe. Hingegen gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 22.06.2001 an, sein Onkel sei 2000 aus Deutschland kommend verhaftet worden. Im Gegensatz dazu brachte er in der Berufungsverhandlung vom 24.11.2005 vor, dass er öfter wegen seines Onkels nach dessen Verhaftung von der Polizei einvernommen worden sei, zuletzt 1998. Nachdem er sein Geschäft aufgelöst habe, sei nur noch bei ihm zu Hause in G. nach ihm gesucht worden. Hingegen gab er im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung am 23.08.2007 an, er habe das Geschäft etwa ein halbes Jahr vor seiner Flucht aus der Türkei [sohin Mitte bis Ende 2000] aufgegeben. Auf Vorhalt, er habe im Rahmen der letzten Verhandlung angegeben, bis 1998 im Geschäft aufgesucht worden zu sein und in der Folge zu Hause und befragt, warum er danach nicht mehr im Geschäft aufgesucht worden sei, gab er lediglich an, das Geschäft sei auf den Namen seines Onkels eingetragen gewesen.
Weiters gab der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung am 23.08.2007 an, er sei in Österreich Mitglied bei verschiedenen kurdischen Vereinen und wisse nicht, welche Folgen das in der Türkei hätte. Auf die Frage nach den Namen der Vereine gab der Beschwerdeführer an, in x gebe es nur einen. Auf die wiederholte Frage, wie dieser heiße, war er nicht in der Lage, den Namen zu nennen. Aufgrund dieser Wissenslücken sowie der Unsubstantiiertheit des Vorbringens geht die erkennende Behörde davon aus, dass es sich hierbei um eine Scheinbehauptung handelt, die auf eine exilpolitische Tätigkeit hinweisen soll.
Auffallend ist, dass der Beschwerdeführer immer dann, wenn ihm die Widersprüche und Unschlüssigkeiten seines Vorbringens vorgehalten werden, sich noch mehr in Widersprüche verstrickt. So gab er beispielsweise im Rahmen der Berufungsverhandlung am 24.11.2005 an, er sei das letzte Mal 1998 von der Polizei mitgenommen und befragt worden. Auf Vorhalt, aus welchen Gründen er erst 2001 geflohen sei, gab er an, dass er dann von der Polizei zu Hause aufgesucht worden sei. Es ist absolut nicht nachvollziehbar, dass jemand, der tatsächlich von der Polizei regelmäßig einvernommen wird, einen Unterschied macht, ob er "mitgenommen" oder "zu Hause aufgesucht" wurde.
Ebenso verhält es sich mit dem Vorbringen betreffend die Pistazienernte auf den Grundstücken seines Vaters. Im Rahmen der Einvernahme vom 25.04.2001 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe in den letzten 20 Jahren immer zwischen G. und E. pendeln müssen, da er sich um die Pistazienfelder seiner Familie habe kümmern müssen. Dieses Vorbringen relativierte er in der Berufungsverhandlung vom 24.11.2005 dahingehend, dass er angab, nur einmal im Jahr zu den Feldern gefahren zu sein, aber nur, wenn die Ernte gut gewesen sei. Wenn die Ernte nicht gut gewesen sei, sei er nicht auf das Grundstück gefahren.
Bei der Aufnahme seiner Daten anlässlich der Einvernahme vom 25.04.2001 gab der Beschwerdeführer als Beruf "Landarbeiter" an. Hingegen erstattete er erstmals in der Berufungsverhandlung vom 24.11.2005 das Vorbringen, dass er ein Geschäft geführt habe. Dieses habe er nicht mehr erhalten können und habe gehört, dass die Lebensbedingungen in Österreich sehr gut seien und habe sich deshalb entschlossen, nach Österreich zu kommen. Im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 23.08.2007 gab er betreffend das Geschäft an, er habe es aufgegeben, da er sich mit seinem Onkel, mit dem er das Geschäft geführt habe, nicht mehr verstanden habe.
Letztlich ist noch zu erwähnen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht nur seinen eigenen Aussagen, sondern auch den Angaben seines Bruders, einem österreichischen Staatsbürger, widerspricht. Im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 25.04.2001 gab der Bruder des Beschwerdeführers an, dass er vor einem Monat telefonischen Kontakt mit dem Beschwerdeführer gehabt habe und ihm dieser gesagt habe, dass er gerne nach Österreich kommen wolle. Der Beschwerdeführer hingegen gab bei der Einvernahme vom 25.04.2001 an, er habe nur mit seinen Eltern, seiner Frau und seinen Kindern darüber gesprochen, dass er die Türkei verlassen wolle. Mit seinem Bruder habe er nie telefoniert.
