TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/22 B3 260492-0/2008

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Veröffentlicht am 22.09.2008
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Spruch

B3 260.492-0/2008/1E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Karin WINTER als Vorsitzende und den Richter Mag. Florian NEWALD als Beisitzer über die Beschwerde des K.A., geboren am 00.00 1970, kosovarischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. Mai 2005, Zl. 05 05.546-EAST Ost, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Wortfolge "nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo" in Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides durch "in die Republik Kosovo" ersetzt wird.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer, ein kosovarischer Staatsbürger und Angehöriger der albanischen Volksgruppe, reiste im Jahre 1990 legal in das Bundesgebiet ein und brachte erst am 26. April 2005 einen Asylantrag ein. Dazu gab er bei seinen Einvernahmen am 26. und 28. April 2005 vor dem Bundesasylamt - zusammengefasst - an, er habe vor dem Jahr 1990 "im Kosovo Demonstrationen organisiert" und sei aus diesem Grund "auf einer Liste" gestanden, wonach er in Haft hätte genommen werden sollen. Deshalb habe er seinen Herkunftsstaat verlassen. Der Grund, warum er nun nicht mehr zurück könne, sei, dass er nicht am Krieg teilgenommen habe. Auch sei er der Aufforderung, der UCK beizutreten und diese finanziell zu unterstützen, nicht nachgekommen. Die Leute hätten entweder gekämpft oder Geld gegeben; er habe beides nicht gemacht. Der Beschwerdeführer fürchte, dass ihn seine Freunde bzw. Familie, die viele Angehörige im Krieg verloren habe, deswegen umbringen würden. Das letzte Mal sei er vor sieben oder acht Jahren im Kosovo gewesen. Die Frage, ob er sich im Fall seiner Rückkehr nicht in einen anderen Landesteil ansiedeln könne, verneinte der Beschwerdeführer. Man könne sich nicht verstecken, irgendwer würde ihn erkennen. An Dokumenten legte der - mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratete - Beschwerdeführer einen am 00.00 2002 ausgestellten jugoslawischen Reisepass (gültig bis 00.00 2012) sowie ein von der Bundespolizeidirektion Wien am 18. November 2002 ausgestelltes unbefristetes Visum mit dem Vermerk "Familiengemeinschaft mit Österreicher" vor.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab (Spruchteil I.) und erklärte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo" für zulässig (Spruchteil II.). Es traf umfangreiche Feststellungen zur Situation im Kosovo. Zur vorgebrachten Gefährdungssituation wegen der Ausreise aus dem Kosovo und der Nichtunterstützung der UCK führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, dass es zu keinen konkreten Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer gekommen sei. Die vorgebrachte Verfolgungsgefahr beziehe sich auf "subjektive, nicht objektivierbare Befürchtungen, die auch nicht mit den getroffenen Länderfeststellungen in Einklang zu bringen" seien, weshalb eine Asylrelevanz nicht vorliege. Zum Vorbringen der Organisation von Demonstrationen wurde ausgeführt, dass die "Tatsache, dass die Provinz Kosovo derzeit bzw. seit letzten Krieg (siehe Länderbericht) ein UNO-Protektorat darstellt", das Vorliegen einer aktuellen Bedrohung jedenfalls ausschließe. Weiters verneinte das Bundesasylamt, dass der Beschwerdeführer iSd § 8 AsylG idF BG BGBl. I 101/2003 iVm § 57 Abs. 1 und 2 Fremdengesetz 1997 BGBl. I 75 (in der Folge: FrG) bedroht oder gefährdet sei. Zu § 8 Abs. 2 AsylG führte es aus, dass in verfassungskonformer Interpretation "auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes über die Ausweisung nicht abgesprochen" werde.

 

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte, nun als Beschwerde (vgl. dazu weiter unten) zu behandelnde (und daher in Folge so bezeichnete) Berufung, welche der Beschwerdeführer (nur) mit den Worten "Ich kann nicht in meine Heimat zurück, da mich dort der sichere Tod erwarten würde", begründete.

 

4. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.00 2004, wurde der Beschwerdeführer nach § 28 Abs. 2 und 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt. Unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit wurde der Beschwerdeführer am 18. Mai 2005 aus der Strafhaft bedingt entlassen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen zum Sachverhalt an (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/0460). Auch die Beweiswürdigung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

 

2. In der Beschwerde wird kein neuer Sachverhalt vorgebracht und werden die Ausführungen des Bundesasylamtes nicht substantiiert bekämpft.

 

3. Rechtlich folgt:

 

3.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1. Juli 2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieses Gericht gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

3.2.1. Gemäß § 75 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG idF der AsylGNov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die ab dem 1. Mai 2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF der AsylGNov. 2003 zu führen.

 

3.2.2. Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag nach dem 30. April 2004 gestellt und war am 31. Dezember 2005 anhängig; das vorliegende Verfahren ist daher nach dem AsylG idF der AsylGNov. 2003 zu führen.

 

3.3. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 AsylG ist auf Verfahren nach dem AsylG, soweit nicht anderes bestimmt ist, das AVG anzuwenden. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3.4.1. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

3.4.2.1. Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer nunmehr ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo ist (vgl. dazu etwa das Papier des [dt.] Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom Mai 2008, Kosovo Länderreport, Band 1, 17f; in seinem jugoslawischen Reispass ist festgehalten, dass er in J., Gemeinde D./Kosovo, geboren wurde).

 

3.4.2.2. Der Beschwerdeführer konnte eine ihn betreffende asylrelevante Gefährdung im Falle seiner Rückkehr in den Kosovo nicht glaubhaft machen. Seine Rückkehrbefürchtungen gründen sich lediglich darauf, dass "die Leute" im Kosovo entweder gekämpft oder die UCK unterstützt hätten, was er beides nicht gemacht habe und weswegen ihm nun von allen, die ihn kennen würden, Gefahr drohe. Selbst wenn sich die (spekulative und durch keinerlei Beweismittel untermauerte) vorgebrachte Angst des Beschwerdeführers als wahr erweisen sollte, ist auf die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu verweisen, denen der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht entgegengetreten ist. Aus diesen ergibt sich das Vorhandensein einer grundsätzlich stabilen Sicherheitslage für Angehörige der Mehrheitsbevölkerung. Dass sich die diesbezügliche Lage seit Bescheiderlassung verschlechtert hätte, ist nicht ersichtlich (vgl. etwa den Bericht des [brit.] Home Office vom 22. Juli 2008, Operational Guidance Note Kosovo, 4f., aus dem sich ergibt, dass UNMIK bzw. KPS willens und auch in der Lage sind, denjenigen, die Verfolgung befürchten, Schutz zu gewähren und einen rechtlichen Mechanismus zur Ermittlung, Strafverfolgung und Bestrafung von Verfolgungsmaßnahmen sicherstellen). Der Beschwerdeführer fällt auch in keine Gruppe, die von UNHCR in seinem Positionspapier zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom Juni 2006 als schützenwert erachtet wird. Es kann im Ergebnis daher nicht mit der hierfür erforderlichen Wahrscheinlichkeit erkannt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Kosovo Eingriffen in seine körperliche Integrität von maßgeblicher Intensität ausgesetzt wäre, gegen die er keinen Schutz erhalten würde.

 

3.5.1. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 FrG zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft getreten; am 1. Jänner 2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, di. § 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht - da doch Asylverfahren, die am 31. Dezember 2005 bereits anhängig waren, nach dem AsylG weiterzuführen sind - braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und da sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Angemerkt sei jedoch, dass ein Verweis des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 50 FPG nicht etwa jene Rechtslage herstellte, die dem Asylgesetz 2005 entspricht; § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (der inhaltlich dem § 8 Abs. 1 AsylG entspricht) verweist nämlich nicht auf § 50 FPG, sondern regelt den subsidiären Rechtsschutz etwas anders als § 8 Abs. 1 AsylG, er zählt auch die maßgeblichen Bedrohungen selbst auf, und zwar in einer Weise, die nicht wörtlich dem § 50 FPG entspricht.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer Einschränkung, die im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht kommt - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).

 

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG - nunmehr § 8 Abs. 1 AsylG - iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer Feststellung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Beschwerdeführer betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 25.1.2001, 2000/20/0438). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

 

3.5.2. Wie bereits oben ausgeführt, bestehen keine stichhaltigen Gründe iS eines "real risk" für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre; daher liegt kein Fall des § 57 Abs. 2 FrG vor. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde. Im Kosovo besteht nicht eine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Wie oben unter Punkt 3.4.2.2. ausgeführt, liegen keine Hinweise vor, dass dem Beschwerdeführer staatlicher Schutz gegen Übergriffe Dritter verwehrt wird. Der Beschwerdeführer hat auch keinen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" glaubhaft machen können, der ein Abschiebungshindernis bilden könnte. Es ist darauf hinzuweisen, dass der 1970 geborene, gesunde Beschwerdeführer, im Kosovo in der Baubranche tätig war und dort über Familienangehörige verfügt. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr in den Kosovo in seiner Lebensgrundlage gefährdet wäre.

 

3.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 AsylG unterbleiben.

Schlagworte
Lebensgrundlage, non refoulement, real risk, Sicherheitslage, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
12.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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