Im Gesamtzusammenhang betrachtet ist daher das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen und der Verfolgung durch die Polizei als unglaubwürdig zu werten.
Zur Lage der Kurden in der Türkei und zur Rückkehr abgelehnter Asylwerber wird festgestellt:
Ungefähr ein Fünftel der Gesamtbevölkerung der Türkei von 70 Millionen - also ca. 14 Millionen Menschen - (zumindest teilweise) ist kurdischstämmig. Im Westen der Türkei und an der Südküste leben die Hälfte bis annähernd zwei Drittel von ihnen: ca. 3 Mio. im Großraum Istanbul, 2-3 Mio. an der Südküste, 1 Mio. an der Ägäis-Küste, 1 Mio. in Zentralanatolien gegenüber ca. 6 Mio. in der Ost- und Südost-Türkei, wo sie in einigen Gebieten die Bevölkerungsmehrheit bilden. Kurden leben auch im Nord-Irak, Iran in Syrien und Georgien. Nur ein Teil der kurdisch-stämmigen Bevölkerung in der Türkei ist auch einer der kurdischen Sprachen mächtig. Allein aufgrund ihrer Abstammung sind und waren türkische Staatsbürger kurdischer und anderer Volkszugehörigkeit nie staatlichen Repressionen unterworfen. Auch über erhöhte Strafzumessung in Strafverfahren ist nichts bekannt. Aus den Ausweispapieren, auch aus Vor- oder Nachnamen, geht in der Regel nicht hervor, ob ein türkischer Staatsbürger kurdischer Abstammung ist. Die meisten Kurden sind in die türkische Gesellschaft integriert, viele auch assimiliert. In Parlament, Regierung und Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnlich sieht es in Industrie, Wissenschaft, Geistesleben und Militär aus. Auch Innenminister Aksu z.B. ist kurdischer Abstammung. Er hat Reden auf kurdisch gehalten, allerdings nicht bei offiziellen Anlässen.
Die Tatsache, dass "Separatismus" und "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Bande" kurdischstämmigen Türken weit öfter als anderen Türken vorgeworfen wurden, liegt daran, dass die Unterstützung der Terrororganisation PKK sich nahezu ausschließlich aus kurdischstämmigen Kreisen rekrutierte.
Türkische Regierungen versprechen seit langem, die wirtschaftliche und soziale Lage des in weiten Teilen noch semifeudal strukturierten und wenig entwickelten Südostens der Türkei zu verbessern. Nach einer jüngst veröffentlichten Studie des Instituts für Bevölkerungsstudien der Haceteppe Universität Ankara (Tgyona) sind in den letzten 20 Jahren (1986 bis 2005) zwischen 953.680 bis
1.201.200 Personen aus "Sicherheitsgründen" aus den 14 Provinzen im Osten und Südosten der Türkei abgewandert, davon im Zeitraum 1986 bis 1990 31,6 %, von 1991 bis 1995 61,3 % von 1996 bis 2000 5 % und von 2001 bis 2005 2,1 %. Aus den Daten von Tgyona ist zu entnehmen, dass zwischen 91.000 und 101.200 Personen, die aus Sicherheitsgründen in den letzten 20 Jahren aus den ländlichen Gebieten der 14 Provinzen abgewandert waren, an den Ausgangsort zurückgekehrt sind; zählt man die Städter hinzu, so sind es zwischen 112.000 und 124.000 Personen. Dies sind 10,9 bis 12,1 % der Personen, die aus Sicherheitsgründen aus den 14 Provinzen abgewandert waren.
Menschenrechtsorganisationen, z.B. Human Rights Watch, schätzen die Zahl der Binnenflüchtlinge auf bis zu zwei Millionen und gehen von geringeren Rückkehrerzahlen als die Regierung aus. An einem wirklichen Rückkehrer-Konzept fehlt es nach wie vor. Ohne eine staatliche Anschubfinanzierung wird den meisten der in die Städte geflüchteten Menschen eine Rückkehr in die Dörfer nicht möglich sein. Oft fehlt es auch am Willen, in die in beruflicher und privater Hinsicht meist perspektivlosen Dörfer des Südostens zurückzukehren. Ein erster symbolbeladener Besuch des Ministerpräsidenten Erdogan in Diyarbakir am 12.08.2005 führte zu der Hoffnung, dass die Regierung das "Kurdenproblem" nunmehr als solches wahrnimmt (Erdogan: "Es gibt ein kurdisches Problem. Dies ist auch mein Problem."). Kritisiert wird allerdings, dass dieser Ankündigung keine Taten folgten.
Viele türkische Bürger kurdischer Abstammung sind bzw. waren Anhänger oder Mitglieder der die Interessen von Kurden vertretenden Parteien DTP, DEHAP (bis zu ihrer Selbstauflösung) bzw. HADEP (bis zu ihrem Verbot). Dem Auswärtigen Amt wurden zahlreiche Anfragen zu Mitgliedschaften von Asylwerbern in der HADEP vorgelegt, auch zu Mitgliedschaften, die schon viele Jahre zurückliegen. Abgesehen davon, dass solche Mitgliedschaften in der HADEP nicht mehr in zuverlässiger Weise überprüft werden können, ist kein Fall bekannt geworden, in dem die einfache Mitgliedschaft in der HADEP oder in der DEHAP - ohne besondere, z.B. strafrechtlich relevante Verdachtsmomente - zu Repressalien gegen die Betreffenden geführt hätte.
Kurdisch als Umgangssprache und in Buchveröffentlichungen sowie Printmedien ist keinen Restriktionen ausgesetzt. Der Gebrauch des Kurdischen, d.h. der beiden in der Türkei vorwiegend gesprochenen kurdischen Sprachen Kurmanci und Zaza im "öffentlichen Raum", das heißt z.B. im Schriftverkehr mit Behörden ist noch eingeschränkt. Das Reformpaket vom 03.08.2002 hatte bereits das Verbot von Rundfunk- und Fernsehsendungen auf Kurdisch aufgehoben (der Gebrauch im Radio wurde damals schon toleriert). Sendungen in kurdischer und anderen "Sprachen und Dialekten, die in der Türkei üblicherweise gesprochen werden" - so der Wortlaut - sind damit zugelassen; ihre Zulassung steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass sie nicht im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Verfassung stehen und nicht gegen "die unteilbare Einheit des Staates mit seinem Land und seiner Nation" gerichtet sein dürfen. Nach einem sehr schwierigen Implementierungsprozess mit einigen Rückschlägen werden seit Juni 2004 - also 22 Monate nach Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen - im staatlichen Fernsehen TRT in der Sendung "Kültürel Zenginligimiz" ("Unser kultureller Reichtum") wöchentlich je eine halbe Stunde in Bosnisch, Arabisch und Tscherkessisch sowie in Kurmanci und Zaza ausgestrahlt. Es sind jedoch nur Nachrichten, Musik und Kulturprogramme gestattet, türkische Untertitel bzw. Übersetzungen auf Türkisch sind Pflicht. Nur überregionale Sender dürfen Sendungen in diesen Sprachen ausstrahlen (TV: bis 45 Minuten täglich und vier Stunden wöchentlich, Radio: bis zu einer Stunde täglich und fünf Stunden wöchentlich). Attraktiver für die kurdische Bevölkerung im Südosten sind die von Sendern in Europa und Nordirak ausgestrahlten Sendungen in kurdischen Sprachen. Die Rundfunk- und Fernseh-Aufsichtsbehörde RTÜK hat am 07.03.2006 auch privaten regionalen Sendern erlaubt, innerhalb der o.a. Grenzen ihre Sendungen in kurdischen Sprachen auszustrahlen. Seit dem 23.03.2006 strahlen Gün TV und Söz TV aus Diyarbakir sowie Medya FM Radio kurdischsprachige Programme aus.
Das Reformpaket vom 03.08.2002 erlaubte mit der Änderung des Gesetzes über den Fremdsprachenunterricht, dass in privaten Lehreinrichtungen Kurse in diesen "Sprachen und Dialekten" abgehalten werden. Ebenfalls nach erheblichen Implementierungs-schwierigkeiten werden seit April 2004 Kurdischkurse an privaten Lehrinstituten angeboten; mittlerweile finden diese Kurse in vielen türkischen Großstädten statt. Da die Nachfrage jedoch hinter den Erwartungen zurückblieb, wurden alle Kurse aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Kurdischunterricht und Unterricht in kurdischer Sprache an Schulen sind nach wie vor verboten.
Nach dem Parteiengesetz sind öffentliche Reden von Politikern in einer anderen als der türkischen Sprache noch immer verboten.
Die Vergabe kurdischer Vornamen unterlag bis 2003 Restriktionen. Behördlicherseits wurde das Vergeben kurdischer Vornamen früher als politische Einflussnahme der PKK/KADEK gedeutet. Das Reformpaket vom 19.06.2003 änderte das Personenstandsgesetz dahingehend, dass nur noch Vornamen verboten sind, die gegen die "Moral und öffentliche Ordnung" verstoßen; Verbote wegen Verstoßes gegen "nationale Kultur, Traditionen und Gebräuche" sind nicht mehr vorgesehen. In der Praxis ist damit die Vergabe von kurdischen, aber auch anderen, ausländischen Vornamen erlaubt. Ein Runderlass des türkischen Innenministeriums weist daraufhin, dass die nur im Kurdischen, nicht jedoch im offiziellen türkischen Alphabet vorhandenen Buchstaben w, x und q bei der Namensvergabe nicht zulässig sind und ins Türkische transkribiert werden müssen. Als Folge sind auch Gerichtsverfahren zu dieser Problematik anhängig.
Dem traditionellen kurdischen "Nevroz-Fest" (Neujahr am 21. März), das die kulturelle Identität der Kurden jedes Jahr symbolhaft besonders sichtbar macht, standen die türkischen Sicherheitskräfte jahrelang besonders misstrauisch gegenüber. Die Nevrozfeste 2003 und 2004 verliefen in einer entspannten Atmosphäre der Toleranz auch unter Beteiligung offizieller Stellen, ganz im Gegensatz zu Nevroz-Feiern in einigen der Vorjahre, bei denen es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und Festnahmen kam. Ministerpräsident Erdogan bezeichnete das Nevroz-Fest in einer Erklärung als wichtigen Faktor, der "den Zusammenhalt der Nation stärke".
Einreisekontrollen:
Bei der Einreise in die Türkei hat sich jeder, auch Abgeschobene wie abgelehnte Asylbewerber und Zurückgeschobene, gleich welcher ethnischen Zugehörigkeit, einer Personenkontrolle zu unterziehen. Türkische Staatsangehörige, die ein gültiges türkisches, zur Einreise berechtigendes Reisedokument besitzen, können die Grenzkontrolle normalerweise ungehindert passieren. In Fällen von Rückführungen gestatten die türkischen Behörden nach einer strengeren Anwendung der bestehenden Regelungen die Einreise neuerdings nur mit türkischen Reisepass oder Passersatzpapier. In einzelnen Fällen findet bei Einreise noch eine zusätzliche Kontrolle der türkischen Staatsangehörigkeit über die Registrierungen in den Personenstandsämtern statt. In diesem Zusammenhang gab es Fälle, in denen der Verdacht der Manipulation von in der Türkei registrierten Daten Zurückzuführender besteht.
Behandlung Abgeschobener nach ihrer Rückkehr in die Türkei:
Ist der türkischen Grenzpolizei bekannt, das es sich um eine abgeschobene Person handelt, wird diese nach Ankunft in der Türkei einer Routinekontrolle unterzogen, die einen Abgleich mit dem Fahndungsregister nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalten kann. Abgeschobene können dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke einer Befragung festgehalten werden. Gleiches gilt, wenn jemand keine gültigen Reisedokumente vorweisen kann oder aus seinem Reisepass ersichtlich ist, dass er sich ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufgehalten hat. Die Einholung von Auskünften kann je nach Einreisezeitpunkt und dem Ort, an dem das Personenstandsregister geführt wird, einige Stunden dauern. In neuerer Zeit wurde dem Auswärtigen Amt nur ein Fall bekannt, in dem eine Befragung bei Rückkehr länger als mehrere Stunden dauerte. (So die vom BT-Petitionsausschuss übermittelten Falldarstellungen nach freiwilliger Ausreise einer kurdischstämmigen Familie, die kurz vor Abschiebung stand und wiederholt über mehrer Tage befragt wurde).
Besteht der Verdacht einer Straftat (z.B. Passvergehen, illegale Ausreise), werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Wehrdienstflüchtige haben damit zu rechnen, gemustert und ggf. einberufen zu werden (u.U. nach Durchführung eines Strafverfahrens). Es sind mehrere Fälle bekannt geworden, in denen Suchvermerke zu früheren Straftaten oder über Wehrdienstentziehung von den zuständigen türkischen Behörden versehentlich nicht gelöscht worden waren, was bei den Betroffenen zur kurzzeitigen Ingewahrsamnahmen bei Einreise führte.
Das Auswärtige Amt ist in den vergangenen Jahren Fällen, in denen Behauptungen von Misshandlung oder Folter in die Türkei abgeschobener Personen (vor allem abgelehnter Asylwerber) konkret vorgetragen wurden, im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten durch seine Auslandsvertretungen stets überprüft. Dem Auswärtigen Amt ist seit fast vier Jahren kein einziger Fall bekannt geworden, in dem ein aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zurückgekehrter abgelehnter Asylwerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten gefoltert oder misshandelt wurde. Im Jahr 2005 wurde ein Fall an das Auswärtige Amt zur Überprüfung mit der Behauptung heran getragen, dass ein abgelehnter Asylbewerber nach Rückkehr misshandelt worden sei. Ein Teil der lediglich mündlichen Angaben stellte sich in der Folge von Nachforschungen als falsch heraus. Die mündlichen Misshandlungsvorwürfe konnten nicht verifiziert werden, da keine ärztlichen Untersuchungsergebnisse vorlagen. Auch die türkischen Menschenrechtsorganisationen haben explizit erklärt, dass aus ihrer Sicht diesem Personenkreis keine staatlichen Repressionsmaßnahmen drohen. Das Auswärtige Amt geht deshalb davon aus, dass bei abgeschobenen Personen die Gefahr einer Misshandlung bei Rückkehr in die Türkei nur aufgrund von vor der Ausreise zurückliegender wirklicher oder vermeintlicher Straftaten auch angesichts der durchgeführten Reformen und der Erfahrungen der letzten Jahre in diesem Bereich äußerst unwahrscheinlich ist. Misshandlung oder Folter allein aufgrund der Tatsache, dass ein Asylantrag gestellt wurde, werden ausgeschlossen.
(Quelle: Bericht des deutschen auswärtigen Amtes vom 11.01.2007 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Stand Dezember 2006)
Rechtlich ist auszuführen:
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention vom 28.07.1951, BGBl. Nr. 55/1955 i.V.m.
Artikel 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, BGBl. Nr. 78/1974, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Zentraler Aspekt der in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 06.12.1999, Zl. 99/01/0279, mwN).
Wie bereits ausgeführt war den Angaben des Beschwerdeführers aufgrund eklatanter Widersprüche in wesentlichen Punkten seiner Fluchtgründe jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr erheblichen Beeinträchtigungen seiner körperlichen und seelischen Unversehrtheit, seiner Freiheit und seines Lebens von staatlicher Seite ausgesetzt gewesen wäre, haben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ergeben.
Zur Non-refoulement-Prüfung:
Ist ein Asylantrag abzuweisen, hat die Behörde gemäß § 8 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 Fremdengesetz 1997; nunmehr § 50 FPG 2005); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Fremdenrechts ist eine Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Gemäß § 50 Abs. 2 und 4 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung, oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33 Z 1 Genfer Flüchtlingskonvention).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291; vom 17.07.1997, Zl. 97/18/0336 und vom 05.04.1995, Zl. 93/18/0289 ua). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. VwGH vom 30.09.1993, Zl. 93/18/0214). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen. Die bloße Möglichkeit einer die in Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenen Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH vom 27.02.2001, Zl. 98/21/0427 sowie VwGH vom 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).
Wie bereits ausgeführt gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun. Es kann auch nicht erkannt werden, dass ihm im Falle einer Rückkehr in die Türkei dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikels 3 EMRK überschritten wäre, hat er doch nach eigenen Angaben in der Türkei eine Landwirtschaft, die sich schon seit Generationen im Familienbesitz befindet, sodass es ihm bei einer Rückkehr in die Türkei möglich wäre, die existenziellen Grundbedürfnisse wie Nahrung und Unterkunft sowie Arbeit zu erfüllen.
Betreffend eine Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Heimatland ist ferner auszuführen, dass die Tatsache der Asylantragstellung keine Verfolgung zur Folge hat. Auch verfügt der Beschwerdeführer über einen türkischen Personalausweis, welcher es ihm - wie sich aus den obigen Länderfeststellungen ergibt - ermöglicht, problemlos wieder in die Türkei einzureisen.
Im gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers haben sich keine Anhaltspunkte für ein Vorliegen einer der beiden Tatbestandsvoraussetzungen des § 50 FPG ergeben. Insgesamt gesehen ist es dem Beschwerdeführer sohin nicht gelungen, eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun. Zumal sich auch keine Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 50 FPG ergeben haben und solche auch nicht begründet vom Beschwerdeführer vorgebracht wurden, war spruchgemäß zu entscheiden.
Das Verfahren war gemäß der Bestimmung des § 75 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005, des § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 und der Bestimmung des § 23 Asylgerichtshofgesetz, BGBl I Nr. 4/2008, zu führen.